Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712.

Bild:
<< vorherige Seite

ES ist dieses Land vordem jederzeit von Ungarischen Woywoden regieret worden, biß endlich Johannes de Zapolia, nach des Königs Ludwigs II Tod, sich durch Hülffe des Türckens des Landes bemächtiget, und aus einem Woywoden oder Königlichen Statthalter und Landvogt, zu einem Fürsten und Herrn desselben worden ist: Dem anno 1540 sein Sohn, Johann Sigmund, succedirte.

Nachdem dieser aber anno 1571 ohne Leibes-Erben verstarb, hat Siebenbürgen vielerley Veränderung, und dabey vielerley Herren gehabt. Anno 1606 gab der Käyser dieses Fürstenthum einem mit Nahmen Botschkay vor sich und seine eheliche männliche Leibes-Erben; weil dieser aber noch in selbigem Jahre starb, und die Siebenbürger bey dem damahligen schlechten Zustand in Ungarn ausser acht gelassen wurden, so nahmen diese der Gelehenheit wahr, und wehleten auff dem Land-Tage zu Clausenburg Sigismund Ragoczy zu ihrem Fürsten, huldigten ihm auch alsobald, und notificirten es durch eine Abschickung dem Käyserl. Hofe, mit der Anzeige, daß sie solches umb Auffruhr, und andere Weitläufftigkeiten zu verhüten, thun müssen, gedächten jedoch Ihr. Käyserl. Maj. einen Weg als den andern für ihr höchstes Oberhaupt zu erckennen; welches man sich auch Käyserlicher Seiten bey damahliger Zeit also gefallen lassen muste.

Es war aber obgedachter Ragoczy von hohem Alter, danckte dahero, aus Begierde zur Ruhe, das folgende Jahr wieder ab, und überließ das Fürstenthum einem Gabriel Bathori genant, welchen die Türcken, des Ungarischen Gesandten Widerspruchs ungeachtet, in dem Besitz des Fürstenthums confirmirten, und dem Bassa von Ofen denselben zu mainteniren befahlen; welches alles König Matthias also geschehen lassen muste, weil kein Mittel zu ersinnen war, besagtes Fürstenthum bey Ungarn zu behalten, und ist dasselbe auch, alles Beginnens ungeachtet, biß auff unsere Zeit unter Türckischer Bothmäßigkeit geblieben.

Unter denen vielen Herren aber, die es indessen gehabt, ist auch gewesen Graf Georg Ragoczi, des vorgedachten Sigismundi Sohn, welcher anno 1630, nach Betlehem Gabors Tod, zum Fürsten erwehlet wurde. Und ob diesem zwar des letztverstorbenen Fürstens Vetter solche Dignität, nachdem er sich dessen schon einmahl begeben, anno 1635 disputiren wolte, und die Türcken zu dem Ende auffbrachte; so muste er sich doch, nachdem die Türcken von Ragoczi geschlagen worden, seiner Praetension begeben, und wurd Ragoczy in dem mit den Türcken anno 1636 gemachten Frieden in dem Fürstenthum nicht allein bestätiget, sondern es war auch noch seinem Sohn, Georg Ragoczi II, die Succession versprochen, welcher auch anno 1648 dem Vater succedirte. Wie sich dieser aber in dem Polnischen Kriege, ohne Wissen des Groß-Sultans, mit den Schweden conjungiret, und dadurch der Pforte Ungnade und der Tartarn Feindschafft auff sich geladen hatte, und der Türckische Käyser dahero denen Ständen befahl einen andern Fürsten zu erwehlen; so kam Ragoczy denselben zuvor, legte das Regiment freywillig nieder, und versicherte die Stände mittelst cörperlichen Eydes, daß er fürdhin im privat-Stande leben, und sich in die Regierung nicht mehr mischen wolte. Worauff die Stände Frantz Redey zum Fürsten erwehlten, welchem Ragoczi zwar äußerlich alle Autorität beylegte, in geheim aber bemühete er sich ihn wieder zu vertreiben, welches er endlich auch gar ausbrechen ließ, indem er sich mit Gewalt der Waffen ins Fürstenthum wieder einzusetzen suchte; wodurch der Groß-Vezier veranlasset wurde, von den Ständen die Festung Leno zur Versicherung zu begehren. Weil Ragoczi aber nicht allein dieses hinderte, sondern auch den Redey seines Fürstlichen Standes gäntzlich entsetzte, so reitzte er dadurch die Pforte, welche bißher nur seiner Persohn Unterdrückung gesuchet, nunmehro auch wider das gantze Land zu einem sehr blutigen und schädlichen Kriege an: welches der Anfang des erfolgten schweren Türcken-Krieges war, in welchem Ragoczy auch selber blieb. Endlich kam es anno 1664 zwischen dem Käyser und dem Sultan zu einem Stillstande, in welchem unter andern beliebet wurde; daß der Fürst in Siebenbürgen von beyden Käysern confirmiret, der gewöhnliche Tribut aber, nach wie vor, an die Ottomannische Pforte gelieffert werden solte, die beyden Gespannschafften, Zathmar und Zaboloh, solten dem jungen Ragoczi, Fürst Frantzen, auff Lebens-Zeit verbleiben, nach seinem Tode aber an Ihr. Käyserl. Maj. zurück

