Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].SALOMO oder andern vom Rechtsprechen also geredet: Jch versehe mich mit derHülffe Gottes/ immerdar diese Christliche Regul zu halten/ daß ich andern thue/ wie ich wolte daß mir geschehe. Jtem/ der Obrigkeit Ampt gegen die Unterthanen hat allein im Rechtsprechen mit der Frag zu thun/ was mein und dein ist/ und solt in Erkäntnüs weder zur Rechten noch zur Lincken lencken. Jtem/ zu seinem Sohn: Jch ra- the euch/ daß ihr jedes Jahr euer Königreich besucht/ die Beschwer- den der Unterthanen höret und erlediget. Haltet euer Gerichts-Besi- tzung und habt fleissig acht/ wie es an den Orten zugehet/ und beför- dert persönlich die Expedition deß Rechtens/ und sonderlich da es den Armen zu gut geschicht/ die von den Mächtigen beträngt werden. Jtem/ lasset schlecht und schleunig Recht ergehen/ höret den Advocaten in ihren verzüglichen Außflüchten nicht zu. Lasset die Partheyen selbst ihre Nothdurfft fürbringen. Weigert euch auch nicht ihre Beschwer- den selbst zu hören und zu entscheiden/ aut ne sis Rex. Jtem/ bemühet euch alle Recht und Rechtsachen abzukürtzen. Der kürtzte Weg im Rechten ist der beste und gewisseste/ der Verzug machet die Sachen verworren/ und die Advocaten und Procuratores werden reich mit der Unterthanen Verarmung. Eine Obrigkeit die säumig und langsam ist in Entscheidung der Rechtsachen/ vergleicht sich mit einem langsa- men Artzt/ bey dessen Cur einer lieber möchte sterben als gesund wer- den. Damit hat sich König Christian der Vierdte in Dennemarck bey seinen Unterthanen beliebt gemacht/ daß er die Supplicationes von den armen Unterthanen selbst angenommen und gelesen/ die Par- theyen gegeneinander selbst gehöret hat. Jch hab einen Kauffmann zu Hamburg gekant/ H. H. B. welcher mein guter Freund/ und in Geo- graphia und Hydrographia über alle massen wol beschlagen war. Der hatte einsmals Jhrer Königlichen Maj. einen Vorschlag geben/ wie sie eine Schiffahrt an einen sonderbaren weit abgelegenen Ort thun/ und im Perlenfang sonderbare Compendia brauchen könten. Allein der Kauffmann hatte für Eröffnung seines Vorschlages eine Königl. recompens begehret/ der König hatte ihm viel dubia opponiret, der Kauf- mann hatte zwar drauff geantwortet/ allein der König hatte es zu bes- serer consideration ziehen wollen/ endlich hatte der Kauffmann an den König geschrieben/ wann Jhre Königl. Majest. die angebotene inven- tion nicht annehmlich sey/ so bitte er Jhre Majest. Sie wollen alles was er bißher mit Jhr geredet habe/ ingeheim halten. Darauff hatte der König alsbald mit eigenen Händen auff deß Kauffmanns Brieff geschrieben: Kanstu schweigen? Jch auch! Christian. Und hatte dar- nach den Brieff unter einem Coverto dem Kauffmann wider zuge- schickt. Glaubt mir Philanderson/ ein Herr/ der mit frembden Augen stehet/ und mit frembden Ohren höret/ kan leicht betrogen werden. Ein
SALOMO oder andern vom Rechtſprechen alſo geredet: Jch verſehe mich mit derHuͤlffe Gottes/ immerdar dieſe Chriſtliche Regul zu halten/ daß ich andern thue/ wie ich wolte daß mir geſchehe. Jtem/ der Obrigkeit Ampt gegen die Unterthanen hat allein im Rechtſprechen mit der Frag zu thun/ was mein und dein iſt/ und ſolt in Erkaͤntnuͤs weder zur Rechten noch zur Lincken lencken. Jtem/ zu ſeinem Sohn: Jch ra- the euch/ daß ihr jedes Jahr euer Koͤnigreich beſucht/ die Beſchwer- den der Unterthanen hoͤret und erlediget. Haltet euer