Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Anhang. Anatolische Fragmente. erloschenen Vulkane Kleinasiens, bedecken. Dieser Bergriese erhebtsich mit seiner Schneehaube als einziger, regelmäßiger Kegel in die klare Bläue des anatolischen Himmels empor. Von Newschehr ists übrigens nur ein Katzensprung zum ermattet zu Boden sank und erst am folgenden Morgen im Stande war,
sich mühsam nach Ewerek zurückzuschleppen, worauf man ihn in sein Haus zu Endirlük begleitete, wo er schon nach 3 Tagen den Folgen der An- strengung erlag ... Am Nord- und Ostfuße des Argäus liegen allent- halben die schönen Häuser und Gärten der armenischen Bewohner aus der Umgebung von Kaisarie. Die Turkmenen sind friedlich; gleichwohl plündern die kriegerischen Afscharen von den östlichen Bergen aus häufig alle Dörfer bis zu den Thoren der Stadt. (Vgl. P. v. Tschichatscheff, "Routen in Klein-Asien", Pet. Ergänzghft. Nr. 20, S. 12 u. 38.) Anhang. Anatoliſche Fragmente. erloſchenen Vulkane Kleinaſiens, bedecken. Dieſer Bergrieſe erhebtſich mit ſeiner Schneehaube als einziger, regelmäßiger Kegel in die klare Bläue des anatoliſchen Himmels empor. Von Newſchehr iſts übrigens nur ein Katzenſprung zum ermattet zu Boden ſank und erſt am folgenden Morgen im Stande war,
ſich mühſam nach Ewerek zurückzuſchleppen, worauf man ihn in ſein Haus zu Endirlük begleitete, wo er ſchon nach 3 Tagen den Folgen der An- ſtrengung erlag … Am Nord- und Oſtfuße des Argäus liegen allent- halben die ſchönen Häuſer und Gärten der armeniſchen Bewohner aus der Umgebung von Kaiſarie. Die Turkmenen ſind friedlich; gleichwohl plündern die kriegeriſchen Afſcharen von den öſtlichen Bergen aus häufig alle Dörfer bis zu den Thoren der Stadt. (Vgl. P. v. Tſchichatſcheff, „Routen in Klein-Aſien“, Pet. Ergänzghft. Nr. 20, S. 12 u. 38.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="186"/><fw place="top" type="header">Anhang. Anatoliſche Fragmente.</fw><lb/> erloſchenen Vulkane Kleinaſiens, bedecken. Dieſer Bergrieſe erhebt<lb/> ſich mit ſeiner Schneehaube als einziger, regelmäßiger Kegel in<lb/> die klare Bläue des anatoliſchen Himmels empor.</p><lb/> <p>Von Newſchehr iſts übrigens nur ein Katzenſprung zum<lb/> hochgehaltenen Wallfahrtsorte Hadſchi-Begtaſch. Keine Cultur,<lb/> kein Leben regt ſich in dieſer traurigen Wüſte. Der wellenförmige<lb/> Weideboden nimmt eine ſcheinbar endloſe Ausdehnung gegen<lb/> Oſten, nur hin und wieder unterbrochen von den ſchwarzen<lb/> Kegelzelten der Kurden, welche in der Nähe des Wallfahrtsortes<lb/> gute Beute wittern. Um ſo großartiger iſt der Rundblick nach<lb/> Süden hin. In ſtiller Majeſtät treten da vorerſt aus der weiten<lb/> Plateau-Landſchaft die Kegelberge Argäus und Haſſan Dagh in<lb/> den Blick, hin und wieder umkränzt von üppigen Gärten; dahinter<lb/> wieder ſtreckenweiſe baumloſe Ebene, die im äußerſten Hintergrunde<lb/> durch den verſchwimmenden Gebirgswall des Taurus und Anti-<lb/> Taurus ihren Abſchluß findet. Ein gut bewaffnetes Auge würde<lb/> auch in gerade ſüdlicher Richtung eine gewaltige Unterbrechung<lb/> der Gebirgsmaſſe, eine großartige Kluft in ihr erblicken. Es<lb/> iſt der einzige wegſamen Paß im ſüdöſtlichen Taurus, die ſoge-<lb/> nannte „eiliciſche Pforte“, ein ſtummer Zeuge der welterſchütterndſten<lb/> Völkerzüge aller Jahrtauſende. Durch ihn zogen bereits die<lb/> Aſſyrier hinauf, als ſie jenſeits am mittelländiſchen Geſtade Thar-<lb/> ſus gegründet hatten; Alexanders Heer ſtieg dort zum Cydnus<lb/> und Iſſus hinab, die Schaaren der Saracenen und Seldſchuken<lb/> in entgegengeſetzter Richtung, nach jenem Gebiete herauf, das<lb/> wir ſoeben durchwandert haben. Auch die Mongolen und Tar-<lb/> taren, ſowie die Kreuzfahrer haben immer nur dieſen Paß benützt.<lb/> Zuletzt war es das Heer Ibrahim Paſchas, das hier ſeinen<lb/> Weg nach Konja und Kjutachia fand. Es iſt derſelbe Weg, den<lb/><note xml:id="seg2pn_22_2" prev="#seg2pn_22_1" place="foot" n="2">ermattet zu Boden ſank und erſt am folgenden Morgen im Stande war,<lb/> ſich mühſam nach Ewerek zurückzuſchleppen, worauf man ihn in ſein Haus<lb/> zu Endirlük begleitete, wo er ſchon nach 3 Tagen den Folgen der An-<lb/> ſtrengung erlag … Am Nord- und Oſtfuße des Argäus liegen allent-<lb/> halben die ſchönen Häuſer und Gärten der armeniſchen Bewohner aus<lb/> der Umgebung von Kaiſarie. Die Turkmenen ſind friedlich; gleichwohl<lb/> plündern die kriegeriſchen Afſcharen von den öſtlichen Bergen aus häufig<lb/> alle Dörfer bis zu den Thoren der Stadt. (Vgl. P. v. Tſchichatſcheff,<lb/> „Routen in Klein-Aſien“, Pet. Ergänzghft. Nr. 20, S. 12 u. 38.)</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0218]
Anhang. Anatoliſche Fragmente.
erloſchenen Vulkane Kleinaſiens, bedecken. Dieſer Bergrieſe erhebt
ſich mit ſeiner Schneehaube als einziger, regelmäßiger Kegel in
die klare Bläue des anatoliſchen Himmels empor.
Von Newſchehr iſts übrigens nur ein Katzenſprung zum
hochgehaltenen Wallfahrtsorte Hadſchi-Begtaſch. Keine Cultur,
kein Leben regt ſich in dieſer traurigen Wüſte. Der wellenförmige
Weideboden nimmt eine ſcheinbar endloſe Ausdehnung gegen
Oſten, nur hin und wieder unterbrochen von den ſchwarzen
Kegelzelten der Kurden, welche in der Nähe des Wallfahrtsortes
gute Beute wittern. Um ſo großartiger iſt der Rundblick nach
Süden hin. In ſtiller Majeſtät treten da vorerſt aus der weiten
Plateau-Landſchaft die Kegelberge Argäus und Haſſan Dagh in
den Blick, hin und wieder umkränzt von üppigen Gärten; dahinter
wieder ſtreckenweiſe baumloſe Ebene, die im äußerſten Hintergrunde
durch den verſchwimmenden Gebirgswall des Taurus und Anti-
Taurus ihren Abſchluß findet. Ein gut bewaffnetes Auge würde
auch in gerade ſüdlicher Richtung eine gewaltige Unterbrechung
der Gebirgsmaſſe, eine großartige Kluft in ihr erblicken. Es
iſt der einzige wegſamen Paß im ſüdöſtlichen Taurus, die ſoge-
nannte „eiliciſche Pforte“, ein ſtummer Zeuge der welterſchütterndſten
Völkerzüge aller Jahrtauſende. Durch ihn zogen bereits die
Aſſyrier hinauf, als ſie jenſeits am mittelländiſchen Geſtade Thar-
ſus gegründet hatten; Alexanders Heer ſtieg dort zum Cydnus
und Iſſus hinab, die Schaaren der Saracenen und Seldſchuken
in entgegengeſetzter Richtung, nach jenem Gebiete herauf, das
wir ſoeben durchwandert haben. Auch die Mongolen und Tar-
taren, ſowie die Kreuzfahrer haben immer nur dieſen Paß benützt.
Zuletzt war es das Heer Ibrahim Paſchas, das hier ſeinen
Weg nach Konja und Kjutachia fand. Es iſt derſelbe Weg, den
2
2 ermattet zu Boden ſank und erſt am folgenden Morgen im Stande war,
ſich mühſam nach Ewerek zurückzuſchleppen, worauf man ihn in ſein Haus
zu Endirlük begleitete, wo er ſchon nach 3 Tagen den Folgen der An-
ſtrengung erlag … Am Nord- und Oſtfuße des Argäus liegen allent-
halben die ſchönen Häuſer und Gärten der armeniſchen Bewohner aus
der Umgebung von Kaiſarie. Die Turkmenen ſind friedlich; gleichwohl
plündern die kriegeriſchen Afſcharen von den öſtlichen Bergen aus häufig
alle Dörfer bis zu den Thoren der Stadt. (Vgl. P. v. Tſchichatſcheff,
„Routen in Klein-Aſien“, Pet. Ergänzghft. Nr. 20, S. 12 u. 38.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |