etwa ein Hinterhalt der Danaer auf euch laure. Der Sohn des Peleus, als er mich von den Schiffen entließ, hat mir verheißen, uns keinen Schaden zu thun, bis der zwölfte Morgen gekommen wäre."
Die Völker gehorchten; schnell wurden Lastwagen mit Stieren und Maulthieren bespannt, und Alles ver¬ sammelte sich vor der Stadt. Neun Tage lang führten sie Holz, eine ganze Waldung, herbei; am zehnten Mor¬ gen wurde die Leiche Hektors unter lauten Wehklagen hinausgetragen, auf das hohe Scheitergerüst niedergelegt, und dieses in Flammen gesetzt. Das ganze Volk stand um den brennenden Holzstoß versammelt; als er nieder¬ gebrannt war, löschten sie den glimmenden Schutt mit Wein, und die Brüder und Streitgenossen des Verstorbe¬ nen lasen das weiße Gebein unter Thränen aus der Asche zusammen. Mit weichen Purpurgewanden umhüllt, ward es in ein goldenes Kästchen gelegt, und in die hohle Gruft gesenkt. Dichte Quadern verschlossen diese, dann wurde der Grabhügel aufgeschüttet, und ringsum saßen Späher, damit nicht ein plötzlicher Ueberfall der Griechen sie störte. Als die Erde aufgeschüttet war, zog alles Volk in die Stadt zurück, und im Königshause des Priamus wurde das feierliche Todtenmahl begangen.
etwa ein Hinterhalt der Danaer auf euch laure. Der Sohn des Peleus, als er mich von den Schiffen entließ, hat mir verheißen, uns keinen Schaden zu thun, bis der zwölfte Morgen gekommen wäre.“
Die Völker gehorchten; ſchnell wurden Laſtwagen mit Stieren und Maulthieren beſpannt, und Alles ver¬ ſammelte ſich vor der Stadt. Neun Tage lang führten ſie Holz, eine ganze Waldung, herbei; am zehnten Mor¬ gen wurde die Leiche Hektors unter lauten Wehklagen hinausgetragen, auf das hohe Scheitergerüſt niedergelegt, und dieſes in Flammen geſetzt. Das ganze Volk ſtand um den brennenden Holzſtoß verſammelt; als er nieder¬ gebrannt war, löſchten ſie den glimmenden Schutt mit Wein, und die Brüder und Streitgenoſſen des Verſtorbe¬ nen laſen das weiße Gebein unter Thränen aus der Aſche zuſammen. Mit weichen Purpurgewanden umhüllt, ward es in ein goldenes Käſtchen gelegt, und in die hohle Gruft geſenkt. Dichte Quadern verſchloſſen dieſe, dann wurde der Grabhügel aufgeſchüttet, und ringsum ſaßen Späher, damit nicht ein plötzlicher Ueberfall der Griechen ſie ſtörte. Als die Erde aufgeſchüttet war, zog alles Volk in die Stadt zurück, und im Königshauſe des Priamus wurde das feierliche Todtenmahl begangen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0337"n="315"/>
etwa ein Hinterhalt der Danaer auf euch laure. Der<lb/>
Sohn des Peleus, als er mich von den Schiffen entließ,<lb/>
hat mir verheißen, uns keinen Schaden zu thun, bis der<lb/>
zwölfte Morgen gekommen wäre.“</p><lb/><p>Die Völker gehorchten; ſchnell wurden Laſtwagen<lb/>
mit Stieren und Maulthieren beſpannt, und Alles ver¬<lb/>ſammelte ſich vor der Stadt. Neun Tage lang führten<lb/>ſie Holz, eine ganze Waldung, herbei; am zehnten Mor¬<lb/>
gen wurde die Leiche Hektors unter lauten Wehklagen<lb/>
hinausgetragen, auf das hohe Scheitergerüſt niedergelegt,<lb/>
und dieſes in Flammen geſetzt. Das ganze Volk ſtand<lb/>
um den brennenden Holzſtoß verſammelt; als er nieder¬<lb/>
gebrannt war, löſchten ſie den glimmenden Schutt mit<lb/>
Wein, und die Brüder und Streitgenoſſen des Verſtorbe¬<lb/>
nen laſen das weiße Gebein unter Thränen aus der Aſche<lb/>
zuſammen. Mit weichen Purpurgewanden umhüllt, ward<lb/>
es in ein goldenes Käſtchen gelegt, und in die hohle<lb/>
Gruft geſenkt. Dichte Quadern verſchloſſen dieſe, dann<lb/>
wurde der Grabhügel aufgeſchüttet, und ringsum ſaßen<lb/>
Späher, damit nicht ein plötzlicher Ueberfall der Griechen<lb/>ſie ſtörte. Als die Erde aufgeſchüttet war, zog alles Volk<lb/>
in die Stadt zurück, und im Königshauſe des Priamus<lb/>
wurde das feierliche Todtenmahl begangen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[315/0337]
etwa ein Hinterhalt der Danaer auf euch laure. Der
Sohn des Peleus, als er mich von den Schiffen entließ,
hat mir verheißen, uns keinen Schaden zu thun, bis der
zwölfte Morgen gekommen wäre.“
Die Völker gehorchten; ſchnell wurden Laſtwagen
mit Stieren und Maulthieren beſpannt, und Alles ver¬
ſammelte ſich vor der Stadt. Neun Tage lang führten
ſie Holz, eine ganze Waldung, herbei; am zehnten Mor¬
gen wurde die Leiche Hektors unter lauten Wehklagen
hinausgetragen, auf das hohe Scheitergerüſt niedergelegt,
und dieſes in Flammen geſetzt. Das ganze Volk ſtand
um den brennenden Holzſtoß verſammelt; als er nieder¬
gebrannt war, löſchten ſie den glimmenden Schutt mit
Wein, und die Brüder und Streitgenoſſen des Verſtorbe¬
nen laſen das weiße Gebein unter Thränen aus der Aſche
zuſammen. Mit weichen Purpurgewanden umhüllt, ward
es in ein goldenes Käſtchen gelegt, und in die hohle
Gruft geſenkt. Dichte Quadern verſchloſſen dieſe, dann
wurde der Grabhügel aufgeſchüttet, und ringsum ſaßen
Späher, damit nicht ein plötzlicher Ueberfall der Griechen
ſie ſtörte. Als die Erde aufgeſchüttet war, zog alles Volk
in die Stadt zurück, und im Königshauſe des Priamus
wurde das feierliche Todtenmahl begangen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/337>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.