Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712.

Bild:
<< vorherige Seite

tigkeiten, so bißhero zwischen beyden Häusern darüber entstanden, ein Ende machte. Die Stadt Genff blieb indessen in ziemlichen ruhigen Stande, und ließ sich Savoyen mit denen Gerechtigkeiten, so es in der Stadt besaß, begnügen, so gar daß auch etliche Printzen dieses Hauses ihre Hoff-Stadt daselbst hielten, und die JCtion über ihre Unterthanen von da aus exercirten. Nachdem aber auch Bischoff Johannes all sein Recht in weltlichen Dingen an Hertzog Carl den III. cedirte, so unternahm sich dieser auffs neue anno 1578 die Stadt seiner Bothmäßigkeit zu unterwerffen, und schiene es, daß sein Vorhaben Ihme gelingen würde, weil die Bürgerschafft in schädliche Factiones getheilet war; der gröste Theil hielte es mit Savoyen, und wurden von den andern dahero Mammelucken genennet, die andern aber hingen sich an die Schweitzer, und machten mit denselben, sonderlich mit den beyden Cantons Bern und Zürch, Alliantz, dahero sie von denen widrig Gesinneten den Nahmen les Eignots oder Eydgenossen bekamen; doch behielten die letztern, nach vielfältigen Unruhen, endlich die Oberhand, und trieben die Mammelucken anno 1526 zur Stadt hinaus; Und weil darauff bald die Reformation in der Religion erfolget, und auch der Bischoff fortgeschaffet worden, so hat sich die Stadt nachdem in völlige Freyheit gesetzet. Doch hat sich deshalb Savoyen seines Anspruches an die Stadt nicht begeben, sondern vielmehr alle ersinnliche Mittel angewendet, seine vormahlige Jura und Gerechtigkeiten, entweder in der Güte, oder mit Gewalt, wiederumb an sich zu bringen.

Die Gründe aber, so zu Behauptung solches Anspruches von Savoyen angeführet werden, bestehen darinnen:

Savoysche Gründe. I. Daß Graf Amadaeus zu Savoyen anno 1356 von Käyser Carolo IV zum perpetuirlichen Reichs-Vicario constituiret, und ihme dadurch die hohen Gerechtigkeiten über die Stadt so wohl, als den Bischoff, concediret worden, mit der Verordnung, daß die Genever an die Grafen zu Savoyen appelliren solten; Welche Constitution nicht allein Käyser Wenceslaus, sondern auch Maximilianus I Carolus V und Rudolphus confirmiret hätten, und hätte Carolus V anno 1529 der Stadt und dessen Bischoffe befohlen, Hertzog Carolo zu Savoyen allen Gehorsam zu erweisen.

II. Daß Hertzog Amadaeus zu Savoyen die Grafschafft Geneve von den Grafen käufflich an sich gebracht, und dadurch also auch der Grafen in der Stadt gehabtes Recht acquiriret.

III. Daß Bischoff Johannes zu Geneve ebenfalls sein über die Stadt habendes Recht denen Hertzogen zu Savoyen cediret hätte, und ob diese zwar nachdem mit des Johannis Successore, Bischoff Petro Balma, deshalb in Streit gerathen, so hätte jedoch Pabst Leo X anno 1515 vor Savoyen gesprochen, seit welcher Zeit auch der Bischoff Petrus Balma und dessen Successores denen Hertzogen zu Savoyen ohnverweigerlich gehuldiget hätten.

