Obwohl die unter dieser allgemeinen Bezeichnung zusammengefaßten Vehikel in Bezug auf ihre mannigfachen Constructionsweisen (Automobilen, Autocars, Autocabs, Accumobilen, Straßenfuhrwerk ohne Pferde u. s. w.) der allerjüngsten Zeit angehören, indem sie sich gewissermaßen der Entwickelung des Fahrrades anschlossen, reichen auch bei ihnen die ersten Anfänge weit zurück. In dieser Beziehung sind beispielsweise die mit Dampf betriebenen Straßenwagen älter als die Eisenbahnen, als deren unmittelbare Vorläufer sie angesehen werden müssen.
Der Erste, welcher die Möglichkeit, Vehikel mittelst Dampf in Bewegung zu setzen, erfaßte, war Savery. Eine ähnliche Idee hatte ein Jugendfreund und Studiengenosse Watt's, der Glasgower Student Robinson. Unabhängig von ihnen hatte der Franzose Cugnot einen "Dampfwagen" construirt, welcher bereits die Rudimente der nachmaligen Locomotive enthielt. Das merkwürdige Vehikel, welches derzeit im Conservatoire des arts et metiers in Paris aufbewahrt wird und das nachweislich die älteste Form eines mit Dampf betriebenen Locomotions- mittels ist, lief zum erstenmale im Jahre 1769 in den Straßen von Paris. Die Erfindung machte begreiflicherweise ungeheures Aufsehen. Namentlich interessirten sich die Militärs für dieselbe, da sie der Ansicht waren, daß mit diesem Dampf- wagen selbst größere Geschütze zu transportiren wären.
Ihren wesentlichsten Organen nach bestand Cugnot's Maschine aus einem Wagengestelle mit drei Rädern, von denen die zwei rückwärtigen Laufräder, das vordere ein Treibrad war. Der Dampfkessel hing frei vor dem Treibrade und stand in Verbindung mit zwei aufrechtstehenden Dampfcylindern, in welchen der Motor nur auf einer Seite jedes Kolbens wirkte. Der Mechanismus zur Regu- lirung des abwechselnden Kolbenhubes war ziemlich complicirt, aber in Anbetracht der vollständigen Neuheit der Erfindung genial ersonnen. Das merkwürdigste Organ dieses Mechanismus war jene Hebelübersetzung, welche die wechselseitige
Zweiter Abſchnitt.
Die Motorwagen.
Obwohl die unter dieſer allgemeinen Bezeichnung zuſammengefaßten Vehikel in Bezug auf ihre mannigfachen Conſtructionsweiſen (Automobilen, Autocars, Autocabs, Accumobilen, Straßenfuhrwerk ohne Pferde u. ſ. w.) der allerjüngſten Zeit angehören, indem ſie ſich gewiſſermaßen der Entwickelung des Fahrrades anſchloſſen, reichen auch bei ihnen die erſten Anfänge weit zurück. In dieſer Beziehung ſind beiſpielsweiſe die mit Dampf betriebenen Straßenwagen älter als die Eiſenbahnen, als deren unmittelbare Vorläufer ſie angeſehen werden müſſen.
Der Erſte, welcher die Möglichkeit, Vehikel mittelſt Dampf in Bewegung zu ſetzen, erfaßte, war Savery. Eine ähnliche Idee hatte ein Jugendfreund und Studiengenoſſe Watt's, der Glasgower Student Robinſon. Unabhängig von ihnen hatte der Franzoſe Cugnot einen »Dampfwagen« conſtruirt, welcher bereits die Rudimente der nachmaligen Locomotive enthielt. Das merkwürdige Vehikel, welches derzeit im Conservatoire des arts et metiers in Paris aufbewahrt wird und das nachweislich die älteſte Form eines mit Dampf betriebenen Locomotions- mittels iſt, lief zum erſtenmale im Jahre 1769 in den Straßen von Paris. Die Erfindung machte begreiflicherweiſe ungeheures Aufſehen. Namentlich intereſſirten ſich die Militärs für dieſelbe, da ſie der Anſicht waren, daß mit dieſem Dampf- wagen ſelbſt größere Geſchütze zu transportiren wären.
