Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].an ihm selbst. wegen seines scharffsinnigen Redens/ könne benommen werden. Jchmuß allhier etwas innehalten und verblasen/ meine Zuhörer. Den- cket doch nur selber nach/ wie viel/ und wie treffliche Dinge/ ich von diesen/ und anderen Kirchen-Vätern/ wegen der grossen Armuth meines Verstandes/ vor dißmahl nicht außzusprechen Vermöge? Zum Fünfften sagen sie/ daß die Wolredenheit einem Rechtsge- Zum Vierdten hat er dem Sulpitius auff den Richterstuel alle Tage da
an ihm ſelbſt. wegen ſeines ſcharffſinnigen Redens/ koͤnne benommen werden. Jchmuß allhier etwas innehalten und verblaſen/ meine Zuhoͤrer. Den- cket doch nur ſelber nach/ wie viel/ und wie treffliche Dinge/ ich von dieſen/ und anderen Kirchen-Vaͤtern/ wegen der groſſen Armuth meines Verſtandes/ vor dißmahl nicht außzuſprechen Vermoͤge? Zum Fuͤnfften ſagen ſie/ daß die Wolredenheit einem Rechtsge- Zum Vierdten hat er dem Sulpitius auff den Richterſtuel alle Tage da
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0903" n="861"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">an ihm ſelbſt.</hi></fw><lb/> wegen ſeines ſcharffſinnigen Redens/ koͤnne benommen werden. Jch<lb/> muß allhier etwas innehalten und verblaſen/ meine Zuhoͤrer. Den-<lb/> cket doch nur ſelber nach/ wie viel/ und wie treffliche Dinge/ ich von<lb/> dieſen/ und anderen Kirchen-Vaͤtern/ wegen der groſſen Armuth<lb/> meines Verſtandes/ vor dißmahl nicht außzuſprechen Vermoͤge?</p><lb/> <p>Zum Fuͤnfften ſagen ſie/ daß die Wolredenheit einem Rechtsge-<lb/> lehrten zwar nuͤtzlich ſey/ es <supplied>k</supplied>oͤnne aber dieſelbe auff dem Rath haus auß<lb/> der taͤglichen Ubung erlernet werden. Aber ich antworte und ſage/<lb/> das die Ubung/ welche einen Kuͤnſtler machet/ allein von der Kunſt<lb/> ihren Urſprung habe. Die Natur iſt der Kunſt Anfang/ die Kunſt<lb/> aber der Natur Vollfuͤhrung. So dieſe Sache allein aus der Ubung<lb/> kan erlernet werden/ ſo iſt Cicero ein erſchrecklicher Eſel geweſen/ der<lb/> weder Witz noch Verſtand gehabt. Denn in dem ſiebenzehen den<lb/> Jahre ſeines Alters hat er den Anfang in den Oratoriſchen Ubungen<lb/> gemacht. Jn den zweyen nachfolgenden Jahren hat er Eilf unter-<lb/> ſchiedene Redner auff der Catheder angehoͤret Zum Dritten war er ein<lb/> Lehr-Jung in des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cn.</hi></hi> Pompejus Kriege.</p><lb/> <p>Zum Vierdten hat er dem Sulpitius auff den Richterſtuel alle Tage<lb/> hoͤren reden/ und das was er gehoͤret/ ſich zu Nutzen gemacht. Zum<lb/> Fuͤnfften iſt er von den Alab adenſiſchen Mole einem vornehmen<lb/> Rechtsfuͤhrer unterwieſen worden. Drey Jahr hernach hat er ſich<lb/> mit etlichen edlen Rednern bekandt gemacht/ ſon derlich mit dem Hor-<lb/> tenſius/ welchem er in allen nachzukommen/ ſich fuͤrgeſetzet hat. So<lb/> hat er auch mit groſſer Begierde die Welt-Weißheit erlernet/ doch<lb/> alſo/ daß er keinen Tag lieſſe vorbey gehen/ an welchen er in der Wol-<lb/> redenheit ſich nicht geuͤbet haͤtte. Mit dem M. Piſo und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cn.</hi></hi> Pompejus<lb/> hat er ſich offtermals im Griechiſchen und Lateiniſchen offentlich ge-<lb/> uͤbet. Jm Grichtſchen biß zu ſeinem Richter-Ampt; im Lateiniſchen<lb/> auch biß inſeinen Tod. So ſieheſt du demnach/ mit was fuͤr Eifer<lb/> der jenige die Wolredenheit geliebet/ deſſen Mutter-Sprache die<lb/> Lateiniſche ſelbſt war. Und du/ der du kaum aus der Pennal haut<lb/> gekrochen/ haͤlteſt dafuͤr/ als haͤtteſt du ſchon alle Weißheit gefreſ-<lb/> ſen/ und wuͤrde dein Anſehen mercklichen geringert werden/ dafern du<lb/> nu dergleichen Ubungen ſelber ſolteſt obligen. Ja ſprichſt du: Habe<lb/> ich doch das Florilegium des Langius und des Zwingerus Theatrum/<lb/> wie auch das groſſe Werck des Beyerlings/ welches Cicero nicht ha-<lb/> ben koͤnnen. Aber meineſt du daß wo des Achilles Waffen ſey/ alldar<lb/> auch alsbald der Achilles ſelbſten ſtehe? weit gefehlt. Der allein iſt<lb/> fuͤr gluͤckſelig zu halten/ welcher dieſe Buͤcher von GOtt bekommen<lb/> hat: Die Kunſt/ und derſelben recht zu gebrauchen. Wann der<lb/> Hannibal vor den Thoren ſich ſehen laͤſſt/ wenn man von den Pyrrhi-<lb/> ſchen Buͤndnuͤß handelt/ wann der Beklagte in Bekuͤmmernuͤß iſt/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">da</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [861/0903]
an ihm ſelbſt.