Gerichts-Beſi- tzung und habt fleiſſig acht/ wie es an den Orten zugehet/ und befoͤr- dert perſoͤnlich die Expedition deß Rechtens/ und ſonderlich da es den Armen zu gut geſchicht/ die von den Maͤchtigen betraͤngt werden. Jtem/ laſſet ſchlecht und ſchleunig Recht ergehen/ hoͤret den Advocaten in ihren verzuͤglichen Außfluͤchten nicht zu. Laſſet die Partheyen ſelbſt ihre Nothdurfft fuͤrbringen. Weigert euch auch nicht ihre Beſchwer- den ſelbſt zu hoͤren und zu entſcheiden/ aut ne ſis Rex. Jtem/ bemuͤhet euch alle Recht und Rechtſachen abzukuͤrtzen. Der kuͤrtzte Weg im Rechten iſt der beſte und gewiſſeſte/ der Verzug machet die Sachen verworꝛen/ und die Advocaten und Procuratores werden reich mit der Unterthanen Verarmung. Eine Obrigkeit die ſaͤumig und langſam iſt in Entſcheidung der Rechtſachen/ vergleicht ſich mit einem langſa- men Artzt/ bey deſſen Cur einer lieber moͤchte ſterben als geſund wer- den. Damit hat ſich Koͤnig Chriſtian der Vierdte in Dennemarck bey ſeinen Unterthanen beliebt gemacht/ daß er die Supplicationes von den armen Unterthanen ſelbſt angenommen und geleſen/ die Par- theyen gegeneinander ſelbſt gehoͤret hat. Jch hab einen Kauffmann zu Hamburg gekant/ H. H. B. welcher mein guter Freund/ und in Geo- graphia und Hydrographia uͤber alle maſſen wol beſchlagen war. Der hatte einsmals Jhrer Koͤniglichen Maj. einen Vorſchlag geben/ wie ſie eine Schiffahrt an einen ſonderbaren weit abgelegenen Ort thun/ und im Perlenfang ſonderbare Compendia brauchen koͤnten. Allein der Kauffmann hatte fuͤr Eroͤffnung ſeines Vorſchlages eine Koͤnigl. recompens begehret/ der Koͤnig hatte ihm viel dubia opponiret, der Kauf- mann hatte zwar drauff geantwortet/ allein der Koͤnig hatte es zu beſ- ſerer conſideration ziehen wollen/ endlich hatte der Kauffmann an den Koͤnig geſchrieben/ wann Jhre Koͤnigl. Majeſt. die angebotene inven- tion nicht annehmlich ſey/ ſo bitte er Jhre Majeſt. Sie wollen alles was er bißher mit Jhr geredet habe/ ingeheim halten. Darauff hatte der Koͤnig alsbald mit eigenen Haͤnden auff deß Kauffmanns Brieff geſchrieben: Kanſtu ſchweigen? Jch auch! Chriſtian. Und hatte dar- nach den Brieff unter einem Coverto dem Kauffmann wider zuge- ſchickt. Glaubt mir Philanderſon/ ein Herꝛ/ der mit frembden Augen ſtehet/ und mit frembden Ohren hoͤret/ kan leicht betrogen werden. Ein
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0066" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SALOMO</hi></hi> oder</hi></fw><lb/> andern vom Rechtſprechen alſo geredet: Jch verſehe mich mit der<lb/> Huͤlffe Gottes/ immerdar dieſe Chriſtliche Regul zu halten/ daß ich<lb/> andern thue/ wie ich wolte daß mir geſchehe. Jtem/ der Obrigkeit<lb/> Ampt gegen die Unterthanen hat allein im Rechtſprechen mit der<lb/> Frag zu thun/ was mein und dein iſt/ und ſolt in Erkaͤntnuͤs weder<lb/> zur Rechten noch zur Lincken lencken. Jtem/ zu ſeinem Sohn: Jch ra-<lb/> the euch/ daß ihr jedes Jahr euer Koͤnigreich beſucht/ die Beſchwer-<lb/> den der Unterthanen hoͤret und erlediget. Haltet euer Gerichts-Beſi-<lb/> tzung und habt fleiſſig acht/ wie es an den Orten zugehet/ und befoͤr-<lb/> dert perſoͤnlich die Expedition deß Rechtens/ und ſonderlich da es den<lb/> Armen zu gut geſchicht/ die von den Maͤchtigen betraͤngt werden.