vielmehr immer in ihr die liebste Freundin und treueste Bundesgenossin!"
Der König Demophoon traf nun alle Anstalten, das Heer seines neuen Feindes gerüstet zu empfangen; er versammelte die Seher und veranstaltete feierliche Opfer. Dem Jolaus und seinen Schützlingen wollte er Wohnun¬ gen im Pallaste anweisen. Aber Jolaus erklärte den Altar Jupiters nicht verlassen und mit allen den Seini¬ gen unter Gebeten für das Heil der Stadt hier verhar¬ ren zu wollen. "Erst wenn der Sieg mit der Götter Hülfe errungen ist," sprach er, "wollen wir unsre müden Leiber unter dem Dache der Gastfreunde bergen." -- Inzwischen bestieg der König den höchsten Thurm seiner Burg und beobachtete das heranziehende Heer der Feinde, dann sammelte er die Streitmacht der Athener, traf alle krie¬ gerischen Anordnungen, berathschlagte mit den Sehern und war bereit, die feierlichen Opfer darzubringen. Am Al¬ tare des Zeus war indeß Jolaus und seine Schaar in flehenden Gebeten begriffen, als Demophoon mit schnellen Schritten und verstörtem Gesichte auf sie zugegangen kam. "Was ist zu thun, ihr Freunde," rief er ihnen sorgenvoll entgegen; "wohl ist mein Heer gerüstet, die nahenden Argiver zu empfangen, aber der Ausspruch aller meiner Seher knüpft den Sieg an eine Bedingung, die nicht zu erfüllen ist. Das Lied der Orakel, sagen sie, lautet so: ""Ihr sollt kein Kalb, oder keinen Stier schlachten, sondern eine Jungfrau, die vom edelsten Geschlechte ist; nur dann dürft ihr, nur dann darf diese Stadt auf Sieg und Ret¬ tung hoffen!"" Wie soll nun aber Solches geschehen? Ich selbst habe blühende Töchter in meinem Königshause; aber wer darf dem Vater zumuthen, ein solches Opfer zu
vielmehr immer in ihr die liebſte Freundin und treueſte Bundesgenoſſin!“
Der König Demophoon traf nun alle Anſtalten, das Heer ſeines neuen Feindes gerüſtet zu empfangen; er verſammelte die Seher und veranſtaltete feierliche Opfer. Dem Jolaus und ſeinen Schützlingen wollte er Wohnun¬ gen im Pallaſte anweiſen. Aber Jolaus erklärte den Altar Jupiters nicht verlaſſen und mit allen den Seini¬ gen unter Gebeten für das Heil der Stadt hier verhar¬ ren zu wollen. „Erſt wenn der Sieg mit der Götter Hülfe errungen iſt,“ ſprach er, „wollen wir unſre müden Leiber unter dem Dache der Gaſtfreunde bergen.“ — Inzwiſchen beſtieg der König den höchſten Thurm ſeiner Burg und beobachtete das heranziehende Heer der Feinde, dann ſammelte er die Streitmacht der Athener, traf alle krie¬ geriſchen Anordnungen, berathſchlagte mit den Sehern und war bereit, die feierlichen Opfer darzubringen. Am Al¬ tare des Zeus war indeß Jolaus und ſeine Schaar in flehenden Gebeten begriffen, als Demophoon mit ſchnellen Schritten und verſtörtem Geſichte auf ſie zugegangen kam. „Was iſt zu thun, ihr Freunde,“ rief er ihnen ſorgenvoll entgegen; „wohl iſt mein Heer gerüſtet, die nahenden Argiver zu empfangen, aber der Ausſpruch aller meiner Seher knüpft den Sieg an eine Bedingung, die nicht zu erfüllen iſt. Das Lied der Orakel, ſagen ſie, lautet ſo: „„Ihr ſollt kein Kalb, oder keinen Stier ſchlachten, ſondern eine Jungfrau, die vom edelſten Geſchlechte iſt; nur dann dürft ihr, nur dann darf dieſe Stadt auf Sieg und Ret¬ tung hoffen!““ Wie ſoll nun aber Solches geſchehen? Ich ſelbſt habe blühende Töchter in meinem Königshauſe; aber wer darf dem Vater zumuthen, ein ſolches Opfer zu
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vielmehr immer in ihr die liebſte Freundin und treueſte
Bundesgenoſſin!“
Der König Demophoon traf nun alle Anſtalten, das
Heer ſeines neuen Feindes gerüſtet zu empfangen; er
verſammelte die Seher und veranſtaltete feierliche Opfer.
Dem Jolaus und ſeinen Schützlingen wollte er Wohnun¬
gen im Pallaſte anweiſen. Aber Jolaus erklärte den
Altar Jupiters nicht verlaſſen und mit allen den Seini¬
gen unter Gebeten für das Heil der Stadt hier verhar¬
ren zu wollen. „Erſt wenn der Sieg mit der Götter Hülfe
errungen iſt,“ ſprach er, „wollen wir unſre müden Leiber
unter dem Dache der Gaſtfreunde bergen.“ — Inzwiſchen
beſtieg der König den höchſten Thurm ſeiner Burg und
beobachtete das heranziehende Heer der Feinde, dann
ſammelte er die Streitmacht der Athener, traf alle krie¬
geriſchen Anordnungen, berathſchlagte mit den Sehern und
war bereit, die feierlichen Opfer darzubringen. Am Al¬
tare des Zeus war indeß Jolaus und ſeine Schaar in
flehenden Gebeten begriffen, als Demophoon mit ſchnellen
Schritten und verſtörtem Geſichte auf ſie zugegangen kam.
„Was iſt zu thun, ihr Freunde,“ rief er ihnen ſorgenvoll
entgegen; „wohl iſt mein Heer gerüſtet, die nahenden
Argiver zu empfangen, aber der Ausſpruch aller meiner
Seher knüpft den Sieg an eine Bedingung, die nicht zu
erfüllen iſt. Das Lied der Orakel, ſagen ſie, lautet ſo:
„„Ihr ſollt kein Kalb, oder keinen Stier ſchlachten, ſondern
eine Jungfrau, die vom edelſten Geſchlechte iſt; nur dann
dürft ihr, nur dann darf dieſe Stadt auf Sieg und Ret¬
tung hoffen!““ Wie ſoll nun aber Solches geſchehen?
Ich ſelbſt habe blühende Töchter in meinem Königshauſe;
aber wer darf dem Vater zumuthen, ein ſolches Opfer zu
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/417>, abgerufen am 21.11.2024.
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