IV. Daß die Hertzoge zu Savoyen in der Stadt Geneve biß anno 1585 die Hohe Gerechtigkeit exerciret, indem sie daselbst Gouverneurs, Richter, und andere Bediente bestellet, ein Schloß darinnen gehabt, und daselbst residiret, Müntze schlagen lassen, Delinquenten begnadet, u. d. g. actus superioritatis verübet; Nachdem die Stadt aber anno 1585 bey vorgegangener Reformation ihren Bischoff vertrieben, und ihn zu Annecy seine Residentz aufzuschlagen gezwungen, so hätten sie sich auch zugleich aller Botmäßigkeit der Käyser und der Hertzoge zu Savoyen entzogen. Es wenden die Genever aber dagegen ein:

Der Genever Einwürffe. Ad I. Das Vicariats-Privilegium hätte Graf Amadaeus zu Savoyen von Käyser Carolo IV. als seinen Verwandten, Sub- & obreptitie erhalten, und wäre die Stadt darüber nicht vorhero gehöret worden, sobald die Genever aber den Käyser eine Gegen-Remonstration gethan, und der Käyser auch selbst wohl gemercket, daß solche Concession dem Reiche höchst schädlich wäre, so hätte er durch ein ander Rescript solch Vicariat wieder revociret, und denen Bischöffen sowohl, als der Stadt (die er ein edles Glied des Reichs genennet) die alten hergebrachten Gerechtigkeiten confirmiret. Und ob zwar Käyser Wenceslaus solche Würde Hertzog Amadaeo VIII anno 1400 wider verliehen hätte, so habe er doch die ausdrückliche Clausul hinzu gethan, daß solches dem Bischoff, und der Stadt Freyheit, nicht praejudiciren solte. Desglei-

vid. de hactenus relatis Jac. Spen. dans sa Histoire de la ville & de l' Etat de Geneve, & scriptum cui Tit. le Citadin de Geneve. ex quibus haec refert Autor der Durchl. Welt. Part. 3. p. 223. seqq.
vid. scriptum cui Tit. Le Cavallier de Savoye. Thuan. L. 125. hist. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 17. n. 13.
vid. scriptum cui Tit: Le Citadin de Geneve ou Reponse au Cavalier de Savoy. Thuan. d. l. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 14. n. 14.

tigkeiten, so bißhero zwischen beyden Häusern darüber entstanden, ein Ende machte. Die Stadt Genff blieb indessen in ziemlichen ruhigen Stande, und ließ sich Savoyen mit denen Gerechtigkeiten, so es in der Stadt besaß, begnügen, so gar daß auch etliche Printzen dieses Hauses ihre Hoff-Stadt daselbst hielten, und die JCtion über ihre Unterthanen von da aus exercirten. Nachdem aber auch Bischoff Johannes all sein Recht in weltlichen Dingen an Hertzog Carl den III. cedirte, so unternahm sich dieser auffs neue anno 1578 die Stadt seiner Bothmäßigkeit zu unterwerffen, und schiene es, daß sein Vorhaben Ihme gelingen würde, weil die Bürgerschafft in schädliche Factiones getheilet war; der gröste Theil hielte es mit Savoyen, und wurden von den andern dahero Mammelucken genennet, die andern aber hingen sich an die Schweitzer, und machten mit denselben, sonderlich mit den beyden Cantons Bern und Zürch, Alliantz, dahero sie von denen widrig Gesinneten den Nahmen les Eignots oder Eydgenossen bekamen; doch behielten die letztern, nach vielfältigen Unruhen, endlich die Oberhand, und trieben die Mammelucken anno 1526 zur Stadt hinaus; Und weil darauff bald die Reformation in der Religion erfolget, und auch der Bischoff fortgeschaffet worden, so hat sich die Stadt nachdem in völlige Freyheit gesetzet. Doch hat sich deshalb Savoyen seines Anspruches an die Stadt nicht begeben, sondern vielmehr alle ersinnliche Mittel angewendet, seine vormahlige Jura und Gerechtigkeiten, entweder in der Güte, oder mit Gewalt, wiederumb an sich zu bringen.