vid. Zeiler. Itin. German. Part. 1. c. 29. p. 610. 611. Franckenberg Europ. Herold. Part. 2. p. 395. Ludolffs Schanbühne der Welt. Tom. 1. ad ann. 1601. c. 3. §. 20. seqq.
Ludolff. d. l. ad ann. 1607. c. 3. §. 19.
Ludolff. ad ann. 1608. c. 3. §. 26.
Ludolff. ann. 1608. c. 3. §. 26.
Ludolff. d. l. ad ann. 1636. c. 3. §. 71. seqq.
vid. Franckenberg. Europ. Herold. Part. 2. p. 378. seqq.
Franckenberg d. l. p. 379. & 397.

ES ist dieses Land vordem jederzeit von Ungarischen Woywoden regieret worden, biß endlich Johannes de Zapolia, nach des Königs Ludwigs II Tod, sich durch Hülffe des Türckens des Landes bemächtiget, und aus einem Woywoden oder Königlichen Statthalter und Landvogt, zu einem Fürsten und Herrn desselben worden ist: Dem anno 1540 sein Sohn, Johann Sigmund, succedirte.

Nachdem dieser aber anno 1571 ohne Leibes-Erben verstarb, hat Siebenbürgen vielerley Veränderung, und dabey vielerley Herren gehabt. Anno 1606 gab der Käyser dieses Fürstenthum einem mit Nahmen Botschkay vor sich und seine eheliche männliche Leibes-Erben; weil dieser aber noch in selbigem Jahre starb, und die Siebenbürger bey dem damahligen schlechten Zustand in Ungarn ausser acht gelassen wurden, so nahmen diese der Gelehenheit wahr, und wehleten auff dem Land-Tage zu Clausenburg Sigismund Ragoczy zu ihrem Fürsten, huldigten ihm auch alsobald, und notificirten es durch eine Abschickung dem Käyserl. Hofe, mit der Anzeige, daß sie solches umb Auffruhr, und andere Weitläufftigkeiten zu verhüten, thun müssen, gedächten jedoch Ihr. Käyserl. Maj. einen Weg als den andern für ihr höchstes Oberhaupt zu erckennen; welches man sich auch Käyserlicher Seiten bey damahliger Zeit also gefallen lassen muste.

Es war aber obgedachter Ragoczy von hohem Alter, danckte dahero, aus Begierde zur Ruhe, das folgende Jahr wieder ab, und überließ das Fürstenthum einem Gabriel Bathori genant, welchen die Türcken, des Ungarischen Gesandten Widerspruchs ungeachtet, in dem Besitz des Fürstenthums confirmirten, und dem Bassa von Ofen denselben zu mainteniren befahlen; welches alles König Matthias also geschehen lassen muste, weil kein Mittel zu ersinnen war, besagtes Fürstenthum bey Ungarn zu behalten, und ist dasselbe auch, alles Beginnens ungeachtet, biß auff unsere Zeit unter Türckischer Bothmäßigkeit geblieben.

