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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Einbildung.
hand Klagen/ Zanck/ Auffwicklung/ Mißhelligkeiten anzustifften ge-
suchet/ und nichts unterlassen was nur immer zu ihrem bösen Vorha-
ben dienlich/ biß endlich Nero höchst verursachet worden den kindli-
chen respect hin und abezulegen/ hingegen aber Gerechtigkeit anzu-
ziehen/ und dero ein Genüge als höchster Regent zu leisten/ hingegen
eine unverschuldete Nachrede nicht zu achten/ und dem gemeinen
Wesen Bestens zu rathen/ dessen Nutz und Wolfahrt das höchste
Gesetz billich geschätzet wird.

Wir wolten hier auch anführen/ wie der greuliche Schulfuchs der
Seneca deß Neronis grosse Gütigkeit und Leutseligkeit durch aller-
hand heimliche Tücke und Practiquen mißbrauchet hat/ daß er dan-
nenhero billich von Rechts wegen zur Straffe gezogen worden ist/
und seinen Lohn erlanget hat/ wann wir solches nicht in einem sonder-
lichen discurs zu thun willens und vorhabens weren. Sagen dem-
nach günstige liebe Zuhörer/ daß viele Dinge in der Welt sind/ die gut
scheinen und dafür gehalten werden/ und es doch nicht sind/ viele aber
scheinen nicht/ und sind es/ und wann ihr mir glauben wollet/ so hat
ein jeder Nero etwas von dem Nerva, und hinwider Nerva etwas
von dem Nerone, das ist/ es ist keiner so böß/ er hat etwas gutes an
sich/ und widerumb keiner so fromm/ er hat etwas böses an sich. Deß
Menschen Hertz ist eine Behausung alles Ubels/ wann es die Zeit und
Gelegenheit hat/ und ist nichts vollkommen gut/ als alleine das was
Gott inne hat und besitzet. Der grosse Alex ander/ als er jetzo sterben
solte/ verschaffete in seinem letzten Willen/ daß der alleine Erbe und
Nachfolger in allen seinen Ländern und Königreichen seyn solte/ der
unter andern der beste were. Hier treten auf die hochverständige Rechts-
gelehrten und sagen/ wer Krafft dieses letzten Willens deß Alexandri
Erbe seye. Dann wer ist wol der beste? Bey den Römischen Regenten
ist offtermalen der der allerärgeste gewesen/ wie Paterculus bezeu-
get/ der ist vor den besten angesehen und gehalten worden. Ein jeder
bildete sich ein/ er were der beste und ein Erbe so vieler stattlichen Kö-
nigreichen/ da er doch/ wann er dem Alexander gleichen sollen/ der al-
lerschlimmeste hätte seyn müssen. Wann ich zu der Zeit gelebet hätte/
und hierunter gefraget worden were/ hätte ich mich der Römer Art zu
reden/ die sie in zweiffelhafften Fällen gebrauchet/ bedienet: Es ist
nicht außgemachet. Jch lieben Zuhörer/ ich habe mich offt verwun-
dert/ warumb doch die allbere und einfältige Leute Hasen pflegen ge-
nent zu werden. Soltet ihr meynen/ daß der Hase allber und ein un-
verständiges Thier seye. Werdet ihr von der Opinion und Einbil-
dung hefftig betrogen/ und widerspricht deme die H. göttliche Schrifft
selbst. Jn den Sprüchen Salomons am 30. lesen wir/ vier Dinge
auff Erden sind/ so gar klein und weiser als die Weisen. Der Haß

ein
L l

Von der Einbildung.
hand Klagen/ Zanck/ Auffwicklung/ Mißhelligkeiten anzuſtifften ge-
ſuchet/ und nichts unterlaſſen was nur immer zu ihrem boͤſen Vorha-
ben dienlich/ biß endlich Nero hoͤchſt verurſachet worden den kindli-
chen reſpect hin und abezulegen/ hingegen aber Gerechtigkeit anzu-
ziehen/ und dero ein Genuͤge als hoͤchſter Regent zu leiſten/ hingegen
eine unverſchuldete Nachrede nicht zu achten/ und dem gemeinen
Weſen Beſtens zu rathen/ deſſen Nutz und Wolfahrt das hoͤchſte
Geſetz billich geſchaͤtzet wird.

