tartheilen, den Zellen. Dass nicht wirklich jede einzelne Zelle, wenn sie von einem Organismus getrennt wird, wei- ter wächst, ist gegen diese Theorie so wenig ein Einwurf, als es ein Einwurf gegen das selbstständige Leben einer Biene ist, wenn sie getrennt von ihrem Schwarm auf die Dauer nicht fortbestehen kann. Die Aeusserung der, der Zelle inwohnenden Kraft hängt von Bedingungen ab, die ihr nur im Zusammenhang mit dem Ganzen geliefert werden.
Die Frage über die Grundkraft der Organismen redu- cirt sich also auf die Frage über die Grundkräfte der ein- zelnen Zellen. Wir müssen nun die allgemeinen Erschei- nungen der Zellenbildung betrachten, um zu finden, welche Kräfte man zur Erklärung derselben in den Zellen vor- aussetzen muss. Diese Erscheinungen lassen sich unter zwei natürliche Gruppen bringen: Erstens Erscheinungen, die sich auf die Zusammenfügung der Moleküle zu einer Zelle beziehn; man kann sie die plastischen Erschei- nungen der Zellen nennen; zweitens Erscheinungen, die sich auf chemische Veränderungen, sowohl der Bestand- theile der Zelle selbst, als des umgebenden Cytoblastems beziehn; diese kann man metabolische Erscheinungen nennen (to metabolikon was Umwandlung hervorzubringen oder zu erleiden geneigt ist).
Die allgemeinen plastischen Erscheinungen der Zel- len bestehn, wie wir gesehn haben, in Folgendem: Es bil- det sich zuerst ein kleines Körperchen (Kernkörperchen); um dieses schlägt sich aussen eine Schichte Substanz nie- der (Kern), welche sich durch Ablagerung immer neuer Moleküle zwischen die schon vorhandenen verdichtet und ausdehnt. Die Ablagerung geschieht stärker im äussern Theil dieser Schichte, als im innern. Oft verdichtet sich entweder bloss dieser äussere Theil oder die ganze Schichte zu einer Membran, die in der Art neue Moleküle aufzu- nehmen fortfahren kann, dass die Ausdehnung derselben ihrer Fläche nach stärker, als der Dicke nach geschieht, wodurch ein hohler Zwischenraum zwischen ihr und dem Kernkörperchen entstehen muss. Um diese Schichte schlägt
tartheilen, den Zellen. Daſs nicht wirklich jede einzelne Zelle, wenn sie von einem Organismus getrennt wird, wei- ter wächst, ist gegen diese Theorie so wenig ein Einwurf, als es ein Einwurf gegen das selbstständige Leben einer Biene ist, wenn sie getrennt von ihrem Schwarm auf die Dauer nicht fortbestehen kann. Die Aeuſserung der, der Zelle inwohnenden Kraft hängt von Bedingungen ab, die ihr nur im Zusammenhang mit dem Ganzen geliefert werden.
Die Frage über die Grundkraft der Organismen redu- cirt sich also auf die Frage über die Grundkräfte der ein- zelnen Zellen. Wir müssen nun die allgemeinen Erschei- nungen der Zellenbildung betrachten, um zu finden, welche Kräfte man zur Erklärung derselben in den Zellen vor- aussetzen muſs. Diese Erscheinungen lassen sich unter zwei natürliche Gruppen bringen: Erstens Erscheinungen, die sich auf die Zusammenfügung der Moleküle zu einer Zelle beziehn; man kann sie die plastischen Erschei- nungen der Zellen nennen; zweitens Erscheinungen, die sich auf chemische Veränderungen, sowohl der Bestand- theile der Zelle selbst, als des umgebenden Cytoblastems beziehn; diese kann man metabolische Erscheinungen nennen (τὸ μεταβολικὸν was Umwandlung hervorzubringen oder zu erleiden geneigt ist).
Die allgemeinen plastischen Erscheinungen der Zel- len bestehn, wie wir gesehn haben, in Folgendem: Es bil- det sich zuerst ein kleines Körperchen (Kernkörperchen); um dieses schlägt sich auſsen eine Schichte Substanz nie- der (Kern), welche sich durch Ablagerung immer neuer Moleküle zwischen die schon vorhandenen verdichtet und ausdehnt. Die Ablagerung geschieht stärker im äuſsern Theil dieser Schichte, als im innern. Oft verdichtet sich entweder bloſs dieser äuſsere Theil oder die ganze Schichte zu einer Membran, die in der Art neue Moleküle aufzu- nehmen fortfahren kann, daſs die Ausdehnung derselben ihrer Fläche nach stärker, als der Dicke nach geschieht, wodurch ein hohler Zwischenraum zwischen ihr und dem Kernkörperchen entstehen muſs. Um diese Schichte schlägt
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tartheilen, den Zellen. Daſs nicht wirklich jede einzelne
Zelle, wenn sie von einem Organismus getrennt wird, wei-
ter wächst, ist gegen diese Theorie so wenig ein Einwurf,
als es ein Einwurf gegen das selbstständige Leben einer
Biene ist, wenn sie getrennt von ihrem Schwarm auf die
Dauer nicht fortbestehen kann. Die Aeuſserung der, der
Zelle inwohnenden Kraft hängt von Bedingungen ab, die
ihr nur im Zusammenhang mit dem Ganzen geliefert werden.
Die Frage über die Grundkraft der Organismen redu-
cirt sich also auf die Frage über die Grundkräfte der ein-
zelnen Zellen. Wir müssen nun die allgemeinen Erschei-
nungen der Zellenbildung betrachten, um zu finden, welche
Kräfte man zur Erklärung derselben in den Zellen vor-
aussetzen muſs. Diese Erscheinungen lassen sich unter
zwei natürliche Gruppen bringen: Erstens Erscheinungen,
die sich auf die Zusammenfügung der Moleküle zu einer
Zelle beziehn; man kann sie die plastischen Erschei-
nungen der Zellen nennen; zweitens Erscheinungen, die
sich auf chemische Veränderungen, sowohl der Bestand-
theile der Zelle selbst, als des umgebenden Cytoblastems
beziehn; diese kann man metabolische Erscheinungen
nennen (τὸ μεταβολικὸν was Umwandlung hervorzubringen
oder zu erleiden geneigt ist).
Die allgemeinen plastischen Erscheinungen der Zel-
len bestehn, wie wir gesehn haben, in Folgendem: Es bil-
det sich zuerst ein kleines Körperchen (Kernkörperchen);
um dieses schlägt sich auſsen eine Schichte Substanz nie-
der (Kern), welche sich durch Ablagerung immer neuer
Moleküle zwischen die schon vorhandenen verdichtet und
ausdehnt. Die Ablagerung geschieht stärker im äuſsern
Theil dieser Schichte, als im innern. Oft verdichtet sich
entweder bloſs dieser äuſsere Theil oder die ganze Schichte
zu einer Membran, die in der Art neue Moleküle aufzu-
nehmen fortfahren kann, daſs die Ausdehnung derselben
ihrer Fläche nach stärker, als der Dicke nach geschieht,
wodurch ein hohler Zwischenraum zwischen ihr und dem
Kernkörperchen entstehen muſs. Um diese Schichte schlägt
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/253>, abgerufen am 27.07.2024.
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