Unter denen vielen Herren aber, die es indessen gehabt, ist auch gewesen Graf Georg Ragoczi, des vorgedachten Sigismundi Sohn, welcher anno 1630, nach Betlehem Gabors Tod, zum Fürsten erwehlet wurde. Und ob diesem zwar des letztverstorbenen Fürstens Vetter solche Dignität, nachdem er sich dessen schon einmahl begeben, anno 1635 disputiren wolte, und die Türcken zu dem Ende auffbrachte; so muste er sich doch, nachdem die Türcken von Ragoczi geschlagen worden, seiner Praetension begeben, und wurd Ragoczy in dem mit den Türcken anno 1636 gemachten Frieden in dem Fürstenthum nicht allein bestätiget, sondern es war auch noch seinem Sohn, Georg Ragoczi II, die Succession versprochen, welcher auch anno 1648 dem Vater succedirte. Wie sich dieser aber in dem Polnischen Kriege, ohne Wissen des Groß-Sultans, mit den Schweden conjungiret, und dadurch der Pforte Ungnade und der Tartarn Feindschafft auff sich geladen hatte, und der Türckische Käyser dahero denen Ständen befahl einen andern Fürsten zu erwehlen; so kam Ragoczy denselben zuvor, legte das Regiment freywillig nieder, und versicherte die Stände mittelst cörperlichen Eydes, daß er fürdhin im privat-Stande leben, und sich in die Regierung nicht mehr mischen wolte. Worauff die Stände Frantz Redey zum Fürsten erwehlten, welchem Ragoczi zwar äußerlich alle Autorität beylegte, in geheim aber bemühete er sich ihn wieder zu vertreiben, welches er endlich auch gar ausbrechen ließ, indem er sich mit Gewalt der Waffen ins Fürstenthum wieder einzusetzen suchte; wodurch der Groß-Vezier veranlasset wurde, von den Ständen die Festung Leno zur Versicherung zu begehren. Weil Ragoczi aber nicht allein dieses hinderte, sondern auch den Redey seines Fürstlichen Standes gäntzlich entsetzte, so reitzte er dadurch die Pforte, welche bißher nur seiner Persohn Unterdrückung gesuchet, nunmehro auch wider das gantze Land zu einem sehr blutigen und schädlichen Kriege an: welches der Anfang des erfolgten schweren Türcken-Krieges war, in welchem Ragoczy auch selber blieb. Endlich kam es anno 1664 zwischen dem Käyser und dem Sultan zu einem Stillstande, in welchem unter andern beliebet wurde; daß der Fürst in Siebenbürgen von beyden Käysern confirmiret, der gewöhnliche Tribut aber, nach wie vor, an die Ottomannische Pforte gelieffert werden solte, die beyden Gespannschafften, Zathmar und Zaboloh, solten dem jungen Ragoczi, Fürst Frantzen, auff Lebens-Zeit verbleiben, nach seinem Tode aber an Ihr. Käyserl. Maj. zurück

