Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Im Ararat-Gebiet. baum in der ersten Epoche der Menschengeschichte überhaupt.Haik, der Stammvater des ersten armenischen Titanen-Ge- schlechtes, soll nämlich nach der ältesten Tradition ein Enkel Japhets gewesen sein1. Nach diesem Haik benannten die Ar- menier ihr Land, Haiasdan, während sie die Nachkommen des- selben als Haigasan, "Abkömmlinge des Haik", bezeichnen, indeß, selbst im Vulgär-Armenischen das alleinstehende Wort "Haik" noch heute den geographischen Begriff von Armenien deckt. (z. B. in Partsr Haik = Hoch-Armenien, das Land zwischen Ost-Armenien und Erzingian.) Nachdem Haik in die baby- lonische Niederung hinabgestiegen war und daselbst den König Belus erschlagen hatte, zog er mit seinem Geschlechte, dreihundert gigantische Männer, wieder heimwärts und nahm seinen Sitz diesseits des Ararat, im Gau Daron, den die Forschung nach vielen Um- schweifen in dem heutigen Murad-Becken zwischen Chamur und Musch wiedererkannt hat. Thatsächlich gibt es daselbst noch heute einen Ort Haik. Es war Xenophon, der auf seinem glorreichen Rück- zuge durch das Land der Kharduchen zuerst das heutige mittlere Murad-Becken betrat und so zuerst Kunde brachte von dem eigentlichen Stammlande der Armenier, die er aber keineswegs so nennt, ebenso wenig wie vorher Herodot, der nur vom "Volke" aus dem Quelllande des Euphrat und seinen Handelsbeziehungen mit Bagdad berichtet. Wunderbarer Weise ist uns dieser hoch- interessante, classische Boden im Laufe der Jahrtausende voll- kommen verloren gegangen und erst einem Reisenden unseres Jahrhunderts2 war es vorbehalten, die Murad-Quelle und so- mit sein ganzes Quellgebiet förmlich zu entdecken. Seitdem dritten und so nach und nach mit allen Fixsternen des Himmels. Hatte er alle Fixsterne zu solchen Mitregenten gehabt, so trat er sodann die Herrschaft an denjenigen ab, der zuerst sein Mitregent war, wonach sich die Epochen von 1000 zu 1000 Jahren wiederholten, bis zum letzten Fix- sterne: eine überwältigende Vorstellung von unbegreifbaren, unendlichen Zeiträumen. (Vgl. J. Kruger, "Geschichte der Assyrier und Iranier", 65.) 1 In den biblischen Stammtafeln kommt indeß dieser Name nicht vor. Nach dem 1. Buche Mose (10, 2--4) hießen die Enkel Japhets (nach den beiden Söhnen Gomers und Jawans) Askenas, Riphat, Thogarma, Elisa, Tharschisch, Hittim und Dodanim. 2 J. Morier, "Journey through Persia, Armenia etc.", 1808--1809.)
Im Ararat-Gebiet. baum in der erſten Epoche der Menſchengeſchichte überhaupt.Haik, der Stammvater des erſten armeniſchen Titanen-Ge- ſchlechtes, ſoll nämlich nach der älteſten Tradition ein Enkel Japhets geweſen ſein1. Nach dieſem Haik benannten die Ar- menier ihr Land, Haiasdan, während ſie die Nachkommen des- ſelben als Haigasan, „Abkömmlinge des Haik“, bezeichnen, indeß, ſelbſt im Vulgär-Armeniſchen das alleinſtehende Wort „Haik“ noch heute den geographiſchen Begriff von Armenien deckt. (z. B. in Partsr Haik = Hoch-Armenien, das Land zwiſchen Oſt-Armenien und Erzingian.) Nachdem Haik in die baby- loniſche Niederung hinabgeſtiegen war und daſelbſt den König Belus erſchlagen hatte, zog er mit ſeinem Geſchlechte, dreihundert gigantiſche Männer, wieder heimwärts und nahm ſeinen Sitz dieſſeits des Ararat, im Gau Daron, den die Forſchung nach vielen Um- ſchweifen in dem heutigen Murad-Becken zwiſchen Chamur und Muſch wiedererkannt hat. Thatſächlich gibt es daſelbſt noch heute einen Ort Haik. Es war Xenophon, der auf ſeinem glorreichen Rück- zuge durch das Land der Kharduchen zuerſt das heutige mittlere Murad-Becken betrat und ſo zuerſt Kunde brachte von dem eigentlichen Stammlande der Armenier, die