Die Gründe aber, so zu Behauptung solches Anspruches von Savoyen angeführet werden, bestehen darinnen:

Savoysche Gründe. I. Daß Graf Amadaeus zu Savoyen anno 1356 von Käyser Carolo IV zum perpetuirlichen Reichs-Vicario constituiret, und ihme dadurch die hohen Gerechtigkeiten über die Stadt so wohl, als den Bischoff, concediret worden, mit der Verordnung, daß die Genever an die Grafen zu Savoyen appelliren solten; Welche Constitution nicht allein Käyser Wenceslaus, sondern auch Maximilianus I Carolus V und Rudolphus confirmiret hätten, und hätte Carolus V anno 1529 der Stadt und dessen Bischoffe befohlen, Hertzog Carolo zu Savoyen allen Gehorsam zu erweisen.

II. Daß Hertzog Amadaeus zu Savoyen die Grafschafft Geneve von den Grafen käufflich an sich gebracht, und dadurch also auch der Grafen in der Stadt gehabtes Recht acquiriret.

III. Daß Bischoff Johannes zu Geneve ebenfalls sein über die Stadt habendes Recht denen Hertzogen zu Savoyen cediret hätte, und ob diese zwar nachdem mit des Johannis Successore, Bischoff Petro Balma, deshalb in Streit gerathen, so hätte jedoch Pabst Leo X anno 1515 vor Savoyen gesprochen, seit welcher Zeit auch der Bischoff Petrus Balma und dessen Successores denen Hertzogen zu Savoyen ohnverweigerlich gehuldiget hätten.

IV. Daß die Hertzoge zu Savoyen in der Stadt Geneve biß anno 1585 die Hohe Gerechtigkeit exerciret, indem sie daselbst Gouverneurs, Richter, und andere Bediente bestellet, ein Schloß darinnen gehabt, und daselbst residiret, Müntze schlagen lassen, Delinquenten begnadet, u. d. g. actus superioritatis verübet; Nachdem die Stadt aber anno 1585 bey vorgegangener Reformation ihren Bischoff vertrieben, und ihn zu Annecy seine Residentz aufzuschlagen gezwungen, so hätten sie sich auch zugleich aller Botmäßigkeit der Käyser und der Hertzoge zu Savoyen entzogen. Es wenden die Genever aber dagegen ein:

Der Genever Einwürffe. Ad I. Das Vicariats-Privilegium hätte Graf Amadaeus zu Savoyen von Käyser Carolo IV. als seinen Verwandten, Sub- & obreptitie erhalten, und wäre die Stadt darüber nicht vorhero gehöret worden, sobald die Genever aber den Käyser eine Gegen-Remonstration gethan, und der Käyser auch selbst wohl gemercket, daß solche Concession dem Reiche höchst schädlich wäre, so hätte er durch ein ander Rescript solch Vicariat wieder revociret, und denen Bischöffen sowohl, als der Stadt (die er ein edles Glied des Reichs genennet) die alten hergebrachten Gerechtigkeiten confirmiret. Und ob zwar Käyser Wenceslaus solche Würde Hertzog Amadaeo VIII anno 1400 wider verliehen hätte, so habe er doch die ausdrückliche Clausul hinzu gethan, daß solches dem Bischoff, und der Stadt Freyheit, nicht praejudiciren solte. Desglei-

vid. de hactenus relatis Jac. Spen. dans sa Histoire de la ville & de l' Etat de Geneve, & scriptum cui Tit. le Citadin de Geneve. ex quibus haec refert Autor der Durchl. Welt. Part. 3. p. 223. seqq.
vid. scriptum cui Tit. Le Cavallier de Savoye. Thuan. L. 125. hist. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 17. n. 13.
vid. scriptum cui Tit: Le Citadin de Geneve ou Reponse au Cavalier de Savoy. Thuan. d. l. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 14. n. 14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0701" n="790"/>
tigkeiten, so            bißhero zwischen beyden Häusern darüber entstanden, ein Ende machte. Die Stadt Genff blieb            indessen in ziemlichen ruhigen Stande, und ließ sich Savoyen mit denen Gerechtigkeiten, so            es in der Stadt besaß, begnügen, so gar daß auch etliche Printzen dieses Hauses ihre            Hoff-Stadt daselbst hielten, und die JCtion über ihre Unterthanen von da aus exercirten.            Nachdem aber auch Bischoff Johannes all sein Recht in weltlichen Dingen an Hertzog Carl            den III. cedirte, so unternahm sich dieser auffs neue anno 1578 die Stadt seiner            Bothmäßigkeit zu unterwerffen, und schiene es, daß sein Vorhaben Ihme gelingen würde, weil            die Bürgerschafft in schädliche Factiones getheilet war; der gröste Theil hielte es mit            Savoyen, und wurden von den andern dahero Mammelucken genennet, die andern aber hingen            sich an die Schweitzer, und machten mit denselben, sonderlich mit den beyden Cantons Bern            und Zürch, Alliantz, dahero sie von denen widrig Gesinneten den Nahmen les Eignots oder            Eydgenossen bekamen; doch behielten die letztern, nach vielfältigen Unruhen, endlich die            Oberhand, und trieben die Mammelucken anno 1526 zur Stadt hinaus; Und weil darauff bald            die Reformation in der Religion erfolget, und auch der Bischoff fortgeschaffet worden, so            hat sich die Stadt nachdem in völlige Freyheit gesetzet. <note place="foot">vid. de              hactenus relatis Jac. Spen. dans sa Histoire de la ville &amp; de l' Etat de Geneve,              &amp; scriptum cui Tit. le Citadin de Geneve. ex quibus haec refert Autor der Durchl.              Welt. Part. 3. p. 223. seqq.</note> Doch hat sich deshalb Savoyen seines Anspruches an            die Stadt nicht begeben, sondern vielmehr alle ersinnliche Mittel angewendet, seine            vormahlige Jura und Gerechtigkeiten, entweder in der Güte, oder mit Gewalt, wiederumb an            sich zu bringen.</p>
        <p>Die Gründe aber, so zu Behauptung solches Anspruches von Savoyen angeführet werden,            bestehen darinnen: <note place="foot">vid. scriptum cui Tit. Le Cavallier de Savoye.              Thuan. L. 125. hist. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 17. n. 13.</note></p>
        <p><note place="left">Savoysche Gründe.</note> I. Daß Graf Amadaeus zu Savoyen anno 1356 von            Käyser Carolo IV zum perpetuirlichen Reichs-Vicario constituiret, und ihme dadurch die            hohen Gerechtigkeiten über die Stadt so wohl, als den Bischoff, concediret worden, mit der            Verordnung, daß die Genever an die Grafen zu Savoyen appelliren solten; Welche            Constitution nicht allein Käyser Wenceslaus, sondern auch Maximilianus I Carolus V und            Rudolphus confirmiret hätten, und hätte Carolus V anno 1529 der Stadt und dessen Bischoffe            befohlen, Hertzog Carolo zu Savoyen allen Gehorsam zu erweisen.</p>
        <p>II. Daß Hertzog Amadaeus zu Savoyen die Grafschafft Geneve von den Grafen käufflich an            sich gebracht, und dadurch also auch der Grafen in der Stadt gehabtes Recht            acquiriret.</p>
        <p>III. Daß Bischoff Johannes zu Geneve ebenfalls sein über die Stadt habendes Recht denen            Hertzogen zu Savoyen cediret hätte, und ob diese zwar nachdem mit des Johannis Successore,            Bischoff Petro Balma, deshalb in Streit gerathen, so hätte jedoch Pabst Leo X anno 1515            vor Savoyen gesprochen, seit welcher Zeit auch der Bischoff Petrus Balma und dessen            Successores denen Hertzogen zu Savoyen ohnverweigerlich gehuldiget hätten.</p>
        <p>IV. Daß die Hertzoge zu Savoyen in der Stadt Geneve biß anno 1585 die Hohe Gerechtigkeit            exerciret, indem sie daselbst Gouverneurs, Richter, und andere Bediente bestellet, ein            Schloß darinnen gehabt, und daselbst residiret, Müntze schlagen lassen, Delinquenten            begnadet, u. d. g. actus superioritatis verübet; Nachdem die Stadt aber anno 1585 bey            vorgegangener Reformation ihren Bischoff vertrieben, und ihn zu Annecy seine Residentz            aufzuschlagen gezwungen, so hätten sie sich auch zugleich aller Botmäßigkeit der Käyser            und der Hertzoge zu Savoyen entzogen. Es wenden die Genever aber dagegen ein: <note place="foot">vid. scriptum cui Tit: Le Citadin de Geneve ou Reponse au Cavalier de              Savoy. Thuan. d. l. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 14. n. 14.</note></p>
        <p><note place="right">Der Genever Einwürffe.</note> Ad I. Das Vicariats-Privilegium hätte            Graf Amadaeus zu Savoyen von Käyser Carolo IV. als seinen Verwandten, Sub- &amp;            obreptitie erhalten, und wäre die Stadt darüber nicht vorhero gehöret worden, sobald die            Genever aber den Käyser eine Gegen-Remonstration gethan, und der Käyser auch selbst wohl            gemercket, daß solche Concession dem Reiche höchst schädlich wäre, so hätte er durch ein            ander Rescript solch Vicariat wieder revociret, und denen Bischöffen sowohl, als der Stadt            (die er ein edles Glied des Reichs genennet) die alten hergebrachten Gerechtigkeiten            confirmiret. Und ob zwar Käyser Wenceslaus solche Würde Hertzog Amadaeo VIII anno 1400            wider verliehen hätte, so habe er doch die ausdrückliche Clausul hinzu gethan, daß solches            dem Bischoff, und der Stadt Freyheit, nicht praejudiciren solte. Desglei-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[790/0701] tigkeiten, so bißhero zwischen beyden Häusern darüber entstanden, ein Ende machte. Die Stadt Genff blieb indessen in ziemlichen ruhigen Stande, und ließ sich Savoyen mit denen Gerechtigkeiten, so es in der Stadt besaß, begnügen, so gar daß auch etliche Printzen dieses Hauses ihre Hoff-Stadt daselbst hielten, und die JCtion über ihre Unterthanen von da aus exercirten. Nachdem aber auch Bischoff Johannes all sein Recht in weltlichen Dingen an Hertzog Carl den III. cedirte, so unternahm sich dieser auffs neue anno 1578 die Stadt seiner Bothmäßigkeit zu unterwerffen, und schiene es, daß sein Vorhaben Ihme gelingen würde, weil die Bürgerschafft in schädliche Factiones getheilet war; der gröste Theil hielte es mit Savoyen, und wurden von den andern dahero Mammelucken genennet, die andern aber hingen sich an die Schweitzer, und machten mit denselben, sonderlich mit den beyden Cantons Bern und Zürch, Alliantz, dahero sie von denen widrig Gesinneten den Nahmen les Eignots oder Eydgenossen bekamen; doch behielten die letztern, nach vielfältigen Unruhen, endlich die Oberhand, und trieben die Mammelucken anno 1526 zur Stadt hinaus; Und weil darauff bald die Reformation in der Religion