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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Formgebungsarbeiten.

Gießlöffel und Gießpfannen werden aus starkem Blech durch Zusammen-
nieten hergestellt und mit einer Lehmschicht ausgefüttert. Je nach der Art des Gusses
und den gebrauchten Metallmengen werden die Gießkolben von einem bis zwei
Mann getragen, beziehungsweise durch Dreh- oder Fahrkrahne bedient. Sie werden
durch Neigen mit der Hand oder einem Triebwerk, endlich auch durch ein Ventil
am Boden entleert. Letzterer Vorgang ist besonders beim Gießen der Bessemer- und
Martinstahl-Ingots üblich. Die Pfanne faßt dann 5, 10 und mehr Tonnen
flüssigen Stahl, sie ist aus dem durch ein Gegengewicht ausbalancirten Querträger
eines im Boden versenkten hydraulischen Krahnes befestigt und kann damit über
die im Kreise aufgestellten vierkantig-prismatischen Gußformen (Coquillen) geführt,
auch durch Wasserdruck gehoben und [Abbildung] Fig. 73.

Aetzprobe einer Flußeisencharge mit kalten Gange.


gesenkt werden.

Im Boden der Pfanne ist ein
Chamotte-Ventilsitz befestigt, in welchen
ein gebogener Eisenstab paßt, der --
soweit der Stahl reicht -- dick mit
Lehm bekleidet ist. Derselbe wird mit
dem kürzeren, abwärts gebogenen Theile
in Oefen geführt, die außen an die
Gießpfanne angenietet sind. Das Ende
des Stabes ruht auf einem Hebel, durch
dessen Bewegung das Ventil gehoben
oder gesenkt wird, Mitunter wir die
Gießpfanne auf ein Rädergestell gesetzt
und mit diesem hydraulisch gehoben oder
gesenkt und auf Schienen über die Gieß-
grube geführt. Auch besteht die An-
ordnung, daß die Formen vor dem Stichloche des Martinofens -- oder unterhalb
der Sammelgrube für den abgelassenen Stahl -- vorbeigeführt und dabei gefüllt
werden.

Der Brennstoffverbrauch ist beim Martinofen etwas größer als beim Cupol-
ofen, doch hat man dort den Vortheil, billigeres Material verwenden zu können.
Im Cupolofen brauchen 100 Theile Roheisen 10 bis 15 Theile Koks, im Flamm-
ofen 30 bis 35 Theile Steinkohle. Geht die Schmelzung ununterbrochen fort, so
kommt selbstverständlich Generatorgas und Regenerativfeuerung in Anwendung.
Entnimmt man das Gußeisen direct aus dem Herde des Hochofens, so entfällt
das Umschmelzen, nur kann man hierbei nicht immer auf eine ganz bestimmte Eisen-
qualität rechnen. Den meisten Brennstoff erfordert das Schmelzen in Tiegeln, doch
wird dafür die genaueste Innehaltung der Qualität erzielt. Deshalb werden die
besten Sorten Gußstahl durch Umschmelzen von sorgfältig sortirten Stahlbruch-
stücken in Graphittiegeln erhalten. Aus dem Tiegel werden meist nur kleine Güsse

Formgebungsarbeiten.

Gießlöffel und Gießpfannen werden aus ſtarkem Blech durch Zuſammen-
nieten hergeſtellt und mit einer Lehmſchicht ausgefüttert. Je nach der Art des Guſſes
und den gebrauchten Metallmengen werden die Gießkolben von einem bis zwei
Mann getragen, beziehungsweiſe durch Dreh- oder Fahrkrahne bedient. Sie werden
durch Neigen mit der Hand oder einem Triebwerk, endlich auch durch ein Ventil
am Boden entleert. Letzterer Vorgang iſt beſonders beim Gießen der Beſſemer- und
Martinſtahl-Ingots üblich. Die Pfanne faßt dann 5, 10 und mehr Tonnen
flüſſigen Stahl, ſie iſt aus dem durch ein Gegengewicht ausbalancirten Querträger
eines im Boden verſenkten hydrauliſchen Krahnes befeſtigt und kann damit über
die im Kreiſe aufgeſtellten vierkantig-prismatiſchen Gußformen (Coquillen) geführt,
auch durch Waſſerdruck gehoben und [Abbildung] Fig. 73.

Aetzprobe einer Flußeiſencharge mit kalten Gange.


geſenkt werden.

Im Boden der Pfanne iſt ein
Chamotte-Ventilſitz befeſtigt, in welchen
ein gebogener Eiſenſtab paßt, der —
ſoweit der Stahl reicht — dick mit
Lehm bekleidet iſt. Derſelbe wird mit
dem kürzeren, abwärts gebogenen Theile
in Oefen geführt, die außen an die
Gießpfanne angenietet ſind. Das Ende
des Stabes ruht auf einem Hebel, durch
deſſen Bewegung das Ventil gehoben
oder geſenkt wird, Mitunter wir die
Gießpfanne auf ein Rädergeſtell geſetzt
und mit dieſem hydrauliſch gehoben oder
geſenkt und auf Schienen über die Gieß-
grube geführt. Auch beſteht die An-
ordnung, daß die Formen vor dem Stichloche des Martinofens — oder unterhalb
der Sammelgrube für den abgelaſſenen Stahl — vorbeigeführt und dabei gefüllt
werden.

