herab, "ich allein will mit Pallas kämpfen, mir allein ist sein Leben bestimmt: möchte sein Vater Evander doch zuschauen!" Verwundert richtete der Jüngling den spä¬ henden Blick nach der Stelle, von der herab der trotzige Ruf erschollen war; dann maß er sich seinen neuen Gegner mit großen Augen, und rief endlich muthig zu ihm empor: "Entweder erbeute ich heute eine Feldherrn¬ rüstung, oder einen rühmlichen Tod; in beides wird mein Vater sich ergeben, darum spare dein Drohen!" So sprach er und schritt in die Mitte der Gasse hervor, die des Turnus Zuruf eröffnet hatte. Auch Turnus sprang von seinem Doppelgespann, wie ein Löwe herbeifliegt, wenn er ferne vom Berg herab einen kämpfenden Stier in der Ebene erblickt hat. Als Pallas ihn auf Schu߬ weite vor sich sah, schleuderte er den Speer mit aller seiner Jugendkraft ab, und riß sofort das Schwert aus der Scheide. Der Lanzenwurf war gut gezielt, er durch¬ brach dem Turnus den Rand des Schildes, seinen Rie¬ senleib aber streifte er nur. Jetzt wiegte Turnus lange seinen Wurfspieß mit der scharfen Eisenspitze, und sprach dazu: "Nun merk' auf, ob mein Geschoß nicht besser durchdringt." Dann flog sein Speer, und fuhr dem Jünglinge durch Schild, Panzer und Busen bis tief ins Herz. Vergebens zog dieser den Speer noch warm aus der Wunde, die Seele entfloh mit dem strömenden Blute, und er sank todt unter den rasselnden Waffen auf den Boden. Turnus setzte den linken Fuß auf den Todten, löste ihm den schönen Gürtel vom Leibe, auf welchem der Centaurenkampf in getriebenem Golde abgebildet war; "das Grab," sprach er dann, "verweigere ich dem Jüng¬ linge nicht: bringet ihn immerhin seinem Vater Evander,
herab, „ich allein will mit Pallas kämpfen, mir allein iſt ſein Leben beſtimmt: möchte ſein Vater Evander doch zuſchauen!“ Verwundert richtete der Jüngling den ſpä¬ henden Blick nach der Stelle, von der herab der trotzige Ruf erſchollen war; dann maß er ſich ſeinen neuen Gegner mit großen Augen, und rief endlich muthig zu ihm empor: „Entweder erbeute ich heute eine Feldherrn¬ rüſtung, oder einen rühmlichen Tod; in beides wird mein Vater ſich ergeben, darum ſpare dein Drohen!“ So ſprach er und ſchritt in die Mitte der Gaſſe hervor, die des Turnus Zuruf eröffnet hatte. Auch Turnus ſprang von ſeinem Doppelgeſpann, wie ein Löwe herbeifliegt, wenn er ferne vom Berg herab einen kämpfenden Stier in der Ebene erblickt hat. Als Pallas ihn auf Schu߬ weite vor ſich ſah, ſchleuderte er den Speer mit aller ſeiner Jugendkraft ab, und riß ſofort das Schwert aus der Scheide. Der Lanzenwurf war gut gezielt, er durch¬ brach dem Turnus den Rand des Schildes, ſeinen Rie¬ ſenleib aber ſtreifte er nur. Jetzt wiegte Turnus lange ſeinen Wurfſpieß mit der ſcharfen Eiſenſpitze, und ſprach dazu: „Nun merk' auf, ob mein Geſchoß nicht beſſer durchdringt.“ Dann flog ſein Speer, und fuhr dem Jünglinge durch Schild, Panzer und Buſen bis tief ins Herz. Vergebens zog dieſer den Speer noch warm aus der Wunde, die Seele entfloh mit dem ſtrömenden Blute, und er ſank todt unter den raſſelnden Waffen auf den Boden. Turnus ſetzte den linken Fuß auf den Todten, löste ihm den ſchönen Gürtel vom Leibe, auf welchem der Centaurenkampf in getriebenem Golde abgebildet war; „das Grab,“ ſprach er dann, „verweigere ich dem Jüng¬ linge nicht: bringet ihn immerhin ſeinem Vater Evander,
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herab, „ich allein will mit Pallas kämpfen, mir allein
iſt ſein Leben beſtimmt: möchte ſein Vater Evander doch
zuſchauen!“ Verwundert richtete der Jüngling den ſpä¬
henden Blick nach der Stelle, von der herab der trotzige
Ruf erſchollen war; dann maß er ſich ſeinen neuen
Gegner mit großen Augen, und rief endlich muthig zu
ihm empor: „Entweder erbeute ich heute eine Feldherrn¬
rüſtung, oder einen rühmlichen Tod; in beides wird
mein Vater ſich ergeben, darum ſpare dein Drohen!“
So ſprach er und ſchritt in die Mitte der Gaſſe hervor,
die des Turnus Zuruf eröffnet hatte. Auch Turnus ſprang
von ſeinem Doppelgeſpann, wie ein Löwe herbeifliegt,
wenn er ferne vom Berg herab einen kämpfenden Stier
in der Ebene erblickt hat. Als Pallas ihn auf Schu߬
weite vor ſich ſah, ſchleuderte er den Speer mit aller
ſeiner Jugendkraft ab, und riß ſofort das Schwert aus
der Scheide. Der Lanzenwurf war gut gezielt, er durch¬
brach dem Turnus den Rand des Schildes, ſeinen Rie¬
ſenleib aber ſtreifte er nur. Jetzt wiegte Turnus lange
ſeinen Wurfſpieß mit der ſcharfen Eiſenſpitze, und ſprach
dazu: „Nun merk' auf, ob mein Geſchoß nicht beſſer
durchdringt.“ Dann flog ſein Speer, und fuhr dem
Jünglinge durch Schild, Panzer und Buſen bis tief ins
Herz. Vergebens zog dieſer den Speer noch warm aus
der Wunde, die Seele entfloh mit dem ſtrömenden Blute,
und er ſank todt unter den raſſelnden Waffen auf den
Boden. Turnus ſetzte den linken Fuß auf den Todten,
löste ihm den ſchönen Gürtel vom Leibe, auf welchem
der Centaurenkampf in getriebenem Golde abgebildet war;
„das Grab,“ ſprach er dann, „verweigere ich dem Jüng¬
linge nicht: bringet ihn immerhin ſeinem Vater Evander,
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/415>, abgerufen am 22.11.2024.
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