Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

halber Zelte nennen. Das Quartier des Achilles wenigstens
glich beinahe einem ordentlichen Wohnhause, hatte Scheu¬
nen und Ställe für Mundvorräthe, Wagenpferde und
zahmes Vieh; und neben seinen Schiffen war Raum zu
Wettrennen, Leichenspielen und andern Feierlichkeiten. An
Ajax schlossen sich die Schiffe des Protesilaus an, dann
kamen andere Thessalier, dann die Kreter, Athener, Pho¬
cier, Böotier, zuletzt Achilles mit seinen Myrmidonen; in
der zweiten Reihe standen unter andern die Lokrer, Duli¬
chier, Epeer, in der dritten waren minder namhafte Völ¬
ker mit ihren Schiffen gelagert; aber auch Nestor mit
den Pyliern, Eurypylus mit den Orchomeniern, zuletzt
Menelaus. In der vierten und letzten längs dem Meeres¬
gestade selbst standen Diomedes, Odysseus und Agamemnon,
so daß Odysseus in der Mitte, zur Rechten Agamemnon,
links Diomedes lagerte. Vor Odysseus befand sich die
Agora, der freie Platz, der zu allen Versammlungen und
Verhandlungen bestimmt war, und auf welchem die Altäre
der Götter standen. Dieser Platz theilte auch noch die
dritte Reihe, so daß sie den Nestor zur Linken, den Eury¬
pylus zur Rechten hatte. Der Raum nach dem Meere
hin verengerte sich, und auch die Agora nahm viel Platz
weg, so daß die dritte und vierte Reihe die wenigsten
Schiffe enthielt. Das ganze Schiffslager war wie eine
ordentliche Stadt von vielen Gassen und Wegen durch¬
schnitten, die Hauptstraßen aber liefen zwischen den vier
Reihen durch; vom Lande nach dem Meere gingen Queer¬
gassen, welche die Schiffe jeder Völkerschaft von einander
trennten; die Schiffe selbst waren von den Lagerhütten
ihrer Völkerschaften wieder durch kleine Zwischenräume
abgesondert, und jede Völkerschaft zerfiel wieder in kleinere

halber Zelte nennen. Das Quartier des Achilles wenigſtens
glich beinahe einem ordentlichen Wohnhauſe, hatte Scheu¬
nen und Ställe für Mundvorräthe, Wagenpferde und
zahmes Vieh; und neben ſeinen Schiffen war Raum zu
Wettrennen, Leichenſpielen und andern Feierlichkeiten. An
Ajax ſchloſſen ſich die Schiffe des Proteſilaus an, dann
kamen andere Theſſalier, dann die Kreter, Athener, Pho¬
cier, Böotier, zuletzt Achilles mit ſeinen Myrmidonen; in
der zweiten Reihe ſtanden unter andern die Lokrer, Duli¬
chier, Epeer, in der dritten waren minder namhafte Völ¬
ker mit ihren Schiffen gelagert; aber auch Neſtor mit
den Pyliern, Eurypylus mit den Orchomeniern, zuletzt
Menelaus. In der vierten und letzten längs dem Meeres¬
geſtade ſelbſt ſtanden Diomedes, Odyſſeus und Agamemnon,
ſo daß Odyſſeus in der Mitte, zur Rechten Agamemnon,
links Diomedes lagerte. Vor Odyſſeus befand ſich die
Agora, der freie Platz, der zu allen Verſammlungen und
Verhandlungen beſtimmt war, und auf welchem die Altäre
der Götter ſtanden. Dieſer Platz theilte auch noch die
dritte Reihe, ſo daß ſie den Neſtor zur Linken, den Eury¬
pylus zur Rechten hatte. Der Raum nach dem Meere
hin verengerte ſich, und auch die Agora nahm viel Platz
weg, ſo daß die dritte und vierte Reihe die wenigſten
Schiffe enthielt. Das ganze Schiffslager war wie eine
ordentliche Stadt von vielen Gaſſen und Wegen durch¬
ſchnitten, die Hauptſtraßen aber liefen zwiſchen den vier
Reihen durch; vom Lande nach dem Meere gingen Queer¬
gaſſen, welche die Schiffe jeder Völkerſchaft von einander
trennten; die Schiffe ſelbſt waren von den Lagerhütten
ihrer Völkerſchaften wieder durch kleine Zwiſchenräume
abgeſondert, und jede Völkerſchaft zerfiel wieder in kleinere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0079" n="57"/>
halber Zelte nennen. Das Quartier des Achilles wenig&#x017F;tens<lb/>
glich beinahe einem ordentlichen Wohnhau&#x017F;e, hatte Scheu¬<lb/>
nen und Ställe für Mundvorräthe, Wagenpferde und<lb/>
zahmes Vieh; und neben &#x017F;einen Schiffen war Raum zu<lb/>
Wettrennen, Leichen&#x017F;pielen und andern Feierlichkeiten. An<lb/>
