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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Trapezunt.
Turkmenen ihre Producte und Reichthümer aufspeicherten, um
sie durch die genuesischen Handelshäuser nach Westen und Norden
hin befördern zu lassen. An diesem lieblichen Ufer dehnen sich
auch noch die Weingärten und Obsthaine, von denen die älteren
Chronisten schwärmten1, Myrthen und Lorbeer sind geblieben
und im Frühjahre duften die Citronenblüthen und klagen die
Nachtigallen im Rosengebüsch.

Wie zu Constantinopel, so hatte auch in Trapezunt der
Eroberer Mohammed II. ein furchtbares Blutgericht gehalten.
Der letzte Comnene David und seine ganze Familie wurden
nach dem Bosporus geschleppt und dort in den Kerkern hinge-
richtet. Dann ward mit der systematischen Ausrottung des grie-
chischen Elementes begonnen, zuerst in den oberen Sphären,
dann bis in die untersten Schichten hinab, unerbittlich und bar-
barisch, wie dies schon in der Art der Enkel Murad II. und
Bajazid I. lag2. Selbst die einfachen, wenn reichen, Landbesitzer
wurden von Haus und Hof gejagt und irgend ein lohnbedürf-
tiger Osmane, zumal wenn er einen militärischen Grad einnahm,
in dessen Besitz eingesetzt3. Dabei scheint derselbe Barbar,
Mohammed II., der gelegentlich der wildbestialischen Orgien, die
die rohe osmanische Soldateska in der Hagia Sofia zu Constan-
tinopel beging, noch immer Kunstsinn genug an den Tag legte,
daß er den Zerstörer des Bodenmosaiks mit seiner Axt nieder-
hieb, auch in Trapezunt durch den natürlichen Zauber des Land-
schaftsbildes gefangen genommen worden zu sein. Wenigstens
heißt es, daß er den ganzen Winter, der auf die Eroberung und
Einverleibung von Stadt und Land ins osmanische Gesammtreich
folgte, in der pontischen Küstenstadt verblieb und sie späterhin
dem erstgeborenen Prinzen als Regierungssitz anwies, eine Ein-
richtung, die auch später geraume Zeit in Uebung verblieb.
Wichtiger ist, daß die nachmaligen Sultane von Trapezunt aus
ihre Eroberungen über die kaukasischen Länder ausdehnten und

1 Ewlia Effendi, bei v. Hammer-Purgstall; Hadschi Chalfa in Nor-
bergs "Dschihan Numa", etc.
2 Vgl. Ueber die Christenschlächtereien Murad II. zu Saloniki, bei
Zinkeisen, "Gesch. d. osmanischen Reiches in Europa", I.
3 Hammer-Purgstall, a. a. O., II.

Trapezunt.
Turkmenen ihre Producte und Reichthümer aufſpeicherten, um
ſie durch die genueſiſchen Handelshäuſer nach Weſten und Norden
hin befördern zu laſſen. An dieſem lieblichen Ufer dehnen ſich
auch noch die Weingärten und Obſthaine, von denen die älteren
Chroniſten ſchwärmten1, Myrthen und Lorbeer ſind geblieben
und im Frühjahre duften die Citronenblüthen und klagen die
Nachtigallen im Roſengebüſch.

Wie zu Conſtantinopel, ſo hatte auch in Trapezunt der
Eroberer Mohammed II. ein furchtbares Blutgericht gehalten.
Der letzte Comnene David und ſeine ganze Familie wurden
nach dem Bosporus geſchleppt und dort in den Kerkern hinge-
richtet. Dann ward mit der ſyſtematiſchen Ausrottung des grie-
chiſchen Elementes begonnen, zuerſt in den oberen Sphären,
dann bis in die unterſten Schichten hinab, unerbittlich und bar-
bariſch, wie dies ſchon in der Art der Enkel Murad II. und
Bajazid I. lag2. Selbſt die einfachen, wenn reichen, Landbeſitzer
wurden von Haus und Hof gejagt und irgend ein lohnbedürf-
tiger Osmane, zumal wenn er einen militäriſchen Grad einnahm,
in deſſen Beſitz eingeſetzt3. Dabei ſcheint derſelbe Barbar,
Mohammed II., der gelegentlich der wildbeſtialiſchen Orgien, die
die rohe osmaniſche Soldateska in der Hagia Sofia zu Conſtan-
tinopel beging, noch immer Kunſtſinn genug an den Tag legte,
daß er den Zerſtörer des Bodenmoſaiks mit ſeiner Axt nieder-
hieb, auch in Trapezunt durch den natürlichen Zauber des Land-
ſchaftsbildes gefangen genommen worden zu ſein. Wenigſtens
heißt es, daß er den ganzen Winter, der auf die Eroberung und
Einverleibung von Stadt und Land ins osmaniſche Geſammtreich
folgte, in der pontiſchen Küſtenſtadt verblieb und ſie ſpäterhin
dem erſtgeborenen Prinzen als Regierungsſitz anwies, eine Ein-
richtung, die auch ſpäter geraume Zeit in Uebung verblieb.
Wichtiger iſt, daß die nachmaligen Sultane von Trapezunt aus
ihre Eroberungen über die kaukaſiſchen Länder ausdehnten und

1 Ewlia Effendi, bei v. Hammer-Purgſtall; Hadſchi Chalfa in Nor-
bergs „Dſchihan Numa“, ꝛc.
2 Vgl. Ueber die Chriſtenſchlächtereien Murad II. zu Saloniki, bei
Zinkeiſen, „Geſch. d. osmaniſchen Reiches in Europa“, I.
3 Hammer-Purgſtall, a. a. O., II.
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[73/0105] Trapezunt. Turkmenen ihre Producte und Reichthümer aufſpeicherten, um ſie durch die genueſiſchen Handelshäuſer nach Weſten und Norden hin befördern zu laſſen. An dieſem lieblichen Ufer dehnen ſich auch noch die Weingärten und Obſthaine, von denen die älteren Chroniſten ſchwärmten 1, Myrthen und Lorbeer ſind geblieben und im Frühjahre duften die Citronenblüthen und klagen die Nachtigallen im Roſengebüſch. Wie zu Conſtantinopel, ſo hatte auch in Trapezunt der Eroberer Mohammed II. ein furchtbares Blutgericht gehalten. Der letzte Comnene David und ſeine ganze Familie wurden nach dem Bosporus geſchleppt und dort in den Kerkern hinge- richtet. Dann ward mit der ſyſtematiſchen Ausrottung des grie- chiſchen Elementes begonnen, zuerſt in den oberen Sphären, dann bis in die unterſten Schichten hinab, unerbittlich und bar- bariſch, wie dies ſchon in der Art der Enkel Murad II. und Bajazid I. lag 2. Selbſt die einfachen, wenn reichen, Landbeſitzer wurden von Haus und Hof gejagt und irgend ein lohnbedürf- tiger Osmane, zumal wenn er einen militäriſchen Grad einnahm, in deſſen Beſitz eingeſetzt 3. Dabei ſcheint derſelbe Barbar, Mohammed II., der gelegentlich der wildbeſtialiſchen Orgien, die die rohe osmaniſche Soldateska in der Hagia Sofia zu Conſtan- tinopel beging, noch immer Kunſtſinn genug an den Tag legte, daß er den Zerſtörer des Bodenmoſaiks mit ſeiner Axt nieder- hieb, auch in Trapezunt durch den natürlichen Zauber des Land- ſchaftsbildes gefangen genommen worden zu ſein. Wenigſtens heißt es, daß er den ganzen Winter, der auf die Eroberung und Einverleibung von Stadt und Land ins osmaniſche Geſammtreich folgte, in der pontiſchen Küſtenſtadt verblieb und ſie ſpäterhin dem erſtgeborenen Prinzen als Regierungsſitz anwies, eine Ein- richtung, die auch ſpäter geraume Zeit in Uebung verblieb. Wichtiger iſt, daß die nachmaligen Sultane von Trapezunt aus ihre Eroberungen über die kaukaſiſchen Länder ausdehnten und 1 Ewlia Effendi, bei v. Hammer-Purgſtall; Hadſchi Chalfa in Nor- bergs „Dſchihan Numa“, ꝛc. 2 Vgl. Ueber die Chriſtenſchlächtereien Murad II. zu Saloniki, bei Zinkeiſen, „Geſch. d. osmaniſchen Reiches in Europa“, I. 3 Hammer-Purgſtall, a. a. O., II.

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/105>, abgerufen am 21.11.2024.