gen schaarenweise die edelsten Phäaken einher; auch die Frauen waren zusammengekommen, um die herrlichen Helden der Griechen zu schauen, und viele Landleute hatten sich versammelt, denn Juno hatte das Gerücht weit und breit ausgestreut. So war Alles vor den Mauern der Stadt bereit, und die Opfer dampften zum Himmel empor. Schon lange harrten hier die Helden der Entscheidung. Als nun der König auf seinem Throne Platz genommen hatte, trat Jason hervor und erklärte mit eidlicher Be¬ kräftigung die Königstochter Medea für seine recht¬ mäßige Gemahlin. Sobald Alcinous dieses hörte und Zeugen der Vermählung aufgetreten waren, that er mit einem feierlichen Schwure den Ausspruch, daß Medea nicht ausgeliefert werden sollte, und schirmte seine Gäste. Vergebens widersetzten sich die Kolchier; der König hieß sie entweder als friedliche Gäste in seinem Lande wohnen oder mit ihren Schiffen sich aus seinem Hafen entfernen. Sie aber, die den Zorn ihres Landesherrn fürchteten, wenn sie ohne seine Tochter zurückkehreten, wählten das Letztere. Am siebenten Tage brachen auch die Argonau¬ ten, ungern von Alcinous entlassen und herrlich beschenkt, zur Weiterfahrt auf.
Letzte Abentheuer der Helden.
Wieder waren sie an mancherlei Ufern und Inseln vorübergesegelt und schon erblickten sie in der Ferne die heimische Küste des Pelopslandes (Peloponnesos), als ein grausamer Nordsturm das Schiff erfaßte und mitten durchs Libysche Meer neun volle Tage und Nächte auf ungewi¬
gen ſchaarenweiſe die edelſten Phäaken einher; auch die Frauen waren zuſammengekommen, um die herrlichen Helden der Griechen zu ſchauen, und viele Landleute hatten ſich verſammelt, denn Juno hatte das Gerücht weit und breit ausgeſtreut. So war Alles vor den Mauern der Stadt bereit, und die Opfer dampften zum Himmel empor. Schon lange harrten hier die Helden der Entſcheidung. Als nun der König auf ſeinem Throne Platz genommen hatte, trat Jaſon hervor und erklärte mit eidlicher Be¬ kräftigung die Königstochter Medea für ſeine recht¬ mäßige Gemahlin. Sobald Alcinous dieſes hörte und Zeugen der Vermählung aufgetreten waren, that er mit einem feierlichen Schwure den Ausſpruch, daß Medea nicht ausgeliefert werden ſollte, und ſchirmte ſeine Gäſte. Vergebens widerſetzten ſich die Kolchier; der König hieß ſie entweder als friedliche Gäſte in ſeinem Lande wohnen oder mit ihren Schiffen ſich aus ſeinem Hafen entfernen. Sie aber, die den Zorn ihres Landesherrn fürchteten, wenn ſie ohne ſeine Tochter zurückkehreten, wählten das Letztere. Am ſiebenten Tage brachen auch die Argonau¬ ten, ungern von Alcinous entlaſſen und herrlich beſchenkt, zur Weiterfahrt auf.
Letzte Abentheuer der Helden.
Wieder waren ſie an mancherlei Ufern und Inſeln vorübergeſegelt und ſchon erblickten ſie in der Ferne die heimiſche Küſte des Pelopslandes (Peloponneſos), als ein grauſamer Nordſturm das Schiff erfaßte und mitten durchs Libyſche Meer neun volle Tage und Nächte auf ungewi¬
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gen ſchaarenweiſe die edelſten Phäaken einher; auch die
Frauen waren zuſammengekommen, um die herrlichen Helden
der Griechen zu ſchauen, und viele Landleute hatten ſich
verſammelt, denn Juno hatte das Gerücht weit und breit
ausgeſtreut. So war Alles vor den Mauern der Stadt
bereit, und die Opfer dampften zum Himmel empor.
Schon lange harrten hier die Helden der Entſcheidung.
Als nun der König auf ſeinem Throne Platz genommen
hatte, trat Jaſon hervor und erklärte mit eidlicher Be¬
kräftigung die Königstochter Medea für ſeine recht¬
mäßige Gemahlin. Sobald Alcinous dieſes hörte und
Zeugen der Vermählung aufgetreten waren, that er mit
einem feierlichen Schwure den Ausſpruch, daß Medea
nicht ausgeliefert werden ſollte, und ſchirmte ſeine Gäſte.
Vergebens widerſetzten ſich die Kolchier; der König hieß
ſie entweder als friedliche Gäſte in ſeinem Lande wohnen
oder mit ihren Schiffen ſich aus ſeinem Hafen entfernen.
Sie aber, die den Zorn ihres Landesherrn fürchteten,
wenn ſie ohne ſeine Tochter zurückkehreten, wählten das
Letztere. Am ſiebenten Tage brachen auch die Argonau¬
ten, ungern von Alcinous entlaſſen und herrlich beſchenkt,
zur Weiterfahrt auf.
Letzte Abentheuer der Helden.
Wieder waren ſie an mancherlei Ufern und Inſeln
vorübergeſegelt und ſchon erblickten ſie in der Ferne die
heimiſche Küſte des Pelopslandes (Peloponneſos), als ein
grauſamer Nordſturm das Schiff erfaßte und mitten durchs
Libyſche Meer neun volle Tage und Nächte auf ungewi¬
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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