er aber keineswegs ſo nennt, ebenſo wenig wie vorher Herodot, der nur vom „Volke“ aus dem Quelllande des Euphrat und ſeinen Handelsbeziehungen mit Bagdad berichtet. Wunderbarer Weiſe iſt uns dieſer hoch- intereſſante, claſſiſche Boden im Laufe der Jahrtauſende voll- kommen verloren gegangen und erſt einem Reiſenden unſeres Jahrhunderts2 war es vorbehalten, die Murad-Quelle und ſo- mit ſein ganzes Quellgebiet förmlich zu entdecken. Seitdem dritten und ſo nach und nach mit allen Fixſternen des Himmels. Hatte er alle Fixſterne zu ſolchen Mitregenten gehabt, ſo trat er ſodann die Herrſchaft an denjenigen ab, der zuerſt ſein Mitregent war, wonach ſich die Epochen von 1000 zu 1000 Jahren wiederholten, bis zum letzten Fix- ſterne: eine überwältigende Vorſtellung von unbegreifbaren, unendlichen Zeiträumen. (Vgl. J. Kruger, „Geſchichte der Aſſyrier und Iranier“, 65.) 1 In den bibliſchen Stammtafeln kommt indeß dieſer Name nicht vor. Nach dem 1. Buche Moſe (10, 2—4) hießen die Enkel Japhets (nach den beiden Söhnen Gomers und Jawans) Askenas, Riphat, Thogarma, Eliſa, Tharſchiſch, Hittim und Dodanim. 2 J. Morier, „Journey through Persia, Armenia etc.“, 1808—1809.)
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Im Ararat-Gebiet.
baum in der erſten Epoche der Menſchengeſchichte überhaupt.
Haik, der Stammvater des erſten armeniſchen Titanen-Ge-
ſchlechtes, ſoll nämlich nach der älteſten Tradition ein Enkel
Japhets geweſen ſein 1. Nach dieſem Haik benannten die Ar-
menier ihr Land, Haiasdan, während ſie die Nachkommen des-
ſelben als Haigasan, „Abkömmlinge des Haik“, bezeichnen, indeß,
ſelbſt im Vulgär-Armeniſchen das alleinſtehende Wort „Haik“
noch heute den geographiſchen Begriff von Armenien deckt.
(z. B. in Partsr Haik = Hoch-Armenien, das Land zwiſchen
Oſt-Armenien und Erzingian.) Nachdem Haik in die baby-
loniſche Niederung hinabgeſtiegen war und daſelbſt den König
Belus erſchlagen hatte, zog er mit ſeinem Geſchlechte, dreihundert
gigantiſche Männer, wieder heimwärts und nahm ſeinen Sitz dieſſeits
des Ararat, im Gau Daron, den die Forſchung nach vielen Um-
ſchweifen in dem heutigen Murad-Becken zwiſchen Chamur und Muſch
wiedererkannt hat. Thatſächlich gibt es daſelbſt noch heute einen
Ort Haik. Es war Xenophon, der auf ſeinem glorreichen Rück-
zuge durch das Land der Kharduchen zuerſt das heutige mittlere
Murad-Becken betrat und ſo zuerſt Kunde brachte von dem
eigentlichen Stammlande der Armenier, die er aber keineswegs
ſo nennt, ebenſo wenig wie vorher Herodot, der nur vom „Volke“
aus dem Quelllande des Euphrat und ſeinen Handelsbeziehungen
mit Bagdad berichtet. Wunderbarer Weiſe iſt uns dieſer hoch-
intereſſante, claſſiſche Boden im Laufe der Jahrtauſende voll-
kommen verloren gegangen und erſt einem Reiſenden unſeres
Jahrhunderts 2 war es vorbehalten, die Murad-Quelle und ſo-
mit ſein ganzes Quellgebiet förmlich zu entdecken. Seitdem
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1 In den bibliſchen Stammtafeln kommt indeß dieſer Name nicht
vor. Nach dem 1. Buche Moſe (10, 2—4) hießen die Enkel Japhets (nach
den beiden Söhnen Gomers und Jawans) Askenas, Riphat, Thogarma,
Eliſa, Tharſchiſch, Hittim und Dodanim.
2 J. Morier, „Journey through Persia, Armenia etc.“, 1808—1809.)
2 dritten und ſo nach und nach mit allen Fixſternen des Himmels. Hatte
er alle Fixſterne zu ſolchen Mitregenten gehabt, ſo trat er ſodann die
Herrſchaft an denjenigen ab, der zuerſt ſein Mitregent war, wonach ſich
die Epochen von 1000 zu 1000 Jahren wiederholten, bis zum letzten Fix-
ſterne: eine überwältigende Vorſtellung von unbegreifbaren, unendlichen
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