Kindern und Kindeskindern fortdauern." "Thue, was du willst," erwiederte Juno, "ich und Pallas, wir haben es mit einem Eidschwure betheuert, daß wir kein Unglück, welches es auch sey, von den Trojanern abhalten wollen."
Diese Unterredung war das Werk eines Augenblicks; Poseidon flog in den Kampf, zog unsichtbar den Speer aus dem Schilde des Aeneas und legte diesen dem Achil¬ les quer vor die Füße, nachdem er die Augen des Helden mit einem dichten Nebel umgossen hatte. Den Trojaner selbst schleuderte er, ihn hoch von der Erde aufhebend, über Wagen und Streiter hinweg, an die Gränzen der Schlacht¬ ordnung, wo das Volk der kaukonischen Bundsgenossen kampfgerüstet einherzog. "Welcher Gott," so schalt Nep¬ tunus hier den geretteten Helden, "verblendete dich, Aeneas, gegen den Liebling der Götter, den weit mächtigeren Pe¬ liden, kämpfen zu wollen? Weich in Zukunft zurück, so oft du ihm begegnest; hat ihn einmal das Schicksal erreicht, dann magst du dich getrost in den vordersten Reihen schla¬ gen!" Jetzt verließ ihn der Gott, und zog vor Achilles Augen den Nebel hinweg, der verwundert seine Lanze an der Erde liegen und den Mann verschwunden sah. "Troll' er sich immerhin mit eines Gottes Hülfe," sprach er ver¬ drießlich, "ich bin sein Fliehen schon gewohnt." Dann sprang er in die Reihen der Seinigen zurück und ermun¬ terte sie zur Schlacht. Drüben aber feuerte Hektor die Seinigen an, und nun folgte ein wilder gemischter Angriff. Als Phöbus Apollo sah, wie gierig Hektor dem Peliden entgegenstrebte, flüsterte er ihm ein Warnungswort ins Ohr, vor welchem Hektor erschrocken in den Haufen seiner Streiter zurückwich. Achilles aber drang stürmend unter die Feinde ein, und sein erster Speerwurf spaltete dem
Kindern und Kindeskindern fortdauern.“ „Thue, was du willſt,“ erwiederte Juno, „ich und Pallas, wir haben es mit einem Eidſchwure betheuert, daß wir kein Unglück, welches es auch ſey, von den Trojanern abhalten wollen.“
Dieſe Unterredung war das Werk eines Augenblicks; Poſeidon flog in den Kampf, zog unſichtbar den Speer aus dem Schilde des Aeneas und legte dieſen dem Achil¬ les quer vor die Füße, nachdem er die Augen des Helden mit einem dichten Nebel umgoſſen hatte. Den Trojaner ſelbſt ſchleuderte er, ihn hoch von der Erde aufhebend, über Wagen und Streiter hinweg, an die Gränzen der Schlacht¬ ordnung, wo das Volk der kaukoniſchen Bundsgenoſſen kampfgerüſtet einherzog. „Welcher Gott,“ ſo ſchalt Nep¬ tunus hier den geretteten Helden, „verblendete dich, Aeneas, gegen den Liebling der Götter, den weit mächtigeren Pe¬ liden, kämpfen zu wollen? Weich in Zukunft zurück, ſo oft du ihm begegneſt; hat ihn einmal das Schickſal erreicht, dann magſt du dich getroſt in den vorderſten Reihen ſchla¬ gen!“ Jetzt verließ ihn der Gott, und zog vor Achilles Augen den Nebel hinweg, der verwundert ſeine Lanze an der Erde liegen und den Mann verſchwunden ſah. „Troll' er ſich immerhin mit eines Gottes Hülfe,“ ſprach er ver¬ drießlich, „ich bin ſein Fliehen ſchon gewohnt.“ Dann ſprang er in die Reihen der Seinigen zurück und ermun¬ terte ſie zur Schlacht. Drüben aber feuerte Hektor die Seinigen an, und nun folgte ein wilder gemiſchter Angriff. Als Phöbus Apollo ſah, wie gierig Hektor dem Peliden entgegenſtrebte, flüſterte er ihm ein Warnungswort ins Ohr, vor welchem Hektor erſchrocken in den Haufen ſeiner Streiter zurückwich. Achilles aber drang ſtürmend unter die Feinde ein, und ſein erſter Speerwurf ſpaltete dem
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Kindern und Kindeskindern fortdauern.“ „Thue, was du
willſt,“ erwiederte Juno, „ich und Pallas, wir haben es
mit einem Eidſchwure betheuert, daß wir kein Unglück,
welches es auch ſey, von den Trojanern abhalten wollen.“
Dieſe Unterredung war das Werk eines Augenblicks;
Poſeidon flog in den Kampf, zog unſichtbar den Speer
aus dem Schilde des Aeneas und legte dieſen dem Achil¬
les quer vor die Füße, nachdem er die Augen des Helden
mit einem dichten Nebel umgoſſen hatte. Den Trojaner
ſelbſt ſchleuderte er, ihn hoch von der Erde aufhebend, über
Wagen und Streiter hinweg, an die Gränzen der Schlacht¬
ordnung, wo das Volk der kaukoniſchen Bundsgenoſſen
kampfgerüſtet einherzog. „Welcher Gott,“ ſo ſchalt Nep¬
tunus hier den geretteten Helden, „verblendete dich, Aeneas,
gegen den Liebling der Götter, den weit mächtigeren Pe¬
liden, kämpfen zu wollen? Weich in Zukunft zurück, ſo
oft du ihm begegneſt; hat ihn einmal das Schickſal erreicht,
dann magſt du dich getroſt in den vorderſten Reihen ſchla¬
gen!“ Jetzt verließ ihn der Gott, und zog vor Achilles
Augen den Nebel hinweg, der verwundert ſeine Lanze an
der Erde liegen und den Mann verſchwunden ſah. „Troll'
er ſich immerhin mit eines Gottes Hülfe,“ ſprach er ver¬
drießlich, „ich bin ſein Fliehen ſchon gewohnt.“ Dann
ſprang er in die Reihen der Seinigen zurück und ermun¬
terte ſie zur Schlacht. Drüben aber feuerte Hektor die
Seinigen an, und nun folgte ein wilder gemiſchter Angriff.
Als Phöbus Apollo ſah, wie gierig Hektor dem Peliden
entgegenſtrebte, flüſterte er ihm ein Warnungswort ins
Ohr, vor welchem Hektor erſchrocken in den Haufen ſeiner
Streiter zurückwich. Achilles aber drang ſtürmend unter
die Feinde ein, und ſein erſter Speerwurf ſpaltete dem
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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