nichts besseres thun, als uns auszugsweise an diesen interessanten Bericht anzuschließen.
[Abbildung]
Fig. 239.
Bonner Straßenbrücke.
Professor Krohn führt zunächst aus, daß bei den bis zur Ausschreibung des Bonner Wettbewerbes erbauten Rhein- brücken Spannweiten bis etwa 100 Meter vorkamen. Wir haben weiter oben vernommen, daß für die Bonner Straßen- brücke die Bedingung einer größten Spannweite von 150 Meter gestellt war, was nach den Erfahrungen, die man bei der Levensauerbrücke gemacht hatte, keine übertriebene Forderung war. Das bedungene Maß der Spannweite wurde aber aus ästhetischen Gründen in dem Entwurfe Krohn's noch ganz bedeutend überschritten. Da nämlich der Schiffahrtweg von 150 Meter Breite, der freigehalten werden sollte, nicht in der Mitte des Stromes, sondern näher zum linksseitigen Ufer liegt, stand man vor der Wahl, entweder eine Brücke zu entwerfen, deren Pfeiler unsymmetrisch zur Strommitte gestellt waren, oder mit der Spannweite der Mittelöffnung über das vorgeschriebene Maß noch ganz wesentlich, nämlich bis auf etwa 195 Meter, hinauszugehen und an beiden Seiten je eine kleinere Brückenöffnung von etwa 100 Meter Weite anzu- schließen.
Diese Erwägung war begründet, wenn man bedenkt, daß die geplante Brücke gleichsam das Eingangsthor zu dem lieblichen Siebengebirge und dem romantischen Rheingau bildet und hier alljährlich ein Strom von einheimischen und fremd- ländischen Besuchern vorüberfluthet. Es fragte sich aber, ob und wie es möglich sein werde, die vorschwebende Aufgabe in Rücksicht auf die ungeheuere Spannweite von 195 Meter technisch zu lösen. Die vorhandenen Schwierigkeiten machten sich nach zwei Richtungen geltend. In erster Linie kam es darauf an, die Kosten des eisernen Unterbaues in solchen Grenzen zu halten, daß die Ausführung nicht durch die er- forderlichen Geldmittel in Frage gestellt werde. Zweitens handelte es sich darum, ob es gelingen werde, für die Ueber- spannung der großen Mittelweite ein Trägersystem zu finden, das durch seine Linienführung einen schönen, befriedigenden Eindruck hervorruft. Es war also die Bogenform in erster Linie ins Auge zu fassen. Die Höhenverhältnisse der Brücke schlossen es aus, die tragende Construction vollständig unterhalb der Fahrbahn anzuordnen. Andererseits kann eine Ausbildung, bei der die Bogenconstruction von der Fahrbahn durchschnitten wird, nicht einwurfsfrei sein, da die reine Bogenlinie
Zweiter Abſchnitt.
nichts beſſeres thun, als uns auszugsweiſe an dieſen intereſſanten Bericht anzuſchließen.
[Abbildung]
Fig. 239.
Bonner Straßenbrücke.
Profeſſor Krohn führt zunächſt aus, daß bei den bis zur Ausſchreibung des Bonner Wettbewerbes erbauten Rhein- brücken Spannweiten bis etwa 100 Meter vorkamen. Wir haben weiter oben vernommen, daß für die Bonner Straßen- brücke die Bedingung einer größten Spannweite von 150 Meter geſtellt war, was nach den Erfahrungen, die man bei der Levensauerbrücke gemacht hatte, keine übertriebene Forderung war. Das bedungene Maß der Spannweite wurde aber aus äſthetiſchen Gründen in dem Entwurfe Krohn's noch ganz bedeutend überſchritten. Da nämlich der Schiffahrtweg von 150 Meter Breite, der freigehalten werden ſollte, nicht in der Mitte des Stromes, ſondern näher zum linksſeitigen Ufer liegt, ſtand man vor der Wahl, entweder eine Brücke zu entwerfen, deren Pfeiler unſymmetriſch zur Strommitte geſtellt waren, oder mit der Spannweite der Mittelöffnung über das vorgeſchriebene Maß noch ganz weſentlich, nämlich bis auf etwa 195 Meter, hinauszugehen und an beiden Seiten je eine kleinere Brückenöffnung von etwa 100 Meter Weite anzu- ſchließen.
