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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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nach dem Sieg. Als sich die Rosse dem Ende der Lauf¬
bahn, die ans Meer gränzte, nahten, da schien jedes ganz
Schnelligkeit zu seyn, und alle rannten in gestrecktem Lauf.
Zuvorderst sprangen die Stuten des Eumelus, über Rü¬
cken und Schultern athmete ihm schon das Hengstgespann
des Tydiden, als diesem Apollo zürnend die Geißel aus
den Händen stieß, und so die Schnelligkeit seiner Rosse
hemmte. Athene bemerkte die List, gab dem Helden die
Geißel zurück, und zerbrach dem Eumelus das Joch, daß
die Stuten auseinander sprangen, und der Lenker sich ne¬
ben dem Rade verwundet auf dem Boden wälzte. Der
Tydide flog vorüber; ihm zunächst Menelaus, nächst ihm
trieb Antilochus seine Rosse mit scheltendem Zuruf. An
einem durchwühlten Hohlwege strauchelte Menelaus, Anti¬
lochus aber fuhr kühn durch den engen Paß an ihm vor¬
über. Während die zuschauenden Helden Rosse und Wa¬
gen durch den Staub zu erkennen strebten, und sich darüber
stritten, war Diomedes, die Andern immer hinter sich las¬
send, mit seinem von Zinn und Golde schimmernden Wagen
am Ziel angekommen. Den dampfenden Rossen strömte der
Schweiß vom Nacken; der Held selbst sprang vom Sitz und
lehnte die Geißel ans Joch. Sein Freund Sthenelus nahm den
Kampfpreis in Empfang, ein schönes Weib und einen gehen¬
kelten Kessel, gab sie den Freunden wegzubringen, und schirrte
die Rosse aus. Nächst ihm kam Antilochus an, und fast zu
gleicher Zeit Menelaus. Speerwurfsweite davon fuhr etwas
träger Meriones einher, und ganz zuletzt schleppte den ver¬
sehrten Wagen mit verrenkten Gliedern Eumelus daher.
Dennoch wollte diesem Achilles, weil ihn unverschuldetes
Unglück getroffen, und er der beste Wagenlenker war, den
zweiten Preis ertheilen, aber Antilochus fuhr zornig auf:

nach dem Sieg. Als ſich die Roſſe dem Ende der Lauf¬
bahn, die ans Meer gränzte, nahten, da ſchien jedes ganz
Schnelligkeit zu ſeyn, und alle rannten in geſtrecktem Lauf.
Zuvorderſt ſprangen die Stuten des Eumelus, über Rü¬
cken und Schultern athmete ihm ſchon das Hengſtgeſpann
des Tydiden, als dieſem Apollo zürnend die Geißel aus
den Händen ſtieß, und ſo die Schnelligkeit ſeiner Roſſe
hemmte. Athene bemerkte die Liſt, gab dem Helden die
Geißel zurück, und zerbrach dem Eumelus das Joch, daß
die Stuten auseinander ſprangen, und der Lenker ſich ne¬
ben dem Rade verwundet auf dem Boden wälzte. Der
Tydide flog vorüber; ihm zunächſt Menelaus, nächſt ihm
trieb Antilochus ſeine Roſſe mit ſcheltendem Zuruf. An
einem durchwühlten Hohlwege ſtrauchelte Menelaus, Anti¬
lochus aber fuhr kühn durch den engen Paß an ihm vor¬
über. Während die zuſchauenden Helden Roſſe und Wa¬
gen durch den Staub zu erkennen ſtrebten, und ſich darüber
ſtritten, war Diomedes, die Andern immer hinter ſich laſ¬
ſend, mit ſeinem von Zinn und Golde ſchimmernden Wagen
am Ziel angekommen. Den dampfenden Roſſen ſtrömte der
Schweiß vom Nacken; der Held ſelbſt ſprang vom Sitz und
lehnte die Geißel ans Joch. Sein Freund Sthenelus nahm den
Kampfpreis in Empfang, ein ſchönes Weib und einen gehen¬
kelten Keſſel, gab ſie den Freunden wegzubringen, und ſchirrte
die Roſſe aus. Nächſt ihm kam Antilochus an, und faſt zu
gleicher Zeit Menelaus. Speerwurfsweite davon fuhr etwas
träger Meriones einher, und ganz zuletzt ſchleppte den ver¬
ſehrten Wagen mit verrenkten Gliedern Eumelus daher.
Dennoch wollte dieſem Achilles, weil ihn unverſchuldetes
Unglück getroffen, und er der beſte Wagenlenker war, den
zweiten Preis ertheilen, aber Antilochus fuhr zornig auf:

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[295/0317] nach dem Sieg. Als ſich die Roſſe dem Ende der Lauf¬ bahn, die ans Meer gränzte, nahten, da ſchien jedes ganz Schnelligkeit zu ſeyn, und alle rannten in geſtrecktem Lauf. Zuvorderſt ſprangen die Stuten des Eumelus, über Rü¬ cken und Schultern athmete ihm ſchon das Hengſtgeſpann des Tydiden, als dieſem Apollo zürnend die Geißel aus den Händen ſtieß, und ſo die Schnelligkeit ſeiner Roſſe hemmte. Athene bemerkte die Liſt, gab dem Helden die Geißel zurück, und zerbrach dem Eumelus das Joch, daß die Stuten auseinander ſprangen, und der Lenker ſich ne¬ ben dem Rade verwundet auf dem Boden wälzte. Der Tydide flog vorüber; ihm zunächſt Menelaus, nächſt ihm trieb Antilochus ſeine Roſſe mit ſcheltendem Zuruf. An einem durchwühlten Hohlwege ſtrauchelte Menelaus, Anti¬ lochus aber fuhr kühn durch den engen Paß an ihm vor¬ über. Während die zuſchauenden Helden Roſſe und Wa¬ gen durch den Staub zu erkennen ſtrebten, und ſich darüber ſtritten, war Diomedes, die Andern immer hinter ſich laſ¬ ſend, mit ſeinem von Zinn und Golde ſchimmernden Wagen am Ziel angekommen. Den dampfenden Roſſen ſtrömte der Schweiß vom Nacken; der Held ſelbſt ſprang vom Sitz und lehnte die Geißel ans Joch. Sein Freund Sthenelus nahm den Kampfpreis in Empfang, ein ſchönes Weib und einen gehen¬ kelten Keſſel, gab ſie den Freunden wegzubringen, und ſchirrte die Roſſe aus. Nächſt ihm kam Antilochus an, und faſt zu gleicher Zeit Menelaus. Speerwurfsweite davon fuhr etwas träger Meriones einher, und ganz zuletzt ſchleppte den ver¬ ſehrten Wagen mit verrenkten Gliedern Eumelus daher. Dennoch wollte dieſem Achilles, weil ihn unverſchuldetes Unglück getroffen, und er der beſte Wagenlenker war, den zweiten Preis ertheilen, aber Antilochus fuhr zornig auf:

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/317>, abgerufen am 22.11.2024.