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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Hüttenwerke.
Schmiedestückes begreift man unschwer, daß das Schmieden unter dem großen
Dampfhammer eine sehr zeitraubende Operation ist.

Der Riesenhammer "Fritz" und sein kleinerer Gefährte "Max" sind selbst-
verständlich nicht die einzigen Hämmer, welche im Krupp'schen Etablissement im
Betrieb stehen. In den verschiedenen Schmiedewerkstätten und sonstigen Betrieben
stehen 113 Dampfhämmer von aufwärts 100 Kilogramm Fallgewicht in Dienst.
Sie repräsentiren zusammen ein Fallgewicht von etwa 249.000 Kilogramm. Da
diese vielen Hämmer verschiedenen Zwecken -- meist Massenartikeln -- dienen,
haben sie verschiedene Formen, was auch bezüglich der Ambosse gilt.

Solche Massenartikel sind beispielsweise Achsen, Räder und Radreifen für
Eisenbahnräder. Sie werden in einer besonderen Werkstatt -- der Räderschmiede --
hergestellt. Die Räder sind theils Speichen-, theils Scheibenräder, während die
sogenannten Schalengußräder -- der dritten Art von Eisenbahnrädern -- zu den
Formgußarbeiten rangiren. Die Scheibenräder aus Schmiedeeisen sind eine Krupp'sche
Specialität.

Ein Fachmann (Friedr. C. G. Müller) giebt von deren Herstellungsweise die
folgende anschauliche Schilderung: "Die eine Mannschaft schweißt aus kreuzweise
gelegten Schmiedeeisenstäben eine mitten verdickte, am Rande zugeschärfte Scheibe
mit einem Loch für die Achse. Bei der zweiten Abtheilung wird diese Nabe vor
einem langen, schmalen Glühofen auf eine Welle befestigt. Dann zieht man aus
dem Ofen eine glühende Eisenschiene mit V-förmigem Querschnitt, legt sie mit der
hohlen Seite auf die Nabe und wickelt sie durch Umdrehen auf. Nach drei Um-
gängen erfolgt ein zuerst angeschweißter Flachstab, der mit einer Windung den Rand
der Scheibe bildet. Die so vorbereiteten Räder werden in flachen Oefen zur hohen
Weißgluth gebracht und unter einem besonderen schweren Hammer geschweißt. Dieser
hat einen runden Kopf von der Größe und dem Durchschnittsprofil der oberen
Seite des fertigen Rades. Der Amboßsattel entspricht seinerseits der unteren Rad-
fläche. Das weißglühende Wickelrad wird auf den Amboß gelegt, nach außen durch
einen darum gelegten starken Stahlreifen zusammengehalten und durch einige kräftige
Schläge wie Wachs in die Form gedrückt, wobei seine Theile fest verschweißen.
Diese Arbeit beschließt ein richtiger Knalleffect. Ein Arbeiter spritzt Wasser auf das
glühende Metall. Beim nächsten Schlag erfolgt eine Detonation wie von einem
Böllerschuß. Der unvorbereitete fremde Besucher fährt vor Schreck in die Höhe,
und ein Lächeln der Befriedigung gleitet über die Gesichter der rußigen Gesellen."
Das zuletzt geschilderte Experiment hat den Zweck, durch den plötzlich entwickelten
Wasserdampf allen Glühspan fortzuschleudern, so daß das Rad blank und glatt
den Amboß verläßt.

Die Radbandagen werden im Hammerwerk nur vorgearbeitet und erfahren
im Bandagenwalzwerk ihre Fertigstellung.

Letzteres ist ein ansehnliches Gebäude von 100 Meter Länge und 60 Meter
Breite, in dessen Mitte zwei Walzwerke sich befinden, deren eines eine ziemlich ver-

Hüttenwerke.
Schmiedeſtückes begreift man unſchwer, daß das Schmieden unter dem großen
Dampfhammer eine ſehr zeitraubende Operation iſt.

Der Rieſenhammer »Fritz« und ſein kleinerer Gefährte »Max« ſind ſelbſt-
verſtändlich nicht die einzigen Hämmer, welche im Krupp'ſchen Etabliſſement im
Betrieb ſtehen. In den verſchiedenen Schmiedewerkſtätten und ſonſtigen Betrieben
ſtehen 113 Dampfhämmer von aufwärts 100 Kilogramm Fallgewicht in Dienſt.
Sie repräſentiren zuſammen ein Fallgewicht von etwa 249.000 Kilogramm. Da
dieſe vielen Hämmer verſchiedenen Zwecken — meiſt Maſſenartikeln — dienen,
haben ſie verſchiedene Formen, was auch bezüglich der Amboſſe gilt.

Solche Maſſenartikel ſind beiſpielsweiſe Achſen, Räder und Radreifen für
Eiſenbahnräder. Sie werden in einer beſonderen Werkſtatt — der Räderſchmiede —
hergeſtellt. Die Räder ſind theils Speichen-, theils Scheibenräder, während die
ſogenannten Schalengußräder — der dritten Art von Eiſenbahnrädern — zu den
Formgußarbeiten rangiren. Die Scheibenräder aus Schmiedeeiſen ſind eine Krupp'ſche
Specialität.

Ein Fachmann (Friedr. C. G. Müller) giebt von deren Herſtellungsweiſe die
folgende anſchauliche Schilderung: »Die eine Mannſchaft ſchweißt aus kreuzweiſe
gelegten Schmiedeeiſenſtäben eine mitten verdickte, am Rande zugeſchärfte Scheibe
mit einem Loch für die Achſe. Bei der zweiten Abtheilung wird dieſe Nabe vor
einem langen, ſchmalen Glühofen auf eine Welle befeſtigt. Dann zieht man aus
dem Ofen eine glühende Eiſenſchiene mit V-förmigem Querſchnitt, legt ſie mit der
hohlen Seite auf die Nabe und wickelt ſie durch Umdrehen auf. Nach drei Um-
gängen erfolgt ein zuerſt angeſchweißter Flachſtab, der mit einer Windung den Rand
der Scheibe bildet. Die ſo vorbereiteten Räder werden in flachen Oefen zur hohen
Weißgluth gebracht und unter einem beſonderen ſchweren Hammer geſchweißt. Dieſer
hat einen runden Kopf von der Größe und dem Durchſchnittsprofil der oberen
Seite des fertigen Rades. Der Amboßſattel entſpricht ſeinerſeits der unteren Rad-
fläche. Das weißglühende Wickelrad wird auf den Amboß gelegt, nach außen durch
einen darum gelegten ſtarken Stahlreifen zuſammengehalten und durch einige kräftige
Schläge wie Wachs in die Form gedrückt, wobei ſeine Theile feſt verſchweißen.
Dieſe Arbeit beſchließt ein richtiger Knalleffect. Ein Arbeiter ſpritzt Waſſer auf das
glühende Metall. Beim nächſten Schlag erfolgt eine Detonation wie von einem
Böllerſchuß. Der unvorbereitete fremde Beſucher fährt vor Schreck in die Höhe,
und ein Lächeln der Befriedigung gleitet über die Geſichter der rußigen Geſellen.«
Das zuletzt geſchilderte Experiment hat den Zweck, durch den plötzlich entwickelten
Waſſerdampf allen Glühſpan fortzuſchleudern, ſo daß das Rad blank und glatt
den Amboß verläßt.

Die Radbandagen werden im Hammerwerk nur vorgearbeitet und erfahren
im Bandagenwalzwerk ihre Fertigſtellung.

Letzteres iſt ein anſehnliches Gebäude von 100 Meter Länge und 60 Meter
Breite, in deſſen Mitte zwei Walzwerke ſich befinden, deren eines eine ziemlich ver-

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[149/0177] Hüttenwerke. Schmiedeſtückes begreift man unſchwer, daß das Schmieden unter dem großen Dampfhammer eine ſehr zeitraubende Operation iſt. Der Rieſenhammer »Fritz« und ſein kleinerer Gefährte »Max« ſind ſelbſt- verſtändlich nicht die einzigen Hämmer, welche im Krupp'ſchen Etabliſſement im Betrieb ſtehen. In den verſchiedenen Schmiedewerkſtätten und ſonſtigen Betrieben ſtehen 113 Dampfhämmer von aufwärts 100 Kilogramm Fallgewicht in Dienſt. Sie repräſentiren zuſammen ein Fallgewicht von etwa 249.000 Kilogramm. Da dieſe vielen Hämmer verſchiedenen Zwecken — meiſt Maſſenartikeln — dienen, haben ſie verſchiedene Formen, was auch bezüglich der Amboſſe gilt. Solche Maſſenartikel ſind beiſpielsweiſe Achſen, Räder und Radreifen für Eiſenbahnräder. Sie werden in einer beſonderen Werkſtatt — der Räderſchmiede — hergeſtellt. Die Räder ſind theils Speichen-, theils Scheibenräder, während die ſogenannten Schalengußräder — der dritten Art von Eiſenbahnrädern — zu den Formgußarbeiten rangiren. Die Scheibenräder aus Schmiedeeiſen ſind eine Krupp'ſche Specialität. Ein Fachmann (Friedr. C. G. Müller) giebt von deren Herſtellungsweiſe die folgende anſchauliche Schilderung: »Die eine Mannſchaft ſchweißt aus kreuzweiſe gelegten Schmiedeeiſenſtäben eine mitten verdickte, am Rande zugeſchärfte Scheibe mit einem Loch für die Achſe. Bei der zweiten Abtheilung wird dieſe Nabe vor einem langen, ſchmalen Glühofen auf eine Welle befeſtigt. Dann zieht man aus dem Ofen eine glühende Eiſenſchiene mit V-förmigem Querſchnitt, legt ſie mit der hohlen Seite auf die Nabe und wickelt ſie durch Umdrehen auf. Nach drei Um- gängen erfolgt ein zuerſt angeſchweißter Flachſtab, der mit einer Windung den Rand der Scheibe bildet. Die ſo vorbereiteten Räder werden in flachen Oefen zur hohen Weißgluth gebracht und unter einem beſonderen ſchweren Hammer geſchweißt. Dieſer hat einen runden Kopf von der Größe und dem Durchſchnittsprofil der oberen Seite des fertigen Rades. Der Amboßſattel entſpricht ſeinerſeits der unteren Rad- fläche. Das weißglühende Wickelrad wird auf den Amboß gelegt, nach außen durch einen darum gelegten ſtarken Stahlreifen zuſammengehalten und durch einige kräftige Schläge wie Wachs in die Form gedrückt, wobei ſeine Theile feſt verſchweißen. Dieſe Arbeit beſchließt ein richtiger Knalleffect. Ein Arbeiter ſpritzt Waſſer auf das glühende Metall. Beim nächſten Schlag erfolgt eine Detonation wie von einem Böllerſchuß. Der unvorbereitete fremde Beſucher fährt vor Schreck in die Höhe, und ein Lächeln der Befriedigung gleitet über die Geſichter der rußigen Geſellen.« Das zuletzt geſchilderte Experiment hat den Zweck, durch den plötzlich entwickelten Waſſerdampf allen Glühſpan fortzuſchleudern, ſo daß das Rad blank und glatt den Amboß verläßt. Die Radbandagen werden im Hammerwerk nur vorgearbeitet und erfahren im Bandagenwalzwerk ihre Fertigſtellung. Letzteres iſt ein anſehnliches Gebäude von 100 Meter Länge und 60 Meter Breite, in deſſen Mitte zwei Walzwerke ſich befinden, deren eines eine ziemlich ver-

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/177>, abgerufen am 24.11.2024.