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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Der eiserne Brückenbau.
nehmen, der alle Welt überraschte. Für kleinere Spannweiten wurde das System
der genieteten Träger beibehalten, während für größere Spannweiten nach den Vor-
bildern der bewährten Holzconstructionen neue Systeme für die Durchführung in
Eisen geschaffen wurden. Bezüglich des verwendeten Materiales machten sich jenseits
des Oceans dieselben Erfahrungen geltend wie in Europa. Trotz der ausgezeichneten
Qualität des amerikanischen Gußeisens, das zu Beginn im Brückenbau eine große
Rolle spielte, zeigte es sich in der Folge, daß dieses Material viel zu sehr dem
Bruche ausgesetzt ist, um selbst rationell construirten Systemen dienlich zu sein.
Trotzdem fand das Gußeisen nach wie vor warme Fürsprache und der berühmte
Brückenbautechniker Bolzano war noch vor zwei Jahrzehnten der Ansicht, daß
ersteren durchaus nicht jenes besorgnißerregende Moment innewohne, als man
allgemein zu glauben geneigt ist. Es seien Fälle vorgekommen, daß die Träger von
den Widerlagern stürzten, hierbei aber die einzelnen Gußstücke ganz unverletzt
blieben und abermals verwendet werden konnten.

Was das für den Brückenbau zur Verwendung kommende Schmiedeeisen an-
betrifft, fabriciren die großen Etablissements zu diesem Zwecke eine eigene Sorte,
und einige derselben gehen so weit, daß sie von der Bearbeitung des Erzes bis
zur vollendeten Brücke in einheitlicher Weise vorgehen. Es geschieht dies vornehmlich
bei Erzeugung der Barren, deren Packetirung und Auswalzung mit großer Sorg-
falt, weniger umständlich freilich was die Festigkeitsproben anbetrifft, geschieht. Ein
nicht zu unterschätzender Vortheil der in der Union vorkommenden Caliber besteht
in der großen Mannigfaltigkeit der Form, die sie gegenüber den zu analogen
Zwecken in Europa zur Anwendung kommenden zeigen.

Stahl hat in Amerika zunächst wohl für Seilbrücken Verwendung gefunden,
bis Eads dieses Material bei seiner gewaltigen St. Louisbrücke zum erstenmale
in großartigem Maßstabe verwerthete. Indessen erhoben einige hervorragende
Brückenbauanstalten Bedenken rücksichtlich einer ins Große gehenden Verwendung
des Stahles, und zwar mit der Begründung, daß außer für Druckglieder langer
Spannweiten, bei denen die todte Last den Haupteinfluß auf die Beanspruchung
nimmt, die Benützung des Stahles nicht vortheilhaft sei. Es ist bezeichnend, daß
Röbling beim Baue der großartigen Brooklynbrücke, auf die wir noch zu
sprechen kommen, sich zur Verankerung der Kabel für Kettenglieder aus Schmiede-
eisen entschied, nachdem eine Probe mit einer Stahlbarre im Krupp'schen Etablisse-
ment ein befriedigendes Resultat nicht ergeben hatte.

Charakteristisch für die amerikanischen Eisenbrücken ist die Art der Monti-
rung, d. h. der Verbindung der einzelnen Theile, welche in Europa bekanntlich
durchwegs mit Nieten, in der Union hingegen in den meisten Fällen mit Gelenk-
bolzen
erfolgt. Bei letzterem Vorgange erhalten die Verbindungspunkte der Brücken-
träger je einen einzigen entsprechend stark construirten Gelenkbolzen, über welche
die an ihren Enden mit Löchern (Augen) versehenen und demgemäß daselbst etwas
stärker dimensionirten Stäbe einfach überschoben werden (Knotenverbindungen).

