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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Fabul-Hanß.
Matthesius, daß Doctor Luther offt über Tisch/ wenn er zumal vom
Regiment und Hofwesen geredet/ der alten Fabeln/ und vernünffti-
gen Sprüchwörtlein/ so in Teutsche Sprach auß den Fabeln kommen
seyn/ gerne gebrauchet habe. XI. Jn seinem schönen Hof-Psal-
men/ welcher ist der 101ste/ davon Doctor Creutziger geurtheilet/ daß
es sey Lutheri gelahrteste und weiseste Schrifft/ in Teutscher Sprach
gedencket D. Luther underschiedener Fabuln. XII. Sagt Matthe-
sius,
daß er gesehen habe/ daß Doct. Luther den Sächsischen Reincke-
Fuchs mit zu Tisch getragen/ und darinnen gelesen habe. Antenor
hält davor/ daß in diesem Buch/ wie auch in dem Froschmäusler/ eine
grosse Politische Weisheit verborgen stecke. XIII. Sagt Mat-
thesius,
daß nicht allein vornehme Leute sich solcher verdeckter und ver-
mummlicher Reden gern gebrauchet haben/ sondern auch der Sohn
Gottes/ und seine Propheten und Aposteln haben ihren Mund gerne
auffgethan in schönen Gleichnissen/ und grosse Weisheit in Bildern
denen Leuten vorgestellet. XIV. Erzehlet Matthesius, wie Mene-
nius Agrippa
mit einer Fabul einen Auffruhr in der grossen Statt
Rom gestillet/ und die Bürger widerumb zu frieden gesprochen habe.
Solches hätte vielleicht Cicero mit seinem utili & inutili, mit seinem
honesto & jucundo so leicht nicht gethan. XV. Daß das eine
sonderbare Klugheit der Teutschen sey/ daß sie der Fabeln so wercklich
gebrauchen können/ erweiset Matthesius mit dem Keyser Rudolph/
und anderer grosser Herren/ und schleusst endlich/ daß die Teutschen
viel guter Fabeln und Sprüchwörter brauchen von wenig Worten/
die aber viel Nachdenckens geben/ lang hafften und kleben/ und im
Hertzen rumpeln/ als wenn man einem eine Floh ins Ohr gesetzt ha-
be. Antenor sagt einmal/ daß der Alten Teutschen Sprüchwörter
lauter Axiomata, Politica, Ethica, und Decanomica seyn/ welche
sie auß vieler Erfahrung gesamblet haben/ und in dem Florilegio Po-
litico Lehmanni,
welches in Sprüchwörtern bestehe/ stecke mehr
Weisheit/ als in die 10. Disputationibus Politicis, welche auff Uni-
versitäten gehalten werden. Solche Dinge lassen offtmals solche
acaleos oder Stachel hinder sich/ daß es erst viel Jahr hernach Frucht
schaffe/ wie allhier die Fabel deß Jothams/ welche erstlich gering ge-
achtet wurde. Aber drey Jahr hernach bey den Sichemitern würckte/
daß sie an das unschuldig-vergossene Blut gedachten. XVI. Man
muß sich offtmals in die Zeit und in die Leut schicken/ und es machen
wie Cicero, welcher anders geredet hat bey dem Iulio Casare, anders
bey dem Rath zu Rom/ und anders bey dem gemeinen Volck. Wenn
einer in Republ Democratica aufftrette/ und dem gemeinen Volck die
Ohren nicht mit vielen Worten stopffte/ so würde er darvor gehalten
werden/ daß er nichts studiret habe. Darumb sagt Matthesius, weil