wegen ſeines ſcharffſinnigen Redens/ koͤnne benommen werden. Jch
muß allhier etwas innehalten und verblaſen/ meine Zuhoͤrer. Den-
cket doch nur ſelber nach/ wie viel/ und wie treffliche Dinge/ ich von
dieſen/ und anderen Kirchen-Vaͤtern/ wegen der groſſen Armuth
meines Verſtandes/ vor dißmahl nicht außzuſprechen Vermoͤge?
Zum Fuͤnfften ſagen ſie/ daß die Wolredenheit einem Rechtsge-
lehrten zwar nuͤtzlich ſey/ es koͤnne aber dieſelbe auff dem Rath haus auß
der taͤglichen Ubung erlernet werden. Aber ich antworte und ſage/
das die Ubung/ welche einen Kuͤnſtler machet/ allein von der Kunſt
ihren Urſprung habe. Die Natur iſt der Kunſt Anfang/ die Kunſt
aber der Natur Vollfuͤhrung. So dieſe Sache allein aus der Ubung
kan erlernet werden/ ſo iſt Cicero ein erſchrecklicher Eſel geweſen/ der
weder Witz noch Verſtand gehabt. Denn in dem ſiebenzehen den
Jahre ſeines Alters hat er den Anfang in den Oratoriſchen Ubungen
gemacht. Jn den zweyen nachfolgenden Jahren hat er Eilf unter-
ſchiedene Redner auff der Catheder angehoͤret Zum Dritten war er ein
Lehr-Jung in des Cn. Pompejus Kriege.
Zum Vierdten hat er dem Sulpitius auff den Richterſtuel alle Tage
hoͤren reden/ und das was er gehoͤret/ ſich zu Nutzen gemacht. Zum
Fuͤnfften iſt er von den Alab adenſiſchen Mole einem vornehmen
Rechtsfuͤhrer unterwieſen worden. Drey Jahr hernach hat er ſich
mit etlichen edlen Rednern bekandt gemacht/ ſon derlich mit dem Hor-
tenſius/ welchem er in allen nachzukommen/ ſich fuͤrgeſetzet hat. So
hat er auch mit groſſer Begierde die Welt-Weißheit erlernet/ doch
alſo/ daß er keinen Tag lieſſe vorbey gehen/ an welchen er in der Wol-
redenheit ſich nicht geuͤbet haͤtte. Mit dem M. Piſo und Cn. Pompejus
hat er ſich offtermals im Griechiſchen und Lateiniſchen offentlich ge-
uͤbet. Jm Grichtſchen biß zu ſeinem Richter-Ampt; im Lateiniſchen
auch biß inſeinen Tod. So ſieheſt du demnach/ mit was fuͤr Eifer
der jenige die Wolredenheit geliebet/ deſſen Mutter-Sprache die
Lateiniſche ſelbſt war. Und du/ der du kaum aus der Pennal haut
gekrochen/ haͤlteſt dafuͤr/ als haͤtteſt du ſchon alle Weißheit gefreſ-
ſen/ und wuͤrde dein Anſehen mercklichen geringert werden/ dafern du
nu dergleichen Ubungen ſelber ſolteſt obligen. Ja ſprichſt du: Habe
ich doch das Florilegium des Langius und des Zwingerus Theatrum/
wie auch das groſſe Werck des Beyerlings/ welches Cicero nicht ha-
ben koͤnnen. Aber meineſt du daß wo des Achilles Waffen ſey/ alldar
auch alsbald der Achilles ſelbſten ſtehe? weit gefehlt. Der allein iſt
fuͤr gluͤckſelig zu halten/ welcher dieſe Buͤcher von GOtt bekommen
hat: Die Kunſt/ und derſelben recht zu gebrauchen. Wann der
Hannibal vor den Thoren ſich ſehen laͤſſt/ wenn man von den Pyrrhi-
ſchen Buͤndnuͤß handelt/ wann der Beklagte in Bekuͤmmernuͤß iſt/
da
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |