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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Die ost-pontischen Küstengaue.
Dampfschifffahrt hat in den Zuständen derselben nichts geändert.
Es würde in der That auch schwer fallen, an den stürmischen
Klippen-Ufern des Gestadelandes auch nur die allerbescheidensten
localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus-
findig zu machen; die mächtigen Gebirgscoulissen, welche sich süd-
wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsstirnen
mitunter steil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Gestade
ab und nur die Mündungsstellen der zahlreichen aber torrenten-
artigen Küstenflüßchen lassen in der natürlichen steinernen Schranke
Einfallsthore offen. Daß diesen nicht die Bedingung innewohnen
kann, den Verkehr zwischen dem Landes-Innern und der Außen-
welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erscheint
mehr als klar.

Von dem gesammten Küstengebiete zwischen dem Dendermen-
Su bei Trapezunt und Tschoruk-Tschai dürfte nur ein Bruch-
theil, der nicht ganz die Hälfte repräsentirt, zum eigentlichen
Lazistan zu schlagen sein, bewohnt von jenem oben genannten
wilden, räuberischen, der Blutrache wie der Fehde gleich leiden-
schaftlich ergebenen Volke der Lazen. Ihre Gaue liegen ganz
im Osten des Küstengebirges, wo es seinen eigentlichen alpinen
Charakter annimmt und zwischen gewaltigen Bergwipfeln, die die
Schneegrenze erreichen, wunderbar üppige Waldlandschaften und
unnahbare Hochtriften entfaltet. Dort liegen die Gehöfte der
Bergbewohner, starke Riegelbauten mit Spitzdächern, hin und
wieder die Schindel-Eindachung auch mit schweren Steinen be-
schwert, ganz wie im Berner Oberland, oder in anderen Alpen-
strichen des Westens. Bevor wir in diese selten betretenen Ge-
birgsgaue eintreten, bedarf es wohl der topographischen Ver-
mittlung von Westen her, wo das Küstengebiet mälig in jenes
Gestadeland übergeht, und das im Laufe der Jahrhunderte un-
gleich mehr mit der Außenwelt in Verbindung gestanden hat. Es
ist der Strich von Trapezunt über Tripoli, Kherasunt und Sam-
sun nach Sinope. Die griechische Herrschaft der Comnenen ist,
wie wir gesehen haben, keineswegs ohne Einfluß auf die nach-
barlichen Gaue Lazistans geblieben, und noch heute reicht das
griechische Bevölkerungselement weit gegen Osten hin. Diese
Griechen haben seinerzeit den osmanischen Eroberern zähesten
Widerstand geleistet, aber auf die Dauer gelang es den fremden

Die oſt-pontiſchen Küſtengaue.
Dampfſchifffahrt hat in den Zuſtänden derſelben nichts geändert.
Es würde in der That auch ſchwer fallen, an den ſtürmiſchen
Klippen-Ufern des Geſtadelandes auch nur die allerbeſcheidenſten
localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus-
findig zu machen; die mächtigen Gebirgscouliſſen, welche ſich ſüd-
wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsſtirnen
mitunter ſteil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Geſtade
ab und nur die Mündungsſtellen der zahlreichen aber torrenten-
artigen Küſtenflüßchen laſſen in der natürlichen ſteinernen Schranke
Einfallsthore offen. Daß dieſen nicht die Bedingung innewohnen
kann, den Verkehr zwiſchen dem Landes-Innern und der Außen-
welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erſcheint
mehr als klar.

Von dem geſammten Küſtengebiete zwiſchen dem Dendermen-
Su bei Trapezunt und Tſchoruk-Tſchai dürfte nur ein Bruch-
theil, der nicht ganz die Hälfte repräſentirt, zum eigentlichen
Laziſtan zu ſchlagen ſein, bewohnt von jenem oben genannten
wilden, räuberiſchen, der Blutrache wie der Fehde gleich leiden-
ſchaftlich ergebenen Volke der Lazen. Ihre Gaue liegen ganz
im Oſten des Küſtengebirges, wo es ſeinen eigentlichen alpinen
Charakter annimmt und zwiſchen gewaltigen Bergwipfeln, die die
Schneegrenze erreichen, wunderbar üppige Waldlandſchaften und
unnahbare Hochtriften entfaltet. Dort liegen die Gehöfte der
Bergbewohner, ſtarke Riegelbauten mit Spitzdächern, hin und
wieder die Schindel-Eindachung auch mit ſchweren Steinen be-
ſchwert, ganz wie im Berner Oberland, oder in anderen Alpen-
ſtrichen des Weſtens. Bevor wir in dieſe ſelten betretenen Ge-
birgsgaue eintreten, bedarf es wohl der topographiſchen Ver-
mittlung von Weſten her, wo das Küſtengebiet mälig in jenes
Geſtadeland übergeht, und das im Laufe der Jahrhunderte un-
gleich mehr mit der Außenwelt in Verbindung geſtanden hat. Es
iſt der Strich von Trapezunt über Tripoli, Kheraſunt und Sam-
ſun nach Sinope. Die griechiſche Herrſchaft der Comnenen iſt,
wie wir geſehen haben, keineswegs ohne Einfluß auf die nach-
barlichen Gaue Laziſtans geblieben, und noch heute reicht das
griechiſche Bevölkerungselement weit gegen Oſten hin. Dieſe
Griechen haben ſeinerzeit den osmaniſchen Eroberern zäheſten
Widerſtand geleiſtet, aber auf die Dauer gelang es den fremden

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[85/0117] Die oſt-pontiſchen Küſtengaue. Dampfſchifffahrt hat in den Zuſtänden derſelben nichts geändert. Es würde in der That auch ſchwer fallen, an den ſtürmiſchen Klippen-Ufern des Geſtadelandes auch nur die allerbeſcheidenſten localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus- findig zu machen; die mächtigen Gebirgscouliſſen, welche ſich ſüd- wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsſtirnen mitunter ſteil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Geſtade ab und nur die Mündungsſtellen der zahlreichen aber torrenten- artigen Küſtenflüßchen laſſen in der natürlichen ſteinernen Schranke Einfallsthore offen. Daß dieſen nicht die Bedingung innewohnen kann, den Verkehr zwiſchen dem Landes-Innern und der Außen- welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erſcheint mehr als klar. Von dem geſammten Küſtengebiete zwiſchen dem Dendermen- Su bei Trapezunt und Tſchoruk-Tſchai dürfte nur ein Bruch- theil, der nicht ganz die Hälfte repräſentirt, zum eigentlichen Laziſtan zu ſchlagen ſein, bewohnt von jenem oben genannten wilden, räuberiſchen, der Blutrache wie der Fehde gleich leiden- ſchaftlich ergebenen Volke der Lazen. Ihre Gaue liegen ganz im Oſten des Küſtengebirges, wo es ſeinen eigentlichen alpinen Charakter annimmt und zwiſchen gewaltigen Bergwipfeln, die die Schneegrenze erreichen, wunderbar üppige Waldlandſchaften und unnahbare Hochtriften entfaltet. Dort liegen die Gehöfte der Bergbewohner, ſtarke Riegelbauten mit Spitzdächern, hin und wieder die Schindel-Eindachung auch mit ſchweren Steinen be- ſchwert, ganz wie im Berner Oberland, oder in anderen Alpen- ſtrichen des Weſtens. Bevor wir in dieſe ſelten betretenen Ge- birgsgaue eintreten, bedarf es wohl der topographiſchen Ver- mittlung von Weſten her, wo das Küſtengebiet mälig in jenes Geſtadeland übergeht, und das im Laufe der Jahrhunderte un- gleich mehr mit der Außenwelt in Verbindung geſtanden hat. Es iſt der Strich von Trapezunt über Tripoli, Kheraſunt und Sam- ſun nach Sinope. Die griechiſche Herrſchaft der Comnenen iſt, wie wir geſehen haben, keineswegs ohne Einfluß auf die nach- barlichen Gaue Laziſtans geblieben, und noch heute reicht das griechiſche Bevölkerungselement weit gegen Oſten hin. Dieſe Griechen haben ſeinerzeit den osmaniſchen Eroberern zäheſten Widerſtand geleiſtet, aber auf die Dauer gelang es den fremden

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/117>, abgerufen am 21.11.2024.