Jotham

Fabul-Hanß.
Mattheſius, daß Doctor Luther offt uͤber Tiſch/ wenn er zumal vom
Regiment und Hofweſen geredet/ der alten Fabeln/ und vernuͤnffti-
gen Spruͤchwoͤrtlein/ ſo in Teutſche Sprach auß den Fabeln kommen
ſeyn/ gerne gebrauchet habe. XI. Jn ſeinem ſchoͤnen Hof-Pſal-
men/ welcher iſt der 101ſte/ davon Doctor Creutziger geurtheilet/ daß
es ſey Lutheri gelahrteſte und weiſeſte Schrifft/ in Teutſcher Sprach
gedencket D. Luther underſchiedener Fabuln. XII. Sagt Matthe-
ſius,
daß er geſehen habe/ daß Doct. Luther den Saͤchſiſchen Reincke-
Fuchs mit zu Tiſch getragen/ und darinnen geleſen habe. Antenor
haͤlt davor/ daß in dieſem Buch/ wie auch in dem Froſchmaͤuſler/ eine
groſſe Politiſche Weisheit verborgen ſtecke. XIII. Sagt Mat-
theſius,
daß nicht allein vornehme Leute ſich ſolcher verdeckter und ver-
mummlicher Reden gern gebrauchet haben/ ſondern auch der Sohn
Gottes/ und ſeine Propheten und Apoſteln haben ihren Mund gerne
auffgethan in ſchoͤnen Gleichniſſen/ und groſſe Weisheit in Bildern
denen Leuten vorgeſtellet. XIV. Erzehlet Mattheſius, wie Mene-
nius Agrippa
mit einer Fabul einen Auffruhr in der groſſen Statt
Rom geſtillet/ und die Buͤrger widerumb zu frieden geſprochen habe.
Solches haͤtte vielleicht Cicero mit ſeinem utili & inutili, mit ſeinem
honesto & jucundo ſo leicht nicht gethan. XV. Daß das eine
ſonderbare Klugheit der Teutſchen ſey/ daß ſie der Fabeln ſo wercklich
gebrauchen koͤnnen/ erweiſet Mattheſius mit dem Keyſer Rudolph/
und anderer groſſer Herren/ und ſchleuſſt endlich/ daß die Teutſchen
viel guter Fabeln und Spruͤchwoͤrter brauchen von wenig Worten/
die aber viel Nachdenckens geben/ lang hafften und kleben/ und im
Hertzen rumpeln/ als wenn man einem eine Floh ins Ohr geſetzt ha-
be. Antenor ſagt einmal/ daß der Alten Teutſchen Spruͤchwoͤrter
lauter Axiomata, Politica, Ethica, und Decanomica ſeyn/ welche
ſie auß vieler Erfahrung geſamblet haben/ und in dem Florilegio Po-
litico Lehmanni,
welches in Spruͤchwoͤrtern beſtehe/ ſtecke mehr
Weisheit/ als in die 10. Diſputationibus Politicis, welche auff Uni-
verſitaͤten gehalten werden. Solche Dinge laſſen offtmals ſolche
acaleos oder Stachel hinder ſich/ daß es erſt viel Jahr hernach Frucht
ſchaffe/ wie allhier die Fabel deß Jothams/ welche erſtlich gering ge-
achtet wurde. Aber drey Jahr hernach bey den Sichemitern wuͤrckte/
daß ſie an das unſchuldig-vergoſſene Blut gedachten. XVI. Man
muß ſich offtmals in die Zeit und in die Leut ſchicken/ und es machen
wie Cicero, welcher anders geredet hat bey dem Iulio Caſare, anders
bey dem Rath zu Rom/ und anders bey dem gemeinen Volck. Wenn
einer in Republ Democraticâ aufftrette/ und dem gemeinen Volck die
Ohren nicht mit vielen Worten ſtopffte/ ſo wuͤrde er darvor gehalten
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Jotham
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[845/0887] Fabul-Hanß. Mattheſius, daß Doctor Luther offt uͤber Tiſch/ wenn er zumal vom Regiment und Hofweſen geredet/ der alten Fabeln/ und vernuͤnffti- gen Spruͤchwoͤrtlein/ ſo in Teutſche Sprach auß den Fabeln kommen ſeyn/ gerne gebrauchet habe. XI. Jn ſeinem ſchoͤnen Hof-Pſal- men/ welcher iſt der 101ſte/ davon Doctor Creutziger geurtheilet/ daß es ſey Lutheri gelahrteſte und weiſeſte Schrifft/ in Teutſcher Sprach gedencket D. Luther underſchiedener Fabuln. XII. Sagt Matthe- ſius, daß er geſehen habe/ daß Doct. Luther den Saͤchſiſchen Reincke- Fuchs mit zu Tiſch getragen/ und darinnen geleſen habe. Antenor haͤlt davor/ daß in dieſem Buch/ wie auch in dem Froſchmaͤuſler/ eine groſſe Politiſche Weisheit verborgen ſtecke. XIII. Sagt Mat- theſius, daß nicht allein vornehme Leute ſich ſolcher verdeckter und ver- mummlicher Reden gern gebrauchet haben/ ſondern auch der Sohn Gottes/ und ſeine Propheten und Apoſteln haben ihren Mund gerne auffgethan in ſchoͤnen Gleichniſſen/ und groſſe Weisheit in Bildern denen Leuten vorgeſtellet. XIV. Erzehlet Mattheſius, wie Mene- nius Agrippa mit einer Fabul einen Auffruhr in der groſſen Statt Rom geſtillet/ und die Buͤrger widerumb zu frieden geſprochen habe. Solches haͤtte vielleicht Cicero mit ſeinem utili & inutili, mit ſeinem honesto & jucundo ſo leicht nicht gethan. XV. Daß das eine ſonderbare Klugheit der Teutſchen ſey/ daß ſie der Fabeln ſo wercklich gebrauchen koͤnnen/ erweiſet Mattheſius mit dem Keyſer Rudolph/ und anderer groſſer Herren/ und ſchleuſſt endlich/ daß die Teutſchen viel guter Fabeln und Spruͤchwoͤrter brauchen von wenig Worten/ die aber viel Nachdenckens geben/ lang hafften und kleben/ und im Hertzen rumpeln/ als wenn man einem eine Floh ins Ohr geſetzt ha- be. Antenor ſagt einmal/ daß der Alten Teutſchen Spruͤchwoͤrter lauter Axiomata, Politica, Ethica, und Decanomica ſeyn/ welche ſie auß vieler Erfahrung geſamblet haben/ und in dem Florilegio Po- litico Lehmanni, welches in Spruͤchwoͤrtern beſtehe/ ſtecke mehr Weisheit/ als in die 10. Diſputationibus Politicis, welche auff Uni- verſitaͤten gehalten werden. Solche Dinge laſſen offtmals ſolche acaleos oder Stachel hinder ſich/ daß es erſt viel Jahr hernach Frucht ſchaffe/ wie allhier die Fabel deß Jothams/ welche erſtlich gering ge- achtet wurde. Aber drey Jahr hernach bey den Sichemitern wuͤrckte/ daß ſie an das unſchuldig-vergoſſene Blut gedachten. XVI. Man muß ſich offtmals in die Zeit und in die Leut ſchicken/ und es machen wie Cicero, welcher anders geredet hat bey dem Iulio Caſare, anders bey dem Rath zu Rom/ und anders bey dem gemeinen Volck. Wenn einer in Republ Democraticâ aufftrette/ und dem gemeinen Volck die Ohren nicht mit vielen Worten ſtopffte/ ſo wuͤrde er darvor gehalten werden/ daß er nichts ſtudiret habe. Darumb ſagt Mattheſius, weil Jotham

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/887>, abgerufen am 22.11.2024.