Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite

Sendschreiben.
men des Römischen Käysers mir die Freyheit gegeben worden/ die
heilige Schrifft und die freye Künste allenthalben zu lehren/ nach
meinem Vermögen. Das ist meine General Vocation, welche
mir niemand umbstossen kan/ als Gott und der Römische Käyser.
So lang ich nichts schreibe das Gottes Wort/ als der Richt-
schnur des Christenthumbs/ und dann der gesunden
Vernunfft zu wider ist/ wird mich ein jeder verständi-
ger ehrlicher Christ passiren und repassiren lassen.

Jch habe meine beste Zeit in humanioribus zubracht
und habe nicht allezeit hinter dem Kacheloffen gesessen/
sondern bin unter Leuten gewesen.

Wann ich nun etwas im Weltlichen/ im Geistli-
chen oder Schulstand hab in acht genommen das nich-
tes daug/ warum solt ich nicht davon Erinnerung thun/
damit andere gute
Ingenia dem Ding/ nach mir weiter
nachsinnen/ und auff Verbesserung gedencken?
Es mag
Butyrolambius sagen was er wil/ so sind dagegen viel vornehme
gelahrte Leut/ welche wissen/ daß ich ein und ander Ding zu Papier
bracht habe/ die ermahnen mich/ ich soll sie nicht unter die Banck ste-
cken/ damit ich nicht gleich werde jenem Knecht/ welcher sein talent
vergrube/ und nicht damit wuchern wolte. Ja wird mancher
gedencken/ hättest du es zuvor gethan/ ehe du in das Predigamgt
kommen bist/ so wäre es gut gewesen. Allein nun will es sich nicht
schicken. Zuvor brachte es deine Profession mit sich. Aber nun
nicht. Darauff wil ich dich etwas fragen/ antworte mir. Der Ev-
vangelist Lucas war ein
Medicus und ein Mahler/ wie
ins gemein dafür gehalten wird. Als er nun das Ev-
angelium und die Apostolische Geschicht beschrieben
hat/ frage ich ob nicht gläublich sey/ daß er nach dieser
Zeit unterweilens ein Stücklein gemahlet/ oder einem
frommen Mann eine
Purgation eingegeben hab? Wer
verdampt den Apostel Paulum/ daß er in seinen Epi-
steln der Heydnischen Poeten Schrifften gedencket/
welche er zuvor wol gelesen hatte? Wer hält diesem A-
postel vor übel/ daß nach dem er zum Predig-Ampt be-
ruffen worden/ und Befehl hatte den Namen Gottes zu
tragen für die Heyden/ für die Könige/ für die Kinder
Jsrael/ er hernach sein Teppichmacher Handwerck wie-
der herfür suchte und triebe?
Wünschen möcht ich/ daß der
Hochgelahrte Theologus und Polyhistor Lubecensis, Herr Ja-
cobus Stolterfoet in dieser Sach solte Scheidsmann seyn. Jch
weiß er würde ein Urtheil fällen/ das mir nicht würde zu wider seyn.

Wer
Q q ij

Sendſchreiben.
men des Roͤmiſchen Kaͤyſers mir die Freyheit gegeben worden/ die
heilige Schrifft und die freye Kuͤnſte allenthalben zu lehren/ nach
meinem Vermoͤgen. Das iſt meine General Vocation, welche
mir niemand umbſtoſſen kan/ als Gott und der Roͤmiſche Kaͤyſer.
So lang ich nichts ſchreibe das Gottes Wort/ als der Richt-
ſchnur des Chriſtenthumbs/ und dann der geſunden
Vernunfft zu wider iſt/ wird mich ein jeder verſtaͤndi-
ger ehrlicher Chriſt paſſiren und repaſſiren laſſen.

Jch habe meine beſte Zeit in humanioribus zubracht
und habe nicht allezeit hinter dem Kacheloffen geſeſſen/
ſondern bin unter Leuten geweſen.

Wann ich nun etwas im Weltlichen/ im Geiſtli-
chen oder Schulſtand hab in acht genommen das nich-
tes daug/ warum ſolt ich nicht davon Erinnerung thun/
damit andere gute
Ingenia dem Ding/ nach mir weiter
nachſinnen/ und auff Verbeſſerung gedencken?
Es mag
Butyrolambius ſagen was er wil/ ſo ſind dagegen viel vornehme
gelahrte Leut/ welche wiſſen/ daß ich ein und ander Ding zu Papier
bracht habe/ die ermahnen mich/ ich ſoll ſie nicht unter die Banck ſte-
cken/ damit ich nicht gleich werde jenem Knecht/ welcher ſein talent
vergrube/ und nicht damit wuchern wolte. Ja wird mancher
gedencken/ haͤtteſt du es zuvor gethan/ ehe du in das Predigamgt
kommen biſt/ ſo waͤre es gut geweſen. Allein nun will es ſich nicht
ſchicken. Zuvor brachte es deine Profeſſion mit ſich. Aber nun
nicht. Darauff wil ich dich etwas fragen/ antworte mir. Der Ev-
vangeliſt Lucas war ein
Medicus und ein Mahler/ wie
ins gemein dafuͤr gehalten wird. Als er nun das Ev-
angelium und die Apoſtoliſche Geſchicht beſchrieben
hat/ frage ich ob nicht glaͤublich ſey/ daß er nach dieſer
Zeit unterweilens ein Stuͤcklein gemahlet/ oder einem
frommen Mann eine
Purgation eingegeben hab? Wer
verdampt den Apoſtel Paulum/ daß er in ſeinen Epi-
ſteln der Heydniſchen Poeten Schrifften gedencket/
welche er zuvor wol geleſen hatte? Wer haͤlt dieſem A-
poſtel vor uͤbel/ daß nach dem er zum Predig-Ampt be-
ruffen worden/ und Befehl hatte den Namen Gottes zu
tragen fuͤr die Heyden/ fuͤr die Koͤnige/ fuͤr die Kinder
Jſrael/ er hernach ſein Teppichmacher Handwerck wie-
der herfuͤr ſuchte und triebe?
Wuͤnſchen moͤcht ich/ daß der
Hochgelahrte Theologus und Polyhiſtor Lubecenſis, Herꝛ Ja-
cobus Stolterfoet in dieſer Sach ſolte Scheidsmann ſeyn. Jch
weiß er wuͤrde ein Urtheil faͤllen/ das mir nicht wuͤrde zu wider ſeyn.

Wer
Q q ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0653" n="611"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Send&#x017F;chreiben.</hi></fw><lb/>
men des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ka&#x0364;y&#x017F;ers mir die Freyheit gegeben worden/ die<lb/>
heilige Schrifft und die freye Ku&#x0364;n&#x017F;te allenthalben zu lehren/ nach<lb/>
meinem Vermo&#x0364;gen. Das i&#x017F;t meine General <hi rendition="#aq">Vocation,</hi> welche<lb/>
mir niemand umb&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en kan/ als Gott und der Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ka&#x0364;y&#x017F;er.<lb/>
So lang ich nichts &#x017F;chreibe das <hi rendition="#fr">Gottes Wort/ als der Richt-<lb/>
&#x017F;chnur des Chri&#x017F;tenthumbs/ und dann der ge&#x017F;unden<lb/>
Vernunfft zu wider i&#x017F;t/ wird mich ein jeder ver&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ger ehrlicher Chri&#x017F;t pa&#x017F;&#x017F;iren und repa&#x017F;&#x017F;iren la&#x017F;&#x017F;en.</hi></p><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Jch habe meine be&#x017F;te Zeit</hi> <hi rendition="#aq">in humanioribus</hi> <hi rendition="#fr">zubracht<lb/>
und habe nicht allezeit hinter dem Kacheloffen ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
&#x017F;ondern bin unter Leuten gewe&#x017F;en.</hi> </p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Wann ich nun etwas i</hi>m <hi rendition="#fr">Weltlichen/ im Gei&#x017F;tli-<lb/>
chen oder Schul&#x017F;tand hab in acht genommen das nich-<lb/>
tes daug/ warum &#x017F;olt ich nicht davon Erinnerung thun/<lb/>
damit andere gute</hi><hi rendition="#aq">Ingenia</hi><hi rendition="#fr">dem Ding/ nach mir weiter<lb/>
nach&#x017F;innen/ und auff Verbe&#x017F;&#x017F;erung gedencken?</hi> Es mag<lb/><hi rendition="#aq">Butyrolambius</hi> &#x017F;agen was er wil/ &#x017F;o &#x017F;ind dagegen viel vornehme<lb/>
gelahrte Leut/ welche wi&#x017F;&#x017F;en/ daß ich ein und ander Ding zu Papier<lb/>
bracht habe/ die ermahnen mich/ ich &#x017F;oll &#x017F;ie nicht unter die Banck &#x017F;te-<lb/>
cken/ damit ich nicht gleich werde jenem Knecht/ welcher &#x017F;ein <hi rendition="#aq">talent</hi><lb/>
vergrube/ und nicht damit wuchern wolte. Ja wird mancher<lb/>
gedencken/ ha&#x0364;tte&#x017F;t du es zuvor gethan/ ehe du in das Predigamgt<lb/>
kommen bi&#x017F;t/ &#x017F;o wa&#x0364;re es gut gewe&#x017F;en. Allein nun will es &#x017F;ich nicht<lb/>
&#x017F;chicken. Zuvor brachte es deine <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> mit &#x017F;ich. Aber nun<lb/>
nicht. Darauff wil ich dich etwas fragen/ antworte mir. <hi rendition="#fr">Der Ev-<lb/>
vangeli&#x017F;t Lucas war ein</hi> <hi rendition="#aq">Medicus</hi> <hi rendition="#fr">und ein Mahler/ wie<lb/>
ins gemein dafu&#x0364;r gehalten wird. Als er nun das Ev-<lb/>
angelium und die Apo&#x017F;toli&#x017F;che Ge&#x017F;chicht be&#x017F;chrieben<lb/>
hat/ frage ich ob nicht gla&#x0364;ublich &#x017F;ey/ daß er nach die&#x017F;er<lb/>
Zeit unterweilens ein Stu&#x0364;cklein gemahlet/ oder einem<lb/>
frommen Mann eine</hi> <hi rendition="#aq">Purgation</hi> <hi rendition="#fr">eingegeben hab? Wer<lb/>
verdampt den Apo&#x017F;tel Paulum/ daß er in &#x017F;einen Epi-<lb/>
&#x017F;teln der Heydni&#x017F;chen Poeten Schrifften gedencket/<lb/>
welche er zuvor wol gele&#x017F;en hatte? Wer ha&#x0364;lt die&#x017F;em A-<lb/>
po&#x017F;tel vor u&#x0364;bel/ daß nach dem er zum Predig-Ampt be-<lb/>
ruffen worden/ und Befehl hatte den Namen Gottes zu<lb/>
tragen fu&#x0364;r die Heyden/ fu&#x0364;r die Ko&#x0364;nige/ fu&#x0364;r die Kinder<lb/>
J&#x017F;rael/ er hernach &#x017F;ein Teppichmacher Handwerck wie-<lb/>
der herfu&#x0364;r &#x017F;uchte und triebe?</hi> Wu&#x0364;n&#x017F;chen mo&#x0364;cht ich/ daß der<lb/>
Hochgelahrte <hi rendition="#aq">Theologus</hi> und <hi rendition="#aq">Polyhi&#x017F;tor Lubecen&#x017F;is,</hi> Her&#xA75B; Ja-<lb/>
cobus Stolterfoet in die&#x017F;er Sach &#x017F;olte Scheidsmann &#x017F;eyn. Jch<lb/>
weiß er wu&#x0364;rde ein Urtheil fa&#x0364;llen/ das mir nicht wu&#x0364;rde zu wider &#x017F;eyn.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q q ij</fw><fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[611/0653] Sendſchreiben. men des Roͤmiſchen Kaͤyſers mir die Freyheit gegeben worden/ die heilige Schrifft und die freye Kuͤnſte allenthalben zu lehren/ nach meinem Vermoͤgen. Das iſt meine General Vocation, welche mir niemand umbſtoſſen kan/ als Gott und der Roͤmiſche Kaͤyſer. So lang ich nichts ſchreibe das Gottes Wort/ als der Richt- ſchnur des Chriſtenthumbs/ und dann der geſunden Vernunfft zu wider iſt/ wird mich ein jeder verſtaͤndi- ger ehrlicher Chriſt paſſiren und repaſſiren laſſen. Jch habe meine beſte Zeit in humanioribus zubracht und habe nicht allezeit hinter dem Kacheloffen geſeſſen/ ſondern bin unter Leuten geweſen. Wann ich nun etwas im Weltlichen/ im Geiſtli- chen oder Schulſtand hab in acht genommen das nich- tes daug/ warum ſolt ich nicht davon Erinnerung thun/ damit andere gute Ingenia dem Ding/ nach mir weiter nachſinnen/ und auff Verbeſſerung gedencken? Es mag Butyrolambius ſagen was er wil/ ſo ſind dagegen viel vornehme gelahrte Leut/ welche wiſſen/ daß ich ein und ander Ding zu Papier bracht habe/ die ermahnen mich/ ich ſoll ſie nicht unter die Banck ſte- cken/ damit ich nicht gleich werde jenem Knecht/ welcher ſein talent vergrube/ und nicht damit wuchern wolte. Ja wird mancher gedencken/ haͤtteſt du es zuvor gethan/ ehe du in das Predigamgt kommen biſt/ ſo waͤre es gut geweſen. Allein nun will es ſich nicht ſchicken. Zuvor brachte es deine Profeſſion mit ſich. Aber nun nicht. Darauff wil ich dich etwas fragen/ antworte mir. Der Ev- vangeliſt Lucas war ein Medicus und ein Mahler/ wie ins gemein dafuͤr gehalten wird. Als er nun das Ev- angelium und die Apoſtoliſche Geſchicht beſchrieben hat/ frage ich ob nicht glaͤublich ſey/ daß er nach dieſer Zeit unterweilens ein Stuͤcklein gemahlet/ oder einem frommen Mann eine Purgation eingegeben hab? Wer verdampt den Apoſtel Paulum/ daß er in ſeinen Epi- ſteln der Heydniſchen Poeten Schrifften gedencket/ welche er zuvor wol geleſen hatte? Wer haͤlt dieſem A- poſtel vor uͤbel/ daß nach dem er zum Predig-Ampt be- ruffen worden/ und Befehl hatte den Namen Gottes zu tragen fuͤr die Heyden/ fuͤr die Koͤnige/ fuͤr die Kinder Jſrael/ er hernach ſein Teppichmacher Handwerck wie- der herfuͤr ſuchte und triebe? Wuͤnſchen moͤcht ich/ daß der Hochgelahrte Theologus und Polyhiſtor Lubecenſis, Herꝛ Ja- cobus Stolterfoet in dieſer Sach ſolte Scheidsmann ſeyn. Jch weiß er wuͤrde ein Urtheil faͤllen/ das mir nicht wuͤrde zu wider ſeyn. Wer Q q ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/653
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/653>, abgerufen am 22.11.2024.