niciren. Da auf diese Weise mehrere Verlängerungen einer Zelle mit mehreren Verlängerungen einer oder meh- rerer anderer Zellen zusammenstossen, so erhalten wir statt einzelner, hohler, sternförmiger Zellen ein Netz von Kanälen, welche Anfangs zwar noch an den den Zel- lenkörpern entsprechenden Stellen dicker sind, das aber durch stärkere Ausdehnung der mit einander kommunici- renden Verlängerungen der Zellen zu einem Netz von ungefähr gleich dicken Kanälchen wird. Dies scheint der Bildungsgang bei den Kapillargefässen zu sein. Die folgende detaillirte Darstellung der Beobachtungen über das Verhältniss der Muskeln, Nerven und Kapillargefässe zu den Elementarzellen wird zeigen, in welchen Punkten durch die noch sehr unvollständigen Beobachtungen die eben als der wahrscheinliche Hergang des Bildungsproces- ses gegebene Beschreibung als bewiesen zu betrachten ist, und welche Lücken noch auszufüllen sind. Wir beginnen die Untersuchung mit den Muskeln.
1) Muskeln.
Um das Verhältniss der Muskeln zu den Elementar- zellen kennen zu lernen, ist es nothwendig, auf ihre Ent- wicklungsgeschichte zurückzugehen. Die erste Entstehung der Muskelfasern habe ich leider wegen Mangels sehr jun- ger Embryonen nicht untersuchen können; sie lässt sich aber aus der Beschreibung von Valentin (Entwicklungs- geschichte S. 268) ergänzen, welche ich hier im Auszuge vorausschicke. "Lange vorher als gesonderte Muskelfa- sern wahrgenommen werden, sieht man die Kügelchen der Urmasse nach Längslinien geordnet, vorzüglich wenn diese zwischen zwei Glasplättchen leise gepresst wird. Die Körn- chen scheinen nun etwas näher an einander zu rücken und an einzelnen Stellen gänzlich, an anderen dagegen an der einen oder der anderen Seite zu verschmelzen und zu einer durchsichtigen Masse sich zu verbinden. Hier- durch entstehen Fäden, welche an manchen Stellen ein
niciren. Da auf diese Weise mehrere Verlängerungen einer Zelle mit mehreren Verlängerungen einer oder meh- rerer anderer Zellen zusammenstoſsen, so erhalten wir statt einzelner, hohler, sternförmiger Zellen ein Netz von Kanälen, welche Anfangs zwar noch an den den Zel- lenkörpern entsprechenden Stellen dicker sind, das aber durch stärkere Ausdehnung der mit einander kommunici- renden Verlängerungen der Zellen zu einem Netz von ungefähr gleich dicken Kanälchen wird. Dies scheint der Bildungsgang bei den Kapillargefäſsen zu sein. Die folgende detaillirte Darstellung der Beobachtungen über das Verhältniſs der Muskeln, Nerven und Kapillargefäſse zu den Elementarzellen wird zeigen, in welchen Punkten durch die noch sehr unvollständigen Beobachtungen die eben als der wahrscheinliche Hergang des Bildungsproces- ses gegebene Beschreibung als bewiesen zu betrachten ist, und welche Lücken noch auszufüllen sind. Wir beginnen die Untersuchung mit den Muskeln.
1) Muskeln.
Um das Verhältniſs der Muskeln zu den Elementar- zellen kennen zu lernen, ist es nothwendig, auf ihre Ent- wicklungsgeschichte zurückzugehen. Die erste Entstehung der Muskelfasern habe ich leider wegen Mangels sehr jun- ger Embryonen nicht untersuchen können; sie läſst sich aber aus der Beschreibung von Valentin (Entwicklungs- geschichte S. 268) ergänzen, welche ich hier im Auszuge vorausschicke. „Lange vorher als gesonderte Muskelfa- sern wahrgenommen werden, sieht man die Kügelchen der Urmasse nach Längslinien geordnet, vorzüglich wenn diese zwischen zwei Glasplättchen leise gepreſst wird. Die Körn- chen scheinen nun etwas näher an einander zu rücken und an einzelnen Stellen gänzlich, an anderen dagegen an der einen oder der anderen Seite zu verschmelzen und zu einer durchsichtigen Masse sich zu verbinden. Hier- durch entstehen Fäden, welche an manchen Stellen ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0180"n="156"/>
niciren. Da auf diese Weise mehrere Verlängerungen<lb/>
einer Zelle mit mehreren Verlängerungen einer oder meh-<lb/>
rerer anderer Zellen zusammenstoſsen, so erhalten wir<lb/>
