Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweiter Abschnitt.
in Gang erhalten werden. In der Erwägung, den Fahrer von jeder mechanischen
Leistung zu entlasten, mußte eine Construction ersonnen werden, bei welcher an
Stelle eines Motors, dessen Lauf fortwährend verändert werden kann und ver-
ändert werden muß, weil er mit dem Dreirade, dessen jeweilige Geschwindigkeit
von dem Terrain und anderen Umständen abhängt, unzertrennlich zu einem Ganzen
vereinigt ist, ein anderer Motor gesetzt werden mußte. Während bei ersterem die
Tourenzahl durch die zu überwindenden Widerstände bestimmt wird, kommt dem
Motor der zweiten Art die Eigenschaft zu, durch Anwendung eines automatischen
Regulators stets in einem und demselben, von vornherein normirten Tempo
zu laufen.

Nach diesem Principe ist die in Fig. 780 abgebildete Voiturette von Leon
Bollee
construirt. Dieses Fahrzeug steht dem eigentlichen automobilen Wagen

[Abbildung] Fig. 784.

Automobilette.

schon bedeutend näher. Zwar noch klein im engeren Sinne des Wortes, besitzt die
Bollee'sche Voiturette unter Beibehaltung vieler für das Fahrrad und das
Motocycle charakteristischer Theile doch schon eine so große Anzahl von Eigen-
schaften des Motorwagens, daß sie bereits der leichten Type desselben zugezählt
werden kann. Der Motor dieser Voiturette leistet, wie erwähnt, stets dieselbe Arbeit,
ob sie nun im Falle einer Steigung in der Form erhöhter Kraftleistung, oder in
der Ebene und bei Gefälle in der Form von Schnelligkeit zur Geltung kommt.

Aus diesem Grundprincipe der neuen Type ergiebt sich Folgendes: Da der
Motor immer die gleiche Tourenzahl entwickelt, so wäre man nicht in der Lage,
die Schnelligkeit des Fahrzeuges zu modificiren, wenn dasselbe mit dem Motor
in unlöslicher Weise durch ein Zahnradgetriebe verbunden und eine Ausschaltung
des Motors unmöglich wäre. Demgemäß ist eine Vorrichtung nothwendig, vermöge
welcher eine Veränderung der Geschwindigkeit durch verschieden große Demulti-

Zweiter Abſchnitt.
in Gang erhalten werden. In der Erwägung, den Fahrer von jeder mechaniſchen
Leiſtung zu entlaſten, mußte eine Conſtruction erſonnen werden, bei welcher an
Stelle eines Motors, deſſen Lauf fortwährend verändert werden kann und ver-
ändert werden muß, weil er mit dem Dreirade, deſſen jeweilige Geſchwindigkeit
von dem Terrain und anderen Umſtänden abhängt, unzertrennlich zu einem Ganzen
vereinigt iſt, ein anderer Motor geſetzt werden mußte. Während bei erſterem die
Tourenzahl durch die zu überwindenden Widerſtände beſtimmt wird, kommt dem
Motor der zweiten Art die Eigenſchaft zu, durch Anwendung eines automatiſchen
Regulators ſtets in einem und demſelben, von vornherein normirten Tempo
zu laufen.

Nach dieſem Principe iſt die in Fig. 780 abgebildete Voiturette von Léon
Bollée
conſtruirt. Dieſes Fahrzeug ſteht dem eigentlichen automobilen Wagen

[Abbildung] Fig. 784.

Automobilette.

ſchon bedeutend näher. Zwar noch klein im engeren Sinne des Wortes, beſitzt die
Bollée'ſche Voiturette unter Beibehaltung vieler für das Fahrrad und das
Motocycle charakteriſtiſcher Theile doch ſchon eine ſo große Anzahl von Eigen-
ſchaften des Motorwagens, daß ſie bereits der leichten Type desſelben zugezählt
werden kann. Der Motor dieſer Voiturette leiſtet, wie erwähnt, ſtets dieſelbe Arbeit,
ob ſie nun im Falle einer Steigung in der Form erhöhter Kraftleiſtung, oder in
der Ebene und bei Gefälle in der Form von Schnelligkeit zur Geltung kommt.

