Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Haik und Armenac. hat sich unsere Kenntniß von demselben topographisch nichtwesentlich erweitert, aber es wurde im Verlaufe des nächsten halben Jahrhunderts, also bis in unsere Zeit hinein, die Iden- tität verschiedener Localitäten der ersten armenischen Entwickelungs- Epoche mit den heutigen topographischen Oertlichkeiten constatirt und so die Handhabe zu tiefgreifenden Untersuchungen gegeben. Erst Armenac, der Enkel Haiks, ergriff den Wanderstab und 1 Moses von Chorene. 2 Diese Residenzstadt, die anderthalb Jahrtausende geblüht hatte und das älteste heidnische Götter-Pantheon besaß, lag schon zur Zeit Arschaks II. (363--381 n. Chr.) vollends in Trümmern. Seit Einführung des Christenthums mußte sie wohl ihre ganze frühere Bedeutung verlieren und so erscheint es erklärlich, daß die Forscher der Neuzeit nicht einmal mehr ihre Lage präcise anzugeben im Stande waren. Am Fuße einer Akro- pole lag die weitberühmte Stadt, von der neuestens nur mehr einige Mauerreste zu sehen sind. (Vgl. Dubois, Voy. III, a. a. O.) 3 Auch für die Benennung des Ararat, der ursprünglich Masis hieß,
haben wir, wenn auch keinen historischen, so doch legendaren Anhaltspunkt. Arai, das ist "der Schöne", war am Fuße des Riesenberges der assyrischen Schemiram (Semiramis) erlegen. Die Gegend hieß seitdem nur mehr Haik und Armenac. hat ſich unſere Kenntniß von demſelben topographiſch nichtweſentlich erweitert, aber es wurde im Verlaufe des nächſten halben Jahrhunderts, alſo bis in unſere Zeit hinein, die Iden- tität verſchiedener Localitäten der erſten armeniſchen Entwickelungs- Epoche mit den heutigen topographiſchen Oertlichkeiten conſtatirt und ſo die Handhabe zu tiefgreifenden Unterſuchungen gegeben. Erſt Armenac, der Enkel Haiks, ergriff den Wanderſtab und 1 Moſes von Chorene. 2 Dieſe Reſidenzſtadt, die anderthalb Jahrtauſende geblüht hatte und das älteſte heidniſche Götter-Pantheon beſaß, lag ſchon zur Zeit Arſchaks II. (363—381 n. Chr.) vollends in Trümmern. Seit Einführung des Chriſtenthums mußte ſie wohl ihre ganze frühere Bedeutung verlieren und ſo erſcheint es erklärlich, daß die Forſcher der Neuzeit nicht einmal mehr ihre Lage präciſe anzugeben im Stande waren. Am Fuße einer Akro- pole lag die weitberühmte Stadt, von der neueſtens nur mehr einige Mauerreſte zu ſehen ſind. (Vgl. Dubois, Voy. III, a. a. O.) 3 Auch für die Benennung des Ararat, der urſprünglich Maſis hieß,
haben wir, wenn auch keinen hiſtoriſchen, ſo doch legendaren Anhaltspunkt. Araï, das iſt „der Schöne“, war am Fuße des Rieſenberges der aſſyriſchen Schemiram (Semiramis) erlegen. Die Gegend hieß ſeitdem nur mehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0057" n="25"/><fw place="top" type="header">Haik und Armenac.</fw><lb/> hat ſich unſere Kenntniß von demſelben topographiſch nicht<lb/> weſentlich erweitert, aber es wurde im Verlaufe des nächſten<lb/> halben Jahrhunderts, alſo bis in unſere Zeit hinein, die Iden-<lb/> tität verſchiedener Localitäten der erſten armeniſchen Entwickelungs-<lb/> Epoche mit den heutigen topographiſchen Oertlichkeiten conſtatirt<lb/> und ſo die Handhabe zu tiefgreifenden Unterſuchungen gegeben.</p><lb/> <p>Erſt Armenac, der Enkel Haiks, ergriff den Wanderſtab und<lb/> ſtieg mit ſeinem ganzen Geſchlechte über das „nordöſtlich vor-<lb/> liegende Gebirge“ in eine Ebene hinab, „welche auf allen Seiten<lb/> von hohen Gebirgen umgeben war, im Süden aber grüßte ihn<lb/> (Armenac) mit ſchneeweißem Scheitel ein Altvater zwiſchen Jüng-<lb/> lingen“<note place="foot" n="1">Moſes von Chorene.</note>. Daß es ſich hier um den Ararat handelte, beziehungs-<lb/> weiſe um die Ebene des Araxes, erſcheint völlig zweifellos, aber<lb/> Namen hatte damals weder jener, noch dieſe. Armenac ſelbſt<lb/> gründete am Fuße eines mehr nördlich liegenden Berges eine<lb/> Niederlaſſung, die er nach ſeinem Sohne Araghaz nannte, wie<lb/> der gewaltige erloſchene Vulkan zwiſchen Eriwan und Alexandrapol<lb/> noch heute heißt. Auch die übrigen Söhne des Armenac, des<lb/> zweiten Stammvaters der Armenier, gaben Städten, Flüſſen und<lb/> Landſtrichen ihre Namen, und allenthalben haben ſich dieſe bis<lb/> auf unſere Tage erhalten. Der zweite Sohn, Armavir, gründete<lb/> ſeine Stadt<note place="foot" n="2">Dieſe Reſidenzſtadt, die anderthalb Jahrtauſende geblüht hatte<lb/> und das älteſte heidniſche Götter-Pantheon beſaß, lag ſchon zur Zeit<lb/> Arſchaks <hi rendition="#aq">II.