vid. Zeiler. Itin. German. Part. 1. c. 29. p. 610. 611. Franckenberg Europ. Herold. Part. 2. p. 395. Ludolffs Schanbühne der Welt. Tom. 1. ad ann. 1601. c. 3. §. 20. seqq.
Ludolff. d. l. ad ann. 1607. c. 3. §. 19.
Ludolff. ad ann. 1608. c. 3. §. 26.
Ludolff. ann. 1608. c. 3. §. 26.
Ludolff. d. l. ad ann. 1636. c. 3. §. 71. seqq.
vid. Franckenberg. Europ. Herold. Part. 2. p. 378. seqq.
Franckenberg d. l. p. 379. & 397.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0651" n="740"/>
        <p>ES ist dieses Land vordem jederzeit von Ungarischen Woywoden regieret worden, biß endlich            Johannes de Zapolia, nach des Königs Ludwigs II Tod, sich durch Hülffe des Türckens des            Landes bemächtiget, und aus einem Woywoden oder Königlichen Statthalter und Landvogt, zu            einem Fürsten und Herrn desselben worden ist: Dem anno 1540 sein Sohn, Johann Sigmund,            succedirte.</p>
        <p>Nachdem dieser aber anno 1571 ohne Leibes-Erben verstarb, hat Siebenbürgen vielerley            Veränderung, und dabey vielerley Herren gehabt. <note place="foot">vid. Zeiler. Itin.              German. Part. 1. c. 29. p. 610. 611. Franckenberg Europ. Herold. Part. 2. p. 395.              Ludolffs Schanbühne der Welt. Tom. 1. ad ann. 1601. c. 3. §. 20. seqq.</note> Anno 1606            gab der Käyser dieses Fürstenthum einem mit Nahmen Botschkay vor sich und seine eheliche            männliche Leibes-Erben; weil dieser aber noch in selbigem Jahre starb, und die            Siebenbürger bey dem damahligen schlechten Zustand in Ungarn ausser acht gelassen wurden,            so nahmen diese der Gelehenheit wahr, und wehleten auff dem Land-Tage zu Clausenburg            Sigismund Ragoczy zu ihrem Fürsten, huldigten ihm auch alsobald, und notificirten es durch            eine Abschickung dem Käyserl. Hofe, mit der Anzeige, daß sie solches umb Auffruhr, und            andere Weitläufftigkeiten zu verhüten, thun müssen, gedächten jedoch Ihr. Käyserl. Maj.            einen Weg als den andern für ihr höchstes Oberhaupt zu erckennen; welches man sich auch            Käyserlicher Seiten bey damahliger Zeit also gefallen lassen muste. <note place="foot">Ludolff. d. l. ad ann. 1607. c. 3. §. 19.</note></p>
        <p>Es war aber obgedachter Ragoczy von hohem Alter, danckte dahero, aus Begierde zur Ruhe,            das folgende Jahr wieder ab, und überließ das Fürstenthum einem Gabriel Bathori genant,            welchen die Türcken, des Ungarischen Gesandten Widerspruchs ungeachtet, in dem Besitz des            Fürstenthums confirmirten, und dem Bassa von Ofen denselben zu mainteniren befahlen;            welches alles König Matthias also geschehen lassen muste, weil kein Mittel zu ersinnen            war, besagtes Fürstenthum bey Ungarn zu behalten, und ist dasselbe auch, alles Beginnens            ungeachtet, biß auff unsere Zeit unter Türckischer Bothmäßigkeit geblieben. <note place="foot">Ludolff. ad ann. 1608. c. 3. §. 26.</note></p>
        <p>Unter denen vielen Herren aber, die es indessen gehabt, ist auch gewesen Graf Georg            Ragoczi, des vorgedachten Sigismundi Sohn, welcher anno 1630, nach Betlehem Gabors Tod,            zum Fürsten erwehlet wurde. <note place="foot">Ludolff. ann. 1608. c. 3. §. 26.</note> Und            ob diesem zwar des letztverstorbenen Fürstens Vetter solche Dignität, nachdem er sich            dessen schon einmahl begeben, anno 1635 disputiren wolte, und die Türcken zu dem Ende            auffbrachte; so muste er sich doch, nachdem die Türcken von Ragoczi geschlagen worden,            seiner Praetension begeben, und wurd Ragoczy in dem mit den Türcken anno 1636 gemachten            Frieden in dem Fürstenthum nicht allein bestätiget, sondern es war auch noch seinem Sohn,            Georg Ragoczi II, die Succession versprochen, <note place="foot">Ludolff. d. l. ad ann.              1636. c. 3. §. 