Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].SALOMO oder meines Volcks und Jsrael. Allein ihr Herrn Politici, quae, qualis, quan-ta? Saul war ein gottloser Herr/ der Geist Gottes war von ihm ge- wichen/ und er redete an diesem Ort wie ein Machiavellischer Statist. Wann er nur Ehr und Reputation bey seinen Landständen und Un- terthanen hätte erhalten können/ so hätte er nichts darnach gefragt/ wann er schon einen ungnädigen Gott gehabt hätte. Er brauchte end- lich die Zauberin zu Endor zu seinem geheimen Rath/ und hieß bey ihm/ flectere si nequeo superos, Acheronta movebo. Allein Samuel hatte als ein Prophet deß HErrn den außtrücklichen Befehl/ daß er ihm sa- gen solt/ der HErr hat das Königreich heut von dir gerissen/ und dei- nem Nechsten gegeben/ der besser ist denn du. Johannes der Täuffer kehrte sich nichts an solche Politicos, sondern als Herodes seinen Bru- der Philippum hatte zum Hahnrey gemacht/ da sagt er ihm öffentlich ins Gesicht/ es sey nicht recht. Und ich halte dafür/ daß die Hure und das Hurenkind dabey gesessen sey/ als Johannes dieses gesaget. Dann also muthmasse ich auß der action die bey Herodis Geburts-Tag vor- gangen/ da diese Blutschänderin/ ihr Hurenkind informirt hatte/ daß sie dem guten frommen Johanni den Kopff abtantzen solle/ damit sie solcher Predigten hinführo nicht mehr hören dürffe. Es ist nicht gnug daß ein Prediger auff der Cantzel stehe/ und eine Stund lang daher schwatze/ worin sich die Unterthanen gegen ihre Obrigkeit versündi- gen/ sondern er muß auch der Obrigkeit sagen/ was ihr zu sagen ist/ Marc. 6. stehet/ Herodes habe Johannem gern gehört/ wann er viel- leicht von solchen Dingen geprediget hat/ die Herodem oder seine Hof- schrantzen nicht angangen. Da wird Herodes/ wann er auß der Pre- digt kommen ist/ gegen seinen Hoff Junckern gerühmt haben den hohen und gewaltigen Geist Johannis deß Täuffers. Er sey zwar noch ein junger Mann/ allein wann er werde in die Ubung kommen/ werde er es seinem Vater dem Priester Zachariä weit zuvor thun. Da werden die Hoff Junckern gefragt haben/ Ob Jhre Fürstl. Gn. nicht in acht genommen haben/ wie er dem Pontio Pilato/ dem Hohenpriester Hannas/ und den sämptlichen Pfaffen zu Jerusalem/ so artige Stich gegeben habe? Aber da Johannes dem Herodi selbst auf den Fuß trat/ da war er kein guter Prediger mehr. Das ist ein grosser Mangel und Gebrech unter den Lutheranern/ daß die Theologi gemeiniglich nicht recht erzogen werden. Bey den Papisten geben sich die alleredelste und vornehmste Jngenia auff die Theologi. Da steigen wol Gräfliche und andere hohes Standes Personen auff die Cantzel und predigen. Allein bey den Lutheranern meynt mancher vornehmer Mann/ das sey ihm und seiner gantzen Familiae ein Schimpff/ wann er seinen Sohn solle lassen einen Prediger werden. Daher geben sich bey den Lutheranern auff die Theologi nur gemeiner oder armer Leute Kinder/ welche sich in den
SALOMO oder meines Volcks und Jſrael. Allein ihr Herꝛn Politici, quæ, qualis, quan-ta? Saul war ein gottloſer Herꝛ/ der Geiſt Gottes war von ihm ge- wichen/ und er redete an dieſem Ort wie ein Machiavelliſcher Statiſt. Wann er nur Ehr und Reputation bey ſeinen Landſtaͤnden und Un- terthanen haͤtte erhalten koͤnnen/ ſo haͤtte er nichts darnach gefragt/ wann er ſchon einen ungnaͤdigen Gott gehabt haͤtte. Er brauchte end- lich die Zauberin zu Endor zu ſeinem geheimen Rath/ und hieß bey ihm/ flectere ſi nequeo ſuperos, Acheronta movebo. Allein Samuel hatte als ein Prophet deß HErꝛn den außtruͤcklichen Befehl/ daß er ihm ſa- gen ſolt/ der HErꝛ hat das Koͤnigreich heut von dir geriſſen/ und dei- nem Nechſten gegeben/ der beſſer iſt denn du. Johannes der Taͤuffer kehrte ſich nichts an ſolche Politicos, ſondern als Herodes ſeinen Bru- der Philippum hatte zum Hahnrey gemacht/ da ſagt er ihm oͤffentlich ins Geſicht/ es ſey nicht recht. Und ich halte dafuͤr/ daß die Hure und das Hurenkind dabey geſeſſen ſey/ als Johannes dieſes geſaget. Dann alſo muthmaſſe ich auß der action die bey Herodis Geburts-Tag vor- gangen/ da dieſe Blutſchaͤnderin/ ihr Hurenkind informirt hatte/ daß ſie dem guten frommen Johanni den Kopff abtantzen ſolle/ damit ſie ſolcher Predigten hinfuͤhro nicht mehr hoͤren duͤrffe. Es iſt nicht gnug daß ein Prediger auff der Cantzel ſtehe/ und eine Stund lang daher ſchwatze/ worin ſich die Unterthanen gegen ihre Obrigkeit verſuͤndi- gen/ ſondern er muß auch der Obrigkeit ſagen/ was ihr zu ſagen iſt/ Marc. 6. ſtehet/ Herodes habe Johannem gern gehoͤrt/ wann er viel- leicht von ſolchen Dingen geprediget hat/ die Herodem oder ſeine Hof- ſchrantzen nicht angangen. Da wird Herodes/ wann er auß der Pre- digt kommen iſt/ gegen ſeinen Hoff Junckern geruͤhmt haben den hohen und gewaltigen Geiſt Johannis deß Taͤuffers. Er ſey zwar noch ein junger Mann/ allein wann er werde in die Ubung kommen/ werde er es ſeinem Vater dem Prieſter Zachariaͤ weit zuvor thun. Da werden die Hoff Junckern gefragt haben/ Ob Jhre Fuͤrſtl. Gn. nicht in acht genommen haben/ wie er dem Pontio Pilato/ dem Hohenprieſter Hannas/ und den ſaͤmptlichen Pfaffen zu Jeruſalem/ ſo artige Stich gegeben habe? Aber da Johannes dem Herodi ſelbſt auf den Fuß trat/ da war er kein guter Prediger mehr. Das iſt ein groſſer Mangel und Gebrech unter den Lutheranern/ daß die Theologi gemeiniglich nicht recht erzogen werden. Bey den Papiſten geben ſich die alleredelſte und vornehmſte Jngenia auff die Theologi. Da ſteigen wol Graͤfliche und andere hohes Standes Perſonen auff die Cantzel und predigen. Allein bey den Lutheranern meynt mancher vornehmer Mann/ das ſey ihm und ſeiner gantzen Familiæ ein Schimpff/ wann er ſeinen Sohn ſolle laſſen einen Prediger werden. Daher geben ſich bey den Lutheranern auff die Theologi nur gemeiner oder armer Leute Kinder/ welche ſich in den
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SALOMO oder
meines Volcks und Jſrael. Allein ihr Herꝛn Politici, quæ, qualis, quan-
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wichen/ und er redete an dieſem Ort wie ein Machiavelliſcher Statiſt.
Wann er nur Ehr und Reputation bey ſeinen Landſtaͤnden und Un-
terthanen haͤtte erhalten koͤnnen/ ſo haͤtte er nichts darnach gefragt/
wann er ſchon einen ungnaͤdigen Gott gehabt haͤtte. Er brauchte end-
lich die Zauberin zu Endor zu ſeinem geheimen Rath/ und hieß bey
ihm/ flectere ſi nequeo ſuperos, Acheronta movebo. Allein Samuel hatte
als ein Prophet deß HErꝛn den außtruͤcklichen Befehl/ daß er ihm ſa-
gen ſolt/ der HErꝛ hat das Koͤnigreich heut von dir geriſſen/ und dei-
nem Nechſten gegeben/ der beſſer iſt denn du. Johannes der Taͤuffer
kehrte ſich nichts an ſolche Politicos, ſondern als Herodes ſeinen Bru-
der Philippum hatte zum Hahnrey gemacht/ da ſagt er ihm oͤffentlich
ins Geſicht/ es ſey nicht recht. Und ich halte dafuͤr/ daß die Hure und
das Hurenkind dabey geſeſſen ſey/ als Johannes dieſes geſaget. Dann
alſo muthmaſſe ich auß der action die bey Herodis Geburts-Tag vor-
gangen/ da dieſe Blutſchaͤnderin/ ihr Hurenkind informirt hatte/ daß
ſie dem guten frommen Johanni den Kopff abtantzen ſolle/ damit ſie
ſolcher Predigten hinfuͤhro nicht mehr hoͤren duͤrffe. Es iſt nicht gnug
daß ein Prediger auff der Cantzel ſtehe/ und eine Stund lang daher
ſchwatze/ worin ſich die Unterthanen gegen ihre Obrigkeit verſuͤndi-
gen/ ſondern er muß auch der Obrigkeit ſagen/ was ihr zu ſagen iſt/
Marc. 6. ſtehet/ Herodes habe Johannem gern gehoͤrt/ wann er viel-
leicht von ſolchen Dingen geprediget hat/ die Herodem oder ſeine Hof-
ſchrantzen nicht angangen. Da wird Herodes/ wann er auß der Pre-
digt kommen iſt/ gegen ſeinen Hoff Junckern geruͤhmt haben den hohen
und gewaltigen Geiſt Johannis deß Taͤuffers. Er ſey zwar noch ein
junger Mann/ allein wann er werde in die Ubung kommen/ werde er
es ſeinem Vater dem Prieſter Zachariaͤ weit zuvor thun. Da werden
die Hoff Junckern gefragt haben/ Ob Jhre Fuͤrſtl. Gn. nicht in acht
genommen haben/ wie er dem Pontio Pilato/ dem Hohenprieſter
Hannas/ und den ſaͤmptlichen Pfaffen zu Jeruſalem/ ſo artige Stich
gegeben habe? Aber da Johannes dem Herodi ſelbſt auf den Fuß trat/
da war er kein guter Prediger mehr. Das iſt ein groſſer Mangel und
Gebrech unter den Lutheranern/ daß die Theologi gemeiniglich nicht
recht erzogen werden. Bey den Papiſten geben ſich die alleredelſte und
vornehmſte Jngenia auff die Theologi. Da ſteigen wol Graͤfliche und
andere hohes Standes Perſonen auff die Cantzel und predigen. Allein
bey den Lutheranern meynt mancher vornehmer Mann/ das ſey ihm
und ſeiner gantzen Familiæ ein Schimpff/ wann er ſeinen Sohn ſolle
laſſen einen Prediger werden. Daher geben ſich bey den Lutheranern
auff die Theologi nur gemeiner oder armer Leute Kinder/ welche ſich
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