Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite
Erster Abschnitt.

Um nun wieder auf das Doppelschraubensystem zurückzukommen, wurde
bereits vor Jahren in Fachkreisen die Meinung ausgesprochen, daß keine noch so gut
hergestellte Schraubenwelle im Stande sei, auf die Dauer die 12.000--13.000 Pferde-
kräfte der Schraube zu übermitteln. Sie werden in ihrer Structur nach und nach
zerstört und dadurch dem Brechen ausgesetzt sein. In mehreren Fällen ist diese
Voraussetzung bei Einschrauben-Schnelldampfern eingetreten, die dann hilflos nach
anderen Schiffen aussehen mußten, um sich in einen Hafen schleppen zu lassen,
wenn sie selbst von größerem Unglück bewahrt blieben. Der Doppelschraubendampfer
kann in eine solche Lage nur kommen, wenn er an beiden Maschinen zugleich

[Abbildung] Fig. 314.

Dampfsteuerapparat.

Schaden nimmt, was sehr unwahrscheinlich ist. Ist einer Maschine, Welle oder
Schraube ein Unfall zugestoßen, so fährt das Schiff zwar etwas langsamer, aber
vollkommen sicher mit der zweiten weiter und kann in aller Ruhe die Beseitigung
des Schadens unternehmen, soweit es die Mittel an Bord gestatten.

Daneben besitzen die Doppelschraubendampfer eine ungleich größere Manövrir-
fähigkeit als die nur mit einer Schraube versehenen. Das ist auch jedem Laien
einleuchtend. Der Capitän hat es ganz in der Hand, zu gleicher Zeit die eine
Schraube vorwärts, die andere rückwärts arbeiten zu lassen, so daß sich das Schiff
auf der Stelle dreht. Das Ausweichen in der Fahrt wird dadurch in jeder Weise
erleichtert, das Schiff gehorcht dem Willen des Führers sofort, während ein vor-
wärtsstürmender Einschraubendampfer noch hunderte Meter fortgleitet, ehe eine
merkliche Aenderung der Richtung erfolgen kann. Wer einmal Gelegenheit gehabt

Erſter Abſchnitt.

Um nun wieder auf das Doppelſchraubenſyſtem zurückzukommen, wurde
bereits vor Jahren in Fachkreiſen die Meinung ausgeſprochen, daß keine noch ſo gut
hergeſtellte Schraubenwelle im Stande ſei, auf die Dauer die 12.000—13.000 Pferde-
kräfte der Schraube zu übermitteln. Sie werden in ihrer Structur nach und nach
zerſtört und dadurch dem Brechen ausgeſetzt ſein. In mehreren Fällen iſt dieſe
Vorausſetzung bei Einſchrauben-Schnelldampfern eingetreten, die dann hilflos nach
anderen Schiffen ausſehen mußten, um ſich in einen Hafen ſchleppen zu laſſen,
wenn ſie ſelbſt von größerem Unglück bewahrt blieben. Der Doppelſchraubendampfer
kann in eine ſolche Lage nur kommen, wenn er an beiden Maſchinen zugleich

[Abbildung] Fig. 314.

Dampfſteuerapparat.

Schaden nimmt, was ſehr unwahrſcheinlich iſt. Iſt einer Maſchine, Welle oder
Schraube ein Unfall zugeſtoßen, ſo fährt das Schiff zwar etwas langſamer, aber
vollkommen ſicher mit der zweiten weiter und kann in aller Ruhe die Beſeitigung
des Schadens unternehmen, ſoweit es die Mittel an Bord geſtatten.

