Bruders; doch tröstete er ihn und versprach, die Freier Hele¬ na's ihres Eides zu gemahnen. So bereisten die Brüder ganz Griechenland und forderten seine Fürsten zur Theil¬ nahme an dem Kriege gegen Troja auf. Die ersten, die sich anschlossen, waren Tlepolemus, ein berühmter Fürst aus Rhodos, ein Sohn des Herkules, der sich erbot, neun¬ zig Schiffe zu dem Feldzuge gegen die trügerische Stadt Troja zu stellen; dann Diomedes, der Sohn des unsterb¬ lichen Helden Tydeus, der mit achtzig Schiffen die muthig¬ sten Peloponnesier der Unternehmung zuzuführen versprach. Nachdem diese beiden Fürsten mit den Atriden zu Sparta Rath gepflogen, erging die Aufforderung auch an die Dioskuren oder Jupiterssöhne Kastor und Pollux, die Brüder Helena's. Diese aber waren schon auf die erste Nachricht von der Entführung ihrer Schwester dem Räu¬ ber nachgesegelt und bis zur Insel Lesbos, ganz nahe an die trojanische Küste gekommen; dort ergriff ein Sturm ihr Schiff und verschlang es. Die Dioskuren selbst ver¬ schwanden; aber die Sage versicherte, sie seyen nicht in den Wellen umgekommen, sondern ihr Vater Jupiter habe sie als Sternbilder an den Himmel versetzt, wo sie als Beschirmer der Schifffahrt und Schutzgötter der Schiff¬ fahrenden ihr segenvolles Amt von Zeitalter zu Zeitalter verwalten. Indessen erhub sich ganz Griechenland und gehorchte der Aufforderung der Atriden; zuletzt waren nur zwei berühmte Fürsten noch zurück. Der eine war der schlaue Odysseus aus Ithaka, der Gemahl Penelope's. Dieser wollte sein junges Weib und seinen zarten Knaben Telemachus der treulosen Gattin des Spartanerköniges zu Liebe nicht verlassen. Als daher Palamedes, der Sohn des Fürsten Nauplius aus Euböa, der vertraute Freund des
Bruders; doch tröſtete er ihn und verſprach, die Freier Hele¬ na's ihres Eides zu gemahnen. So bereisten die Brüder ganz Griechenland und forderten ſeine Fürſten zur Theil¬ nahme an dem Kriege gegen Troja auf. Die erſten, die ſich anſchloſſen, waren Tlepolemus, ein berühmter Fürſt aus Rhodos, ein Sohn des Herkules, der ſich erbot, neun¬ zig Schiffe zu dem Feldzuge gegen die trügeriſche Stadt Troja zu ſtellen; dann Diomedes, der Sohn des unſterb¬ lichen Helden Tydeus, der mit achtzig Schiffen die muthig¬ ſten Peloponneſier der Unternehmung zuzuführen verſprach. Nachdem dieſe beiden Fürſten mit den Atriden zu Sparta Rath gepflogen, erging die Aufforderung auch an die Dioskuren oder Jupitersſöhne Kaſtor und Pollux, die Brüder Helena's. Dieſe aber waren ſchon auf die erſte Nachricht von der Entführung ihrer Schweſter dem Räu¬ ber nachgeſegelt und bis zur Inſel Lesbos, ganz nahe an die trojaniſche Küſte gekommen; dort ergriff ein Sturm ihr Schiff und verſchlang es. Die Dioskuren ſelbſt ver¬ ſchwanden; aber die Sage verſicherte, ſie ſeyen nicht in den Wellen umgekommen, ſondern ihr Vater Jupiter habe ſie als Sternbilder an den Himmel verſetzt, wo ſie als Beſchirmer der Schifffahrt und Schutzgötter der Schiff¬ fahrenden ihr ſegenvolles Amt von Zeitalter zu Zeitalter verwalten. Indeſſen erhub ſich ganz Griechenland und gehorchte der Aufforderung der Atriden; zuletzt waren nur zwei berühmte Fürſten noch zurück. Der eine war der ſchlaue Odyſſeus aus Ithaka, der Gemahl Penelope's. Dieſer wollte ſein junges Weib und ſeinen zarten Knaben Telemachus der treuloſen Gattin des Spartanerköniges zu Liebe nicht verlaſſen. Als daher Palamedes, der Sohn des Fürſten Nauplius aus Euböa, der vertraute Freund des
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Bruders; doch tröſtete er ihn und verſprach, die Freier Hele¬
na's ihres Eides zu gemahnen. So bereisten die Brüder
ganz Griechenland und forderten ſeine Fürſten zur Theil¬
nahme an dem Kriege gegen Troja auf. Die erſten, die
ſich anſchloſſen, waren Tlepolemus, ein berühmter Fürſt
aus Rhodos, ein Sohn des Herkules, der ſich erbot, neun¬
zig Schiffe zu dem Feldzuge gegen die trügeriſche Stadt
Troja zu ſtellen; dann Diomedes, der Sohn des unſterb¬
lichen Helden Tydeus, der mit achtzig Schiffen die muthig¬
ſten Peloponneſier der Unternehmung zuzuführen verſprach.
Nachdem dieſe beiden Fürſten mit den Atriden zu Sparta
Rath gepflogen, erging die Aufforderung auch an die
Dioskuren oder Jupitersſöhne Kaſtor und Pollux, die
Brüder Helena's. Dieſe aber waren ſchon auf die erſte
Nachricht von der Entführung ihrer Schweſter dem Räu¬
ber nachgeſegelt und bis zur Inſel Lesbos, ganz nahe an
die trojaniſche Küſte gekommen; dort ergriff ein Sturm
ihr Schiff und verſchlang es. Die Dioskuren ſelbſt ver¬
ſchwanden; aber die Sage verſicherte, ſie ſeyen nicht in
den Wellen umgekommen, ſondern ihr Vater Jupiter habe
ſie als Sternbilder an den Himmel verſetzt, wo ſie als
Beſchirmer der Schifffahrt und Schutzgötter der Schiff¬
fahrenden ihr ſegenvolles Amt von Zeitalter zu Zeitalter
verwalten. Indeſſen erhub ſich ganz Griechenland und
gehorchte der Aufforderung der Atriden; zuletzt waren nur
zwei berühmte Fürſten noch zurück. Der eine war der
ſchlaue Odyſſeus aus Ithaka, der Gemahl Penelope's.
Dieſer wollte ſein junges Weib und ſeinen zarten Knaben
Telemachus der treuloſen Gattin des Spartanerköniges zu
Liebe nicht verlaſſen. Als daher Palamedes, der Sohn
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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