Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Im Ararat-Gebiet. immer nur rühmlichst Erwähnung gethan1. Er brach zunächstdie Fremdherrschaft im südlichen Armenien, indem er die dort regierenden Statthalter zu einer gemeinsamen Action gegen den Sassaniden-König Schahpur II. gewann. Später brachte er, nach einem Besuche in Rom, römische Hilfstruppen, mittels derer er bald ganz Armenien an sich riß, die Einfälle der Kaukasus- Völker zurückwies und schließlich selbst in persisches Gebiet ein- brach. So waren die Thaten dieses Königs, der an der Schwelle des heidnischen und christlichen Armeniens stand, ohne Zweifel sehr bedeutende. Einer der interessantesten Zwischenfälle spielte sich aber gegen Schluß der Regierungszeit Tiridates II. ab ... Wir haben oben des Apostaten Anag gedacht, dessen Beihilfe Ardeschir so ziemlich alle Erfolge in Armenien zu verdanken hatte. Leider sollte dieser Arsacidenprinz der Früchte seines Verrathes nicht theilhaftig werden, denn er wurde nach gut altasiatischer Sitte unmittelbar nach Ausrottung der armenischen Dynastie gleichfalls mit seinem Anhange niedergemacht. Wie dort bei Khosrew, war es auch hier, daß ein Sohn dem Massacre ent- ging. Er ward nach Cäsarea in Cappadocien gebracht und unter Christen auferzogen. Dieser Sprößling Anags war nun Niemand geringerer als -- Gregorios, der nachmalige armenische Apostel und Bekehrer des Tiridates, dem größten heidnischen und ersten christlichen Könige der Armenier. So rasch und leicht sollte indeß dem Apostel die Aufgabe keineswegs gemacht werden, das scheint durch geschichtliche Belege erwiesen; die Legende hat freilich des Wunderlichen und Wunderbaren genug hinzugefügt, und noch heute zeigt man zu Khorwirab in der Araxes-Ebene einen trockenen Brunnen, in welchem Gregorios über 13 Jahre geschmachtet haben soll2. Tiridates, der durch seinen langen Aufenthalt in Rom und durch seine unausgesetzten Verbindungen mit dem Welt- reiche ganz naturalisirter Römer geworden war, that es dem er- lauchten Cäsaren auch im Punkte der Grausamkeiten gegen Anders- gläubige, namentlich gegen Christen, in allen Stücken nach. Da- mals wüthete am Tiber eben der größte Christenfresser aller 1 In seine Regierungszeit (259--314 n. Chr.) fällt das active Auf- treten der oben erwähnten Mamigonier. 2 Dubois, Voy. III, 481.
Im Ararat-Gebiet. immer nur rühmlichſt Erwähnung gethan1. Er brach zunächſtdie Fremdherrſchaft im ſüdlichen Armenien, indem er die dort regierenden Statthalter zu einer gemeinſamen Action gegen den Saſſaniden-König Schahpur II. gewann. Später brachte er, nach einem Beſuche in Rom, römiſche Hilfstruppen, mittels derer er bald ganz Armenien an ſich riß, die Einfälle der Kaukaſus- Völker zurückwies und ſchließlich ſelbſt in perſiſches Gebiet ein- brach. So waren die Thaten dieſes Königs, der an der Schwelle des heidniſchen und chriſtlichen Armeniens ſtand, ohne Zweifel ſehr bedeutende. Einer der intereſſanteſten Zwiſchenfälle ſpielte ſich aber gegen Schluß der Regierungszeit Tiridates II. ab … Wir haben oben des Apoſtaten Anag gedacht, deſſen Beihilfe Ardeſchir ſo ziemlich alle Erfolge in Armenien zu verdanken hatte. Leider ſollte dieſer Arſacidenprinz der Früchte ſeines Verrathes nicht theilhaftig werden, denn er wurde nach gut altaſiatiſcher Sitte unmittelbar nach Ausrottung der armeniſchen Dynaſtie gleichfalls mit ſeinem Anhange niedergemacht. Wie dort bei Khosrew, war es auch hier, daß ein Sohn dem Maſſacre ent- ging. Er ward nach Cäſarea