Wir wolten hier auch anfuͤhren/ wie der greuliche Schulfuchs der
Seneca deß Neronis groſſe Guͤtigkeit und Leutſeligkeit durch aller-
hand heimliche Tuͤcke und Practiquen mißbrauchet hat/ daß er dan-
nenhero billich von Rechts wegen zur Straffe gezogen worden iſt/
und ſeinen Lohn erlanget hat/ wann wir ſolches nicht in einem ſonder-
lichen diſcurs zu thun willens und vorhabens weren. Sagen dem-
nach guͤnſtige liebe Zuhoͤrer/ daß viele Dinge in der Welt ſind/ die gut
ſcheinen und dafuͤr gehalten werden/ und es doch nicht ſind/ viele aber
ſcheinen nicht/ und ſind es/ und wann ihr mir glauben wollet/ ſo hat
ein jeder Nero etwas von dem Nerva, und hinwider Nerva etwas
von dem Nerone, das iſt/ es iſt keiner ſo boͤß/ er hat etwas gutes an
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Menſchen Hertz iſt eine Behauſung alles Ubels/ wann es die Zeit und
Gelegenheit hat/ und iſt nichts vollkommen gut/ als alleine das was
Gott inne hat und beſitzet. Der groſſe Alex ander/ als er jetzo ſterben
ſolte/ verſchaffete in ſeinem letzten Willen/ daß der alleine Erbe und
Nachfolger in allen ſeinen Laͤndern und Koͤnigreichen ſeyn ſolte/ der
unter andern der beſte were. Hier tretẽ auf die hochverſtaͤndige Rechts-
gelehrten und ſagen/ wer Krafft dieſes letzten Willens deß Alexandri
Erbe ſeye. Dann wer iſt wol der beſte? Bey den Roͤmiſchen Regenten
iſt offtermalen der der alleraͤrgeſte geweſen/ wie Paterculus bezeu-
get/ der iſt vor den beſten angeſehen und gehalten worden. Ein jeder
bildete ſich ein/ er were der beſte und ein Erbe ſo vieler ſtattlichen Koͤ-
nigreichen/ da er doch/ wann er dem Alexander gleichen ſollen/ der al-
lerſchlimmeſte haͤtte ſeyn muͤſſen. Wann ich zu der Zeit gelebet haͤtte/
und hierunter gefraget worden were/ haͤtte ich mich der Roͤmer Art zu
reden/ die ſie in zweiffelhafften Faͤllen gebrauchet/ bedienet: Es iſt
nicht außgemachet. Jch lieben Zuhoͤrer/ ich habe mich offt verwun-
dert/ warumb doch die allbere und einfaͤltige Leute Haſen pflegen ge-
nent zu werden. Soltet ihr meynen/ daß der Haſe allber und ein un-
verſtaͤndiges Thier ſeye. Werdet ihr von der Opinion und Einbil-
dung hefftig betrogen/ und widerſpricht deme die H. goͤttliche Schrifft
ſelbſt. Jn den Spruͤchen Salomons am 30. leſen wir/ vier Dinge
auff Erden ſind/ ſo gar klein und weiſer als die Weiſen. Der Haß

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[529/0571] Von der Einbildung. hand Klagen/ Zanck/ Auffwicklung/ Mißhelligkeiten anzuſtifften ge- ſuchet/ und nichts unterlaſſen was nur immer zu ihrem boͤſen Vorha- ben dienlich/ biß endlich Nero hoͤchſt verurſachet worden den kindli- chen reſpect hin und abezulegen/ hingegen aber Gerechtigkeit anzu- ziehen/ und dero ein Genuͤge als hoͤchſter Regent zu leiſten/ hingegen eine unverſchuldete Nachrede nicht zu achten/ und dem gemeinen Weſen Beſtens zu rathen/ deſſen Nutz und Wolfahrt das hoͤchſte Geſetz billich geſchaͤtzet wird. Wir wolten hier auch anfuͤhren/ wie der greuliche Schulfuchs der Seneca deß Neronis groſſe Guͤtigkeit und Leutſeligkeit durch aller- hand heimliche Tuͤcke und Practiquen mißbrauchet hat/ daß er dan- nenhero billich von Rechts wegen zur Straffe gezogen worden iſt/ und ſeinen Lohn erlanget hat/ wann wir ſolches nicht in einem ſonder- lichen diſcurs zu thun willens und vorhabens weren. Sagen dem- nach guͤnſtige liebe Zuhoͤrer/ daß viele Dinge in der Welt ſind/ die gut ſcheinen und dafuͤr gehalten werden/ und es doch nicht ſind/ viele aber ſcheinen nicht/ und ſind es/ und wann ihr mir glauben wollet/ ſo hat ein jeder Nero etwas von dem Nerva, und hinwider Nerva etwas von dem Nerone, das iſt/ es iſt keiner ſo boͤß/ er hat etwas gutes an ſich/ und widerumb keiner ſo fromm/ er hat etwas boͤſes an ſich. Deß Menſchen Hertz iſt eine Behauſung alles Ubels/ wann es die Zeit und Gelegenheit hat/ und iſt nichts vollkommen gut/ als alleine das was Gott inne hat und beſitzet. Der groſſe Alex ander/ als er jetzo ſterben ſolte/ verſchaffete in ſeinem letzten Willen/ daß der alleine Erbe und Nachfolger in allen ſeinen Laͤndern und Koͤnigreichen ſeyn ſolte/ der unter andern der beſte were. Hier tretẽ auf die hochverſtaͤndige Rechts- gelehrten und ſagen/ wer Krafft dieſes letzten Willens deß Alexandri Erbe ſeye. Dann wer iſt wol der beſte? Bey den Roͤmiſchen Regenten iſt offtermalen der der alleraͤrgeſte geweſen/ wie Paterculus bezeu- get/ der iſt vor den beſten angeſehen und gehalten worden. Ein jeder bildete ſich ein/ er were der beſte und ein Erbe ſo vieler ſtattlichen Koͤ- nigreichen/ da er doch/ wann er dem Alexander gleichen ſollen/ der al- lerſchlimmeſte haͤtte ſeyn muͤſſen. Wann ich zu der Zeit gelebet haͤtte/ und hierunter gefraget worden were/ haͤtte ich mich der Roͤmer Art zu reden/ die ſie in zweiffelhafften Faͤllen gebrauchet/ bedienet: Es iſt nicht außgemachet. Jch lieben Zuhoͤrer/ ich habe mich offt verwun- dert/ warumb doch die allbere und einfaͤltige Leute Haſen pflegen ge- nent zu werden. Soltet ihr meynen/ daß der Haſe allber und ein un- verſtaͤndiges Thier ſeye. Werdet ihr von der Opinion und Einbil- dung hefftig betrogen/ und widerſpricht deme die H. goͤttliche Schrifft ſelbſt. Jn den Spruͤchen Salomons am 30. leſen wir/ vier Dinge auff Erden ſind/ ſo gar klein und weiſer als die Weiſen. Der Haß ein L l

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/571>, abgerufen am 25.11.2024.