71. seqq.</note> welcher auch anno 1648 dem Vater succedirte. Wie sich            dieser aber in dem Polnischen Kriege, ohne Wissen des Groß-Sultans, mit den Schweden            conjungiret, und dadurch der Pforte Ungnade und der Tartarn Feindschafft auff sich geladen            hatte, und der Türckische Käyser dahero denen Ständen befahl einen andern Fürsten zu            erwehlen; so kam Ragoczy denselben zuvor, legte das Regiment freywillig nieder, und            versicherte die Stände mittelst cörperlichen Eydes, daß er fürdhin im privat-Stande leben,            und sich in die Regierung nicht mehr mischen wolte. Worauff die Stände Frantz Redey zum            Fürsten erwehlten, welchem Ragoczi zwar äußerlich alle Autorität beylegte, in geheim aber            bemühete er sich ihn wieder zu vertreiben, welches er endlich auch gar ausbrechen ließ,            indem er sich mit Gewalt der Waffen ins Fürstenthum wieder einzusetzen suchte; wodurch der            Groß-Vezier veranlasset wurde, von den Ständen die Festung Leno zur Versicherung zu            begehren. Weil Ragoczi aber nicht allein dieses hinderte, sondern auch den Redey seines            Fürstlichen Standes gäntzlich entsetzte, so reitzte er dadurch die Pforte, welche bißher            nur seiner Persohn Unterdrückung gesuchet, nunmehro auch wider das gantze Land zu einem            sehr blutigen und schädlichen Kriege an: welches der Anfang des erfolgten schweren            Türcken-Krieges war, <note place="foot">vid. Franckenberg. Europ. Herold. Part. 2. p. 378.              seqq.</note> in welchem Ragoczy auch selber blieb. <note place="foot">Franckenberg d. l.              p. 379. &amp; 397.</note> Endlich kam es anno 1664 zwischen dem Käyser und dem Sultan zu            einem Stillstande, in welchem unter andern beliebet wurde; daß der Fürst in Siebenbürgen            von beyden Käysern confirmiret, der gewöhnliche Tribut aber, nach wie vor, an die            Ottomannische Pforte gelieffert werden solte, die beyden Gespannschafften, Zathmar und            Zaboloh, solten dem jungen Ragoczi, Fürst Frantzen, auff Lebens-Zeit verbleiben, nach            seinem Tode aber an Ihr. Käyserl. Maj. zurück
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[740/0651] ES ist dieses Land vordem jederzeit von Ungarischen Woywoden regieret worden, biß endlich Johannes de Zapolia, nach des Königs Ludwigs II Tod, sich durch Hülffe des Türckens des Landes bemächtiget, und aus einem Woywoden oder Königlichen Statthalter und Landvogt, zu einem Fürsten und Herrn desselben worden ist: Dem anno 1540 sein Sohn, Johann Sigmund, succedirte. Nachdem dieser aber anno 1571 ohne Leibes-Erben verstarb, hat Siebenbürgen vielerley Veränderung, und dabey vielerley Herren gehabt. Anno 1606 gab der Käyser dieses Fürstenthum einem mit Nahmen Botschkay vor sich und seine eheliche männliche Leibes-Erben; weil dieser aber noch in selbigem Jahre starb, und die Siebenbürger bey dem damahligen schlechten Zustand in Ungarn ausser acht gelassen wurden, so nahmen diese der Gelehenheit wahr, und wehleten auff dem Land-Tage zu Clausenburg Sigismund Ragoczy zu ihrem Fürsten, huldigten ihm auch alsobald, und notificirten es durch eine Abschickung dem Käyserl. Hofe, mit der Anzeige, daß sie solches umb Auffruhr, und andere Weitläufftigkeiten zu verhüten, thun müssen, gedächten jedoch Ihr. Käyserl. Maj. einen Weg als den andern für ihr höchstes Oberhaupt zu erckennen; welches man sich auch Käyserlicher Seiten bey damahliger