Daneben beſitzen die Doppelſchraubendampfer eine ungleich größere Manövrir-
fähigkeit als die nur mit einer Schraube verſehenen. Das iſt auch jedem Laien
einleuchtend. Der Capitän hat es ganz in der Hand, zu gleicher Zeit die eine
Schraube vorwärts, die andere rückwärts arbeiten zu laſſen, ſo daß ſich das Schiff
auf der Stelle dreht. Das Ausweichen in der Fahrt wird dadurch in jeder Weiſe
erleichtert, das Schiff gehorcht dem Willen des Führers ſofort, während ein vor-
wärtsſtürmender Einſchraubendampfer noch hunderte Meter fortgleitet, ehe eine
merkliche Aenderung der Richtung erfolgen kann. Wer einmal Gelegenheit gehabt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0424" n="382"/>
            <fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
            <p>Um nun wieder auf das Doppel&#x017F;chrauben&#x017F;y&#x017F;tem zurückzukommen, wurde<lb/>
bereits vor Jahren in Fachkrei&#x017F;en die Meinung ausge&#x017F;prochen, daß keine noch &#x017F;o gut<lb/>
herge&#x017F;tellte Schraubenwelle im Stande &#x017F;ei, auf die Dauer die 12.000&#x2014;13.000 Pferde-<lb/>
kräfte der Schraube zu übermitteln. Sie werden in ihrer Structur nach und nach<lb/>
zer&#x017F;tört und dadurch dem Brechen ausge&#x017F;etzt &#x017F;ein. In mehreren Fällen i&#x017F;t die&#x017F;e<lb/>
Voraus&#x017F;etzung bei Ein&#x017F;chrauben-Schnelldampfern eingetreten, die dann hilflos nach<lb/>
anderen Schiffen aus&#x017F;ehen mußten, um &#x017F;ich in einen Hafen &#x017F;chleppen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenn &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t von größerem Unglück bewahrt blieben. Der Doppel&#x017F;chraubendampfer<lb/>
kann in eine &#x017F;olche Lage nur kommen, wenn er an beiden Ma&#x017F;chinen zugleich<lb/><figure><head>Fig. 314.</head><p> Dampf&#x017F;teuerapparat.</p></figure><lb/>
Schaden nimmt, was &#x017F;ehr unwahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t. I&#x017F;t <hi rendition="#g">einer</hi> Ma&#x017F;chine, Welle oder<lb/>
Schraube ein Unfall zuge&#x017F;toßen, &#x017F;o fährt das Schiff zwar etwas lang&#x017F;amer, aber<lb/>
vollkommen &#x017F;icher mit der zweiten weiter und kann in aller Ruhe die Be&#x017F;eitigung<lb/>
des Schadens unternehmen, &#x017F;oweit es die Mittel an Bord ge&#x017F;tatten.</p><lb/>
            <p>Daneben be&#x017F;itzen die Doppel&#x017F;chraubendampfer eine ungleich größere Manövrir-<lb/>
fähigkeit als die nur mit einer Schraube ver&#x017F;ehenen. Das i&#x017F;t auch jedem Laien<lb/>
einleuchtend. Der Capitän hat es ganz in der Hand, zu gleicher Zeit die eine<lb/>
Schraube vorwärts, die andere rückwärts arbeiten zu la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o daß &#x017F;ich das Schiff<lb/>
auf der Stelle dreht. Das Ausweichen in der Fahrt wird dadurch in jeder Wei&#x017F;e<lb/>
erleichtert, das Schiff gehorcht dem Willen des Führers &#x017F;ofort, während ein vor-<lb/>
wärts&#x017F;türmender Ein&#x017F;chraubendampfer noch hunderte Meter fortgleitet, ehe eine<lb/>
merkliche Aenderung der Richtung erfolgen kann. Wer einmal Gelegenheit gehabt<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[382/0424] Erſter Abſchnitt. Um nun wieder auf das Doppelſchraubenſyſtem zurückzukommen, wurde bereits vor Jahren in Fachkreiſen die Meinung ausgeſprochen, daß keine noch ſo gut hergeſtellte Schraubenwelle im Stande ſei, auf die Dauer die 12.000—13.000 Pferde- kräfte der Schraube zu übermitteln. Sie werden in ihrer Structur nach und nach zerſtört und dadurch dem Brechen ausgeſetzt ſein. In mehreren Fällen iſt dieſe Vorausſetzung bei Einſchrauben-Schnelldampfern eingetreten, die dann hilflos nach anderen Schiffen ausſehen mußten, um ſich in einen Hafen ſchleppen zu laſſen, wenn ſie ſelbſt von größerem Unglück bewahrt blieben. Der Doppelſchraubendampfer kann in eine ſolche Lage nur kommen, wenn er an beiden Maſchinen zugleich [Abbildung Fig. 314. Dampfſteuerapparat.] Schaden nimmt, was ſehr unwahrſcheinlich iſt. Iſt einer Maſchine, Welle oder Schraube ein Unfall zugeſtoßen, ſo fährt das Schiff zwar etwas langſamer, aber vollkommen ſicher mit der zweiten weiter und kann in aller Ruhe die Beſeitigung des Schadens unternehmen, ſoweit es die Mittel an Bord geſtatten. Daneben beſitzen die Doppelſchraubendampfer eine ungleich größere Manövrir- fähigkeit als die nur mit einer Schraube verſehenen. Das iſt auch jedem Laien einleuchtend. Der Capitän hat es ganz in der Hand, zu gleicher Zeit die eine Schraube vorwärts, die andere rückwärts arbeiten zu laſſen, ſo daß ſich das Schiff auf der Stelle dreht. Das Ausweichen in der Fahrt wird dadurch in jeder Weiſe erleichtert, das Schiff gehorcht dem Willen des Führers ſofort, während ein vor- wärtsſtürmender Einſchraubendampfer noch hunderte Meter fortgleitet, ehe eine merkliche Aenderung der Richtung erfolgen kann. Wer einmal Gelegenheit gehabt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/424
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/424>, abgerufen am 25.11.2024.