und ausgiebiger, so daß die Schlackenfetzen umhersprühen. Aber die widerstands- kräftigen Schutzschirme bewahren die Arbeiter vor Verletzungen. Sobald die ge- schmiedeten Knüppel die gewünschte Form erhalten haben, wandern sie in das Walz- werk, aus dessen Registern alsdann die immer dünner und länger werdenden feurigen Schlangen hinüber und herüber sich winden. Zur Erhöhung der malerischen Wir- kung dieses fesselnden Schauspieles trägt die düstere Beleuchtung mit den halb- nackten Arbeitern, dem Gedröhne der Hämmer, dem Gesumme der Schwungräder und der ganzen dämonischen Lebendigkeit, die in diesem Raume herrscht, ganz wesentlich bei. (Siehe die Titelvignette S. 133).
Das Krupp'sche Puddelwerk umfaßt zur Zeit 65 Oefen und 8 Walzenstraßen und bildet in Bezug auf seine Einrichtungen und Anordnungen eine Sehens- würdigkeit für sich. Man sollte meinen, daß dieser Proceß, welcher Jedem bekannt ist, der ein Eisenwerk besucht hat, dem Beschauer kaum etwas Neues bieten könnte. Wissen wir doch von früher her, daß viele Hüttenleute über die Zukunft dieses Verfahrens, das übermäßig viel Menschenarbeit erfordert, den Stab gebrochen haben. Gleichwohl ist auch heute noch das auf dem Wege des Puddelns gewonnene Schweißmaterial ein so vorzügliches, daß, allen Prophezeiungen zum Trotz, das noch in den Traditionen der Herdfrischung wurzelnde Verfahren noch für lange Zeit nicht aus der Welt geschafft sein wird. Wer aber Gelegenheit findet, den Proceß in der großartigen Entfaltung kennen zu lernen, wie sie die Arbeitsstätte im Krupp'schen Etablissement darbietet, der wird sich schwerlich gegen dessen Zweck- mäßigkeit verschließen.
Es ist aber noch etwas Anderes dabei. Die Krupp'schen Puddelwerke haben mit der Zeit eine metallurgische Specialität ausgebildet, nämlich das Stahl- puddeln. Nirgends sonst wo hat man in diesem Verfahren ähnliche Erfolge zu verzeichnen wie hier. Allerdings besteht zwischen dem gewöhnlichen Puddelproceß und dem Krupp'schen Stahlpuddeln kein nennenswerther technischer Unterschied, da es sich bei letzterem Verfahren vorzugsweise nur darum handelt, die Entphosphorung bis unter 0.1 Procent zu bewerkstelligen. Um dies zu erreichen, wird insoferne von dem herkömmlichen Vorgange abgewichen, daß die Knüppel nicht in einem beson- deren Ofen angewärmt, sondern in denjenigen zurückgebracht werden, aus welchem sie hervorgegangen sind. Während man den Ofen für eine neue Charge mit dem erforderlichen Rohmaterial beschickt, werden die bereits bearbeiteten Knüppel in rothglühendem Zustande auf die Herdsohle gebracht und mit Schlacke bedeckt. Der neue Einsatz nimmt den Rand ringsum ein. Nach etwa einer halben Stunde werden die Knüppel wieder herausgenommen und dem Walzwerke überstellt.
Aus dem vorstehend Mitgetheilten erhellt, daß die Güte des Puddelstahles vorzugsweise von dem rechtzeitigen Abbrechen des Entkohlungsprocesses abhängt, wozu außergewöhnliche Schulung und Erfahrung gehört. Um diesbezüglich die strengste Controle üben zu können, werden die Stahlstangen für jeden Ofen be- sonders auf das Bruchaussehen geprüft, was selbstverständlich nur von sehr geschickten
Erſter Abſchnitt.
