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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Eilfertiges
Wer hat dem vortreflichen Theologo, Herrn Havemanno, Ge-
neral Superintendenten im Hertzogthumb Bremen und Verden in
Unbestem außgedeutet/ daß er bey seinem Predigampt unterschiedene
Lateinische/ so wol Philosophische als Theologische Tractätlein hat
drücken lassen/ darin er unterweilens/ Attico quodam lepore &
Laconica brevitate,
mehr zuverstehen gibt/ als er auff das Papier
gesetzt hat? Ast mihi, quilibet vult venire super cutem. wie Jaco-
bus de alta platea in Epistolis obscurorum virorum redet. Jch
werde mit Gottes Hülff mein Ampt dadurch nicht versäumen. Gleich
wie ein ander nach dem er des Tages Last und Hitze getragen/ seine
recreation sucht im Bretspiel/ in der Karten oder im Spatziren
fahren. Also suche ich die Erfrischung und wieder Erquickung meines
Gemühts in solchen Schrifften. Jch weis gar wol/ daß viel grosse
Leut meynen/ ich müsse immer lustig und nimmer traurig seyn. Es
hatte jüngst ein grosser Potentat meinen Salomon gelesen/ und end-
lich zu seinem Leib-Medico gesagt: Er muß ein lustiger Mann
seyn.
Nein/ hatte der Medicus gesagt/ es ist kein lustiger Mann. Er
ist immer in Gedancken. Jch pflege offt Schertzreden zu treiben/
wann mein gantzes Hertz mit Traurigkeit erfüllet ist/ und dencke an
meinen hochseligen Grafen und Herrn/ Herrn Graf Johann Oxen-
stirn/ etc. welcher in den höchsten Consiliis publicis. wann er sein Ge-
bet gethan hatte/ und keine Assistentz von andern sahe/ pflage dieses
Holländische Sprichwort zu brauchen: Laet loopen. Das Wetter wil
seinen Willen haben. Und liesse darauff die Trompeter blasen/ und al-
les in floribus hergehen. Wiewol ich keinen Trompeter hab oder hal-
ten kan/ so denck ich doch in meinen difficultäten nechst Gottes Wort
an diese Rede/ Laet loopen. Und wann ich auff Cymbaln und wolklin-
genden Cymbaln spielen könte/ wolt ich es alsdann thun. Dagegen
bin ich offtmals bey vornehmer Compagnie/ dazu mich mehr ratio
status,
als meine Begierd zu essen oder zu trincken antreibet/ und sitz
in tieffen Gedancken. Da meynen unterweilens die Leute daß ich trau-
rig und betrübt seye. Allein ich hab alsdann meine höchste Freud/ in
meinen Gedancken. Jch achte nicht auff die Musique, auff andere
Tractamente oder Complemenre. Sondern ich dencke und schwei-
ge. Wer mich recht kennet/ der gibt mehr achtung auff mein Still-
schweigen als auff mein Reden. Mein lieber Herr Calenderschreiber/
versichert euch/ es ist mir nicht allzeit gelegen zu reden. Allein wer
mich mit der Feder angreifft/ der kompt ohne Stöß nicht von
mir.
Jch rahte dem Herrn/ wann er wol dantzen oder Pfeiffen kan/
daß er dantze oder pfeiffe wider den zu Wolffenbüttel getruckten
Calender.
Dann das würde ich ihme nicht nachthun. Allein schreibet
der Herr etwas darwieder/ so werde ich es machen wie jener Schul-

meisten/

Eilfertiges
Wer hat dem vortreflichen Theologo, Herꝛn Havemanno, Ge-
neral Superintendenten im Hertzogthumb Bremen und Verden in
Unbeſtem außgedeutet/ daß eꝛ bey ſeinem Predigampt unterſchiedene
Lateiniſche/ ſo wol Philoſophiſche als Theologiſche Tractaͤtlein hat
druͤcken laſſen/ darin er unterweilens/ Attico quodam lepore &
Laconicâ brevitate,
mehr zuverſtehen gibt/ als er auff das Papier
geſetzt hat? Aſt mihi, quilibet vult venire ſuper cutem. wie Jaco-
bus de altâ plateâ in Epiſtolis obſcurorum virorum redet. Jch
werde mit Gottes Huͤlff mein Ampt dadurch nicht verſaͤumen. Gleich
wie ein ander nach dem er des Tages Laſt und Hitze getragen/ ſeine
recreation ſucht im Bretſpiel/ in der Karten oder im Spatziren
fahren. Alſo ſuche ich die Erfriſchung und wieder Erquickung meines
Gemuͤhts in ſolchen Schrifften. Jch weis gar wol/ daß viel groſſe
Leut meynen/ ich muͤſſe immer luſtig und nimmer traurig ſeyn. Es
hatte juͤngſt ein groſſer Potentat meinen Salomon geleſen/ und end-
lich zu ſeinem Leib-Medico geſagt: Er muß ein luſtiger Mann
ſeyn.
Nein/ hatte der Medicus geſagt/ es iſt kein luſtiger Mann. Er
iſt immer in Gedancken. Jch pflege offt Schertzreden zu treiben/
wann mein gantzes Hertz mit Traurigkeit erfuͤllet iſt/ und dencke an
meinen hochſeligen Grafen und Herꝛn/ Herꝛn Graf Johann Oxen-
ſtirn/ ꝛc. welcher in den hoͤchſten Conſiliis publicis. wann er ſein Ge-
bet gethan hatte/ und keine Aſſiſtentz von andern ſahe/ pflage dieſes
Hollaͤndiſche Sprichwort zu brauchen: Laet loopen. Das Wetter wil
ſeinen Willen haben. Und lieſſe darauff die Trompeter blaſen/ und al-
les in floribus hergehen. Wiewol ich keinen Trompeter hab oder hal-
ten kan/ ſo denck ich doch in meinen difficultaͤten nechſt Gottes Wort
an dieſe Rede/ Laet loopen. Und wann ich auff Cymbaln und wolklin-
genden Cymbaln ſpielen koͤnte/ wolt ich es alsdann thun. Dagegen
bin ich offtmals bey vornehmer Compagnie/ dazu mich mehr ratio
ſtatus,
als meine Begierd zu eſſen oder zu trincken antreibet/ und ſitz
in tieffen Gedancken. Da meynen unterweilens die Leute daß ich trau-
rig und betruͤbt ſeye. Allein ich hab alsdann meine hoͤchſte Freud/ in
meinen Gedancken. Jch achte nicht auff die Muſique, auff andere
Tractamente oder Complemenre. Sondern ich dencke uñ ſchwei-
ge. Wer mich recht kennet/ der gibt mehr achtung auff mein Still-
ſchweigen als auff mein Reden. Mein lieber Herꝛ Calenderſchreiber/
verſichert euch/ es iſt mir nicht allzeit gelegen zu reden. Allein wer
mich mit der Feder angreifft/ der kompt ohne Stoͤß nicht von
mir.
Jch rahte dem Herꝛn/ wann er wol dantzen oder Pfeiffen kan/
daß er dantze oder pfeiffe wider den zu Wolffenbuͤttel getruckten
Calender.
Dann das wuͤrde ich ihme nicht nachthun. Allein ſchreibet
der Herꝛ etwas darwieder/ ſo werde ich es machen wie jener Schul-

meiſten/
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[612/0654] Eilfertiges Wer hat dem vortreflichen Theologo, Herꝛn Havemanno, Ge- neral Superintendenten im Hertzogthumb Bremen und Verden in Unbeſtem außgedeutet/ daß eꝛ bey ſeinem Predigampt unterſchiedene Lateiniſche/ ſo wol Philoſophiſche als Theologiſche Tractaͤtlein hat druͤcken laſſen/ darin er unterweilens/ Attico quodam lepore & Laconicâ brevitate, mehr zuverſtehen gibt/ als er auff das Papier geſetzt hat? Aſt mihi, quilibet vult venire ſuper cutem. wie Jaco- bus de altâ plateâ in Epiſtolis obſcurorum virorum redet. Jch werde mit Gottes Huͤlff mein Ampt dadurch nicht verſaͤumen. Gleich wie ein ander nach dem er des Tages Laſt und Hitze getragen/ ſeine recreation ſucht im Bretſpiel/ in der Karten oder im Spatziren fahren. Alſo ſuche ich die Erfriſchung und wieder Erquickung meines Gemuͤhts in ſolchen Schrifften. Jch weis gar wol/ daß viel groſſe Leut meynen/ ich muͤſſe immer luſtig und nimmer traurig ſeyn. Es hatte juͤngſt ein groſſer Potentat meinen Salomon geleſen/ und end- lich zu ſeinem Leib-Medico geſagt: Er muß ein luſtiger Mann ſeyn. Nein/ hatte der Medicus geſagt/ es iſt kein luſtiger Mann. Er iſt immer in Gedancken. Jch pflege offt Schertzreden zu treiben/ wann mein gantzes Hertz mit Traurigkeit erfuͤllet iſt/ und dencke an meinen hochſeligen Grafen und Herꝛn/ Herꝛn Graf Johann Oxen- ſtirn/ ꝛc. welcher in den hoͤchſten Conſiliis publicis. wann er ſein Ge- bet gethan hatte/ und keine Aſſiſtentz von andern ſahe/ pflage dieſes Hollaͤndiſche Sprichwort zu brauchen: Laet loopen. Das Wetter wil ſeinen Willen haben. Und lieſſe darauff die Trompeter blaſen/ und al- les in floribus hergehen. Wiewol ich keinen Trompeter hab oder hal- ten kan/ ſo denck ich doch in meinen difficultaͤten nechſt Gottes Wort an dieſe Rede/ Laet loopen. Und wann ich auff Cymbaln und wolklin- genden Cymbaln ſpielen koͤnte/ wolt ich es alsdann thun. Dagegen bin ich offtmals bey vornehmer Compagnie/ dazu mich mehr ratio ſtatus, als meine Begierd zu eſſen oder zu trincken antreibet/ und ſitz in tieffen Gedancken. Da meynen unterweilens die Leute daß ich trau- rig und betruͤbt ſeye. Allein ich hab alsdann meine hoͤchſte Freud/ in meinen Gedancken. Jch achte nicht auff die Muſique, auff andere Tractamente oder Complemenre. Sondern ich dencke uñ ſchwei- ge. Wer mich recht kennet/ der gibt mehr achtung auff mein Still- ſchweigen als auff mein Reden. Mein lieber Herꝛ Calenderſchreiber/ verſichert euch/ es iſt mir nicht allzeit gelegen zu reden. Allein wer mich mit der Feder angreifft/ der kompt ohne Stoͤß nicht von mir. Jch rahte dem Herꝛn/ wann er wol dantzen oder Pfeiffen kan/ daß er dantze oder pfeiffe wider den zu Wolffenbuͤttel getruckten Calender. Dann das wuͤrde ich ihme nicht nachthun. Allein ſchreibet der Herꝛ etwas darwieder/ ſo werde ich es machen wie jener Schul- meiſten/

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/654>, abgerufen am 22.11.2024.