Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Ueberblick auf Gesammt-Armenien. formen der Bodenplastik auf der größeren Westhälfte des asiati-schen Continents eine mehrfache Wiederholung finden. Es sind in ihrer Continuität von stets kleiner werdender räumlicher Ausdehnung die großen Erhebungsmassen von Central-Asien, Ost-Iran und Armenien, an welche weitläufige Plateauländer anschließen, im Osten die turkestanischen, in der Mitte das ira- nische Hochland im engeren Sinne, oder Persien, im Westen endlich Klein-Asien. Wie die betreffenden Gebirgsmassen, so sind auch die dazu gehörigen Tafelländer von constant abnehmender räum- licher Ausdehnung. Während nämlich Central-Asien, ohne die geographische Abgrenzung hiebei näher zu bezeichnen, nahezu einen Flächenraum von Hunderttausend Quadratmeilen einnimmt, schrumpft das iranische Hochland bereits auf die Hälfte dieses Raumes zusammen und repräsentirt das, von maritimen Rand- gebirgen gestützte anatolische Plateauland nur mehr einen Bruchtheil desselben. In Central-Asien die höchsten Culmina- tionspunkte der Welt, in Iran noch immer die bis 18,000 Fuß und darüber culminirenden Punkte des Hindu-Kuh 1 und Su- leiman-Kuh; im Westen endlich die armenischen Hochberge mit ihren imposantesten Repräsentanten, dem Ararat und den übrigen großen Kegeln längst erloschener Vulkane. Diese unverkennbaren äußeren Merkmale der geographischen Zusammengehörigkeit eines großen Theiles von Asien finden aber einige Modificationen, wenn man den Blick von seiner localen Bedeutung abwendet und andere Momente in Betracht zieht. Der Grundsatz, daß große Ströme die wahren Culturvermittler seien, während Gebirge, je 1 Lange ehe Alexander d. Gr. seine Heere hier hinüberführte, waren
Völker aus dem rauhen Norden über den Paropamisus (Hindu-Kuh) ge- stiegen, um sich verheerend über die Fluren Indiens zu wälzen, für eine Zeit zu den Trägern der Cultur emporzuschwingen und später von anderen nachdrängenden Völkern erdrückt zu werden. Durch Jahrhunderte ver- mittelten die Straßenzüge über den Hindu-Kuh fast ausschließlich den ost-westlichen Handelsverkehr zwischen den Völkern am Ganges und Indus und jenen am Eufrat und Tigris, und selbst in der neuesten Geschichte sind die Bamian- und Cheuber-Pässe zwischen Balch, Khabul und Peschawer vielgenannte Schauplätze der kriegerischen Ereignisse zwischen den Englän- dern und den wilden, tapferen Bergvölkern Afghanistans. (v. Hochstetter, "Asien etc.", 9 u. ff. Ueberblick auf Geſammt-Armenien. formen der Bodenplaſtik auf der größeren Weſthälfte des aſiati-ſchen Continents eine mehrfache Wiederholung finden. Es ſind in ihrer Continuität von ſtets kleiner werdender räumlicher Ausdehnung die großen Erhebungsmaſſen von Central-Aſien, Oſt-Iran und Armenien, an welche weitläufige Plateauländer anſchließen, im Oſten die turkeſtaniſchen, in der Mitte das ira- niſche Hochland im engeren Sinne, oder Perſien, im Weſten endlich Klein-Aſien. Wie die betreffenden Gebirgsmaſſen, ſo ſind auch die dazu gehörigen Tafelländer von conſtant abnehmender räum- licher Ausdehnung. Während nämlich Central-Aſien, ohne die geographiſche Abgrenzung hiebei näher zu bezeichnen, nahezu einen Flächenraum von Hunderttauſend Quadratmeilen einnimmt, ſchrumpft das iraniſche Hochland bereits auf die Hälfte dieſes Raumes zuſammen und repräſentirt das, von maritimen Rand- gebirgen geſtützte anatoliſche Plateauland nur mehr einen Bruchtheil deſſelben. In Central-Aſien die höchſten Culmina- tionspunkte der Welt, in Iran noch immer die bis 18,000 Fuß und darüber culminirenden Punkte des Hindu-Kuh 1 und Su- leiman-Kuh; im Weſten endlich die armeniſchen Hochberge mit ihren impoſanteſten Repräſentanten, dem Ararat und den übrigen großen Kegeln längſt erloſchener Vulkane. Dieſe unverkennbaren äußeren Merkmale der geographiſchen Zuſammengehörigkeit eines großen Theiles von Aſien finden aber einige Modificationen, wenn man den Blick von ſeiner localen Bedeutung abwendet und andere Momente in Betracht zieht. Der Grundſatz, daß große Ströme die wahren Culturvermittler ſeien, während Gebirge, je 1 Lange ehe Alexander d. Gr. ſeine Heere hier hinüberführte, waren
Völker aus dem rauhen Norden über den Paropamiſus (Hindu-Kuh) ge- ſtiegen, um ſich verheerend über die Fluren Indiens zu wälzen, für eine Zeit zu den Trägern der Cultur emporzuſchwingen und ſpäter von anderen nachdrängenden Völkern erdrückt zu werden. Durch Jahrhunderte ver- mittelten die Straßenzüge über den Hindu-Kuh faſt ausſchließlich den oſt-weſtlichen Handelsverkehr zwiſchen den Völkern am Ganges und Indus und jenen am Eufrat und Tigris, und ſelbſt in der neueſten Geſchichte ſind die Bamian- und Cheuber-Päſſe zwiſchen Balch, Khabul und Peſchawer vielgenannte Schauplätze der kriegeriſchen Ereigniſſe zwiſchen den Englän- dern und den wilden, tapferen Bergvölkern Afghaniſtans. (v. Hochſtetter, „Aſien ꝛc.“, 9 u. ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0162" n="130"/><fw place="top" type="header">Ueberblick auf Geſammt-Armenien.</fw><lb/> formen der Bodenplaſtik auf der größeren Weſthälfte des aſiati-<lb/> ſchen Continents eine mehrfache Wiederholung finden. Es ſind<lb/> in ihrer Continuität von ſtets kleiner werdender räumlicher<lb/> Ausdehnung die großen Erhebungsmaſſen von Central-Aſien,<lb/> Oſt-Iran und Armenien, an welche weitläufige Plateauländer<lb/> anſchließen, im Oſten die turkeſtaniſchen, in der Mitte das ira-<lb/> niſche Hochland im engeren Sinne, oder Perſien, im Weſten endlich<lb/> Klein-Aſien. Wie die betreffenden Gebirgsmaſſen, ſo ſind auch<lb/> die dazu gehörigen Tafelländer von conſtant abnehmender räum-<lb/> licher Ausdehnung. Während nämlich Central-Aſien, ohne die<lb/> geographiſche Abgrenzung hiebei näher zu bezeichnen, nahezu<lb/> einen Flächenraum von Hunderttauſend Quadratmeilen einnimmt,<lb/> ſchrumpft das iraniſche Hochland bereits auf die Hälfte dieſes<lb/> Raumes zuſammen und repräſentirt das, von maritimen Rand-<lb/> gebirgen geſtützte anatoliſche Plateauland nur mehr einen<lb/> Bruchtheil deſſelben. In Central-Aſien die höchſten Culmina-<lb/> tionspunkte der Welt, in Iran noch immer die bis 18,000 Fuß<lb/> und darüber culminirenden Punkte des Hindu-Kuh <note place="foot" n="1">Lange ehe Alexander d. Gr. ſeine Heere hier hinüberführte, waren<lb/> Völker aus dem rauhen Norden über den Paropamiſus (Hindu-Kuh) ge-<lb/> ſtiegen, um ſich verheerend über die Fluren Indiens zu wälzen, für eine<lb/> Zeit zu den Trägern der Cultur emporzuſchwingen und ſpäter von anderen<lb/> nachdrängenden Völkern erdrückt zu werden. Durch Jahrhunderte ver-<lb/> mittelten die Straßenzüge über den Hindu-Kuh faſt ausſchließlich den<lb/> oſt-weſtlichen Handelsverkehr zwiſchen den Völkern am Ganges und Indus<lb/> und jenen am Eufrat und Tigris, und ſelbſt in der neueſten Geſchichte<lb/> ſind die Bamian- und Cheuber-Päſſe zwiſchen Balch, Khabul und Peſchawer<lb/> vielgenannte Schauplätze der kriegeriſchen Ereigniſſe zwiſchen den Englän-<lb/> dern und den wilden, tapferen Bergvölkern Afghaniſtans. (v. Hochſtetter,<lb/> „Aſien ꝛc.“, 9 u. ff.</note> und Su-<lb/> leiman-Kuh; im Weſten endlich die armeniſchen Hochberge mit<lb/> ihren impoſanteſten Repräſentanten, dem Ararat und den übrigen<lb/> großen Kegeln längſt erloſchener Vulkane. Dieſe unverkennbaren<lb/> äußeren Merkmale der geographiſchen Zuſammengehörigkeit eines<lb/> großen Theiles von Aſien finden aber einige Modificationen,<lb/> wenn man den Blick von ſeiner localen Bedeutung abwendet und<lb/> andere Momente in Betracht zieht. Der Grundſatz, daß große<lb/> Ströme die wahren Culturvermittler ſeien, während Gebirge, je<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0162]
Ueberblick auf Geſammt-Armenien.
formen der Bodenplaſtik auf der größeren Weſthälfte des aſiati-
ſchen Continents eine mehrfache Wiederholung finden. Es ſind
in ihrer Continuität von ſtets kleiner werdender räumlicher
Ausdehnung die großen Erhebungsmaſſen von Central-Aſien,
Oſt-Iran und Armenien, an welche weitläufige Plateauländer
anſchließen, im Oſten die turkeſtaniſchen, in der Mitte das ira-
niſche Hochland im engeren Sinne, oder Perſien, im Weſten endlich
Klein-Aſien. Wie die betreffenden Gebirgsmaſſen, ſo ſind auch
die dazu gehörigen Tafelländer von conſtant abnehmender räum-
licher Ausdehnung. Während nämlich Central-Aſien, ohne die
geographiſche Abgrenzung hiebei näher zu bezeichnen, nahezu
einen Flächenraum von Hunderttauſend Quadratmeilen einnimmt,
ſchrumpft das iraniſche Hochland bereits auf die Hälfte dieſes
Raumes zuſammen und repräſentirt das, von maritimen Rand-
gebirgen geſtützte anatoliſche Plateauland nur mehr einen
Bruchtheil deſſelben. In Central-Aſien die höchſten Culmina-
tionspunkte der Welt, in Iran noch immer die bis 18,000 Fuß
und darüber culminirenden Punkte des Hindu-Kuh 1 und Su-
leiman-Kuh; im Weſten endlich die armeniſchen Hochberge mit
ihren impoſanteſten Repräſentanten, dem Ararat und den übrigen
großen Kegeln längſt erloſchener Vulkane. Dieſe unverkennbaren
äußeren Merkmale der geographiſchen Zuſammengehörigkeit eines
großen Theiles von Aſien finden aber einige Modificationen,
wenn man den Blick von ſeiner localen Bedeutung abwendet und
andere Momente in Betracht zieht. Der Grundſatz, daß große
Ströme die wahren Culturvermittler ſeien, während Gebirge, je
1 Lange ehe Alexander d. Gr. ſeine Heere hier hinüberführte, waren
Völker aus dem rauhen Norden über den Paropamiſus (Hindu-Kuh) ge-
ſtiegen, um ſich verheerend über die Fluren Indiens zu wälzen, für eine
Zeit zu den Trägern der Cultur emporzuſchwingen und ſpäter von anderen
nachdrängenden Völkern erdrückt zu werden. Durch Jahrhunderte ver-
mittelten die Straßenzüge über den Hindu-Kuh faſt ausſchließlich den
oſt-weſtlichen Handelsverkehr zwiſchen den Völkern am Ganges und Indus
und jenen am Eufrat und Tigris, und ſelbſt in der neueſten Geſchichte
ſind die Bamian- und Cheuber-Päſſe zwiſchen Balch, Khabul und Peſchawer
vielgenannte Schauplätze der kriegeriſchen Ereigniſſe zwiſchen den Englän-
dern und den wilden, tapferen Bergvölkern Afghaniſtans. (v. Hochſtetter,
„Aſien ꝛc.“, 9 u. ff.
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