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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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als der Thörichte, der nur Körperstärke besitzt. Dieß
war auch der Grund, warum Diomedes mich als den
Listigsten sich zum Gefährten auslas, um in das Lager
des Rhesus zu gehen; ja, meiner Klugheit hatten es die
Griechen zu verdanken, daß der Sohn des Peleus, um
dessen Waffen wir hier streiten, für den Feldzug gegen
Troja gewonnen wurde. Und wenn je den Danaern irgend
ein neuer Held von Nöthen wäre, glaube mir's, Ajax,
nicht dein plumper Arm, auch nicht der Witz eines Andern
im Heere wird denselben ihnen verschaffen, sondern ich
allein werde es seyn, dessen Schmeichelworten er folgt.
Zudem haben mir die Götter nicht nur Klugheit, sondern
auch die nöthige Körperstärke verliehen, und es ist nicht
wahr, daß du mich als Flüchtigen aus der Hand der
Feinde errettet hast; vielmehr stellte ich mich dem
Drange der Feinde entgegen, und tödtete, die mich an¬
griffen: du aber standest dort aufgepflanzt zu deiner
eigenen Sicherheit!"

So stritten sie noch lange miteinander: zuletzt über¬
wogen bei den Trojanern, die zu Kampfrichtern gesetzt
waren, die Gründe des Odysseus, und sie erkannten ihm
einstimmig die herrliche Rüstung des Peliden zu.

Im Innersten erbebte Ajax, als er diesen Spruch
vernahm, das Blut in seinen Adern kochte vor Wuth
und Galle vermischte sich damit: ein stechender Schmerz
durchzückte sein Gehirn, und jede Faser an ihm zitterte.
Lange stand er wie eine Bildsäule da mit zu Boden ge¬
hefteten Blicken. Endlich führten ihn seine traurigen
Freunde begütigend und nur zögernden Schrittes zu den
Schiffen.

Inzwischen stieg die dunkle Nacht aus dem Meere.

als der Thörichte, der nur Körperſtärke beſitzt. Dieß
war auch der Grund, warum Diomedes mich als den
Liſtigſten ſich zum Gefährten auslas, um in das Lager
des Rheſus zu gehen; ja, meiner Klugheit hatten es die
Griechen zu verdanken, daß der Sohn des Peleus, um
deſſen Waffen wir hier ſtreiten, für den Feldzug gegen
Troja gewonnen wurde. Und wenn je den Danaern irgend
ein neuer Held von Nöthen wäre, glaube mir's, Ajax,
nicht dein plumper Arm, auch nicht der Witz eines Andern
im Heere wird denſelben ihnen verſchaffen, ſondern ich
allein werde es ſeyn, deſſen Schmeichelworten er folgt.
Zudem haben mir die Götter nicht nur Klugheit, ſondern
auch die nöthige Körperſtärke verliehen, und es iſt nicht
wahr, daß du mich als Flüchtigen aus der Hand der
Feinde errettet haſt; vielmehr ſtellte ich mich dem
Drange der Feinde entgegen, und tödtete, die mich an¬
griffen: du aber ſtandeſt dort aufgepflanzt zu deiner
eigenen Sicherheit!“

So ſtritten ſie noch lange miteinander: zuletzt über¬
wogen bei den Trojanern, die zu Kampfrichtern geſetzt
waren, die Gründe des Odyſſeus, und ſie erkannten ihm
einſtimmig die herrliche Rüſtung des Peliden zu.

Im Innerſten erbebte Ajax, als er dieſen Spruch
vernahm, das Blut in ſeinen Adern kochte vor Wuth
und Galle vermiſchte ſich damit: ein ſtechender Schmerz
durchzückte ſein Gehirn, und jede Faſer an ihm zitterte.
Lange ſtand er wie eine Bildſäule da mit zu Boden ge¬
hefteten Blicken. Endlich führten ihn ſeine traurigen
Freunde begütigend und nur zögernden Schrittes zu den
Schiffen.

Inzwiſchen ſtieg die dunkle Nacht aus dem Meere.

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[362/0384] als der Thörichte, der nur Körperſtärke beſitzt. Dieß war auch der Grund, warum Diomedes mich als den Liſtigſten ſich zum Gefährten auslas, um in das Lager des Rheſus zu gehen; ja, meiner Klugheit hatten es die Griechen zu verdanken, daß der Sohn des Peleus, um deſſen Waffen wir hier ſtreiten, für den Feldzug gegen Troja gewonnen wurde. Und wenn je den Danaern irgend ein neuer Held von Nöthen wäre, glaube mir's, Ajax, nicht dein plumper Arm, auch nicht der Witz eines Andern im Heere wird denſelben ihnen verſchaffen, ſondern ich allein werde es ſeyn, deſſen Schmeichelworten er folgt. Zudem haben mir die Götter nicht nur Klugheit, ſondern auch die nöthige Körperſtärke verliehen, und es iſt nicht wahr, daß du mich als Flüchtigen aus der Hand der Feinde errettet haſt; vielmehr ſtellte ich mich dem Drange der Feinde entgegen, und tödtete, die mich an¬ griffen: du aber ſtandeſt dort aufgepflanzt zu deiner eigenen Sicherheit!“ So ſtritten ſie noch lange miteinander: zuletzt über¬ wogen bei den Trojanern, die zu Kampfrichtern geſetzt waren, die Gründe des Odyſſeus, und ſie erkannten ihm einſtimmig die herrliche Rüſtung des Peliden zu. Im Innerſten erbebte Ajax, als er dieſen Spruch vernahm, das Blut in ſeinen Adern kochte vor Wuth und Galle vermiſchte ſich damit: ein ſtechender Schmerz durchzückte ſein Gehirn, und jede Faſer an ihm zitterte. Lange ſtand er wie eine Bildſäule da mit zu Boden ge¬ hefteten Blicken. Endlich führten ihn ſeine traurigen Freunde begütigend und nur zögernden Schrittes zu den Schiffen. Inzwiſchen ſtieg die dunkle Nacht aus dem Meere.

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/384>, abgerufen am 22.11.2024.