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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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den Tod. Auf einer andern Seite seufzten die phäaki¬
schen Jungfrauen, welche Medea vom König Alcinous
zum Geschenke bekommen hatte, um ihre Herrin gedrängt;
sie stöhnten wie sterbende Schwäne, ihren letzten Gesang
in die Lüfte verhauchend; und gewiß wären sie Alle,
Männer und Frauen, untergegangen, ohne daß Jemand
sie betrauert hätte, wenn sich nicht die Beherrscherinnen
Libyens, welche drei Halbgöttinnen waren, ihrer erbarmt
hätten. Diese erschienen, mit Ziegenfellen vom Hals bis
an die Knöchel bedeckt, um die heiße Mittagsstunde dem
Jason und zogen ihm den Mantel, mit dem er sein Haupt
bedeckt hatte, leise von den Schläfen. Erschrocken sprang
er auf und wandte den Blick voll Ehrfurcht von den
Göttinnen ab. "Unglücklicher," sprachen sie, "wir kennen
alle deine Mühsale, aber traure nicht länger! Wenn die
Meeresgöttin den Wagen des Neptunus losgeschirret hat,
so zollet eurer Mutter Dank, die euch lang im Leibe ge¬
tragen hat: dann möget ihr ins glückselige Griechenland
zurückkehren." Die Göttinnen verschwanden und Jason
erzählte seinen Genossen das tröstliche, doch räthselhafte
Orakel. Während Alle sich noch darüber staunend be¬
sannen, ereignete sich ein eben so seltsames Wunderzei¬
chen. Ein ungeheures Meerpferd, dem von beiden Sei¬
ten goldne Mähnen über den Nacken wallten, sprang vom
Meer ans Land und schüttelte den Wasserschaum ab, der
von ihm stäubte, wie mit Windesflügeln. Freudig erhub
jetzt der Held Peleus seine Stimme und rief: "Die eine
Hälfte des Räthselwortes ist erfüllt: die Meeresgöttin
hat ihren Wagen abgeschirrt, den dieses Roß gezogen hat,
die Mutter aber, die uns lang im Leibe getragen, das
ist unser Schiff Argo; dem sollen wir jetzt den schuldigen

den Tod. Auf einer andern Seite ſeufzten die phäaki¬
ſchen Jungfrauen, welche Medea vom König Alcinous
zum Geſchenke bekommen hatte, um ihre Herrin gedrängt;
ſie ſtöhnten wie ſterbende Schwäne, ihren letzten Geſang
in die Lüfte verhauchend; und gewiß wären ſie Alle,
Männer und Frauen, untergegangen, ohne daß Jemand
ſie betrauert hätte, wenn ſich nicht die Beherrſcherinnen
Libyens, welche drei Halbgöttinnen waren, ihrer erbarmt
hätten. Dieſe erſchienen, mit Ziegenfellen vom Hals bis
an die Knöchel bedeckt, um die heiße Mittagsſtunde dem
Jaſon und zogen ihm den Mantel, mit dem er ſein Haupt
bedeckt hatte, leiſe von den Schläfen. Erſchrocken ſprang
er auf und wandte den Blick voll Ehrfurcht von den
Göttinnen ab. „Unglücklicher,“ ſprachen ſie, „wir kennen
alle deine Mühſale, aber traure nicht länger! Wenn die
Meeresgöttin den Wagen des Neptunus losgeſchirret hat,
ſo zollet eurer Mutter Dank, die euch lang im Leibe ge¬
tragen hat: dann möget ihr ins glückſelige Griechenland
zurückkehren.“ Die Göttinnen verſchwanden und Jaſon
erzählte ſeinen Genoſſen das tröſtliche, doch räthſelhafte
Orakel. Während Alle ſich noch darüber ſtaunend be¬
ſannen, ereignete ſich ein eben ſo ſeltſames Wunderzei¬
chen. Ein ungeheures Meerpferd, dem von beiden Sei¬
ten goldne Mähnen über den Nacken wallten, ſprang vom
Meer ans Land und ſchüttelte den Waſſerſchaum ab, der
von ihm ſtäubte, wie mit Windesflügeln. Freudig erhub
jetzt der Held Peleus ſeine Stimme und rief: „Die eine
Hälfte des Räthſelwortes iſt erfüllt: die Meeresgöttin
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[164/0190] den Tod. Auf einer andern Seite ſeufzten die phäaki¬ ſchen Jungfrauen, welche Medea vom König Alcinous zum Geſchenke bekommen hatte, um ihre Herrin gedrängt; ſie ſtöhnten wie ſterbende Schwäne, ihren letzten Geſang in die Lüfte verhauchend; und gewiß wären ſie Alle, Männer und Frauen, untergegangen, ohne daß Jemand ſie betrauert hätte, wenn ſich nicht die Beherrſcherinnen Libyens, welche drei Halbgöttinnen waren, ihrer erbarmt hätten. Dieſe erſchienen, mit Ziegenfellen vom Hals bis an die Knöchel bedeckt, um die heiße Mittagsſtunde dem Jaſon und zogen ihm den Mantel, mit dem er ſein Haupt bedeckt hatte, leiſe von den Schläfen. Erſchrocken ſprang er auf und wandte den Blick voll Ehrfurcht von den Göttinnen ab. „Unglücklicher,“ ſprachen ſie, „wir kennen alle deine Mühſale, aber traure nicht länger! Wenn die Meeresgöttin den Wagen des Neptunus losgeſchirret hat, ſo zollet eurer Mutter Dank, die euch lang im Leibe ge¬ tragen hat: dann möget ihr ins glückſelige Griechenland zurückkehren.“ Die Göttinnen verſchwanden und Jaſon erzählte ſeinen Genoſſen das tröſtliche, doch räthſelhafte Orakel. Während Alle ſich noch darüber ſtaunend be¬ ſannen, ereignete ſich ein eben ſo ſeltſames Wunderzei¬ chen. Ein ungeheures Meerpferd, dem von beiden Sei¬ ten goldne Mähnen über den Nacken wallten, ſprang vom Meer ans Land und ſchüttelte den Waſſerſchaum ab, der von ihm ſtäubte, wie mit Windesflügeln. Freudig erhub jetzt der Held Peleus ſeine Stimme und rief: „Die eine Hälfte des Räthſelwortes iſt erfüllt: die Meeresgöttin hat ihren Wagen abgeſchirrt, den dieſes Roß gezogen hat, die Mutter aber, die uns lang im Leibe getragen, das iſt unſer Schiff Argo; dem ſollen wir jetzt den ſchuldigen

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/190>, abgerufen am 23.11.2024.