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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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Ufer umher zerstreut hatte, kämpfte Pallas, der junge
Sohn des Königs Evander, mit seinen Arkadiern. Der
unebene Boden erlaubte diesen nicht, sich der Pferde zu
bedienen, und weil sie des Fußkampfes nicht gewohnt wa¬
ren, boten sie endlich den eindringenden Latinern und
Rutulern den Rücken. Nur allmählig brachte der
Zuruf ihres jungen Führers sie wieder zum Stehen.
"Bei dem Ruhm und bei den Siegen meines Vaters,
bei meiner eigenen Hoffnung beschwöre ich euch, ihr
Männer," schrie er, "haltet Stand, vertraut euren Ar¬
men, und nicht euren Füßen! Wir haben keine Wahl,
entweder vorwärts ins trojanische Lager, oder rückwärts
in die See!" Mit diesen Worten führte er sie auf's
Neue gegen den Feind, und focht wie ein junger Löwe,
indem er mit Lanze und Schwert, bald diesen, bald jenen
niederstreckte. Nun sammelte sich die Streitkraft seiner
Genossen wieder gedrängt um ihn her, und Schritt für
Schritt gewannen die Arkadier wieder Boden, bis ihnen
Lausus, der heldenmüthige Sohn des Mezentius, Einhalt
that. Die Arkadier zogen sich auf ihre Freunde, die
Etrusker und Trojaner zurück, aber unter allen wüthete
der italische Held mit seinen tödtlichen Streichen. End¬
lich sahen sich Lausus und Pallas einander gegenüber,
beide Jünglinge, an Alter wenig verschieden, beide herr¬
lich von Gestalt, beide frühem Tod in diesem Treffen
vorbestimmt. Doch sollte keiner von des andern Hand
fallen: denn beide erwartete das Verhängniß unter den
Händen eines größeren Feindes.

Turnus, der mit seinem Streitwagen das Heer durch¬
flog, erblickte das Paar, wie sie eben voll Kampflust auf¬
einander losgingen. "Halt," rief er von seinem Wagen

Ufer umher zerſtreut hatte, kämpfte Pallas, der junge
Sohn des Königs Evander, mit ſeinen Arkadiern. Der
unebene Boden erlaubte dieſen nicht, ſich der Pferde zu
bedienen, und weil ſie des Fußkampfes nicht gewohnt wa¬
ren, boten ſie endlich den eindringenden Latinern und
Rutulern den Rücken. Nur allmählig brachte der
Zuruf ihres jungen Führers ſie wieder zum Stehen.
„Bei dem Ruhm und bei den Siegen meines Vaters,
bei meiner eigenen Hoffnung beſchwöre ich euch, ihr
Männer,“ ſchrie er, „haltet Stand, vertraut euren Ar¬
men, und nicht euren Füßen! Wir haben keine Wahl,
entweder vorwärts ins trojaniſche Lager, oder rückwärts
in die See!“ Mit dieſen Worten führte er ſie auf's
Neue gegen den Feind, und focht wie ein junger Löwe,
indem er mit Lanze und Schwert, bald dieſen, bald jenen
niederſtreckte. Nun ſammelte ſich die Streitkraft ſeiner
Genoſſen wieder gedrängt um ihn her, und Schritt für
Schritt gewannen die Arkadier wieder Boden, bis ihnen
Lauſus, der heldenmüthige Sohn des Mezentius, Einhalt
that. Die Arkadier zogen ſich auf ihre Freunde, die
Etrusker und Trojaner zurück, aber unter allen wüthete
der italiſche Held mit ſeinen tödtlichen Streichen. End¬
lich ſahen ſich Lauſus und Pallas einander gegenüber,
beide Jünglinge, an Alter wenig verſchieden, beide herr¬
lich von Geſtalt, beide frühem Tod in dieſem Treffen
vorbeſtimmt. Doch ſollte keiner von des andern Hand
fallen: denn beide erwartete das Verhängniß unter den
Händen eines größeren Feindes.

Turnus, der mit ſeinem Streitwagen das Heer durch¬
flog, erblickte das Paar, wie ſie eben voll Kampfluſt auf¬
einander losgingen. „Halt,“ rief er von ſeinem Wagen

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[392/0414] Ufer umher zerſtreut hatte, kämpfte Pallas, der junge Sohn des Königs Evander, mit ſeinen Arkadiern. Der unebene Boden erlaubte dieſen nicht, ſich der Pferde zu bedienen, und weil ſie des Fußkampfes nicht gewohnt wa¬ ren, boten ſie endlich den eindringenden Latinern und Rutulern den Rücken. Nur allmählig brachte der Zuruf ihres jungen Führers ſie wieder zum Stehen. „Bei dem Ruhm und bei den Siegen meines Vaters, bei meiner eigenen Hoffnung beſchwöre ich euch, ihr Männer,“ ſchrie er, „haltet Stand, vertraut euren Ar¬ men, und nicht euren Füßen! Wir haben keine Wahl, entweder vorwärts ins trojaniſche Lager, oder rückwärts in die See!“ Mit dieſen Worten führte er ſie auf's Neue gegen den Feind, und focht wie ein junger Löwe, indem er mit Lanze und Schwert, bald dieſen, bald jenen niederſtreckte. Nun ſammelte ſich die Streitkraft ſeiner Genoſſen wieder gedrängt um ihn her, und Schritt für Schritt gewannen die Arkadier wieder Boden, bis ihnen Lauſus, der heldenmüthige Sohn des Mezentius, Einhalt that. Die Arkadier zogen ſich auf ihre Freunde, die Etrusker und Trojaner zurück, aber unter allen wüthete der italiſche Held mit ſeinen tödtlichen Streichen. End¬ lich ſahen ſich Lauſus und Pallas einander gegenüber, beide Jünglinge, an Alter wenig verſchieden, beide herr¬ lich von Geſtalt, beide frühem Tod in dieſem Treffen vorbeſtimmt. Doch ſollte keiner von des andern Hand fallen: denn beide erwartete das Verhängniß unter den Händen eines größeren Feindes. Turnus, der mit ſeinem Streitwagen das Heer durch¬ flog, erblickte das Paar, wie ſie eben voll Kampfluſt auf¬ einander losgingen. „Halt,“ rief er von ſeinem Wagen

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/414>, abgerufen am 22.11.2024.