Automedon und Alkimus schirrten die Rosse ein, legten jedem den Zaum ins Maul, und spannten die Zügel über den Wagensitz. In diesen sprang Automedon, die blanke Geißel fassend, und in Waffen strahlend schwang sich hin¬ ter ihm Achilles auf. "Ihr unsterblichen Rosse," rief die¬ ser dem Gespanne seines Vaters zu, "ich sag' es euch, bringt mir, nachdem wir uns in der Schlacht gesättigt haben, die Helden, die ihr führet, anders ins Heer zurück, als Patroklus zurückgekehrt ist, den ihr todt im Gefilde liegen ließet." Wie der Held so sprach, ward ihm ein grauenhaftes Wunderzeichen zu Theil: sein Roß Xanthus neigte das Haupt tief zur Erde, daß die wallende Mähne ganz aus dem Ringe des Joches hervordrang und bis auf den Boden hinuntersank; und von der Göttin Juno plötzlich mit Sprache begabt, ertheilte es ihm unter dem Joch die traurige Antwort: "Wohl, starker Achilles, füh¬ ren wir jetzt dich, den Lebenden, rüstig dahin; aber der Tag des Verderbens ist dir nahe. Nicht unsere Säumniß oder Fahrlässigkeit, sondern das Verhängniß und die All¬ macht der Götter hat dem Patroklus das Leben geraubt, und dem Hektor Siegesruhm gegeben. Wir können mit Zephyrus, dem schnellsten der Winde, in die Wette lau¬ fen und ermüden nicht. Dir aber ist vom Geschicke be¬ stimmt, unter der Hand eines Gottes zu erliegen." So sprach das Roß und wollte noch weiter sprechen, aber die Macht der Rachegöttinnen hemmte seinen Laut, und Achil¬ les antwortete voll Unmuth: "Xanthus, was redest du mir da vom Tode? es bedarf deiner Weissagung nicht, weiß ich doch selbst, daß mich, ferne von Vater und Mut¬ ter, das Schicksal hier wegraffen wird. Doch auch so
Automedon und Alkimus ſchirrten die Roſſe ein, legten jedem den Zaum ins Maul, und ſpannten die Zügel über den Wagenſitz. In dieſen ſprang Automedon, die blanke Geißel faſſend, und in Waffen ſtrahlend ſchwang ſich hin¬ ter ihm Achilles auf. „Ihr unſterblichen Roſſe,“ rief die¬ ſer dem Geſpanne ſeines Vaters zu, „ich ſag' es euch, bringt mir, nachdem wir uns in der Schlacht geſättigt haben, die Helden, die ihr führet, anders ins Heer zurück, als Patroklus zurückgekehrt iſt, den ihr todt im Gefilde liegen ließet.“ Wie der Held ſo ſprach, ward ihm ein grauenhaftes Wunderzeichen zu Theil: ſein Roß Xanthus neigte das Haupt tief zur Erde, daß die wallende Mähne ganz aus dem Ringe des Joches hervordrang und bis auf den Boden hinunterſank; und von der Göttin Juno plötzlich mit Sprache begabt, ertheilte es ihm unter dem Joch die traurige Antwort: „Wohl, ſtarker Achilles, füh¬ ren wir jetzt dich, den Lebenden, rüſtig dahin; aber der Tag des Verderbens iſt dir nahe. Nicht unſere Säumniß oder Fahrläſſigkeit, ſondern das Verhängniß und die All¬ macht der Götter hat dem Patroklus das Leben geraubt, und dem Hektor Siegesruhm gegeben. Wir können mit Zephyrus, dem ſchnellſten der Winde, in die Wette lau¬ fen und ermüden nicht. Dir aber iſt vom Geſchicke be¬ ſtimmt, unter der Hand eines Gottes zu erliegen.“ So ſprach das Roß und wollte noch weiter ſprechen, aber die Macht der Rachegöttinnen hemmte ſeinen Laut, und Achil¬ les antwortete voll Unmuth: „Xanthus, was redeſt du mir da vom Tode? es bedarf deiner Weiſſagung nicht, weiß ich doch ſelbſt, daß mich, ferne von Vater und Mut¬ ter, das Schickſal hier wegraffen wird. Doch auch ſo
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Automedon und Alkimus ſchirrten die Roſſe ein, legten
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den Wagenſitz. In dieſen ſprang Automedon, die blanke
Geißel faſſend, und in Waffen ſtrahlend ſchwang ſich hin¬
ter ihm Achilles auf. „Ihr unſterblichen Roſſe,“ rief die¬
ſer dem Geſpanne ſeines Vaters zu, „ich ſag' es euch,
bringt mir, nachdem wir uns in der Schlacht geſättigt
haben, die Helden, die ihr führet, anders ins Heer zurück,
als Patroklus zurückgekehrt iſt, den ihr todt im Gefilde
liegen ließet.“ Wie der Held ſo ſprach, ward ihm ein
grauenhaftes Wunderzeichen zu Theil: ſein Roß Xanthus
neigte das Haupt tief zur Erde, daß die wallende Mähne
ganz aus dem Ringe des Joches hervordrang und bis
auf den Boden hinunterſank; und von der Göttin Juno
plötzlich mit Sprache begabt, ertheilte es ihm unter dem
Joch die traurige Antwort: „Wohl, ſtarker Achilles, füh¬
ren wir jetzt dich, den Lebenden, rüſtig dahin; aber der
Tag des Verderbens iſt dir nahe. Nicht unſere Säumniß
oder Fahrläſſigkeit, ſondern das Verhängniß und die All¬
macht der Götter hat dem Patroklus das Leben geraubt,
und dem Hektor Siegesruhm gegeben. Wir können mit
Zephyrus, dem ſchnellſten der Winde, in die Wette lau¬
fen und ermüden nicht. Dir aber iſt vom Geſchicke be¬
ſtimmt, unter der Hand eines Gottes zu erliegen.“ So
ſprach das Roß und wollte noch weiter ſprechen, aber die
Macht der Rachegöttinnen hemmte ſeinen Laut, und Achil¬
les antwortete voll Unmuth: „Xanthus, was redeſt du
mir da vom Tode? es bedarf deiner Weiſſagung nicht,
weiß ich doch ſelbſt, daß mich, ferne von Vater und Mut¬
ter, das Schickſal hier wegraffen wird. Doch auch ſo
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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