Aus dieſem Grundprincipe der neuen Type ergiebt ſich Folgendes: Da der
Motor immer die gleiche Tourenzahl entwickelt, ſo wäre man nicht in der Lage,
die Schnelligkeit des Fahrzeuges zu modificiren, wenn dasſelbe mit dem Motor
in unlöslicher Weiſe durch ein Zahnradgetriebe verbunden und eine Ausſchaltung
des Motors unmöglich wäre. Demgemäß iſt eine Vorrichtung nothwendig, vermöge
welcher eine Veränderung der Geſchwindigkeit durch verſchieden große Demulti-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0976" n="894"/><fw place="top" type="header">Zweiter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
in Gang erhalten werden. In der Erwägung, den Fahrer von jeder mechani&#x017F;chen<lb/>
Lei&#x017F;tung zu entla&#x017F;ten, mußte eine Con&#x017F;truction er&#x017F;onnen werden, bei welcher an<lb/>
Stelle eines Motors, de&#x017F;&#x017F;en Lauf fortwährend verändert werden kann und ver-<lb/>
ändert werden muß, weil er mit dem Dreirade, de&#x017F;&#x017F;en jeweilige Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
von dem Terrain und anderen Um&#x017F;tänden abhängt, unzertrennlich zu einem Ganzen<lb/>
vereinigt i&#x017F;t, ein anderer Motor ge&#x017F;etzt werden mußte. Während bei er&#x017F;terem die<lb/>
Tourenzahl durch die zu überwindenden Wider&#x017F;tände be&#x017F;timmt wird, kommt dem<lb/>
Motor der zweiten Art die Eigen&#x017F;chaft zu, durch Anwendung eines automati&#x017F;chen<lb/>
Regulators &#x017F;tets in einem und dem&#x017F;elben, von vornherein normirten Tempo<lb/>
zu laufen.</p><lb/>
            <p>Nach die&#x017F;em Principe i&#x017F;t die in Fig. 780 abgebildete Voiturette von <hi rendition="#g">L<hi rendition="#aq">é</hi>on<lb/>
Boll<hi rendition="#aq">é</hi>e</hi> con&#x017F;truirt. Die&#x017F;es Fahrzeug &#x017F;teht dem eigentlichen automobilen Wagen<lb/><figure><head>Fig. 784.</head><p> Automobilette.</p></figure><lb/>
&#x017F;chon bedeutend näher. Zwar noch klein im engeren Sinne des Wortes, be&#x017F;itzt die<lb/><hi rendition="#g">Boll<hi rendition="#aq">é</hi>e</hi>'&#x017F;che Voiturette unter Beibehaltung vieler für das Fahrrad und das<lb/>
Motocycle charakteri&#x017F;ti&#x017F;cher Theile doch &#x017F;chon eine &#x017F;o große Anzahl von Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften des Motorwagens, daß &#x017F;ie bereits der leichten Type des&#x017F;elben zugezählt<lb/>
werden kann. Der Motor die&#x017F;er Voiturette lei&#x017F;tet, wie erwähnt, &#x017F;tets die&#x017F;elbe Arbeit,<lb/>
ob &#x017F;ie nun im Falle einer Steigung in der Form erhöhter Kraftlei&#x017F;tung, oder in<lb/>
der Ebene und bei Gefälle in der Form von Schnelligkeit zur Geltung kommt.</p><lb/>
            <p>Aus die&#x017F;em Grundprincipe der neuen Type ergiebt &#x017F;ich Folgendes: Da der<lb/>
Motor immer die gleiche Tourenzahl entwickelt, &#x017F;o wäre man nicht in der Lage,<lb/>
die Schnelligkeit des Fahrzeuges zu modificiren, wenn das&#x017F;elbe mit dem Motor<lb/>
in unlöslicher Wei&#x017F;e durch ein Zahnradgetriebe verbunden und eine Aus&#x017F;chaltung<lb/>
des Motors unmöglich wäre. Demgemäß i&#x017F;t eine Vorrichtung nothwendig, vermöge<lb/>
welcher eine Veränderung der Ge&#x017F;chwindigkeit durch ver&#x017F;chieden große Demulti-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[894/0976] Zweiter Abſchnitt. in Gang erhalten werden. In der Erwägung, den Fahrer von jeder mechaniſchen Leiſtung zu entlaſten, mußte eine Conſtruction erſonnen werden, bei welcher an Stelle eines Motors, deſſen Lauf fortwährend verändert werden kann und ver- ändert werden muß, weil er mit dem Dreirade, deſſen jeweilige Geſchwindigkeit von dem Terrain und anderen Umſtänden abhängt, unzertrennlich zu einem Ganzen vereinigt iſt, ein anderer Motor geſetzt werden mußte. Während bei erſterem die Tourenzahl durch die zu überwindenden Widerſtände beſtimmt wird, kommt dem Motor der zweiten Art die Eigenſchaft zu, durch Anwendung eines automatiſchen Regulators ſtets in einem und demſelben, von vornherein normirten Tempo zu laufen. Nach dieſem Principe iſt die in Fig. 780 abgebildete Voiturette von Léon Bollée conſtruirt. Dieſes Fahrzeug ſteht dem eigentlichen automobilen Wagen [Abbildung Fig. 784. Automobilette.] ſchon bedeutend näher. Zwar noch klein im engeren Sinne des Wortes, beſitzt die Bollée'ſche Voiturette unter Beibehaltung vieler für das Fahrrad und das Motocycle charakteriſtiſcher Theile doch ſchon eine ſo große Anzahl von Eigen- ſchaften des Motorwagens, daß ſie bereits der leichten Type desſelben zugezählt werden kann. Der Motor dieſer Voiturette leiſtet, wie erwähnt, ſtets dieſelbe Arbeit, ob ſie nun im Falle einer Steigung in der Form erhöhter Kraftleiſtung, oder in der Ebene und bei Gefälle in der Form von Schnelligkeit zur Geltung kommt. Aus dieſem Grundprincipe der neuen Type ergiebt ſich Folgendes: Da der Motor immer die gleiche Tourenzahl entwickelt, ſo wäre man nicht in der Lage, die Schnelligkeit des Fahrzeuges zu modificiren, wenn dasſelbe mit dem Motor in unlöslicher Weiſe durch ein Zahnradgetriebe verbunden und eine Ausſchaltung des Motors unmöglich wäre. Demgemäß iſt eine Vorrichtung nothwendig, vermöge welcher eine Veränderung der Geſchwindigkeit durch verſchieden große Demulti-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/976
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/976>, abgerufen am 22.11.2024.