Der eiſerne Brückenbau.
nehmen, der alle Welt überraſchte. Für kleinere Spannweiten wurde das Syſtem
der genieteten Träger beibehalten, während für größere Spannweiten nach den Vor-
bildern der bewährten Holzconſtructionen neue Syſteme für die Durchführung in
Eiſen geſchaffen wurden. Bezüglich des verwendeten Materiales machten ſich jenſeits
des Oceans dieſelben Erfahrungen geltend wie in Europa. Trotz der ausgezeichneten
Qualität des amerikaniſchen Gußeiſens, das zu Beginn im Brückenbau eine große
Rolle ſpielte, zeigte es ſich in der Folge, daß dieſes Material viel zu ſehr dem
Bruche ausgeſetzt iſt, um ſelbſt rationell conſtruirten Syſtemen dienlich zu ſein.
Trotzdem fand das Gußeiſen nach wie vor warme Fürſprache und der berühmte
Brückenbautechniker Bolzano war noch vor zwei Jahrzehnten der Anſicht, daß
erſteren durchaus nicht jenes beſorgnißerregende Moment innewohne, als man
allgemein zu glauben geneigt iſt. Es ſeien Fälle vorgekommen, daß die Träger von
den Widerlagern ſtürzten, hierbei aber die einzelnen Gußſtücke ganz unverletzt
blieben und abermals verwendet werden konnten.

Was das für den Brückenbau zur Verwendung kommende Schmiedeeiſen an-
betrifft, fabriciren die großen Etabliſſements zu dieſem Zwecke eine eigene Sorte,
und einige derſelben gehen ſo weit, daß ſie von der Bearbeitung des Erzes bis
zur vollendeten Brücke in einheitlicher Weiſe vorgehen. Es geſchieht dies vornehmlich
bei Erzeugung der Barren, deren Packetirung und Auswalzung mit großer Sorg-
falt, weniger umſtändlich freilich was die Feſtigkeitsproben anbetrifft, geſchieht. Ein
nicht zu unterſchätzender Vortheil der in der Union vorkommenden Caliber beſteht
in der großen Mannigfaltigkeit der Form, die ſie gegenüber den zu analogen
Zwecken in Europa zur Anwendung kommenden zeigen.

Stahl hat in Amerika zunächſt wohl für Seilbrücken Verwendung gefunden,
bis Eads dieſes Material bei ſeiner gewaltigen St. Louisbrücke zum erſtenmale
in großartigem Maßſtabe verwerthete. Indeſſen erhoben einige hervorragende
Brückenbauanſtalten Bedenken rückſichtlich einer ins Große gehenden Verwendung
des Stahles, und zwar mit der Begründung, daß außer für Druckglieder langer
Spannweiten, bei denen die todte Laſt den Haupteinfluß auf die Beanſpruchung
nimmt, die Benützung des Stahles nicht vortheilhaft ſei. Es iſt bezeichnend, daß
Röbling beim Baue der großartigen Brooklynbrücke, auf die wir noch zu
ſprechen kommen, ſich zur Verankerung der Kabel für Kettenglieder aus Schmiede-
eiſen entſchied, nachdem eine Probe mit einer Stahlbarre im Krupp'ſchen Etabliſſe-
ment ein befriedigendes Reſultat nicht ergeben hatte.

Charakteriſtiſch für die amerikaniſchen Eiſenbrücken iſt die Art der Monti-
rung, d. h. der Verbindung der einzelnen Theile, welche in Europa bekanntlich
durchwegs mit Nieten, in der Union hingegen in den meiſten Fällen mit Gelenk-
bolzen
erfolgt. Bei letzterem Vorgange erhalten die Verbindungspunkte der Brücken-
träger je einen einzigen entſprechend ſtark conſtruirten Gelenkbolzen, über welche
die an ihren Enden mit Löchern (Augen) verſehenen und demgemäß daſelbſt etwas
ſtärker dimenſionirten Stäbe einfach überſchoben werden (Knotenverbindungen).