Dieſe Erwägung war begründet, wenn man bedenkt, daß die geplante Brücke gleichſam das Eingangsthor zu dem lieblichen Siebengebirge und dem romantiſchen Rheingau bildet und hier alljährlich ein Strom von einheimiſchen und fremd- ländiſchen Beſuchern vorüberfluthet. Es fragte ſich aber, ob und wie es möglich ſein werde, die vorſchwebende Aufgabe in Rückſicht auf die ungeheuere Spannweite von 195 Meter techniſch zu löſen. Die vorhandenen Schwierigkeiten machten ſich nach zwei Richtungen geltend. In erſter Linie kam es darauf an, die Koſten des eiſernen Unterbaues in ſolchen Grenzen zu halten, daß die Ausführung nicht durch die er- forderlichen Geldmittel in Frage geſtellt werde. Zweitens handelte es ſich darum, ob es gelingen werde, für die Ueber- ſpannung der großen Mittelweite ein Trägerſyſtem zu finden, das durch ſeine Linienführung einen ſchönen, befriedigenden Eindruck hervorruft. Es war alſo die Bogenform in erſter Linie ins Auge zu faſſen. Die Höhenverhältniſſe der Brücke ſchloſſen es aus, die tragende Conſtruction vollſtändig unterhalb der Fahrbahn anzuordnen. Andererſeits kann eine Ausbildung, bei der die Bogenconſtruction von der Fahrbahn durchſchnitten wird, nicht einwurfsfrei ſein, da die reine Bogenlinie
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Zweiter Abſchnitt.
nichts beſſeres thun, als uns auszugsweiſe an dieſen intereſſanten Bericht
anzuſchließen.
[Abbildung Fig. 239. Bonner Straßenbrücke.]
Profeſſor Krohn führt zunächſt aus, daß bei den bis
zur Ausſchreibung des Bonner Wettbewerbes erbauten Rhein-
brücken Spannweiten bis etwa 100 Meter vorkamen. Wir
haben weiter oben vernommen, daß für die Bonner Straßen-
brücke die Bedingung einer größten Spannweite von 150
Meter geſtellt war, was nach den Erfahrungen, die man bei
der Levensauerbrücke gemacht hatte, keine übertriebene Forderung
war. Das bedungene Maß der Spannweite wurde aber aus
äſthetiſchen Gründen in dem Entwurfe Krohn's noch ganz
bedeutend überſchritten. Da nämlich der Schiffahrtweg von
150 Meter Breite, der freigehalten werden ſollte, nicht in der
Mitte des Stromes, ſondern näher zum linksſeitigen Ufer
liegt, ſtand man vor der Wahl, entweder eine Brücke zu
entwerfen, deren Pfeiler unſymmetriſch zur Strommitte geſtellt
waren, oder mit der Spannweite der Mittelöffnung über das
vorgeſchriebene Maß noch ganz weſentlich, nämlich bis auf
etwa 195 Meter, hinauszugehen und an beiden Seiten je eine
kleinere Brückenöffnung von etwa 100 Meter Weite anzu-
ſchließen.
Dieſe Erwägung war begründet, wenn man bedenkt,
daß die geplante Brücke gleichſam das Eingangsthor zu dem
lieblichen Siebengebirge und dem romantiſchen Rheingau bildet
und hier alljährlich ein Strom von einheimiſchen und fremd-
ländiſchen Beſuchern vorüberfluthet. Es fragte ſich aber, ob
und wie es möglich ſein werde, die vorſchwebende Aufgabe
in Rückſicht auf die ungeheuere Spannweite von 195 Meter
techniſch zu löſen. Die vorhandenen Schwierigkeiten machten
ſich nach zwei Richtungen geltend. In erſter Linie kam es
darauf an, die Koſten des eiſernen Unterbaues in ſolchen
Grenzen zu halten, daß die Ausführung nicht durch die er-
forderlichen Geldmittel in Frage geſtellt werde. Zweitens
handelte es ſich darum, ob es gelingen werde, für die Ueber-
ſpannung der großen Mittelweite ein Trägerſyſtem zu finden,
das durch ſeine Linienführung einen ſchönen, befriedigenden
Eindruck hervorruft. Es war alſo die Bogenform in erſter
Linie ins Auge zu faſſen. Die Höhenverhältniſſe der Brücke
ſchloſſen es aus, die tragende Conſtruction vollſtändig unterhalb der Fahrbahn
anzuordnen. Andererſeits kann eine Ausbildung, bei der die Bogenconſtruction von
der Fahrbahn durchſchnitten wird, nicht einwurfsfrei ſein, da die reine Bogenlinie
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/324>, abgerufen am 21.11.2024.
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