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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Litaney.
Reichthumb und der Schönheit Gaben/
Jst ein Thun/ das leichtlich bricht:
Drumb auch solchs ich bitte nicht.
Der gesunden Leib kan haben/
Und ein täglich-liebes Brodt/
Hat zu klagen keine Noth.

DJeser geistreiche Mann klagt in einer Predigt über seine Zu-
hörer/ daß ihrer viel nicht zur Kirchen kommen/ wann die
Litaney gesungen werde/ und dieselbe nicht fein mit zu-
sammen gesetzten Hertzen und Zungen absingen/ und sagt: Man bit-
tet ja darinnen/ umb alle zeitliche und ewige/ leibliche und geistliche
Wolthaten/ eines jeden insonderheit/ und ins gemein der gantzen
Christlichen Kirchen/ wegen alles Verdiensts unsers HErrns Jesu
Christi: Wegen seiner Geburt: Wegen seines Todtkampffs und
blutigen Schweisses; Wegen seines Creutzes und Todtes; Wegen
seiner heiligen Aufferstehung und Himmelfahrt. Und man versäumet
gemeiniglich einen solchen herrlichen Gesang/ deßgleichen in dem gan-
tzen Gesangbuch/ schwerlich wird zu finden seyn. Mit welchem Ernst
Eyfer du mit singest: Jn unser letzten Noth/ am jüngsten Ge-
richt/ Hilffuns lieber HErre Gott:
Also wird dir auch einmal
in deiner letzten Noth/ und am Jüngsten Gericht/ von unserm lieben
HErrn Gott geholffen werden. Nun wird in dieser löblichen Stadt
alle Donnerstage in der Bettstunde die Litaney auch gesungen.
Allein ich sehe an meinem Ort daß gar wenig Leute darbey sich ein-
stellen. Mancher wird dencken/ ich bete und singe zu Hauß/ eh die Bet-
stunde angehet. Es ist eine unbequeme Stund. Jch wolt/ daß es ent-
weder früher oder später angieng/ damit nicht die Vormittags Ar-
beit verhindert würde. Alles hat seine Zeit. Jch sitze gemeiniglich
wann die Bettstunde angehet über meiner Arbeit. Allein/ wann du so
viel zu thun hast/ warumb befihlest du nicht deinen Söhnen und
Töchtern/ deinen Knechten und Mägden/ daß zum wenigsten etliche
unter ihnen die Bettstunde besuchen? Höre/ was Christus sagt/
Matth. 18. v. 19. Wo zween unter euch eins werden auff Erden/ war-
umb es ist/ das sie bitten wollen/ das soll ihnen widerfahren von mei-
nem Vater im Himmel. Will Gott erhören/ wo zween eins werden
auff Erden/ was würde geschehen/ wo 100. 200. 300. 1000. ja etliche
tausend eins würden auff Erden umb etwas zu bitten? Wann wir al-
so miteinander einmütiglich zu Gott würden ruffen und schreyen/
Gott würde uns geben/ was unser Hertz begehret/ wanns uns nicht
schädlich were an unser Seligkeit. Auff den Sontag ist die Kirche offt
so voll/ daß der Prediger sich durch das Volck tringen muß nach der

Cantzel
Litaney.
Reichthumb und der Schoͤnheit Gaben/
Jſt ein Thun/ das leichtlich bricht:
Drumb auch ſolchs ich bitte nicht.
Der geſunden Leib kan haben/
Und ein taͤglich-liebes Brodt/
Hat zu klagen keine Noth.

DJeſer geiſtreiche Mann klagt in einer Predigt uͤber ſeine Zu-
hoͤrer/ daß ihrer viel nicht zur Kirchen kommen/ wann die
Litaney geſungen werde/ und dieſelbe nicht fein mit zu-
ſammen geſetzten Hertzen und Zungen abſingen/ und ſagt: Man bit-
tet ja darinnen/ umb alle zeitliche und ewige/ leibliche und geiſtliche
Wolthaten/ eines jeden inſonderheit/ und ins gemein der gantzen
Chriſtlichen Kirchen/ wegen alles Verdienſts unſers HErꝛns Jeſu
Chriſti: Wegen ſeiner Geburt: Wegen ſeines Todtkampffs und
blutigen Schweiſſes; Wegen ſeines Creutzes und Todtes; Wegen
ſeiner heiligen Aufferſtehung und Himmelfahrt. Und man verſaͤumet
gemeiniglich einen ſolchen herꝛlichen Geſang/ deßgleichen in dem gan-
tzen Geſangbuch/ ſchwerlich wird zu finden ſeyn. Mit welchem Ernſt
Eyfer du mit ſingeſt: Jn unſer letztẽ Noth/ am juͤngſten Ge-
richt/ Hilffuns lieber HErre Gott:
Alſo wird dir auch einmal
in deiner letzten Noth/ und am Juͤngſten Gericht/ von unſerm lieben
HErꝛn Gott geholffen werden. Nun wird in dieſer loͤblichen Stadt
alle Donnerſtage in der Bettſtunde die Litaney auch geſungen.
Allein ich ſehe an meinem Ort daß gar wenig Leute darbey ſich ein-
ſtellen. Mancher wird dencken/ ich bete und ſinge zu Hauß/ eh die Bet-
ſtunde angehet. Es iſt eine unbequeme Stund. Jch wolt/ daß es ent-
weder fruͤher oder ſpaͤter angieng/ damit nicht die Vormittags Ar-
beit verhindert wuͤrde. Alles hat ſeine Zeit. Jch ſitze gemeiniglich
wann die Bettſtunde angehet uͤber meiner Arbeit. Allein/ wann du ſo
viel zu thun haſt/ warumb befihleſt du nicht deinen Soͤhnen und
Toͤchtern/ deinen Knechten und Maͤgden/ daß zum wenigſten etliche
unter ihnen die Bettſtunde beſuchen? Hoͤre/ was Chriſtus ſagt/
Matth. 18. v. 19. Wo zween unter euch eins werden auff Erden/ war-
umb es iſt/ das ſie bitten wollen/ das ſoll ihnen widerfahren von mei-
nem Vater im Himmel. Will Gott erhoͤren/ wo zween eins werden
auff Erden/ was wuͤrde geſchehen/ wo 100. 200. 300. 1000. ja etliche
tauſend eins wuͤrden auff Erden umb etwas zu bitten? Wann wir al-
ſo miteinander einmuͤtiglich zu Gott wuͤrden ruffen und ſchreyen/
Gott wuͤrde uns geben/ was unſer Hertz begehret/ wanns uns nicht
ſchaͤdlich were an unſer Seligkeit. Auff den Sontag iſt die Kirche offt
ſo voll/ daß der Prediger ſich durch das Volck tringen muß nach der