Der Brennſtoffverbrauch iſt beim Martinofen etwas größer als beim Cupol-
ofen, doch hat man dort den Vortheil, billigeres Material verwenden zu können.
Im Cupolofen brauchen 100 Theile Roheiſen 10 bis 15 Theile Koks, im Flamm-
ofen 30 bis 35 Theile Steinkohle. Geht die Schmelzung ununterbrochen fort, ſo
kommt ſelbſtverſtändlich Generatorgas und Regenerativfeuerung in Anwendung.
Entnimmt man das Gußeiſen direct aus dem Herde des Hochofens, ſo entfällt
das Umſchmelzen, nur kann man hierbei nicht immer auf eine ganz beſtimmte Eiſen-
qualität rechnen. Den meiſten Brennſtoff erfordert das Schmelzen in Tiegeln, doch
wird dafür die genaueſte Innehaltung der Qualität erzielt. Deshalb werden die
beſten Sorten Gußſtahl durch Umſchmelzen von ſorgfältig ſortirten Stahlbruch-
ſtücken in Graphittiegeln erhalten. Aus dem Tiegel werden meiſt nur kleine Güſſe

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[91/0113] Formgebungsarbeiten. Gießlöffel und Gießpfannen werden aus ſtarkem Blech durch Zuſammen- nieten hergeſtellt und mit einer Lehmſchicht ausgefüttert. Je nach der Art des Guſſes und den gebrauchten Metallmengen werden die Gießkolben von einem bis zwei Mann getragen, beziehungsweiſe durch Dreh- oder Fahrkrahne bedient. Sie werden durch Neigen mit der Hand oder einem Triebwerk, endlich auch durch ein Ventil am Boden entleert. Letzterer Vorgang iſt beſonders beim Gießen der Beſſemer- und Martinſtahl-Ingots üblich. Die Pfanne faßt dann 5, 10 und mehr Tonnen flüſſigen Stahl, ſie iſt aus dem durch ein Gegengewicht ausbalancirten Querträger eines im Boden verſenkten hydrauliſchen Krahnes befeſtigt und kann damit über die im Kreiſe aufgeſtellten vierkantig-prismatiſchen Gußformen (Coquillen) geführt, auch durch Waſſerdruck gehoben und [Abbildung Fig. 73. Aetzprobe einer Flußeiſencharge mit kalten Gange.] geſenkt werden. Im Boden der Pfanne iſt ein Chamotte-Ventilſitz befeſtigt, in welchen ein gebogener Eiſenſtab paßt, der — ſoweit der Stahl reicht — dick mit Lehm bekleidet iſt. Derſelbe wird mit dem kürzeren, abwärts gebogenen Theile in Oefen geführt, die außen an die Gießpfanne angenietet ſind. Das Ende des Stabes ruht auf einem Hebel, durch deſſen Bewegung das Ventil gehoben oder geſenkt wird, Mitunter wir die Gießpfanne auf ein Rädergeſtell geſetzt und mit dieſem hydrauliſch gehoben oder geſenkt und auf Schienen über die Gieß- grube geführt. Auch beſteht die An- ordnung, daß die Formen vor dem Stichloche des Martinofens — oder unterhalb der Sammelgrube für den abgelaſſenen Stahl — vorbeigeführt und dabei gefüllt werden. Der Brennſtoffverbrauch iſt beim Martinofen etwas größer als beim Cupol- ofen, doch hat man dort den Vortheil, billigeres Material verwenden zu können. Im Cupolofen brauchen 100 Theile Roheiſen 10 bis 15 Theile Koks, im Flamm- ofen 30 bis 35 Theile Steinkohle. Geht die Schmelzung ununterbrochen fort, ſo kommt ſelbſtverſtändlich Generatorgas und Regenerativfeuerung in Anwendung. Entnimmt man das Gußeiſen direct aus dem Herde des Hochofens, ſo entfällt das Umſchmelzen, nur kann man hierbei nicht immer auf eine ganz beſtimmte Eiſen- qualität rechnen. Den meiſten Brennſtoff erfordert das Schmelzen in Tiegeln, doch wird dafür die genaueſte Innehaltung der Qualität erzielt. Deshalb werden die beſten Sorten Gußſtahl durch Umſchmelzen von ſorgfältig ſortirten Stahlbruch- ſtücken in Graphittiegeln erhalten. Aus dem Tiegel werden meiſt nur kleine Güſſe

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/113>, abgerufen am 21.11.2024.