unter ihnen an. Hier fiel auch der Lycier Glaukus und der edle Trojanerheld Aeneas ward verwundet. An des Ajax Seite kämpften Odysseus und andre Danaer: doch leisteten die Trojaner immer noch hartnäckigen Wi¬ derstand; ja, Paris wagte es, mit dem Speere plötzlich auf Ajax zu zielen. Dieser aber nahm den Augenblick wahr, ergriff einen Feldstein, und zerschmetterte ihm damit den Helm, daß er in den Staub sank und die Pfeile aus seinem Köcher sich hier und dorthin zerstreuten. Kaum hatten seine Freunde Zeit, den schwach Athmenden auf den Wagen zu heben und mit Hektors Rossen nach Troja zurückzuführen. Als nun Ajax die Trojaner alle in die Stadt zurückgescheucht hatte, eilte er über Leichen, Blut und Rüstungen zurück zu dem Hellesponte.
Derweil hatten die Könige den Leichnam des Achilles vom Schlachtfelde zu den Schiffen getragen, und umring¬ ten ihn in gränzenlosem Schmerze. Und am lautesten tönte jetzt die Klage des herzugekommenen Ajax, welcher in dem hinweggerafften Helden den theuren Sohn eines Oheims bejammerte. Auch der greise Fürst Phönix ergoß sich in die bittersten Klagen, indem er den riesigen Leib des gewaltigen Peliden umschlungen hielt. Er gedachte des Tages, da Peleus, der Vater des gefallenen Helden, ihm das Kind ans Herz legte, und ihm die Erziehung desselben übertrug; auch des Tages, da sein Zögling sich mit ihm aufmachte, gen Troja zu ziehen. Und nun mu߬ ten Vater und Erzieher das Kind überleben!
Auch die Atriden beweinten ihn und alle Griechen; unaufhörlich stieg Klagegeschrei zum Himmel auf und tönte dumpf von den Schiffen wieder.
Endlich machte der greise Nestor, seines eigenen, noch
unter ihnen an. Hier fiel auch der Lycier Glaukus und der edle Trojanerheld Aeneas ward verwundet. An des Ajax Seite kämpften Odyſſeus und andre Danaer: doch leiſteten die Trojaner immer noch hartnäckigen Wi¬ derſtand; ja, Paris wagte es, mit dem Speere plötzlich auf Ajax zu zielen. Dieſer aber nahm den Augenblick wahr, ergriff einen Feldſtein, und zerſchmetterte ihm damit den Helm, daß er in den Staub ſank und die Pfeile aus ſeinem Köcher ſich hier und dorthin zerſtreuten. Kaum hatten ſeine Freunde Zeit, den ſchwach Athmenden auf den Wagen zu heben und mit Hektors Roſſen nach Troja zurückzuführen. Als nun Ajax die Trojaner alle in die Stadt zurückgeſcheucht hatte, eilte er über Leichen, Blut und Rüſtungen zurück zu dem Helleſponte.
Derweil hatten die Könige den Leichnam des Achilles vom Schlachtfelde zu den Schiffen getragen, und umring¬ ten ihn in gränzenloſem Schmerze. Und am lauteſten tönte jetzt die Klage des herzugekommenen Ajax, welcher in dem hinweggerafften Helden den theuren Sohn eines Oheims bejammerte. Auch der greiſe Fürſt Phönix ergoß ſich in die bitterſten Klagen, indem er den rieſigen Leib des gewaltigen Peliden umſchlungen hielt. Er gedachte des Tages, da Peleus, der Vater des gefallenen Helden, ihm das Kind ans Herz legte, und ihm die Erziehung deſſelben übertrug; auch des Tages, da ſein Zögling ſich mit ihm aufmachte, gen Troja zu ziehen. Und nun mu߬ ten Vater und Erzieher das Kind überleben!
Auch die Atriden beweinten ihn und alle Griechen; unaufhörlich ſtieg Klagegeſchrei zum Himmel auf und tönte dumpf von den Schiffen wieder.
Endlich machte der greiſe Neſtor, ſeines eigenen, noch
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unter ihnen an. Hier fiel auch der Lycier Glaukus und
der edle Trojanerheld Aeneas ward verwundet. An des
Ajax Seite kämpften Odyſſeus und andre Danaer:
doch leiſteten die Trojaner immer noch hartnäckigen Wi¬
derſtand; ja, Paris wagte es, mit dem Speere plötzlich
auf Ajax zu zielen. Dieſer aber nahm den Augenblick
wahr, ergriff einen Feldſtein, und zerſchmetterte ihm damit
den Helm, daß er in den Staub ſank und die Pfeile aus
ſeinem Köcher ſich hier und dorthin zerſtreuten. Kaum
hatten ſeine Freunde Zeit, den ſchwach Athmenden auf
den Wagen zu heben und mit Hektors Roſſen nach Troja
zurückzuführen. Als nun Ajax die Trojaner alle in die
Stadt zurückgeſcheucht hatte, eilte er über Leichen, Blut
und Rüſtungen zurück zu dem Helleſponte.
Derweil hatten die Könige den Leichnam des Achilles
vom Schlachtfelde zu den Schiffen getragen, und umring¬
ten ihn in gränzenloſem Schmerze. Und am lauteſten
tönte jetzt die Klage des herzugekommenen Ajax, welcher
in dem hinweggerafften Helden den theuren Sohn eines
Oheims bejammerte. Auch der greiſe Fürſt Phönix ergoß
ſich in die bitterſten Klagen, indem er den rieſigen Leib
des gewaltigen Peliden umſchlungen hielt. Er gedachte
des Tages, da Peleus, der Vater des gefallenen Helden,
ihm das Kind ans Herz legte, und ihm die Erziehung
deſſelben übertrug; auch des Tages, da ſein Zögling ſich
mit ihm aufmachte, gen Troja zu ziehen. Und nun mu߬
ten Vater und Erzieher das Kind überleben!
Auch die Atriden beweinten ihn und alle Griechen;
unaufhörlich ſtieg Klagegeſchrei zum Himmel auf und
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Endlich machte der greiſe Neſtor, ſeines eigenen, noch
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/368>, abgerufen am 21.11.2024.
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