gerade auf den Führer Volscens los, und bohrte sein blitzendes Schwert in des schreienden Feindes Mund, daß er sterbend vom Rosse fiel. Dann warf er sich über den Leib seines getödteten Freundes, und ruhte, ganz von den Geschossen der Reiter durchbohrt, über dem Leichnam im Frieden des Todes.
Die Reiterschaar zog den erschlagenen Feinden die Rüstung ab, trug ihre Leichname mit dem ihres Anführers Volcens in das Lager des Turnus, und bald mußten die Trojaner von den Thürmen ihres Lagers herab mit Grausen die von schwarzem Blute noch triefen¬ den gespießten Köpfe der beiden Jünglinge schauen, die sie mit so zuversichtlichen Hoffnungen entlassen hatten. Die Kunde des Unglücks verschonte auch die Mutter des Euryalus nicht. Sie wurde von ihr am Webestuhl über der Tagesarbeit getroffen. Da entrollte das Schifflein ihren Händen, sie zerraufte sich das Haar, sie rannte nach dem Walle in die vordersten Reihen der Streiter, keine Gefahr achtend, und brach in ein Klagegeheul aus, daß es die festesten Krieger erschütterte. Unter vielen Thränen befahl endlich Julus und mit ihm der weise Ilioneus zwei alten Helden, sie aus den Reihen der Männer hinwegzuziehen und unter ihren Armen in die Wohnung zu geleiten.
Sturm des Turnus abgeschlagen.
Schmetternd ertönten die Trompeten der Rutuler. Ein Schrei erhub sich in dem ganzen Lager, und der
gerade auf den Führer Volſcens los, und bohrte ſein blitzendes Schwert in des ſchreienden Feindes Mund, daß er ſterbend vom Roſſe fiel. Dann warf er ſich über den Leib ſeines getödteten Freundes, und ruhte, ganz von den Geſchoſſen der Reiter durchbohrt, über dem Leichnam im Frieden des Todes.
Die Reiterſchaar zog den erſchlagenen Feinden die Rüſtung ab, trug ihre Leichname mit dem ihres Anführers Volcens in das Lager des Turnus, und bald mußten die Trojaner von den Thürmen ihres Lagers herab mit Grauſen die von ſchwarzem Blute noch triefen¬ den geſpießten Köpfe der beiden Jünglinge ſchauen, die ſie mit ſo zuverſichtlichen Hoffnungen entlaſſen hatten. Die Kunde des Unglücks verſchonte auch die Mutter des Euryalus nicht. Sie wurde von ihr am Webeſtuhl über der Tagesarbeit getroffen. Da entrollte das Schifflein ihren Händen, ſie zerraufte ſich das Haar, ſie rannte nach dem Walle in die vorderſten Reihen der Streiter, keine Gefahr achtend, und brach in ein Klagegeheul aus, daß es die feſteſten Krieger erſchütterte. Unter vielen Thränen befahl endlich Julus und mit ihm der weiſe Ilioneus zwei alten Helden, ſie aus den Reihen der Männer hinwegzuziehen und unter ihren Armen in die Wohnung zu geleiten.
Sturm des Turnus abgeſchlagen.
Schmetternd ertönten die Trompeten der Rutuler. Ein Schrei erhub ſich in dem ganzen Lager, und der
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gerade auf den Führer Volſcens los, und bohrte ſein
blitzendes Schwert in des ſchreienden Feindes Mund,
daß er ſterbend vom Roſſe fiel. Dann warf er ſich
über den Leib ſeines getödteten Freundes, und ruhte,
ganz von den Geſchoſſen der Reiter durchbohrt, über
dem Leichnam im Frieden des Todes.
Die Reiterſchaar zog den erſchlagenen Feinden die
Rüſtung ab, trug ihre Leichname mit dem ihres
Anführers Volcens in das Lager des Turnus, und bald
mußten die Trojaner von den Thürmen ihres Lagers
herab mit Grauſen die von ſchwarzem Blute noch triefen¬
den geſpießten Köpfe der beiden Jünglinge ſchauen, die
ſie mit ſo zuverſichtlichen Hoffnungen entlaſſen hatten.
Die Kunde des Unglücks verſchonte auch die Mutter des
Euryalus nicht. Sie wurde von ihr am Webeſtuhl über
der Tagesarbeit getroffen. Da entrollte das Schifflein
ihren Händen, ſie zerraufte ſich das Haar, ſie rannte
nach dem Walle in die vorderſten Reihen der Streiter,
keine Gefahr achtend, und brach in ein Klagegeheul aus,
daß es die feſteſten Krieger erſchütterte. Unter vielen
Thränen befahl endlich Julus und mit ihm der weiſe
Ilioneus zwei alten Helden, ſie aus den Reihen der
Männer hinwegzuziehen und unter ihren Armen in die
Wohnung zu geleiten.
Sturm des Turnus abgeſchlagen.
Schmetternd ertönten die Trompeten der Rutuler.
Ein Schrei erhub ſich in dem ganzen Lager, und der
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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