Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Converter-Processe und das Martin-Verfahren.
öfen sehr gestiegen ist, da sie sich einer beschränkten Erzeugung besser anpassen als
die großen Converter. Zum Zwecke der Beschleunigung des Frischens wird entweder
Druckluft in oder auf das Bad geblasen, oder es werden oxydirende Körper
(meistens Eisenerze) zugesetzt. Der erstere Versuch ergab ein weniger befriedigendes
Resultat, da der Herdofen nicht denjenigen Bedingungen entspricht, welche durch
das beim Blasen entstehende Kochen des Bades gestellt werden; dem Erzzusatz hin-
wieder wird durch die damit verbundene Schlackenbildung eine Grenze gesteckt.

R. M. Daelen (Düsseldorf) hat eine andere Methode angeregt: das Ein-
blasen von Erzpulver mit der Druckluft behufs Beschleunigung des Frischens in
der Birne, und da L. Pszczolka (Krompach), unabhängig von diesem Vorschlage,
in der gleichen Richtung Versuche anstellte, fanden beide Bestrebungen darin ihren
Ausdruck, daß die Genannten gemeinschaftlich eine "Vorfrischbirne" fabricirten und
in Betrieb setzten. Vom Converter unterscheidet sie sich durch ihre trogförmige
Gestalt, um das seitliche Einblasen zu ermöglichen, bei welchem eine gewisse Breite
und Tiefe des Bades nicht überschritten werden darf. Außerdem ist der Trog
transportabel eingerichtet, wodurch die Pfanne überflüssig wird. Der bis zu
20 Tonnen fassende Inhalt wird durch Neigen direct in den Herdofen entleert (also
nicht abgestochen), wodurch Zeit und Wärme gespart werden. Uebrigens ist auch
das Umfüllen in eine Pfanne zulässig, doch verzögert dies selbstverständlich ein
wenig das Fertigfrischen.

Der Bertrand-Thiel-Proceß.

Eine beachtenswerthe Neuerung, die bereits auf dem berühmten Werke von
Schneider & Cie. zu Creusot und andernorts (z. B. Kladno) Eingang gefunden hat,
ist das von O. Thiel (Kaiserslautern) und Bertrand (Kladno) erfundene. Der
Freundlichkeit des erstgenannten Herrn verdankt Verfasser eine eingehende Dar-
stellung dieses Verfahres, so daß im Nachfolgenden auszugsweise seinen Aus-
führungen Raum gegeben ist.

Es ist bekannt, daß beim Martiniren, angesichts des hohen Procentsatzes an
Roheisen, der hierbei in Verwendung kommt, der Nachtheil großer Pausen zwischen
den einzelnen Chargen erwächst, da das Frischen viel Zeit beansprucht. Dadurch
tritt Erzeugungsverminderung ein, es erhöht sich der Brennstoffaufwand und leidet
überdies die Haltbarkeit der Oefen, besonders der Ofenherde. Durch reichlichen
Zusatz von Erzen wird das Frischen wohl gefördert, doch muß andererseits dem-
entsprechend der Kalkzuschlag erhöht werden, um die Verunreinigungen, welche die
Erze führen, zu verschlacken, Uebelstände, die besonders bei silicium- und phosphor-
reichen Erzen fühlbar hervortreten.

Diese Nachtheile, welche der Verarbeitung eines hohen Procentsatzes an Roh-
eisen oder nur von Roheisen beim gewöhnlichen Martiniren entgegenstehen, werden
durch das Bertrand-Thiel'sche "combinirte Martinverfahren" beseitigt.

Die Converter-Proceſſe und das Martin-Verfahren.
öfen ſehr geſtiegen iſt, da ſie ſich einer beſchränkten Erzeugung beſſer anpaſſen als
die großen Converter. Zum Zwecke der Beſchleunigung des Friſchens wird entweder
Druckluft in oder auf das Bad geblaſen, oder es werden oxydirende Körper
(meiſtens Eiſenerze) zugeſetzt. Der erſtere Verſuch ergab ein weniger befriedigendes
Reſultat, da der Herdofen nicht denjenigen Bedingungen entſpricht, welche durch
das beim Blaſen entſtehende Kochen des Bades geſtellt werden; dem Erzzuſatz hin-
wieder wird durch die damit verbundene Schlackenbildung eine Grenze geſteckt.

