Die Entnahme der comprimirten Luft aus der Rohrleitung an den einzelnen Verwendungsstellen geschieht wie bei der Leuchtgasleitung durch Einführung eines Zweigrohres unter Einschaltung eines Meßapparates und ersteres führt (das Dampfrohr vom Dampfkessel ersetzend) zum Motor. Dieser ist in der Regel eine herkömmliche Dampfmaschine, deren Kolben von der gespannten Luft in ähnlicher Weise mit Ausnützung der Expansion betrieben wird, wie es sonst bei Dampf- maschinen geschieht. Dagegen gelangen bei kleinen Motoren unter zwei Pferdestärken Rotationsmaschinen zur Anwendung.
Vor dem Motor sind stets ein Reducirventil und ein kleiner Wind- Erwärmungsofen eingeschaltet. Durch das erstere wird die Pressung von 6 Atmo- sphären in der Hauptrohrleitung auf 4 bis 4 1/2 Atmosphären für den Betrieb herabgedrückt. Der Wind-Erwärmungsofen ist nothwendig, weil die in der Maschine von 4 bis auf 1 Atmosphäre Druck sich ausdehnende Luft hierbei um etwa 70°C. abgekühlt wird; da sie aber feucht erzeugt und verwendet wird, muß sie um den Betrag des neutralen Temperatursturzes vorgewärmt werden, da andernfalls im Ausströmungsrohre sich Eis bilden würde. Die Vorwärmung, welche im Grunde genommen nicht rationell ist, muß für eine Temperatur von 150°C. bemessen werden.
Wir haben nun noch einige Bemerkungen über Ausnützung der Elektricität als motorische Kraft in den maschinellen Einrichtungen hüttentechnischer Betriebe anzubringen. Das Mittel hierzu ist vorzugsweise die elektrische Kraftüber- tragung, d. h. die Ausnützung einer an einem Orte zur Verfügung stehenden Kraft zu mechanischer Arbeit an einem mehr oder weniger weit von ersterem ent- fernten Orte, indem man mechanische Arbeit in elektrischen Strom umwandelt, diesen zur Arbeitsstelle leitet und dort durch eine Maschine wieder in mechanische Arbeit umsetzt. Eine andere Form der elektrischen Uebertragung ist die, daß man an Ort und Stelle selbst die erzeugte Elektricität durch Vertheilung der Kraft, d. h. Abgabe von Betriebskraft an Werkstätten etc., ausnützt. Alle zu diesen Zwecken in Verwendung genommenen Maschinen werden Elektromotoren genannt.
Aus dem eben Gefragten geht hervor, daß die elektrische Uebertragung eigentlich ein ziemlich complicirter Vorgang ist. Man benöthigt einen Motor, der die primäre Maschine in Bewegung setzt, eine secundäre Maschine und die Leitung -- lauter Quellen für ganz bedeutende Kraftverluste, wobei man die verlangte Arbeit erst aus dritter Hand (der secundären Maschine) erhält. Nun liegt aber in der Möglichkeit eine im reichlichen Maße zur Verfügung stehende Naturkraft, die an Ort und Stelle selbst nicht auszunützen ist, einer entfernten Arbeitsstelle zuzuführen, ein so unschätzbarer Vortheil, daß alle anderen Bedenken dagegen verstummen müssen. Freilich kann es sich diesfalls nur um Installationen im großen Style handeln, was auch bezüglich jener Einrichtungen gilt, die von einer Centralstelle aus (z. B. einer großen Dampfmaschine) an eine Anzahl von Arbeitsstellen elektrische Betriebskraft abgeben.
Dritter Abſchnitt.
Die Entnahme der comprimirten Luft aus der Rohrleitung an den einzelnen Verwendungsſtellen geſchieht wie bei der Leuchtgasleitung durch Einführung eines Zweigrohres unter Einſchaltung eines Meßapparates und erſteres führt (das Dampfrohr vom Dampfkeſſel erſetzend) zum Motor. Dieſer iſt in der Regel eine herkömmliche Dampfmaſchine, deren Kolben von der geſpannten Luft in ähnlicher Weiſe mit Ausnützung der Expanſion betrieben wird, wie es ſonſt bei Dampf- maſchinen geſchieht. Dagegen gelangen bei kleinen Motoren unter zwei Pferdeſtärken Rotationsmaſchinen zur Anwendung.
Vor dem Motor ſind ſtets ein Reducirventil und ein kleiner Wind- Erwärmungsofen eingeſchaltet. Durch das erſtere wird die Preſſung von 6 Atmo- ſphären in der Hauptrohrleitung auf 4 bis 4 ½ Atmoſphären für den Betrieb herabgedrückt. Der Wind-Erwärmungsofen iſt nothwendig, weil die in der Maſchine von 4 bis auf 1 Atmoſphäre Druck ſich ausdehnende Luft hierbei um etwa 70°C. abgekühlt wird; da ſie aber feucht erzeugt und verwendet wird, muß ſie um den Betrag des neutralen Temperaturſturzes vorgewärmt werden, da andernfalls im Ausſtrömungsrohre ſich Eis bilden würde. Die Vorwärmung, welche im Grunde genommen nicht rationell iſt, muß für eine Temperatur von 150°C. bemeſſen werden.