Ihren weſentlichſten Organen nach beſtand Cugnot's Maſchine aus einem Wagengeſtelle mit drei Rädern, von denen die zwei rückwärtigen Laufräder, das vordere ein Treibrad war. Der Dampfkeſſel hing frei vor dem Treibrade und ſtand in Verbindung mit zwei aufrechtſtehenden Dampfcylindern, in welchen der Motor nur auf einer Seite jedes Kolbens wirkte. Der Mechanismus zur Regu- lirung des abwechſelnden Kolbenhubes war ziemlich complicirt, aber in Anbetracht der vollſtändigen Neuheit der Erfindung genial erſonnen. Das merkwürdigſte Organ dieſes Mechanismus war jene Hebelüberſetzung, welche die wechſelſeitige
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0955"n="873"/></div><lb/><divn="3"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Zweiter Abſchnitt</hi>.</hi></head></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die Motorwagen.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">O</hi>bwohl die unter dieſer allgemeinen Bezeichnung zuſammengefaßten Vehikel<lb/><hirendition="#et">in Bezug auf ihre mannigfachen Conſtructionsweiſen (Automobilen,<lb/>
Autocars, Autocabs, Accumobilen, Straßenfuhrwerk ohne Pferde u. ſ. w.)</hi><lb/>
der allerjüngſten Zeit angehören, indem ſie ſich gewiſſermaßen der Entwickelung<lb/>
des Fahrrades anſchloſſen, reichen auch bei ihnen die erſten Anfänge weit zurück.<lb/>
In dieſer Beziehung ſind beiſpielsweiſe die mit Dampf betriebenen Straßenwagen<lb/>
älter als die Eiſenbahnen, als deren unmittelbare Vorläufer ſie angeſehen werden<lb/>
müſſen.</p><lb/><p>Der Erſte, welcher die Möglichkeit, Vehikel mittelſt Dampf in Bewegung zu<lb/>ſetzen, erfaßte, war <hirendition="#g">Savery</hi>. Eine ähnliche Idee hatte ein Jugendfreund und<lb/>
Studiengenoſſe <hirendition="#g">Watt</hi>'s, der Glasgower Student <hirendition="#g">Robinſon</hi>. Unabhängig von<lb/>
ihnen hatte der Franzoſe <hirendition="#g">Cugnot</hi> einen »Dampfwagen« conſtruirt, welcher bereits<lb/>
die Rudimente der nachmaligen Locomotive enthielt. Das merkwürdige Vehikel, welches derzeit im <hirendition="#g">Conservatoire des arts et metiers</hi> in Paris aufbewahrt wird<lb/>
und das nachweislich die älteſte Form eines mit Dampf betriebenen Locomotions-<lb/>
mittels iſt, lief zum erſtenmale im Jahre 1769 in den Straßen von Paris. Die<lb/>
Erfindung machte begreiflicherweiſe ungeheures Aufſehen. Namentlich intereſſirten<lb/>ſich die Militärs für dieſelbe, da ſie der Anſicht waren, daß mit dieſem Dampf-<lb/>
wagen ſelbſt größere Geſchütze zu transportiren wären.</p><lb/><p>Ihren weſentlichſten Organen nach beſtand <hirendition="#g">Cugnot</hi>'s Maſchine aus einem<lb/>
Wagengeſtelle mit drei Rädern, von denen die zwei rückwärtigen Laufräder, das<lb/>
vordere ein Treibrad war. Der Dampfkeſſel hing frei vor dem Treibrade und<lb/>ſtand in Verbindung mit zwei aufrechtſtehenden Dampfcylindern, in welchen der<lb/>
Motor nur auf einer Seite jedes Kolbens wirkte. Der Mechanismus zur Regu-<lb/>
lirung des abwechſelnden Kolbenhubes war ziemlich complicirt, aber in Anbetracht<lb/>
der vollſtändigen Neuheit der Erfindung genial erſonnen. Das merkwürdigſte<lb/>
Organ dieſes Mechanismus war jene Hebelüberſetzung, welche die wechſelſeitige<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[873/0955]
Zweiter Abſchnitt.
Die Motorwagen.
Obwohl die unter dieſer allgemeinen Bezeichnung zuſammengefaßten Vehikel
in Bezug auf ihre mannigfachen Conſtructionsweiſen (Automobilen,
Autocars, Autocabs, Accumobilen, Straßenfuhrwerk ohne Pferde u. ſ. w.)
der allerjüngſten Zeit angehören, indem ſie ſich gewiſſermaßen der Entwickelung
des Fahrrades anſchloſſen, reichen auch bei ihnen die erſten Anfänge weit zurück.
In dieſer Beziehung ſind beiſpielsweiſe die mit Dampf betriebenen Straßenwagen
älter als die Eiſenbahnen, als deren unmittelbare Vorläufer ſie angeſehen werden
müſſen.
Der Erſte, welcher die Möglichkeit, Vehikel mittelſt Dampf in Bewegung zu
ſetzen, erfaßte, war Savery. Eine ähnliche Idee hatte ein Jugendfreund und
Studiengenoſſe Watt's, der Glasgower Student Robinſon. Unabhängig von
ihnen hatte der Franzoſe Cugnot einen »Dampfwagen« conſtruirt, welcher bereits
die Rudimente der nachmaligen Locomotive enthielt. Das merkwürdige Vehikel, welches derzeit im Conservatoire des arts et metiers in Paris aufbewahrt wird
und das nachweislich die älteſte Form eines mit Dampf betriebenen Locomotions-
mittels iſt, lief zum erſtenmale im Jahre 1769 in den Straßen von Paris. Die
Erfindung machte begreiflicherweiſe ungeheures Aufſehen. Namentlich intereſſirten
ſich die Militärs für dieſelbe, da ſie der Anſicht waren, daß mit dieſem Dampf-
wagen ſelbſt größere Geſchütze zu transportiren wären.
Ihren weſentlichſten Organen nach beſtand Cugnot's Maſchine aus einem
Wagengeſtelle mit drei Rädern, von denen die zwei rückwärtigen Laufräder, das
vordere ein Treibrad war. Der Dampfkeſſel hing frei vor dem Treibrade und
ſtand in Verbindung mit zwei aufrechtſtehenden Dampfcylindern, in welchen der
Motor nur auf einer Seite jedes Kolbens wirkte. Der Mechanismus zur Regu-
lirung des abwechſelnden Kolbenhubes war ziemlich complicirt, aber in Anbetracht
der vollſtändigen Neuheit der Erfindung genial erſonnen. Das merkwürdigſte
Organ dieſes Mechanismus war jene Hebelüberſetzung, welche die wechſelſeitige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 873. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/955>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.