Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848.nicht so schroff heraus, doch bietet auch für diesen Fall der §. 2. (ad a) des Organisationsstatuts genügende Sicherheit. Man lasse nicht außer Augen, daß die Majorität der deutschen Studentenschaft nicht etwa in der Majorität der deutschen Universitäten bestehe, weil es doch unmöglich wäre, neun Universitäten von durchschnittlich 1000 Studenten von zehn, welche durchschnittlich nur 500 Studenten haben, überstimmen zu lassen. Da es nun leider eine Thatsache ist, daß sich auf den meisten Universitäten nur die Hälfte, oft gar nur ein Drittel der Studirenden mit allgemeinen Angelegenheiten befaßt, die Indifferenten aber sich gewöhnlich jedes Votums enthalten, so würde eine gültige Ratifikation fast nur im Falle einer völligen Einstimmigkeit aller Votanten zusammenzubringen sein. Es ist also klar, daß es in fast allen Fällen die abentheuerlichste Mühe kosten würde, den Beschlüssen des Gesammtausschusses einige Wirksamkeit zu verschaffen. Bei dem Veto aber ist dies Verhältniß ein wesentlich anderes; denn die Majorität muß sich hier selbst bilden, ohne daß die Gültigkeit des betreffenden Beschlusses darauf zu warten brauchte. Die Indifferenten sind also bei der Ratifikation stets als verneinend, bei dem Veto stets als bejahend zu betrachten, was natürlich zum Vortheil der Centralisation ausschlägt. Freilich sind auf beiden Seiten unverkennbare Mängel ersichtlich, und so galt es denn, den kleineren Schaden dem größeren vorzuziehen. Daß aber die freilich etwas unzuverlässige Voraussetzung der Zustimmung sämmtlicher Indifferenten ein kleinerer Schaden sei, als der Mangel jeglicher ordentlichen Organisation, bedarf keines weitern Beweises. Man hat es vielfach merkwürdig gefunden, daß der Gesammtausschuß bindende Beschlüsse fassen wolle, da er doch keine Exekutivgewalt habe, mit welcher er die Ausführung befördern könne. Auch dieser Einwurf wurde im Studentenparlament gemacht und blieb nicht ohne Einfluß auf den Gang der nicht so schroff heraus, doch bietet auch für diesen Fall der §. 2. (ad a) des Organisationsstatuts genügende Sicherheit. Man lasse nicht außer Augen, daß die Majorität der deutschen Studentenschaft nicht etwa in der Majorität der deutschen Universitäten bestehe, weil es doch unmöglich wäre, neun Universitäten von durchschnittlich 1000 Studenten von zehn, welche durchschnittlich nur 500 Studenten haben, überstimmen zu lassen. Da es nun leider eine Thatsache ist, daß sich auf den meisten Universitäten nur die Hälfte, oft gar nur ein Drittel der Studirenden mit allgemeinen Angelegenheiten befaßt, die Indifferenten aber sich gewöhnlich jedes Votums enthalten, so würde eine gültige Ratifikation fast nur im Falle einer völligen Einstimmigkeit aller Votanten zusammenzubringen sein. Es ist also klar, daß es in fast allen Fällen die abentheuerlichste Mühe kosten würde, den Beschlüssen des Gesammtausschusses einige Wirksamkeit zu verschaffen. Bei dem Veto aber ist dies Verhältniß ein wesentlich anderes; denn die Majorität muß sich hier selbst bilden, ohne daß die Gültigkeit des betreffenden Beschlusses darauf zu warten brauchte. Die Indifferenten sind also bei der Ratifikation stets als verneinend, bei dem Veto stets als bejahend zu betrachten, was natürlich zum Vortheil der Centralisation ausschlägt. Freilich sind auf beiden Seiten unverkennbare Mängel ersichtlich, und so galt es denn, den kleineren Schaden dem größeren vorzuziehen. Daß aber die freilich etwas unzuverlässige Voraussetzung der Zustimmung sämmtlicher Indifferenten ein kleinerer Schaden sei, als der Mangel jeglicher ordentlichen Organisation, bedarf keines weitern Beweises. Man hat es vielfach merkwürdig gefunden, daß der Gesammtausschuß bindende Beschlüsse fassen wolle, da er doch keine Exekutivgewalt habe, mit welcher er die Ausführung befördern könne. Auch dieser Einwurf wurde im Studentenparlament gemacht und blieb nicht ohne Einfluß auf den Gang der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="28"/> nicht so schroff heraus, doch bietet auch für diesen Fall der §. 2. (<hi rendition="#aq">ad a</hi>) des Organisationsstatuts genügende Sicherheit. 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nicht so schroff heraus, doch bietet auch für diesen Fall der §. 2. (ad a) des Organisationsstatuts genügende Sicherheit. Man lasse nicht außer Augen, daß die Majorität der deutschen Studentenschaft nicht etwa in der Majorität der deutschen Universitäten bestehe, weil es doch unmöglich wäre, neun Universitäten von durchschnittlich 1000 Studenten von zehn, welche durchschnittlich nur 500 Studenten haben, überstimmen zu lassen. Da es nun leider eine Thatsache ist, daß sich auf den meisten Universitäten nur die Hälfte, oft gar nur ein Drittel der Studirenden mit allgemeinen Angelegenheiten befaßt, die Indifferenten aber sich gewöhnlich jedes Votums enthalten, so würde eine gültige Ratifikation fast nur im Falle einer völligen Einstimmigkeit aller Votanten zusammenzubringen sein. Es ist also klar, daß es in fast allen Fällen die abentheuerlichste Mühe kosten würde, den Beschlüssen des Gesammtausschusses einige Wirksamkeit zu verschaffen. Bei dem Veto aber ist dies Verhältniß ein wesentlich anderes; denn die Majorität muß sich hier selbst bilden, ohne daß die Gültigkeit des betreffenden Beschlusses darauf zu warten brauchte. Die Indifferenten sind also bei der Ratifikation stets als verneinend, bei dem Veto stets als bejahend zu betrachten, was natürlich zum Vortheil der Centralisation ausschlägt. Freilich sind auf beiden Seiten unverkennbare Mängel ersichtlich, und so galt es denn, den kleineren Schaden dem größeren vorzuziehen. Daß aber die freilich etwas unzuverlässige Voraussetzung der Zustimmung sämmtlicher Indifferenten ein kleinerer Schaden sei, als der Mangel jeglicher ordentlichen Organisation, bedarf keines weitern Beweises.
Man hat es vielfach merkwürdig gefunden, daß der Gesammtausschuß bindende Beschlüsse fassen wolle, da er doch keine Exekutivgewalt habe, mit welcher er die Ausführung befördern könne. Auch dieser Einwurf wurde im Studentenparlament gemacht und blieb nicht ohne Einfluß auf den Gang der
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