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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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verkommen, wenn nicht Eurynome und Thetis mich
in ihrem Schooße aufgefangen hätten, und in ihrer
Meeresgrotte groß gezogen bis ins neunte Jahr. Dort
schmiedete ich allerlei Kunstwerke, Spangen, Ringe,
Ohrengehenke, Haarnadeln, Kettchen aller Art, in der
gewölbten Grotte; und rings um uns her schäumte brau¬
send der Strom des Oceans. Diese meine Retterin be¬
sucht jetzt mein Haus! Bewirthe sie, holdselige Gattin,
mich aber laß diesen Wust hier aus dem Wege schaffen."
So sprach der rußige Gott, erhob sich hinkend vom Am¬
bos, und mühsam hin und herwankend, legte er die Blase¬
bälge vom Feuer weg, verschloß alle die mancherlei Ge¬
räthschaften in einen silbernen Kasten, wusch sich dann mit
einem Schwamme Hände, Angesicht, Hals und Brust,
und hinkte, in einen Leibrock eingehüllt, und von ge¬
schäftigen Mägden gestützt, wieder aus der Kammer;
diese Dienerinnen aber waren keine geschaffene Wesen,
doch lebenden gleich; voll Jugendreiz, alle von ihm aus
Gold geschmiedet, mit Kraft, Verstand, Stimme und
Kunsttrieb begabt. Sie eilten mit hurtigen Füßen von
ihrem Herrn weg, er aber, nachwackelnd, nahm sich einen
schmucken Sessel, setzte sich neben Thetis, faßte ihre Hand
und sprach: "Ehrenwerthe, geliebte Göttin, was führt dich
zu meiner Wohnung, die du sonst nur wenig besuchest,
sage mir, was du verlangst: Alles wird dir mein Herz
gewähren, was ich nur gewähren kann und was an sich
gewährbar ist."

Da erzählte ihm Thetis ihren ganzen Jammer, und
bat ihn, seine Kniee umfassend, ihrem früh verwelkenden
Sohne Achilles, so lang er den Griechen zum Schirm
noch lebe, Helm, Schild, Harnisch, Beinschienen und

verkommen, wenn nicht Eurynome und Thetis mich
in ihrem Schooße aufgefangen hätten, und in ihrer
Meeresgrotte groß gezogen bis ins neunte Jahr. Dort
ſchmiedete ich allerlei Kunſtwerke, Spangen, Ringe,
Ohrengehenke, Haarnadeln, Kettchen aller Art, in der
gewölbten Grotte; und rings um uns her ſchäumte brau¬
ſend der Strom des Oceans. Dieſe meine Retterin be¬
ſucht jetzt mein Haus! Bewirthe ſie, holdſelige Gattin,
mich aber laß dieſen Wuſt hier aus dem Wege ſchaffen.“
So ſprach der rußige Gott, erhob ſich hinkend vom Am¬
bos, und mühſam hin und herwankend, legte er die Blaſe¬
bälge vom Feuer weg, verſchloß alle die mancherlei Ge¬
räthſchaften in einen ſilbernen Kaſten, wuſch ſich dann mit
einem Schwamme Hände, Angeſicht, Hals und Bruſt,
und hinkte, in einen Leibrock eingehüllt, und von ge¬
ſchäftigen Mägden geſtützt, wieder aus der Kammer;
dieſe Dienerinnen aber waren keine geſchaffene Weſen,
doch lebenden gleich; voll Jugendreiz, alle von ihm aus
Gold geſchmiedet, mit Kraft, Verſtand, Stimme und
Kunſttrieb begabt. Sie eilten mit hurtigen Füßen von
ihrem Herrn weg, er aber, nachwackelnd, nahm ſich einen
ſchmucken Seſſel, ſetzte ſich neben Thetis, faßte ihre Hand
und ſprach: „Ehrenwerthe, geliebte Göttin, was führt dich
zu meiner Wohnung, die du ſonſt nur wenig beſucheſt,
ſage mir, was du verlangſt: Alles wird dir mein Herz
gewähren, was ich nur gewähren kann und was an ſich
gewährbar iſt.“

Da erzählte ihm Thetis ihren ganzen Jammer, und
bat ihn, ſeine Kniee umfaſſend, ihrem früh verwelkenden
Sohne Achilles, ſo lang er den Griechen zum Schirm
noch lebe, Helm, Schild, Harniſch, Beinſchienen und

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[248/0270] verkommen, wenn nicht Eurynome und Thetis mich in ihrem Schooße aufgefangen hätten, und in ihrer Meeresgrotte groß gezogen bis ins neunte Jahr. Dort ſchmiedete ich allerlei Kunſtwerke, Spangen, Ringe, Ohrengehenke, Haarnadeln, Kettchen aller Art, in der gewölbten Grotte; und rings um uns her ſchäumte brau¬ ſend der Strom des Oceans. Dieſe meine Retterin be¬ ſucht jetzt mein Haus! Bewirthe ſie, holdſelige Gattin, mich aber laß dieſen Wuſt hier aus dem Wege ſchaffen.“ So ſprach der rußige Gott, erhob ſich hinkend vom Am¬ bos, und mühſam hin und herwankend, legte er die Blaſe¬ bälge vom Feuer weg, verſchloß alle die mancherlei Ge¬ räthſchaften in einen ſilbernen Kaſten, wuſch ſich dann mit einem Schwamme Hände, Angeſicht, Hals und Bruſt, und hinkte, in einen Leibrock eingehüllt, und von ge¬ ſchäftigen Mägden geſtützt, wieder aus der Kammer; dieſe Dienerinnen aber waren keine geſchaffene Weſen, doch lebenden gleich; voll Jugendreiz, alle von ihm aus Gold geſchmiedet, mit Kraft, Verſtand, Stimme und Kunſttrieb begabt. Sie eilten mit hurtigen Füßen von ihrem Herrn weg, er aber, nachwackelnd, nahm ſich einen ſchmucken Seſſel, ſetzte ſich neben Thetis, faßte ihre Hand und ſprach: „Ehrenwerthe, geliebte Göttin, was führt dich zu meiner Wohnung, die du ſonſt nur wenig beſucheſt, ſage mir, was du verlangſt: Alles wird dir mein Herz gewähren, was ich nur gewähren kann und was an ſich gewährbar iſt.“ Da erzählte ihm Thetis ihren ganzen Jammer, und bat ihn, ſeine Kniee umfaſſend, ihrem früh verwelkenden Sohne Achilles, ſo lang er den Griechen zum Schirm noch lebe, Helm, Schild, Harniſch, Beinſchienen und

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/270>, abgerufen am 21.11.2024.