<lb/> Jtem/ laſſet ſchlecht und ſchleunig Recht ergehen/ hoͤret den Advocaten<lb/> in ihren verzuͤglichen Außfluͤchten nicht zu. Laſſet die Partheyen ſelbſt<lb/> ihre Nothdurfft fuͤrbringen. Weigert euch auch nicht ihre Beſchwer-<lb/> den ſelbſt zu hoͤren und zu entſcheiden/ <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">aut ne ſis Rex.</hi></hi> Jtem/ bemuͤhet<lb/> euch alle Recht und Rechtſachen abzukuͤrtzen. Der kuͤrtzte Weg im<lb/> Rechten iſt der beſte und gewiſſeſte/ der Verzug machet die Sachen<lb/> verworꝛen/ und die Advocaten und Procuratores werden reich mit der<lb/> Unterthanen Verarmung. Eine Obrigkeit die ſaͤumig und langſam<lb/> iſt in Entſcheidung der Rechtſachen/ vergleicht ſich mit einem langſa-<lb/> men Artzt/ bey deſſen Cur einer lieber moͤchte ſterben als geſund wer-<lb/> den. Damit hat ſich Koͤnig Chriſtian der Vierdte in Dennemarck bey<lb/> ſeinen Unterthanen beliebt gemacht/ daß er die Supplicationes von<lb/> den armen Unterthanen ſelbſt angenommen und geleſen/ die Par-<lb/> theyen gegeneinander ſelbſt gehoͤret hat. Jch hab einen Kauffmann<lb/> zu Hamburg gekant/ H. H. B. welcher mein guter Freund/ und in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Geo-<lb/> graphia</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hydrographia</hi></hi> uͤber alle maſſen wol beſchlagen war. Der<lb/> hatte einsmals Jhrer Koͤniglichen Maj. einen Vorſchlag geben/ wie<lb/> ſie eine Schiffahrt an einen ſonderbaren weit abgelegenen Ort thun/<lb/> und im Perlenfang ſonderbare Compendia brauchen koͤnten. Allein<lb/> der Kauffmann hatte fuͤr Eroͤffnung ſeines Vorſchlages eine Koͤnigl.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">recompens</hi></hi> begehret/ der Koͤnig hatte ihm viel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">dubia opponiret,</hi></hi> der Kauf-<lb/> mann hatte zwar drauff geantwortet/ allein der Koͤnig hatte es zu beſ-<lb/> ſerer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">conſideration</hi></hi> ziehen wollen/ endlich hatte der Kauffmann an den<lb/> Koͤnig geſchrieben/ wann Jhre Koͤnigl. Majeſt. die angebotene <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">inven-<lb/> tion</hi></hi> nicht annehmlich ſey/ ſo bitte er Jhre Majeſt. Sie wollen alles<lb/> was er bißher mit Jhr geredet habe/ ingeheim halten. Darauff hatte<lb/> der Koͤnig alsbald mit eigenen Haͤnden auff deß Kauffmanns Brieff<lb/> geſchrieben: Kanſtu ſchweigen? Jch auch! Chriſtian. Und hatte dar-<lb/> nach den Brieff unter einem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Coverto</hi></hi> dem Kauffmann wider zuge-<lb/> ſchickt. Glaubt mir Philanderſon/ ein Herꝛ/ der mit frembden Augen<lb/> ſtehet/ und mit frembden Ohren hoͤret/ kan leicht betrogen werden.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0066]
SALOMO oder
andern vom Rechtſprechen alſo geredet: Jch verſehe mich mit der
Huͤlffe Gottes/ immerdar dieſe Chriſtliche Regul zu halten/ daß ich
andern thue/ wie ich wolte daß mir geſchehe. Jtem/ der Obrigkeit
Ampt gegen die Unterthanen hat allein im Rechtſprechen mit der
Frag zu thun/ was mein und dein iſt/ und ſolt in Erkaͤntnuͤs weder
zur Rechten noch zur Lincken lencken. Jtem/ zu ſeinem Sohn: Jch ra-
the euch/ daß ihr jedes Jahr euer Koͤnigreich beſucht/ die Beſchwer-
den der Unterthanen hoͤret und erlediget. Haltet euer Gerichts-Beſi-
tzung und habt fleiſſig acht/ wie es an den Orten zugehet/ und befoͤr-
dert perſoͤnlich die Expedition deß Rechtens/ und ſonderlich da es den
Armen zu gut geſchicht/ die von den Maͤchtigen betraͤngt werden.