Ajax &#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Schiffe des Prote&#x017F;ilaus an, dann<lb/>
kamen andere The&#x017F;&#x017F;alier, dann die Kreter, Athener, Pho¬<lb/>
cier, Böotier, zuletzt Achilles mit &#x017F;einen Myrmidonen; in<lb/>
der zweiten Reihe &#x017F;tanden unter andern die Lokrer, Duli¬<lb/>
chier, Epeer, in der dritten waren minder namhafte Völ¬<lb/>
ker mit ihren Schiffen gelagert; aber auch Ne&#x017F;tor mit<lb/>
den Pyliern, Eurypylus mit den Orchomeniern, zuletzt<lb/>
Menelaus. In der vierten und letzten längs dem Meeres¬<lb/>
ge&#x017F;tade &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tanden Diomedes, Ody&#x017F;&#x017F;eus und Agamemnon,<lb/>
&#x017F;o daß Ody&#x017F;&#x017F;eus in der Mitte, zur Rechten Agamemnon,<lb/>
links Diomedes lagerte. Vor Ody&#x017F;&#x017F;eus befand &#x017F;ich die<lb/>
Agora, der freie Platz, der zu allen Ver&#x017F;ammlungen und<lb/>
Verhandlungen be&#x017F;timmt war, und auf welchem die Altäre<lb/>
der Götter &#x017F;tanden. Die&#x017F;er Platz theilte auch noch die<lb/>
dritte Reihe, &#x017F;o daß &#x017F;ie den Ne&#x017F;tor zur Linken, den Eury¬<lb/>
pylus zur Rechten hatte. Der Raum nach dem Meere<lb/>
hin verengerte &#x017F;ich, und auch die Agora nahm viel Platz<lb/>
weg, &#x017F;o daß die dritte und vierte Reihe die wenig&#x017F;ten<lb/>
Schiffe enthielt. Das ganze Schiffslager war wie eine<lb/>
ordentliche Stadt von vielen Ga&#x017F;&#x017F;en und Wegen durch¬<lb/>
&#x017F;chnitten, die Haupt&#x017F;traßen aber liefen zwi&#x017F;chen den vier<lb/>
Reihen durch; vom Lande nach dem Meere gingen Queer¬<lb/>
ga&#x017F;&#x017F;en, welche die Schiffe jeder Völker&#x017F;chaft von einander<lb/>
trennten; die Schiffe &#x017F;elb&#x017F;t waren von den Lagerhütten<lb/>
ihrer Völker&#x017F;chaften wieder durch kleine Zwi&#x017F;chenräume<lb/>
abge&#x017F;ondert, und jede Völker&#x017F;chaft zerfiel wieder in kleinere<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0079] halber Zelte nennen. Das Quartier des Achilles wenigſtens glich beinahe einem ordentlichen Wohnhauſe, hatte Scheu¬ nen und Ställe für Mundvorräthe, Wagenpferde und zahmes Vieh; und neben ſeinen Schiffen war Raum zu Wettrennen, Leichenſpielen und andern Feierlichkeiten. An Ajax ſchloſſen ſich die Schiffe des Proteſilaus an, dann kamen andere Theſſalier, dann die Kreter, Athener, Pho¬ cier, Böotier, zuletzt Achilles mit ſeinen Myrmidonen; in der zweiten Reihe ſtanden unter andern die Lokrer, Duli¬ chier, Epeer, in der dritten waren minder namhafte Völ¬ ker mit ihren Schiffen gelagert; aber auch Neſtor mit den Pyliern, Eurypylus mit den Orchomeniern, zuletzt Menelaus. In der vierten und letzten längs dem Meeres¬ geſtade ſelbſt ſtanden Diomedes, Odyſſeus und Agamemnon, ſo daß Odyſſeus in der Mitte, zur Rechten Agamemnon, links Diomedes lagerte. Vor Odyſſeus befand ſich die Agora, der freie Platz, der zu allen Verſammlungen und Verhandlungen beſtimmt war, und auf welchem die Altäre der Götter ſtanden. Dieſer Platz theilte auch noch die dritte Reihe, ſo daß ſie den Neſtor zur Linken, den Eury¬ pylus zur Rechten hatte. Der Raum nach dem Meere hin verengerte ſich, und auch die Agora nahm viel Platz weg, ſo daß die dritte und vierte Reihe die wenigſten Schiffe enthielt. Das ganze Schiffslager war wie eine ordentliche Stadt von vielen Gaſſen und Wegen durch¬ ſchnitten, die Hauptſtraßen aber liefen zwiſchen den vier Reihen durch; vom Lande nach dem Meere gingen Queer¬ gaſſen, welche die Schiffe jeder Völkerſchaft von einander trennten; die Schiffe ſelbſt waren von den Lagerhütten ihrer Völkerſchaften wieder durch kleine Zwiſchenräume abgeſondert, und jede Völkerſchaft zerfiel wieder in kleinere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/79
Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/79>, abgerufen am 24.11.2024.