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[890/0932] Litaney. Reichthumb und der Schoͤnheit Gaben/ Jſt ein Thun/ das leichtlich bricht: Drumb auch ſolchs ich bitte nicht. Der geſunden Leib kan haben/ Und ein taͤglich-liebes Brodt/ Hat zu klagen keine Noth. DJeſer geiſtreiche Mann klagt in einer Predigt uͤber ſeine Zu- hoͤrer/ daß ihrer viel nicht zur Kirchen kommen/ wann die Litaney geſungen werde/ und dieſelbe nicht fein mit zu- ſammen geſetzten Hertzen und Zungen abſingen/ und ſagt: Man bit- tet ja darinnen/ umb alle zeitliche und ewige/ leibliche und geiſtliche Wolthaten/ eines jeden inſonderheit/ und ins gemein der gantzen Chriſtlichen Kirchen/ wegen alles Verdienſts unſers HErꝛns Jeſu Chriſti: Wegen ſeiner Geburt: Wegen ſeines Todtkampffs und blutigen Schweiſſes; Wegen ſeines Creutzes und Todtes; Wegen ſeiner heiligen Aufferſtehung und Himmelfahrt. Und man verſaͤumet gemeiniglich einen ſolchen herꝛlichen Geſang/ deßgleichen in dem gan- tzen Geſangbuch/ ſchwerlich wird zu finden ſeyn. Mit welchem Ernſt Eyfer du mit ſingeſt: Jn unſer letztẽ Noth/ am juͤngſten Ge- richt/ Hilffuns lieber HErre Gott: Alſo wird dir auch einmal in deiner letzten Noth/ und am Juͤngſten Gericht/ von unſerm lieben HErꝛn Gott geholffen werden. Nun wird in dieſer loͤblichen Stadt alle Donnerſtage in der Bettſtunde die Litaney auch geſungen. Allein ich ſehe an meinem Ort daß gar wenig Leute darbey ſich ein- ſtellen. Mancher wird dencken/ ich bete und ſinge zu Hauß/ eh die Bet- ſtunde angehet. Es iſt eine unbequeme Stund. Jch wolt/ daß es ent- weder fruͤher oder ſpaͤter angieng/ damit nicht die Vormittags Ar- beit verhindert wuͤrde. Alles hat ſeine Zeit. Jch ſitze gemeiniglich wann die Bettſtunde angehet uͤber meiner Arbeit. Allein/ wann du ſo viel zu thun haſt/ warumb befihleſt du nicht deinen Soͤhnen und Toͤchtern/ deinen Knechten und Maͤgden/ daß zum wenigſten etliche unter ihnen die Bettſtunde beſuchen? Hoͤre/ was Chriſtus ſagt/ Matth. 18. v. 19. Wo zween unter euch eins werden auff Erden/ war- umb es iſt/ das ſie bitten wollen/ das ſoll ihnen widerfahren von mei- nem Vater im Himmel. Will Gott erhoͤren/ wo zween eins werden auff Erden/ was wuͤrde geſchehen/ wo 100. 200. 300. 1000. ja etliche tauſend eins wuͤrden auff Erden umb etwas zu bitten? Wann wir al- ſo miteinander einmuͤtiglich zu Gott wuͤrden ruffen und ſchreyen/ Gott wuͤrde uns geben/ was unſer Hertz begehret/ wanns uns nicht ſchaͤdlich were an unſer Seligkeit. Auff den Sontag iſt die Kirche offt ſo voll/ daß der Prediger ſich durch das Volck tringen muß nach der Cantzel

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 890. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/932>, abgerufen am 22.11.2024.