Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite
Fabul-Hanß.

Wie er auch solches sein angefangen lustig und nutzlich Werck mit
einer sehr gelehrten Vorrede zieret/ darinnen er frey bekennet/ daß nach
der Heiligen Schrifft die feinste Welt-Weisheit in vernünfftigen Fa-
buln zu finden ist/ wer allen denselben mit Fleiß nachdencke. Denn
under den Thierlein und Bäumlein/ findet man das rechte Perlein
der Welt-Weisheit/ gleich wie der Han im Mist ein Edles Steinlein
fand/ wol denen die es kennen/ und recht und bequemlich/ zu gelegener
Zeit/ und an gebürlichen Orten/ geschicklich zu brauchen wissen.

Denn wie der Königliche Prophet David sein Psalterlein in dem
ersten Psalm/ welches deß Psalters Vorred ist/ preiset/ also hab auch
der Meister/ so die Fabuln zusammen geklaubet/ in der ersten Fabul
diß Buch loben/ und den Leuten befehlen wollen. Ob wol Bauren und
Unverständige/ die Weisheit/ so in die Fabuln verstecket/ nicht achten/
und unwerth halten/ dennoch sey und bleibe es ein Edles Perlein/ und
weises Büchlein/ darinnen viel guter Lehre/ Treue/ Vermahnung/ und
höflicher Warnung gefast seyn. Denn obwol Weltkluge Leute/ umb
der Kinder und Albern willen/ Esopum als ein Faßnachtsputzen und
Popentzen abmahlen/ habe doch diß Buch kein Narr oder Unweiser/
sondern sehr vernünfftige Leut auff Erden zusammen gelesen. Denn es
haben nicht allein die alten Lateiner und Griechen/ sondern auch die äl-
testen Juden/ welche die rechte Religion allezeit gehabt/ sich auff diese
Fabel-Weisheit beflissen.

Darumb freylich die weisen Mährlein-Dichter nicht erstlich in
Phrygia oder Griechenland/ sondern bey den Juden vor Alters gewe-
sen/ wie Jothams Fabel/ welche vor Christi Geburt in dreytausend
Jahr alt war/ klärlich bezeuget. Wie wenn Assaph der Sangemei-
ster/ der viel liebliche Psalmen gedichtet/ der rechte Esopus wäre/ der
erstlich die Fabuln/ wie andere Leut Salomonis Sprüchwörter/ zu-
samm gelesen hätte? denn die Namen treffen fast miteinander ein.

Weil nun diß die artlichst und subtileste Weise eine ist/ bittere
und scharffe Warheit/ die sonst feindseelig und unangenehm ist/ also
von grossen Leuten auch in die Kinder/ wie überzuckerten Wurm-Sa-
men und Keller-Hals zu dringen/ und hochberühmte Leute offt mit sol-
chen Fabuln groß Ding beyn Regenten/ Underthanen/ Kind und Ge-
sind außgerichtet/ hat unser Doctor seine Mühe und Arbeit an den
alten und verunreinigten Esopum legen/ und seinen Teutschen ein
verneuertes und geschwertes Mährlein-Buch zurichten wollen/ da-
ran der Zeit viel guter Leut ein sonderes Gefallen trugen. Denn als
er Philippus unsers Doctors Vorrede und Fabuln sihet/ bitt er Jhn/
er wolle fortfahren/ und diß Buch verrichten/ Er wolle ihme tausend
Gülden bey einem grossen Herrn/ deme ers zuschreiben solle/ darfür zu
wegen bringen.

Aber
Fabul-Hanß.

Wie er auch ſolches ſein angefangen luſtig und nutzlich Werck mit
einer ſehr gelehrten Vorrede zieret/ darinnen er frey bekennet/ daß nach
der Heiligen Schrifft die feinſte Welt-Weisheit in vernuͤnfftigen Fa-
buln zu finden iſt/ wer allen denſelben mit Fleiß nachdencke. Denn
under den Thierlein und Baͤumlein/ findet man das rechte Perlein
der Welt-Weisheit/ gleich wie der Han im Miſt ein Edles Steinlein
fand/ wol denen die es kennen/ und recht und bequemlich/ zu gelegener
Zeit/ und an gebuͤrlichen Orten/ geſchicklich zu brauchen wiſſen.

Denn wie der Koͤnigliche Prophet David ſein Pſalterlein in dem
erſten Pſalm/ welches deß Pſalters Vorred iſt/ preiſet/ alſo hab auch
der Meiſter/ ſo die Fabuln zuſammen geklaubet/ in der erſten Fabul
diß Buch loben/ und den Leuten befehlen wollen. Ob wol Bauren und
Unverſtaͤndige/ die Weisheit/ ſo in die Fabuln verſtecket/ nicht achten/
und unwerth halten/ dennoch ſey und bleibe es ein Edles Perlein/ und
weiſes Buͤchlein/ darinnen viel guter Lehre/ Treue/ Vermahnung/ und
hoͤflicher Warnung gefaſt ſeyn. Denn obwol Weltkluge Leute/ umb
der Kinder und Albern willen/ Eſopum als ein Faßnachtsputzen und
Popentzen abmahlen/ habe doch diß Buch kein Narr oder Unweiſer/
ſondern ſehr vernuͤnfftige Leut auff Erden zuſammen geleſen. Denn es
haben nicht allein die alten Lateiner und Griechen/ ſondern auch die aͤl-
teſten Juden/ welche die rechte Religion allezeit gehabt/ ſich auff dieſe
Fabel-Weisheit befliſſen.

Darumb freylich die weiſen Maͤhrlein-Dichter nicht erſtlich in
Phrygia oder Griechenland/ ſondern bey den Juden vor Alters gewe-
ſen/ wie Jothams Fabel/ welche vor Chriſti Geburt in dreytauſend
Jahr alt war/ klaͤrlich bezeuget. Wie wenn Aſſaph der Sangemei-
ſter/ der viel liebliche Pſalmen gedichtet/ der rechte Eſopus waͤre/ der
erſtlich die Fabuln/ wie andere Leut Salomonis Spruͤchwoͤrter/ zu-
ſamm geleſen haͤtte? denn die Namen treffen faſt miteinander ein.

Weil nun diß die artlichſt und ſubtileſte Weiſe eine iſt/ bittere
und ſcharffe Warheit/ die ſonſt feindſeelig und unangenehm iſt/ alſo
von groſſen Leuten auch in die Kinder/ wie uͤberzuckerten Wurm-Sa-
men und Keller-Hals zu dringen/ und hochberuͤhmte Leute offt mit ſol-
chen Fabuln groß Ding beyn Regenten/ Underthanen/ Kind und Ge-
ſind außgerichtet/ hat unſer Doctor ſeine Muͤhe und Arbeit an den
alten und verunreinigten Eſopum legen/ und ſeinen Teutſchen ein
verneuertes und geſchwertes Maͤhrlein-Buch zurichten wollen/ da-
ran der Zeit viel guter Leut ein ſonderes Gefallen trugen. Denn als
er Philippus unſers Doctors Vorrede und Fabuln ſihet/ bitt er Jhn/
er wolle fortfahren/ und diß Buch verrichten/ Er wolle ihme tauſend
Guͤlden bey einem groſſen Herrn/ deme ers zuſchreiben ſolle/ darfuͤr zu
wegen bringen.

Aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0871" n="829"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fabul-Hanß.</hi> </fw><lb/>
          <p>Wie er auch &#x017F;olches &#x017F;ein angefangen lu&#x017F;tig und nutzlich Werck mit<lb/>
einer &#x017F;ehr gelehrten Vorrede zieret/ darinnen er frey bekennet/ daß nach<lb/>
der Heiligen Schrifft die fein&#x017F;te Welt-Weisheit in vernu&#x0364;nfftigen Fa-<lb/>
buln zu finden i&#x017F;t/ wer allen den&#x017F;elben mit Fleiß nachdencke. Denn<lb/>
under den Thierlein und Ba&#x0364;umlein/ findet man das rechte Perlein<lb/>
der Welt-Weisheit/ gleich wie der Han im Mi&#x017F;t ein Edles Steinlein<lb/>
fand/ wol denen die es kennen/ und recht und bequemlich/ zu gelegener<lb/>
Zeit/ und an gebu&#x0364;rlichen Orten/ ge&#x017F;chicklich zu brauchen wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Denn wie der Ko&#x0364;nigliche Prophet David &#x017F;ein P&#x017F;alterlein in dem<lb/>
er&#x017F;ten P&#x017F;alm/ welches deß P&#x017F;alters Vorred i&#x017F;t/ prei&#x017F;et/ al&#x017F;o hab auch<lb/>
der Mei&#x017F;ter/ &#x017F;o die Fabuln zu&#x017F;ammen geklaubet/ in der er&#x017F;ten Fabul<lb/>
diß Buch loben/ und den Leuten befehlen wollen. Ob wol Bauren und<lb/>
Unver&#x017F;ta&#x0364;ndige/ die Weisheit/ &#x017F;o in die Fabuln ver&#x017F;tecket/ nicht achten/<lb/>
und unwerth halten/ dennoch &#x017F;ey und bleibe es ein Edles Perlein/ und<lb/>
wei&#x017F;es Bu&#x0364;chlein/ darinnen viel guter Lehre/ Treue/ Vermahnung/ und<lb/>
ho&#x0364;flicher Warnung gefa&#x017F;t &#x017F;eyn. Denn obwol Weltkluge Leute/ umb<lb/>
der Kinder und Albern willen/ E&#x017F;opum als ein Faßnachtsputzen und<lb/>
Popentzen abmahlen/ habe doch diß Buch kein Narr oder Unwei&#x017F;er/<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ehr vernu&#x0364;nfftige Leut auff Erden zu&#x017F;ammen gele&#x017F;en. Denn es<lb/>
haben nicht allein die alten Lateiner und Griechen/ &#x017F;ondern auch die a&#x0364;l-<lb/>
te&#x017F;ten Juden/ welche die rechte Religion allezeit gehabt/ &#x017F;ich auff die&#x017F;e<lb/>
Fabel-Weisheit befli&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Darumb freylich die wei&#x017F;en Ma&#x0364;hrlein-Dichter nicht er&#x017F;tlich in<lb/>
Phrygia oder Griechenland/ &#x017F;ondern bey den Juden vor Alters gewe-<lb/>
&#x017F;en/ wie Jothams Fabel/ welche vor Chri&#x017F;ti Geburt in dreytau&#x017F;end<lb/>
Jahr alt war/ kla&#x0364;rlich bezeuget. Wie wenn A&#x017F;&#x017F;aph der Sangemei-<lb/>
&#x017F;ter/ der viel liebliche P&#x017F;almen gedichtet/ der rechte E&#x017F;opus wa&#x0364;re/ der<lb/>
er&#x017F;tlich die Fabuln/ wie andere Leut Salomonis Spru&#x0364;chwo&#x0364;rter/ zu-<lb/>
&#x017F;amm gele&#x017F;en ha&#x0364;tte? denn die Namen treffen fa&#x017F;t miteinander ein.</p><lb/>
          <p>Weil nun diß die artlich&#x017F;t und &#x017F;ubtile&#x017F;te Wei&#x017F;e eine i&#x017F;t/ bittere<lb/>
und &#x017F;charffe Warheit/ die &#x017F;on&#x017F;t feind&#x017F;eelig und unangenehm i&#x017F;t/ al&#x017F;o<lb/>
von gro&#x017F;&#x017F;en Leuten auch in die Kinder/ wie u&#x0364;berzuckerten Wurm-Sa-<lb/>
men und Keller-Hals zu dringen/ und hochberu&#x0364;hmte Leute offt mit &#x017F;ol-<lb/>
chen Fabuln groß Ding beyn Regenten/ Underthanen/ Kind und Ge-<lb/>
&#x017F;ind außgerichtet/ hat un&#x017F;er Doctor &#x017F;eine Mu&#x0364;he und Arbeit an den<lb/>
alten und verunreinigten E&#x017F;opum legen/ und &#x017F;einen Teut&#x017F;chen ein<lb/>
verneuertes und ge&#x017F;chwertes Ma&#x0364;hrlein-Buch zurichten wollen/ da-<lb/>
ran der Zeit viel guter Leut ein &#x017F;onderes Gefallen trugen. Denn als<lb/>
er Philippus un&#x017F;ers Doctors Vorrede und Fabuln &#x017F;ihet/ bitt er Jhn/<lb/>
er wolle fortfahren/ und diß Buch verrichten/ Er wolle ihme tau&#x017F;end<lb/>
Gu&#x0364;lden bey einem gro&#x017F;&#x017F;en Herrn/ deme ers zu&#x017F;chreiben &#x017F;olle/ darfu&#x0364;r zu<lb/>
wegen bringen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Aber</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[829/0871] Fabul-Hanß. Wie er auch ſolches ſein angefangen luſtig und nutzlich Werck mit einer ſehr gelehrten Vorrede zieret/ darinnen er frey bekennet/ daß nach der Heiligen Schrifft die feinſte Welt-Weisheit in vernuͤnfftigen Fa- buln zu finden iſt/ wer allen denſelben mit Fleiß nachdencke. Denn under den Thierlein und Baͤumlein/ findet man das rechte Perlein der Welt-Weisheit/ gleich wie der Han im Miſt ein Edles Steinlein fand/ wol denen die es kennen/ und recht und bequemlich/ zu gelegener Zeit/ und an gebuͤrlichen Orten/ geſchicklich zu brauchen wiſſen. Denn wie der Koͤnigliche Prophet David ſein Pſalterlein in dem erſten Pſalm/ welches deß Pſalters Vorred iſt/ preiſet/ alſo hab auch der Meiſter/ ſo die Fabuln zuſammen geklaubet/ in der erſten Fabul diß Buch loben/ und den Leuten befehlen wollen. Ob wol Bauren und Unverſtaͤndige/ die Weisheit/ ſo in die Fabuln verſtecket/ nicht achten/ und unwerth halten/ dennoch ſey und bleibe es ein Edles Perlein/ und weiſes Buͤchlein/ darinnen viel guter Lehre/ Treue/ Vermahnung/ und hoͤflicher Warnung gefaſt ſeyn. Denn obwol Weltkluge Leute/ umb der Kinder und Albern willen/ Eſopum als ein Faßnachtsputzen und Popentzen abmahlen/ habe doch diß Buch kein Narr oder Unweiſer/ ſondern ſehr vernuͤnfftige Leut auff Erden zuſammen geleſen. Denn es haben nicht allein die alten Lateiner und Griechen/ ſondern auch die aͤl- teſten Juden/ welche die rechte Religion allezeit gehabt/ ſich auff dieſe Fabel-Weisheit befliſſen. Darumb freylich die weiſen Maͤhrlein-Dichter nicht erſtlich in Phrygia oder Griechenland/ ſondern bey den Juden vor Alters gewe- ſen/ wie Jothams Fabel/ welche vor Chriſti Geburt in dreytauſend Jahr alt war/ klaͤrlich bezeuget. Wie wenn Aſſaph der Sangemei- ſter/ der viel liebliche Pſalmen gedichtet/ der rechte Eſopus waͤre/ der erſtlich die Fabuln/ wie andere Leut Salomonis Spruͤchwoͤrter/ zu- ſamm geleſen haͤtte? denn die Namen treffen faſt miteinander ein. Weil nun diß die artlichſt und ſubtileſte Weiſe eine iſt/ bittere und ſcharffe Warheit/ die ſonſt feindſeelig und unangenehm iſt/ alſo von groſſen Leuten auch in die Kinder/ wie uͤberzuckerten Wurm-Sa- men und Keller-Hals zu dringen/ und hochberuͤhmte Leute offt mit ſol- chen Fabuln groß Ding beyn Regenten/ Underthanen/ Kind und Ge- ſind außgerichtet/ hat unſer Doctor ſeine Muͤhe und Arbeit an den alten und verunreinigten Eſopum legen/ und ſeinen Teutſchen ein verneuertes und geſchwertes Maͤhrlein-Buch zurichten wollen/ da- ran der Zeit viel guter Leut ein ſonderes Gefallen trugen. Denn als er Philippus unſers Doctors Vorrede und Fabuln ſihet/ bitt er Jhn/ er wolle fortfahren/ und diß Buch verrichten/ Er wolle ihme tauſend Guͤlden bey einem groſſen Herrn/ deme ers zuſchreiben ſolle/ darfuͤr zu wegen bringen. Aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/871
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/871>, abgerufen am 22.11.2024.