Jtem/ laſſet ſchlecht und ſchleunig Recht ergehen/ hoͤret den Advocaten
in ihren verzuͤglichen Außfluͤchten nicht zu. Laſſet die Partheyen ſelbſt
ihre Nothdurfft fuͤrbringen. Weigert euch auch nicht ihre Beſchwer-
den ſelbſt zu hoͤren und zu entſcheiden/ aut ne ſis Rex. Jtem/ bemuͤhet
euch alle Recht und Rechtſachen abzukuͤrtzen. Der kuͤrtzte Weg im
Rechten iſt der beſte und gewiſſeſte/ der Verzug machet die Sachen
verworꝛen/ und die Advocaten und Procuratores werden reich mit der
Unterthanen Verarmung. Eine Obrigkeit die ſaͤumig und langſam
iſt in Entſcheidung der Rechtſachen/ vergleicht ſich mit einem langſa-
men Artzt/ bey deſſen Cur einer lieber moͤchte ſterben als geſund wer-
den. Damit hat ſich Koͤnig Chriſtian der Vierdte in Dennemarck bey
ſeinen Unterthanen beliebt gemacht/ daß er die Supplicationes von
den armen Unterthanen ſelbſt angenommen und geleſen/ die Par-
theyen gegeneinander ſelbſt gehoͤret hat. Jch hab einen Kauffmann
zu Hamburg gekant/ H. H. B. welcher mein guter Freund/ und in Geo-
graphia und Hydrographia uͤber alle maſſen wol beſchlagen war. Der
hatte einsmals Jhrer Koͤniglichen Maj. einen Vorſchlag geben/ wie
ſie eine Schiffahrt an einen ſonderbaren weit abgelegenen Ort thun/
und im Perlenfang ſonderbare Compendia brauchen koͤnten. Allein
der Kauffmann hatte fuͤr Eroͤffnung ſeines Vorſchlages eine Koͤnigl.
recompens begehret/ der Koͤnig hatte ihm viel dubia opponiret, der Kauf-
mann hatte zwar drauff geantwortet/ allein der Koͤnig hatte es zu beſ-
ſerer conſideration ziehen wollen/ endlich hatte der Kauffmann an den
Koͤnig geſchrieben/ wann Jhre Koͤnigl. Majeſt. die angebotene inven-
tion nicht annehmlich ſey/ ſo bitte er Jhre Majeſt. Sie wollen alles
was er bißher mit Jhr geredet habe/ ingeheim halten. Darauff hatte
der Koͤnig alsbald mit eigenen Haͤnden auff deß Kauffmanns Brieff
geſchrieben: Kanſtu ſchweigen? Jch auch! Chriſtian. Und hatte dar-
nach den Brieff unter einem Coverto dem Kauffmann wider zuge-
ſchickt. Glaubt mir Philanderſon/ ein Herꝛ/ der mit frembden Augen
ſtehet/ und mit frembden Ohren hoͤret/ kan leicht betrogen werden.
Ein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |