Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Die ost-pontischen Küstengaue. Dampfschifffahrt hat in den Zuständen derselben nichts geändert.Es würde in der That auch schwer fallen, an den stürmischen Klippen-Ufern des Gestadelandes auch nur die allerbescheidensten localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus- findig zu machen; die mächtigen Gebirgscoulissen, welche sich süd- wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsstirnen mitunter steil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Gestade ab und nur die Mündungsstellen der zahlreichen aber torrenten- artigen Küstenflüßchen lassen in der natürlichen steinernen Schranke Einfallsthore offen. Daß diesen nicht die Bedingung innewohnen kann, den Verkehr zwischen dem Landes-Innern und der Außen- welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erscheint mehr als klar. Von dem gesammten Küstengebiete zwischen dem Dendermen- Die oſt-pontiſchen Küſtengaue. Dampfſchifffahrt hat in den Zuſtänden derſelben nichts geändert.Es würde in der That auch ſchwer fallen, an den ſtürmiſchen Klippen-Ufern des Geſtadelandes auch nur die allerbeſcheidenſten localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus- findig zu machen; die mächtigen Gebirgscouliſſen, welche ſich ſüd- wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsſtirnen mitunter ſteil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Geſtade ab und nur die Mündungsſtellen der zahlreichen aber torrenten- artigen Küſtenflüßchen laſſen in der natürlichen ſteinernen Schranke Einfallsthore offen. Daß dieſen nicht die Bedingung innewohnen kann, den Verkehr zwiſchen dem Landes-Innern und der Außen- welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erſcheint mehr als klar. Von dem geſammten Küſtengebiete zwiſchen dem Dendermen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0117" n="85"/><fw place="top" type="header">Die oſt-pontiſchen Küſtengaue.</fw><lb/> Dampfſchifffahrt hat in den Zuſtänden derſelben nichts geändert.<lb/> Es würde in der That auch ſchwer fallen, an den ſtürmiſchen<lb/> Klippen-Ufern des Geſtadelandes auch nur die allerbeſcheidenſten<lb/> localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus-<lb/> findig zu machen; die mächtigen Gebirgscouliſſen, welche ſich ſüd-<lb/> wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsſtirnen<lb/> mitunter ſteil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Geſtade<lb/> ab und nur die Mündungsſtellen der zahlreichen aber torrenten-<lb/> artigen Küſtenflüßchen laſſen in der natürlichen ſteinernen Schranke<lb/> Einfallsthore offen. Daß dieſen nicht die Bedingung innewohnen<lb/> kann, den Verkehr zwiſchen dem Landes-Innern und der Außen-<lb/> welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erſcheint<lb/> mehr als klar.</p><lb/> <p>Von dem geſammten Küſtengebiete zwiſchen dem Dendermen-<lb/> Su bei Trapezunt und Tſchoruk-Tſchai dürfte nur ein Bruch-<lb/> theil, der nicht ganz die Hälfte repräſentirt, zum eigentlichen<lb/> Laziſtan zu ſchlagen ſein, bewohnt von jenem oben genannten<lb/> wilden, räuberiſchen, der Blutrache wie der Fehde gleich leiden-<lb/> ſchaftlich ergebenen Volke der Lazen. Ihre Gaue liegen ganz<lb/> im Oſten des Küſtengebirges, wo es ſeinen eigentlichen alpinen<lb/> Charakter annimmt und zwiſchen gewaltigen Bergwipfeln, die die<lb/> Schneegrenze erreichen, wunderbar üppige Waldlandſchaften und<lb/> unnahbare Hochtriften entfaltet. Dort liegen die Gehöfte der<lb/> Bergbewohner, ſtarke Riegelbauten mit Spitzdächern, hin und<lb/> wieder die Schindel-Eindachung auch mit ſchweren Steinen be-<lb/> ſchwert, ganz wie im Berner Oberland, oder in anderen Alpen-<lb/> ſtrichen des Weſtens. Bevor wir in dieſe ſelten betretenen Ge-<lb/> birgsgaue eintreten, bedarf es wohl der topographiſchen Ver-<lb/> mittlung von Weſten her, wo das Küſtengebiet mälig in jenes<lb/> Geſtadeland übergeht, und das im Laufe der Jahrhunderte un-<lb/> gleich mehr mit der Außenwelt in Verbindung geſtanden hat. Es<lb/> iſt der Strich von Trapezunt über Tripoli, Kheraſunt und Sam-<lb/> ſun nach Sinope. Die griechiſche Herrſchaft der Comnenen iſt,<lb/> wie wir geſehen haben, keineswegs ohne Einfluß auf die nach-<lb/> barlichen Gaue Laziſtans geblieben, und noch heute reicht das<lb/> griechiſche Bevölkerungselement weit gegen Oſten hin. Dieſe<lb/> Griechen haben ſeinerzeit den osmaniſchen Eroberern zäheſten<lb/> Widerſtand geleiſtet, aber auf die Dauer gelang es den fremden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [85/0117]
Die oſt-pontiſchen Küſtengaue.
Dampfſchifffahrt hat in den Zuſtänden derſelben nichts geändert.
Es würde in der That auch ſchwer fallen, an den ſtürmiſchen
Klippen-Ufern des Geſtadelandes auch nur die allerbeſcheidenſten
localen Bedingungen zu einem Contacte mit der Außenwelt aus-
findig zu machen; die mächtigen Gebirgscouliſſen, welche ſich ſüd-
wärts immer großartiger entwickeln, fallen mit ihren Felsſtirnen
mitunter ſteil, von der See ganz und gar unnahbar, zum Geſtade
ab und nur die Mündungsſtellen der zahlreichen aber torrenten-
artigen Küſtenflüßchen laſſen in der natürlichen ſteinernen Schranke
Einfallsthore offen. Daß dieſen nicht die Bedingung innewohnen
kann, den Verkehr zwiſchen dem Landes-Innern und der Außen-
welt durch eventuelle Schifffahrtslinien zu vermitteln, erſcheint
mehr als klar.
Von dem geſammten Küſtengebiete zwiſchen dem Dendermen-
Su bei Trapezunt und Tſchoruk-Tſchai dürfte nur ein Bruch-
theil, der nicht ganz die Hälfte repräſentirt, zum eigentlichen
Laziſtan zu ſchlagen ſein, bewohnt von jenem oben genannten
wilden, räuberiſchen, der Blutrache wie der Fehde gleich leiden-
ſchaftlich ergebenen Volke der Lazen. Ihre Gaue liegen ganz
im Oſten des Küſtengebirges, wo es ſeinen eigentlichen alpinen
Charakter annimmt und zwiſchen gewaltigen Bergwipfeln, die die
Schneegrenze erreichen, wunderbar üppige Waldlandſchaften und
unnahbare Hochtriften entfaltet. Dort liegen die Gehöfte der
Bergbewohner, ſtarke Riegelbauten mit Spitzdächern, hin und
wieder die Schindel-Eindachung auch mit ſchweren Steinen be-
ſchwert, ganz wie im Berner Oberland, oder in anderen Alpen-
ſtrichen des Weſtens. Bevor wir in dieſe ſelten betretenen Ge-
birgsgaue eintreten, bedarf es wohl der topographiſchen Ver-
mittlung von Weſten her, wo das Küſtengebiet mälig in jenes
Geſtadeland übergeht, und das im Laufe der Jahrhunderte un-
gleich mehr mit der Außenwelt in Verbindung geſtanden hat. Es
iſt der Strich von Trapezunt über Tripoli, Kheraſunt und Sam-
ſun nach Sinope. Die griechiſche Herrſchaft der Comnenen iſt,
wie wir geſehen haben, keineswegs ohne Einfluß auf die nach-
barlichen Gaue Laziſtans geblieben, und noch heute reicht das
griechiſche Bevölkerungselement weit gegen Oſten hin. Dieſe
Griechen haben ſeinerzeit den osmaniſchen Eroberern zäheſten
Widerſtand geleiſtet, aber auf die Dauer gelang es den fremden
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