Wir haben nun noch einige Bemerkungen über Ausnützung der Elektricität als motoriſche Kraft in den maſchinellen Einrichtungen hüttentechniſcher Betriebe anzubringen. Das Mittel hierzu iſt vorzugsweiſe die elektriſche Kraftüber- tragung, d. h. die Ausnützung einer an einem Orte zur Verfügung ſtehenden Kraft zu mechaniſcher Arbeit an einem mehr oder weniger weit von erſterem ent- fernten Orte, indem man mechaniſche Arbeit in elektriſchen Strom umwandelt, dieſen zur Arbeitsſtelle leitet und dort durch eine Maſchine wieder in mechaniſche Arbeit umſetzt. Eine andere Form der elektriſchen Uebertragung iſt die, daß man an Ort und Stelle ſelbſt die erzeugte Elektricität durch Vertheilung der Kraft, d. h. Abgabe von Betriebskraft an Werkſtätten ꝛc., ausnützt. Alle zu dieſen Zwecken in Verwendung genommenen Maſchinen werden Elektromotoren genannt.
Aus dem eben Gefragten geht hervor, daß die elektriſche Uebertragung eigentlich ein ziemlich complicirter Vorgang iſt. Man benöthigt einen Motor, der die primäre Maſchine in Bewegung ſetzt, eine ſecundäre Maſchine und die Leitung — lauter Quellen für ganz bedeutende Kraftverluſte, wobei man die verlangte Arbeit erſt aus dritter Hand (der ſecundären Maſchine) erhält. Nun liegt aber in der Möglichkeit eine im reichlichen Maße zur Verfügung ſtehende Naturkraft, die an Ort und Stelle ſelbſt nicht auszunützen iſt, einer entfernten Arbeitsſtelle zuzuführen, ein ſo unſchätzbarer Vortheil, daß alle anderen Bedenken dagegen verſtummen müſſen. Freilich kann es ſich diesfalls nur um Inſtallationen im großen Style handeln, was auch bezüglich jener Einrichtungen gilt, die von einer Centralſtelle aus (z. B. einer großen Dampfmaſchine) an eine Anzahl von Arbeitsſtellen elektriſche Betriebskraft abgeben.
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Dritter Abſchnitt.
Die Entnahme der comprimirten Luft aus der Rohrleitung an den einzelnen
Verwendungsſtellen geſchieht wie bei der Leuchtgasleitung durch Einführung eines
Zweigrohres unter Einſchaltung eines Meßapparates und erſteres führt (das
Dampfrohr vom Dampfkeſſel erſetzend) zum Motor. Dieſer iſt in der Regel eine
herkömmliche Dampfmaſchine, deren Kolben von der geſpannten Luft in ähnlicher
Weiſe mit Ausnützung der Expanſion betrieben wird, wie es ſonſt bei Dampf-
maſchinen geſchieht. Dagegen gelangen bei kleinen Motoren unter zwei Pferdeſtärken
Rotationsmaſchinen zur Anwendung.
Vor dem Motor ſind ſtets ein Reducirventil und ein kleiner Wind-
Erwärmungsofen eingeſchaltet. Durch das erſtere wird die Preſſung von 6 Atmo-
ſphären in der Hauptrohrleitung auf 4 bis 4 ½ Atmoſphären für den Betrieb
herabgedrückt. Der Wind-Erwärmungsofen iſt nothwendig, weil die in der Maſchine
von 4 bis auf 1 Atmoſphäre Druck ſich ausdehnende Luft hierbei um etwa 70°C.
abgekühlt wird; da ſie aber feucht erzeugt und verwendet wird, muß ſie um den
Betrag des neutralen Temperaturſturzes vorgewärmt werden, da andernfalls im
Ausſtrömungsrohre ſich Eis bilden würde. Die Vorwärmung, welche im Grunde
genommen nicht rationell iſt, muß für eine Temperatur von 150°C. bemeſſen
werden.
Wir haben nun noch einige Bemerkungen über Ausnützung der Elektricität
als motoriſche Kraft in den maſchinellen Einrichtungen hüttentechniſcher Betriebe
anzubringen. Das Mittel hierzu iſt vorzugsweiſe die elektriſche Kraftüber-
tragung, d. h. die Ausnützung einer an einem Orte zur Verfügung ſtehenden
Kraft zu mechaniſcher Arbeit an einem mehr oder weniger weit von erſterem ent-
fernten Orte, indem man mechaniſche Arbeit in elektriſchen Strom umwandelt,
dieſen zur Arbeitsſtelle leitet und dort durch eine Maſchine wieder in mechaniſche
Arbeit umſetzt. Eine andere Form der elektriſchen Uebertragung iſt die, daß man
an Ort und Stelle ſelbſt die erzeugte Elektricität durch Vertheilung der Kraft, d. h.
Abgabe von Betriebskraft an Werkſtätten ꝛc., ausnützt. Alle zu dieſen Zwecken in
Verwendung genommenen Maſchinen werden Elektromotoren genannt.
Aus dem eben Gefragten geht hervor, daß die elektriſche Uebertragung
eigentlich ein ziemlich complicirter Vorgang iſt. Man benöthigt einen Motor, der
die primäre Maſchine in Bewegung ſetzt, eine ſecundäre Maſchine und die Leitung —
lauter Quellen für ganz bedeutende Kraftverluſte, wobei man die verlangte Arbeit
erſt aus dritter Hand (der ſecundären Maſchine) erhält. Nun liegt aber in der
Möglichkeit eine im reichlichen Maße zur Verfügung ſtehende Naturkraft, die an
Ort und Stelle ſelbſt nicht auszunützen iſt, einer entfernten Arbeitsſtelle zuzuführen,
ein ſo unſchätzbarer Vortheil, daß alle anderen Bedenken dagegen verſtummen
müſſen. Freilich kann es ſich diesfalls nur um Inſtallationen im großen Style
handeln, was auch bezüglich jener Einrichtungen gilt, die von einer Centralſtelle
aus (z. B. einer großen Dampfmaſchine) an eine Anzahl von Arbeitsſtellen elektriſche
Betriebskraft abgeben.
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/274>, abgerufen am 21.11.2024.
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