und ausgiebiger, ſo daß die Schlackenfetzen umherſprühen. Aber die widerſtands- kräftigen Schutzſchirme bewahren die Arbeiter vor Verletzungen. Sobald die ge- ſchmiedeten Knüppel die gewünſchte Form erhalten haben, wandern ſie in das Walz- werk, aus deſſen Regiſtern alsdann die immer dünner und länger werdenden feurigen Schlangen hinüber und herüber ſich winden. Zur Erhöhung der maleriſchen Wir- kung dieſes feſſelnden Schauſpieles trägt die düſtere Beleuchtung mit den halb- nackten Arbeitern, dem Gedröhne der Hämmer, dem Geſumme der Schwungräder und der ganzen dämoniſchen Lebendigkeit, die in dieſem Raume herrſcht, ganz weſentlich bei. (Siehe die Titelvignette S. 133).
Das Krupp'ſche Puddelwerk umfaßt zur Zeit 65 Oefen und 8 Walzenſtraßen und bildet in Bezug auf ſeine Einrichtungen und Anordnungen eine Sehens- würdigkeit für ſich. Man ſollte meinen, daß dieſer Proceß, welcher Jedem bekannt iſt, der ein Eiſenwerk beſucht hat, dem Beſchauer kaum etwas Neues bieten könnte. Wiſſen wir doch von früher her, daß viele Hüttenleute über die Zukunft dieſes Verfahrens, das übermäßig viel Menſchenarbeit erfordert, den Stab gebrochen haben. Gleichwohl iſt auch heute noch das auf dem Wege des Puddelns gewonnene Schweißmaterial ein ſo vorzügliches, daß, allen Prophezeiungen zum Trotz, das noch in den Traditionen der Herdfriſchung wurzelnde Verfahren noch für lange Zeit nicht aus der Welt geſchafft ſein wird. Wer aber Gelegenheit findet, den Proceß in der großartigen Entfaltung kennen zu lernen, wie ſie die Arbeitsſtätte im Krupp'ſchen Etabliſſement darbietet, der wird ſich ſchwerlich gegen deſſen Zweck- mäßigkeit verſchließen.
Es iſt aber noch etwas Anderes dabei. Die Krupp'ſchen Puddelwerke haben mit der Zeit eine metallurgiſche Specialität ausgebildet, nämlich das Stahl- puddeln. Nirgends ſonſt wo hat man in dieſem Verfahren ähnliche Erfolge zu verzeichnen wie hier. Allerdings beſteht zwiſchen dem gewöhnlichen Puddelproceß und dem Krupp'ſchen Stahlpuddeln kein nennenswerther techniſcher Unterſchied, da es ſich bei letzterem Verfahren vorzugsweiſe nur darum handelt, die Entphosphorung bis unter 0‧1 Procent zu bewerkſtelligen. Um dies zu erreichen, wird inſoferne von dem herkömmlichen Vorgange abgewichen, daß die Knüppel nicht in einem beſon- deren Ofen angewärmt, ſondern in denjenigen zurückgebracht werden, aus welchem ſie hervorgegangen ſind. Während man den Ofen für eine neue Charge mit dem erforderlichen Rohmaterial beſchickt, werden die bereits bearbeiteten Knüppel in rothglühendem Zuſtande auf die Herdſohle gebracht und mit Schlacke bedeckt. Der neue Einſatz nimmt den Rand ringsum ein. Nach etwa einer halben Stunde werden die Knüppel wieder herausgenommen und dem Walzwerke überſtellt.
Aus dem vorſtehend Mitgetheilten erhellt, daß die Güte des Puddelſtahles vorzugsweiſe von dem rechtzeitigen Abbrechen des Entkohlungsproceſſes abhängt, wozu außergewöhnliche Schulung und Erfahrung gehört. Um diesbezüglich die ſtrengſte Controle üben zu können, werden die Stahlſtangen für jeden Ofen be- ſonders auf das Bruchausſehen geprüft, was ſelbſtverſtändlich nur von ſehr geſchickten
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Erſter Abſchnitt.