</hi> (363—381 n. Chr.) vollends in Trümmern. Seit Einführung<lb/> des Chriſtenthums mußte ſie wohl ihre ganze frühere Bedeutung verlieren<lb/> und ſo erſcheint es erklärlich, daß die Forſcher der Neuzeit nicht einmal<lb/> mehr ihre Lage präciſe anzugeben im Stande waren. Am Fuße einer Akro-<lb/> pole lag die weitberühmte Stadt, von der neueſtens nur mehr einige<lb/> Mauerreſte zu ſehen ſind. (Vgl. Dubois, <hi rendition="#aq">Voy. III,</hi> a. a. O.)</note> am „großen Fluſſe“, welcher die Ebene zwiſchen<lb/> den ſüdlichen und nördlichen Bergen durchſtrömte. Dieſer Fluß<lb/> aber ward nach Armavirs Sohn, Eraſt, Eraſches (Araxes) be-<lb/> nannt, und er hat dieſen Namen bei den Armeniern bis auf den<lb/> Tag beibehalten<note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="3">Auch für die Benennung des Ararat, der urſprünglich Maſis hieß,<lb/> haben wir, wenn auch keinen hiſtoriſchen, ſo doch legendaren Anhaltspunkt.<lb/> Ara<hi rendition="#aq">ï</hi>, das iſt „der Schöne“, war am Fuße des Rieſenberges der aſſyriſchen<lb/> Schemiram (Semiramis) erlegen. Die Gegend hieß ſeitdem nur mehr</note> … Aus dieſen kurzen Andeutungen geht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0057]
Haik und Armenac.
hat ſich unſere Kenntniß von demſelben topographiſch nicht
weſentlich erweitert, aber es wurde im Verlaufe des nächſten
halben Jahrhunderts, alſo bis in unſere Zeit hinein, die Iden-
tität verſchiedener Localitäten der erſten armeniſchen Entwickelungs-
Epoche mit den heutigen topographiſchen Oertlichkeiten conſtatirt
und ſo die Handhabe zu tiefgreifenden Unterſuchungen gegeben.
Erſt Armenac, der Enkel Haiks, ergriff den Wanderſtab und
ſtieg mit ſeinem ganzen Geſchlechte über das „nordöſtlich vor-
liegende Gebirge“ in eine Ebene hinab, „welche auf allen Seiten
von hohen Gebirgen umgeben war, im Süden aber grüßte ihn
(Armenac) mit ſchneeweißem Scheitel ein Altvater zwiſchen Jüng-
lingen“ 1. Daß es ſich hier um den Ararat handelte, beziehungs-
weiſe um die Ebene des Araxes, erſcheint völlig zweifellos, aber
Namen hatte damals weder jener, noch dieſe. Armenac ſelbſt
gründete am Fuße eines mehr nördlich liegenden Berges eine
Niederlaſſung, die er nach ſeinem Sohne Araghaz nannte, wie
der gewaltige erloſchene Vulkan zwiſchen Eriwan und Alexandrapol
noch heute heißt. Auch die übrigen Söhne des Armenac, des
zweiten Stammvaters der Armenier, gaben Städten, Flüſſen und
Landſtrichen ihre Namen, und allenthalben haben ſich dieſe bis
auf unſere Tage erhalten. Der zweite Sohn, Armavir, gründete
ſeine Stadt 2 am „großen Fluſſe“, welcher die Ebene zwiſchen
den ſüdlichen und nördlichen Bergen durchſtrömte. Dieſer Fluß
aber ward nach Armavirs Sohn, Eraſt, Eraſches (Araxes) be-
nannt, und er hat dieſen Namen bei den Armeniern bis auf den
Tag beibehalten 3 … Aus dieſen kurzen Andeutungen geht
1 Moſes von Chorene.
2 Dieſe Reſidenzſtadt, die anderthalb Jahrtauſende geblüht hatte
und das älteſte heidniſche Götter-Pantheon beſaß, lag ſchon zur Zeit
Arſchaks II. (363—381 n. Chr.) vollends in Trümmern. Seit Einführung
des Chriſtenthums mußte ſie wohl ihre ganze frühere Bedeutung verlieren
und ſo erſcheint es erklärlich, daß die Forſcher der Neuzeit nicht einmal
mehr ihre Lage präciſe anzugeben im Stande waren. Am Fuße einer Akro-
pole lag die weitberühmte Stadt, von der neueſtens nur mehr einige
Mauerreſte zu ſehen ſind. (Vgl. Dubois, Voy. III, a. a. O.)
3 Auch für die Benennung des Ararat, der urſprünglich Maſis hieß,
haben wir, wenn auch keinen hiſtoriſchen, ſo doch legendaren Anhaltspunkt.
Araï, das iſt „der Schöne“, war am Fuße des Rieſenberges der aſſyriſchen
Schemiram (Semiramis) erlegen. Die Gegend hieß ſeitdem nur mehr
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