Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Erzrüstung, mit funkelndem Auge, sprang Hektor,
zwei blinkende Lanzen schüttelnd, in das Thor. Ihm nach
strömten seine Streitgenossen durch die aufgerissene Pforte,
Andere hatten zu Hunderten die Mauer überklettert; Auf¬
ruhr tobte allenthalben im Vorlager, und die Griechen
flüchteten zu den Schiffen.


Kampf um die Schiffe.

Als Jupiter die Trojaner so weit gebracht hatte,
überließ er die Griechen ferner ihrem Elende, wandte,
auf dem Gipfel des Ida sitzend, seine Augen von dem
Schiffslager ab und schaute gleichgültig ins Land der
Thrazier hinüber. Inzwischen blieb der Meergott Posei¬
don nicht unthätig. Dieser saß auf einem der obersten
Gipfel des waldigen Thraziens, wo der Ida mit allen
seinen Höhen, sammt Troja und den Schiffen der Danaer
unter ihm lagen. Mit Gram sah er die Griechen vor
Troja's Volk in den Staub sinken, er verließ das zackige
Felsengebirg, und mit vier Götterschritten, unter denen
Höhen und Wälder bebten, stand er am Meeresufer bei
Aegä, wo ihm in den Tiefen der Fluth ein von unver¬
gänglichem Golde schimmernder Pallast erbaut stand.
Hier hüllte er sich in die goldne Rüstung, schirrte seine
goldmähnigen Rosse ins Joch, ergriff die goldene Geißel,
schwang sich in seinen Wagensitz und lenkte die Pferde
über die Fluth; die Meerungeheuer erkannten ihren Herr¬
scher und hüpften aus den Klüften umher, die Woge
trennte sich freudig, und ohne die eherne Wagenaxe zu

ſeiner Erzrüſtung, mit funkelndem Auge, ſprang Hektor,
zwei blinkende Lanzen ſchüttelnd, in das Thor. Ihm nach
ſtrömten ſeine Streitgenoſſen durch die aufgeriſſene Pforte,
Andere hatten zu Hunderten die Mauer überklettert; Auf¬
ruhr tobte allenthalben im Vorlager, und die Griechen
flüchteten zu den Schiffen.


Kampf um die Schiffe.

Als Jupiter die Trojaner ſo weit gebracht hatte,
überließ er die Griechen ferner ihrem Elende, wandte,
auf dem Gipfel des Ida ſitzend, ſeine Augen von dem
Schiffslager ab und ſchaute gleichgültig ins Land der
Thrazier hinüber. Inzwiſchen blieb der Meergott Poſei¬
don nicht unthätig. Dieſer ſaß auf einem der oberſten
Gipfel des waldigen Thraziens, wo der Ida mit allen
ſeinen Höhen, ſammt Troja und den Schiffen der Danaer
unter ihm lagen. Mit Gram ſah er die Griechen vor
Troja's Volk in den Staub ſinken, er verließ das zackige
Felſengebirg, und mit vier Götterſchritten, unter denen
Höhen und Wälder bebten, ſtand er am Meeresufer bei
Aegä, wo ihm in den Tiefen der Fluth ein von unver¬
gänglichem Golde ſchimmernder Pallaſt erbaut ſtand.
Hier hüllte er ſich in die goldne Rüſtung, ſchirrte ſeine
goldmähnigen Roſſe ins Joch, ergriff die goldene Geißel,
ſchwang ſich in ſeinen Wagenſitz und lenkte die Pferde
über die Fluth; die Meerungeheuer erkannten ihren Herr¬
ſcher und hüpften aus den Klüften umher, die Woge
trennte ſich freudig, und ohne die eherne Wagenaxe zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="188"/>
&#x017F;einer Erzrü&#x017F;tung, mit funkelndem Auge, &#x017F;prang Hektor,<lb/>
zwei blinkende Lanzen &#x017F;chüttelnd, in das Thor. Ihm nach<lb/>
&#x017F;trömten &#x017F;eine Streitgeno&#x017F;&#x017F;en durch die aufgeri&#x017F;&#x017F;ene Pforte,<lb/>
Andere hatten zu Hunderten die Mauer überklettert; Auf¬<lb/>
ruhr tobte allenthalben im Vorlager, und die Griechen<lb/>
flüchteten zu den Schiffen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Kampf um die Schiffe.</hi><lb/>
          </head>
          <p>Als Jupiter die Trojaner &#x017F;o weit gebracht hatte,<lb/>
überließ er die Griechen ferner ihrem Elende, wandte,<lb/>
auf dem Gipfel des Ida &#x017F;itzend, &#x017F;eine Augen von dem<lb/>
Schiffslager ab und &#x017F;chaute gleichgültig ins Land der<lb/>
Thrazier hinüber. Inzwi&#x017F;chen blieb der Meergott Po&#x017F;ei¬<lb/>
don nicht unthätig. Die&#x017F;er &#x017F;aß auf einem der ober&#x017F;ten<lb/>
Gipfel des waldigen Thraziens, wo der Ida mit allen<lb/>
&#x017F;einen Höhen, &#x017F;ammt Troja und den Schiffen der Danaer<lb/>
unter ihm lagen. Mit Gram &#x017F;ah er die Griechen vor<lb/>
Troja's Volk in den Staub &#x017F;inken, er verließ das zackige<lb/>
Fel&#x017F;engebirg, und mit vier Götter&#x017F;chritten, unter denen<lb/>
Höhen und Wälder bebten, &#x017F;tand er am Meeresufer bei<lb/>
Aegä, wo ihm in den Tiefen der Fluth ein von unver¬<lb/>
gänglichem Golde &#x017F;chimmernder Palla&#x017F;t erbaut &#x017F;tand.<lb/>
Hier hüllte er &#x017F;ich in die goldne Rü&#x017F;tung, &#x017F;chirrte &#x017F;eine<lb/>
goldmähnigen Ro&#x017F;&#x017F;e ins Joch, ergriff die goldene Geißel,<lb/>
&#x017F;chwang &#x017F;ich in &#x017F;einen Wagen&#x017F;itz und lenkte die Pferde<lb/>
über die Fluth; die Meerungeheuer erkannten ihren Herr¬<lb/>
&#x017F;cher und hüpften aus den Klüften umher, die Woge<lb/>
trennte &#x017F;ich freudig, und ohne die eherne Wagenaxe zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0210] ſeiner Erzrüſtung, mit funkelndem Auge, ſprang Hektor, zwei blinkende Lanzen ſchüttelnd, in das Thor. Ihm nach ſtrömten ſeine Streitgenoſſen durch die aufgeriſſene Pforte, Andere hatten zu Hunderten die Mauer überklettert; Auf¬ ruhr tobte allenthalben im Vorlager, und die Griechen flüchteten zu den Schiffen. Kampf um die Schiffe. Als Jupiter die Trojaner ſo weit gebracht hatte, überließ er die Griechen ferner ihrem Elende, wandte, auf dem Gipfel des Ida ſitzend, ſeine Augen von dem Schiffslager ab und ſchaute gleichgültig ins Land der Thrazier hinüber. Inzwiſchen blieb der Meergott Poſei¬ don nicht unthätig. Dieſer ſaß auf einem der oberſten Gipfel des waldigen Thraziens, wo der Ida mit allen ſeinen Höhen, ſammt Troja und den Schiffen der Danaer unter ihm lagen. Mit Gram ſah er die Griechen vor Troja's Volk in den Staub ſinken, er verließ das zackige Felſengebirg, und mit vier Götterſchritten, unter denen Höhen und Wälder bebten, ſtand er am Meeresufer bei Aegä, wo ihm in den Tiefen der Fluth ein von unver¬ gänglichem Golde ſchimmernder Pallaſt erbaut ſtand. Hier hüllte er ſich in die goldne Rüſtung, ſchirrte ſeine goldmähnigen Roſſe ins Joch, ergriff die goldene Geißel, ſchwang ſich in ſeinen Wagenſitz und lenkte die Pferde über die Fluth; die Meerungeheuer erkannten ihren Herr¬ ſcher und hüpften aus den Klüften umher, die Woge trennte ſich freudig, und ohne die eherne Wagenaxe zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/210
Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/210>, abgerufen am 28.11.2024.