statt einzelner, hohler, sternförmiger Zellen ein Netz<lb/>
von Kanälen, welche Anfangs zwar noch an den den Zel-<lb/>
lenkörpern entsprechenden Stellen dicker sind, das aber<lb/>
durch stärkere Ausdehnung der mit einander kommunici-<lb/>
renden Verlängerungen der Zellen zu einem Netz von<lb/>
ungefähr gleich dicken Kanälchen wird. Dies scheint<lb/>
der Bildungsgang bei den Kapillargefäſsen zu sein. Die<lb/>
folgende detaillirte Darstellung der Beobachtungen über<lb/>
das Verhältniſs der Muskeln, Nerven und Kapillargefäſse<lb/>
zu den Elementarzellen wird zeigen, in welchen Punkten<lb/>
durch die noch sehr unvollständigen Beobachtungen die<lb/>
eben als der wahrscheinliche Hergang des Bildungsproces-<lb/>
ses gegebene Beschreibung als bewiesen zu betrachten ist,<lb/>
und welche Lücken noch auszufüllen sind. Wir beginnen<lb/>
die Untersuchung mit den Muskeln.</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">1) <hirendition="#g">Muskeln</hi>.</hi></head><lb/><p>Um das Verhältniſs der Muskeln zu den Elementar-<lb/>
zellen kennen zu lernen, ist es nothwendig, auf ihre Ent-<lb/>
wicklungsgeschichte zurückzugehen. Die erste Entstehung<lb/>
der Muskelfasern habe ich leider wegen Mangels sehr jun-<lb/>
ger Embryonen nicht untersuchen können; sie läſst sich<lb/>
aber aus der Beschreibung von <hirendition="#g">Valentin</hi> (Entwicklungs-<lb/>
geschichte S. 268) ergänzen, welche ich hier im Auszuge<lb/>
vorausschicke. „Lange vorher als gesonderte Muskelfa-<lb/>
sern wahrgenommen werden, sieht man die Kügelchen der<lb/>
Urmasse nach Längslinien geordnet, vorzüglich wenn diese<lb/>
zwischen zwei Glasplättchen leise gepreſst wird. Die Körn-<lb/>
chen scheinen nun etwas näher an einander zu rücken<lb/>
und an einzelnen Stellen gänzlich, an anderen dagegen an<lb/>
der einen oder der anderen Seite zu verschmelzen und<lb/>
zu <hirendition="#g">einer</hi> durchsichtigen Masse sich zu verbinden. Hier-<lb/>
durch entstehen Fäden, welche an manchen Stellen ein<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[156/0180]
niciren. Da auf diese Weise mehrere Verlängerungen
einer Zelle mit mehreren Verlängerungen einer oder meh-
rerer anderer Zellen zusammenstoſsen, so erhalten wir
statt einzelner, hohler, sternförmiger Zellen ein Netz
von Kanälen, welche Anfangs zwar noch an den den Zel-
lenkörpern entsprechenden Stellen dicker sind, das aber
durch stärkere Ausdehnung der mit einander kommunici-
renden Verlängerungen der Zellen zu einem Netz von
ungefähr gleich dicken Kanälchen wird. Dies scheint
der Bildungsgang bei den Kapillargefäſsen zu sein. Die
folgende detaillirte Darstellung der Beobachtungen über
das Verhältniſs der Muskeln, Nerven und Kapillargefäſse
zu den Elementarzellen wird zeigen, in welchen Punkten
durch die noch sehr unvollständigen Beobachtungen die
eben als der wahrscheinliche Hergang des Bildungsproces-
ses gegebene Beschreibung als bewiesen zu betrachten ist,
und welche Lücken noch auszufüllen sind. Wir beginnen
die Untersuchung mit den Muskeln.
1) Muskeln.
Um das Verhältniſs der Muskeln zu den Elementar-
zellen kennen zu lernen, ist es nothwendig, auf ihre Ent-
wicklungsgeschichte zurückzugehen. Die erste Entstehung
der Muskelfasern habe ich leider wegen Mangels sehr jun-
ger Embryonen nicht untersuchen können; sie läſst sich
aber aus der Beschreibung von Valentin (Entwicklungs-
geschichte S. 268) ergänzen, welche ich hier im Auszuge
vorausschicke. „Lange vorher als gesonderte Muskelfa-
sern wahrgenommen werden, sieht man die Kügelchen der
Urmasse nach Längslinien geordnet, vorzüglich wenn diese
zwischen zwei Glasplättchen leise gepreſst wird. Die Körn-
chen scheinen nun etwas näher an einander zu rücken
und an einzelnen Stellen gänzlich, an anderen dagegen an
der einen oder der anderen Seite zu verschmelzen und
zu einer durchsichtigen Masse sich zu verbinden. Hier-
durch entstehen Fäden, welche an manchen Stellen ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/180>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.