in Cappadocien gebracht und unter Chriſten auferzogen. Dieſer Sprößling Anags war nun Niemand geringerer als — Gregorios, der nachmalige armeniſche Apoſtel und Bekehrer des Tiridates, dem größten heidniſchen und erſten chriſtlichen Könige der Armenier. So raſch und leicht ſollte indeß dem Apoſtel die Aufgabe keineswegs gemacht werden, das ſcheint durch geſchichtliche Belege erwieſen; die Legende hat freilich des Wunderlichen und Wunderbaren genug hinzugefügt, und noch heute zeigt man zu Khorwirab in der Araxes-Ebene einen trockenen Brunnen, in welchem Gregorios über 13 Jahre geſchmachtet haben ſoll2. Tiridates, der durch ſeinen langen Aufenthalt in Rom und durch ſeine unausgeſetzten Verbindungen mit dem Welt- reiche ganz naturaliſirter Römer geworden war, that es dem er- lauchten Cäſaren auch im Punkte der Grauſamkeiten gegen Anders- gläubige, namentlich gegen Chriſten, in allen Stücken nach. Da- mals wüthete am Tiber eben der größte Chriſtenfreſſer aller 1 In ſeine Regierungszeit (259—314 n. Chr.) fällt das active Auf- treten der oben erwähnten Mamigonier. 2 Dubois, Voy. III, 481.
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Im Ararat-Gebiet.
immer nur rühmlichſt Erwähnung gethan 1. Er brach zunächſt
die Fremdherrſchaft im ſüdlichen Armenien, indem er die dort
regierenden Statthalter zu einer gemeinſamen Action gegen den
Saſſaniden-König Schahpur II. gewann. Später brachte er,
nach einem Beſuche in Rom, römiſche Hilfstruppen, mittels derer
er bald ganz Armenien an ſich riß, die Einfälle der Kaukaſus-
Völker zurückwies und ſchließlich ſelbſt in perſiſches Gebiet ein-
brach. So waren die Thaten dieſes Königs, der an der Schwelle
des heidniſchen und chriſtlichen Armeniens ſtand, ohne Zweifel
ſehr bedeutende. Einer der intereſſanteſten Zwiſchenfälle ſpielte
ſich aber gegen Schluß der Regierungszeit Tiridates II. ab …
Wir haben oben des Apoſtaten Anag gedacht, deſſen Beihilfe
Ardeſchir ſo ziemlich alle Erfolge in Armenien zu verdanken hatte.
Leider ſollte dieſer Arſacidenprinz der Früchte ſeines Verrathes
nicht theilhaftig werden, denn er wurde nach gut altaſiatiſcher
Sitte unmittelbar nach Ausrottung der armeniſchen Dynaſtie
gleichfalls mit ſeinem Anhange niedergemacht. Wie dort bei
Khosrew, war es auch hier, daß ein Sohn dem Maſſacre ent-
ging. Er ward nach Cäſarea in Cappadocien gebracht und unter
Chriſten auferzogen. Dieſer Sprößling Anags war nun Niemand
geringerer als — Gregorios, der nachmalige armeniſche Apoſtel
und Bekehrer des Tiridates, dem größten heidniſchen und erſten
chriſtlichen Könige der Armenier. So raſch und leicht ſollte indeß
dem Apoſtel die Aufgabe keineswegs gemacht werden, das ſcheint
durch geſchichtliche Belege erwieſen; die Legende hat freilich des
Wunderlichen und Wunderbaren genug hinzugefügt, und noch
heute zeigt man zu Khorwirab in der Araxes-Ebene einen trockenen
Brunnen, in welchem Gregorios über 13 Jahre geſchmachtet
haben ſoll 2. Tiridates, der durch ſeinen langen Aufenthalt in
Rom und durch ſeine unausgeſetzten Verbindungen mit dem Welt-
reiche ganz naturaliſirter Römer geworden war, that es dem er-
lauchten Cäſaren auch im Punkte der Grauſamkeiten gegen Anders-
gläubige, namentlich gegen Chriſten, in allen Stücken nach. Da-
mals wüthete am Tiber eben der größte Chriſtenfreſſer aller
1 In ſeine Regierungszeit (259—314 n. Chr.) fällt das active Auf-
treten der oben erwähnten Mamigonier.
2 Dubois, Voy. III, 481.
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