und ausgiebiger, ſo daß die Schlackenfetzen umherſprühen. Aber die widerſtands-
kräftigen Schutzſchirme bewahren die Arbeiter vor Verletzungen. Sobald die ge-
ſchmiedeten Knüppel die gewünſchte Form erhalten haben, wandern ſie in das Walz-
werk, aus deſſen Regiſtern alsdann die immer dünner und länger werdenden feurigen
Schlangen hinüber und herüber ſich winden. Zur Erhöhung der maleriſchen Wir-
kung dieſes feſſelnden Schauſpieles trägt die düſtere Beleuchtung mit den halb-
nackten Arbeitern, dem Gedröhne der Hämmer, dem Geſumme der Schwungräder
und der ganzen dämoniſchen Lebendigkeit, die in dieſem Raume herrſcht, ganz
weſentlich bei. (Siehe die Titelvignette S. 133).
Das Krupp'ſche Puddelwerk umfaßt zur Zeit 65 Oefen und 8 Walzenſtraßen
und bildet in Bezug auf ſeine Einrichtungen und Anordnungen eine Sehens-
würdigkeit für ſich. Man ſollte meinen, daß dieſer Proceß, welcher Jedem bekannt
iſt, der ein Eiſenwerk beſucht hat, dem Beſchauer kaum etwas Neues bieten könnte.
Wiſſen wir doch von früher her, daß viele Hüttenleute über die Zukunft dieſes
Verfahrens, das übermäßig viel Menſchenarbeit erfordert, den Stab gebrochen
haben. Gleichwohl iſt auch heute noch das auf dem Wege des Puddelns gewonnene
Schweißmaterial ein ſo vorzügliches, daß, allen Prophezeiungen zum Trotz, das
noch in den Traditionen der Herdfriſchung wurzelnde Verfahren noch für lange
Zeit nicht aus der Welt geſchafft ſein wird. Wer aber Gelegenheit findet, den
Proceß in der großartigen Entfaltung kennen zu lernen, wie ſie die Arbeitsſtätte
im Krupp'ſchen Etabliſſement darbietet, der wird ſich ſchwerlich gegen deſſen Zweck-
mäßigkeit verſchließen.
Es iſt aber noch etwas Anderes dabei. Die Krupp'ſchen Puddelwerke haben
mit der Zeit eine metallurgiſche Specialität ausgebildet, nämlich das Stahl-
puddeln. Nirgends ſonſt wo hat man in dieſem Verfahren ähnliche Erfolge zu
verzeichnen wie hier. Allerdings beſteht zwiſchen dem gewöhnlichen Puddelproceß
und dem Krupp'ſchen Stahlpuddeln kein nennenswerther techniſcher Unterſchied, da
es ſich bei letzterem Verfahren vorzugsweiſe nur darum handelt, die Entphosphorung
bis unter 0‧1 Procent zu bewerkſtelligen. Um dies zu erreichen, wird inſoferne von
dem herkömmlichen Vorgange abgewichen, daß die Knüppel nicht in einem beſon-
deren Ofen angewärmt, ſondern in denjenigen zurückgebracht werden, aus welchem
ſie hervorgegangen ſind. Während man den Ofen für eine neue Charge mit dem
erforderlichen Rohmaterial beſchickt, werden die bereits bearbeiteten Knüppel in
rothglühendem Zuſtande auf die Herdſohle gebracht und mit Schlacke bedeckt. Der
neue Einſatz nimmt den Rand ringsum ein. Nach etwa einer halben Stunde werden
die Knüppel wieder herausgenommen und dem Walzwerke überſtellt.
Aus dem vorſtehend Mitgetheilten erhellt, daß die Güte des Puddelſtahles
vorzugsweiſe von dem rechtzeitigen Abbrechen des Entkohlungsproceſſes abhängt,
wozu außergewöhnliche Schulung und Erfahrung gehört. Um diesbezüglich die
ſtrengſte Controle üben zu können, werden die Stahlſtangen für jeden Ofen be-
ſonders auf das Bruchausſehen geprüft, was ſelbſtverſtändlich nur von ſehr geſchickten
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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