Zeit also gefallen lassen muste. Es war aber obgedachter Ragoczy von hohem Alter, danckte dahero, aus Begierde zur Ruhe, das folgende Jahr wieder ab, und überließ das Fürstenthum einem Gabriel Bathori genant, welchen die Türcken, des Ungarischen Gesandten Widerspruchs ungeachtet, in dem Besitz des Fürstenthums confirmirten, und dem Bassa von Ofen denselben zu mainteniren befahlen; welches alles König Matthias also geschehen lassen muste, weil kein Mittel zu ersinnen war, besagtes Fürstenthum bey Ungarn zu behalten, und ist dasselbe auch, alles Beginnens ungeachtet, biß auff unsere Zeit unter Türckischer Bothmäßigkeit geblieben. Unter denen vielen Herren aber, die es indessen gehabt, ist auch gewesen Graf Georg Ragoczi, des vorgedachten Sigismundi Sohn, welcher anno 1630, nach Betlehem Gabors Tod, zum Fürsten erwehlet wurde. Und ob diesem zwar des letztverstorbenen Fürstens Vetter solche Dignität, nachdem er sich dessen schon einmahl begeben, anno 1635 disputiren wolte, und die Türcken zu dem Ende auffbrachte; so muste er sich doch, nachdem die Türcken von Ragoczi geschlagen worden, seiner Praetension begeben, und wurd Ragoczy in dem mit den Türcken anno 1636 gemachten Frieden in dem Fürstenthum nicht allein bestätiget, sondern es war auch noch seinem Sohn, Georg Ragoczi II, die Succession versprochen, welcher auch anno 1648 dem Vater succedirte. Wie sich dieser aber in dem Polnischen Kriege, ohne Wissen des Groß-Sultans, mit den Schweden conjungiret, und dadurch der Pforte Ungnade und der Tartarn Feindschafft auff sich geladen hatte, und der Türckische Käyser dahero denen Ständen befahl einen andern Fürsten zu erwehlen; so kam Ragoczy denselben zuvor, legte das Regiment freywillig nieder, und versicherte die Stände mittelst cörperlichen Eydes, daß er fürdhin im privat-Stande leben, und sich in die Regierung nicht mehr mischen wolte. Worauff die Stände Frantz Redey zum Fürsten erwehlten, welchem Ragoczi zwar äußerlich alle Autorität beylegte, in geheim aber bemühete er sich ihn wieder zu vertreiben, welches er endlich auch gar ausbrechen ließ, indem er sich mit Gewalt der Waffen ins Fürstenthum wieder einzusetzen suchte; wodurch der Groß-Vezier veranlasset wurde, von den Ständen die Festung Leno zur Versicherung zu begehren. Weil Ragoczi aber nicht allein dieses hinderte, sondern auch den Redey seines Fürstlichen Standes gäntzlich entsetzte, so reitzte er dadurch die Pforte, welche bißher nur seiner Persohn Unterdrückung gesuchet, nunmehro auch wider das gantze Land zu einem sehr blutigen und schädlichen Kriege an: welches der Anfang des erfolgten schweren Türcken-Krieges war, in welchem Ragoczy auch selber blieb. Endlich kam es anno 1664 zwischen dem Käyser und dem Sultan zu einem Stillstande, in welchem unter andern beliebet wurde; daß der Fürst in Siebenbürgen von beyden Käysern confirmiret, der gewöhnliche Tribut aber, nach wie vor, an die Ottomannische Pforte gelieffert werden solte, die beyden Gespannschafften, Zathmar und Zaboloh, solten dem jungen Ragoczi, Fürst Frantzen, auff Lebens-Zeit verbleiben, nach seinem Tode aber an Ihr. Käyserl. Maj. zurück vid. Zeiler. Itin. German. Part. 1. c. 29. p. 610. 611. Franckenberg Europ. Herold. Part. 2. p. 395. Ludolffs Schanbühne der Welt. Tom. 1. ad ann. 1601. c. 3. §. 20. seqq. Ludolff. d. l. ad ann. 1607. c. 3. §. 19. Ludolff. ad ann. 1608. c. 3. §. 26. Ludolff. ann. 1608. c. 3. §. 26. Ludolff. d. l. ad ann. 1636. c. 3. §. 71. seqq. vid. Franckenberg. Europ. Herold. Part. 2. p. 378. seqq. Franckenberg d. l. p. 379. & 397.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712/651
Zitationshilfe: Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712/651>, abgerufen am 17.06.2024.