erfolget, und auch der Bischoff fortgeschaffet worden, so hat sich die Stadt nachdem in völlige Freyheit gesetzet. Doch hat sich deshalb Savoyen seines Anspruches an die Stadt nicht begeben, sondern vielmehr alle ersinnliche Mittel angewendet, seine vormahlige Jura und Gerechtigkeiten, entweder in der Güte, oder mit Gewalt, wiederumb an sich zu bringen. Die Gründe aber, so zu Behauptung solches Anspruches von Savoyen angeführet werden, bestehen darinnen: I. Daß Graf Amadaeus zu Savoyen anno 1356 von Käyser Carolo IV zum perpetuirlichen Reichs-Vicario constituiret, und ihme dadurch die hohen Gerechtigkeiten über die Stadt so wohl, als den Bischoff, concediret worden, mit der Verordnung, daß die Genever an die Grafen zu Savoyen appelliren solten; Welche Constitution nicht allein Käyser Wenceslaus, sondern auch Maximilianus I Carolus V und Rudolphus confirmiret hätten, und hätte Carolus V anno 1529 der Stadt und dessen Bischoffe befohlen, Hertzog Carolo zu Savoyen allen Gehorsam zu erweisen. Savoysche Gründe. II. Daß Hertzog Amadaeus zu Savoyen die Grafschafft Geneve von den Grafen käufflich an sich gebracht, und dadurch also auch der Grafen in der Stadt gehabtes Recht acquiriret. III. Daß Bischoff Johannes zu Geneve ebenfalls sein über die Stadt habendes Recht denen Hertzogen zu Savoyen cediret hätte, und ob diese zwar nachdem mit des Johannis Successore, Bischoff Petro Balma, deshalb in Streit gerathen, so hätte jedoch Pabst Leo X anno 1515 vor Savoyen gesprochen, seit welcher Zeit auch der Bischoff Petrus Balma und dessen Successores denen Hertzogen zu Savoyen ohnverweigerlich gehuldiget hätten. IV. Daß die Hertzoge zu Savoyen in der Stadt Geneve biß anno 1585 die Hohe Gerechtigkeit exerciret, indem sie daselbst Gouverneurs, Richter, und andere Bediente bestellet, ein Schloß darinnen gehabt, und daselbst residiret, Müntze schlagen lassen, Delinquenten begnadet, u. d. g. actus superioritatis verübet; Nachdem die Stadt aber anno 1585 bey vorgegangener Reformation ihren Bischoff vertrieben, und ihn zu Annecy seine Residentz aufzuschlagen gezwungen, so hätten sie sich auch zugleich aller Botmäßigkeit der Käyser und der Hertzoge zu Savoyen entzogen. Es wenden die Genever aber dagegen ein: Ad I. Das Vicariats-Privilegium hätte Graf Amadaeus zu Savoyen von Käyser Carolo IV. als seinen Verwandten, Sub- & obreptitie erhalten, und wäre die Stadt darüber nicht vorhero gehöret worden, sobald die Genever aber den Käyser eine Gegen-Remonstration gethan, und der Käyser auch selbst wohl gemercket, daß solche Concession dem Reiche höchst schädlich wäre, so hätte er durch ein ander Rescript solch Vicariat wieder revociret, und denen Bischöffen sowohl, als der Stadt (die er ein edles Glied des Reichs genennet) die alten hergebrachten Gerechtigkeiten confirmiret. Und ob zwar Käyser Wenceslaus solche Würde Hertzog Amadaeo VIII anno 1400 wider verliehen hätte, so habe er doch die ausdrückliche Clausul hinzu gethan, daß solches dem Bischoff, und der Stadt Freyheit, nicht praejudiciren solte. Desglei- Der Genever Einwürffe. vid. de hactenus relatis Jac. Spen. dans sa Histoire de la ville & de l' Etat de Geneve, & scriptum cui Tit. le Citadin de Geneve. ex quibus haec refert Autor der Durchl. Welt. Part. 3. p. 223. seqq. vid. scriptum cui Tit. Le Cavallier de Savoye. Thuan. L. 125. hist. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 17. n. 13. vid. scriptum cui Tit: Le Citadin de Geneve ou Reponse au Cavalier de Savoy. Thuan. d. l. Limnae. L. 5. Jur. publ. c. 14. n. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712/701
Zitationshilfe: Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712/701>, abgerufen am 26.06.2024.