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[313/0353] Der eiſerne Brückenbau. nehmen, der alle Welt überraſchte. Für kleinere Spannweiten wurde das Syſtem der genieteten Träger beibehalten, während für größere Spannweiten nach den Vor- bildern der bewährten Holzconſtructionen neue Syſteme für die Durchführung in Eiſen geſchaffen wurden. Bezüglich des verwendeten Materiales machten ſich jenſeits des Oceans dieſelben Erfahrungen geltend wie in Europa. Trotz der ausgezeichneten Qualität des amerikaniſchen Gußeiſens, das zu Beginn im Brückenbau eine große Rolle ſpielte, zeigte es ſich in der Folge, daß dieſes Material viel zu ſehr dem Bruche ausgeſetzt iſt, um ſelbſt rationell conſtruirten Syſtemen dienlich zu ſein. Trotzdem fand das Gußeiſen nach wie vor warme Fürſprache und der berühmte Brückenbautechniker Bolzano war noch vor zwei Jahrzehnten der Anſicht, daß erſteren durchaus nicht jenes beſorgnißerregende Moment innewohne, als man allgemein zu glauben geneigt iſt. Es ſeien Fälle vorgekommen, daß die Träger von den Widerlagern ſtürzten, hierbei aber die einzelnen Gußſtücke ganz unverletzt blieben und abermals verwendet werden konnten. Was das für den Brückenbau zur Verwendung kommende Schmiedeeiſen an- betrifft, fabriciren die großen Etabliſſements zu dieſem Zwecke eine eigene Sorte, und einige derſelben gehen ſo weit, daß ſie von der Bearbeitung des Erzes bis zur vollendeten Brücke in einheitlicher Weiſe vorgehen. Es geſchieht dies vornehmlich bei Erzeugung der Barren, deren Packetirung und Auswalzung mit großer Sorg- falt, weniger umſtändlich freilich was die Feſtigkeitsproben anbetrifft, geſchieht. Ein nicht zu unterſchätzender Vortheil der in der Union vorkommenden Caliber beſteht in der großen Mannigfaltigkeit der Form, die ſie gegenüber den zu analogen Zwecken in Europa zur Anwendung kommenden zeigen. Stahl hat in Amerika zunächſt wohl für Seilbrücken Verwendung gefunden, bis Eads dieſes Material bei ſeiner gewaltigen St. Louisbrücke zum erſtenmale in großartigem Maßſtabe verwerthete. Indeſſen erhoben einige hervorragende Brückenbauanſtalten Bedenken rückſichtlich einer ins Große gehenden Verwendung des Stahles, und zwar mit der Begründung, daß außer für Druckglieder langer Spannweiten, bei denen die todte Laſt den Haupteinfluß auf die Beanſpruchung nimmt, die Benützung des Stahles nicht vortheilhaft ſei. Es iſt bezeichnend, daß Röbling beim Baue der großartigen Brooklynbrücke, auf die wir noch zu ſprechen kommen, ſich zur Verankerung der Kabel für Kettenglieder aus Schmiede- eiſen entſchied, nachdem eine Probe mit einer Stahlbarre im Krupp'ſchen Etabliſſe- ment ein befriedigendes Reſultat nicht ergeben hatte. Charakteriſtiſch für die amerikaniſchen Eiſenbrücken iſt die Art der Monti- rung, d. h. der Verbindung der einzelnen Theile, welche in Europa bekanntlich durchwegs mit Nieten, in der Union hingegen in den meiſten Fällen mit Gelenk- bolzen erfolgt. Bei letzterem Vorgange erhalten die Verbindungspunkte der Brücken- träger je einen einzigen entſprechend ſtark conſtruirten Gelenkbolzen, über welche die an ihren Enden mit Löchern (Augen) verſehenen und demgemäß daſelbſt etwas ſtärker dimenſionirten Stäbe einfach überſchoben werden (Knotenverbindungen).

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/353>, abgerufen am 21.11.2024.