R. M. Daelen (Düſſeldorf) hat eine andere Methode angeregt: das Ein-
blaſen von Erzpulver mit der Druckluft behufs Beſchleunigung des Friſchens in
der Birne, und da L. Pszczolka (Krompach), unabhängig von dieſem Vorſchlage,
in der gleichen Richtung Verſuche anſtellte, fanden beide Beſtrebungen darin ihren
Ausdruck, daß die Genannten gemeinſchaftlich eine »Vorfriſchbirne« fabricirten und
in Betrieb ſetzten. Vom Converter unterſcheidet ſie ſich durch ihre trogförmige
Geſtalt, um das ſeitliche Einblaſen zu ermöglichen, bei welchem eine gewiſſe Breite
und Tiefe des Bades nicht überſchritten werden darf. Außerdem iſt der Trog
transportabel eingerichtet, wodurch die Pfanne überflüſſig wird. Der bis zu
20 Tonnen faſſende Inhalt wird durch Neigen direct in den Herdofen entleert (alſo
nicht abgeſtochen), wodurch Zeit und Wärme geſpart werden. Uebrigens iſt auch
das Umfüllen in eine Pfanne zuläſſig, doch verzögert dies ſelbſtverſtändlich ein
wenig das Fertigfriſchen.

Der Bertrand-Thiel-Proceß.

Eine beachtenswerthe Neuerung, die bereits auf dem berühmten Werke von
Schneider & Cie. zu Creuſot und andernorts (z. B. Kladno) Eingang gefunden hat,
iſt das von O. Thiel (Kaiſerslautern) und Bertrand (Kladno) erfundene. Der
Freundlichkeit des erſtgenannten Herrn verdankt Verfaſſer eine eingehende Dar-
ſtellung dieſes Verfahres, ſo daß im Nachfolgenden auszugsweiſe ſeinen Aus-
führungen Raum gegeben iſt.

Es iſt bekannt, daß beim Martiniren, angeſichts des hohen Procentſatzes an
Roheiſen, der hierbei in Verwendung kommt, der Nachtheil großer Pauſen zwiſchen
den einzelnen Chargen erwächſt, da das Friſchen viel Zeit beanſprucht. Dadurch
tritt Erzeugungsverminderung ein, es erhöht ſich der Brennſtoffaufwand und leidet
überdies die Haltbarkeit der Oefen, beſonders der Ofenherde. Durch reichlichen
Zuſatz von Erzen wird das Friſchen wohl gefördert, doch muß andererſeits dem-
entſprechend der Kalkzuſchlag erhöht werden, um die Verunreinigungen, welche die
Erze führen, zu verſchlacken, Uebelſtände, die beſonders bei ſilicium- und phosphor-
reichen Erzen fühlbar hervortreten.

Dieſe Nachtheile, welche der Verarbeitung eines hohen Procentſatzes an Roh-
eiſen oder nur von Roheiſen beim gewöhnlichen Martiniren entgegenſtehen, werden
durch das Bertrand-Thiel'ſche »combinirte Martinverfahren« beſeitigt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0099" n="77"/><fw place="top" type="header">Die Converter-Proce&#x017F;&#x017F;e und das Martin-Verfahren.</fw><lb/>
öfen &#x017F;ehr ge&#x017F;tiegen i&#x017F;t, da &#x017F;ie &#x017F;ich einer be&#x017F;chränkten Erzeugung be&#x017F;&#x017F;er anpa&#x017F;&#x017F;en als<lb/>
die großen Converter. Zum Zwecke der Be&#x017F;chleunigung des Fri&#x017F;chens wird entweder<lb/>
Druckluft in oder auf das Bad gebla&#x017F;en, oder es werden oxydirende Körper<lb/>
(mei&#x017F;tens Ei&#x017F;enerze) zuge&#x017F;etzt. Der er&#x017F;tere Ver&#x017F;uch ergab ein weniger befriedigendes<lb/>
Re&#x017F;ultat, da der Herdofen nicht denjenigen Bedingungen ent&#x017F;pricht, welche durch<lb/>
das beim Bla&#x017F;en ent&#x017F;tehende Kochen des Bades ge&#x017F;tellt werden; dem Erzzu&#x017F;atz hin-<lb/>
wieder wird durch die damit verbundene Schlackenbildung eine Grenze ge&#x017F;teckt.</p><lb/>
              <p>R. M. <hi rendition="#g">Daelen</hi> (Dü&#x017F;&#x017F;eldorf) hat eine andere Methode angeregt: das Ein-<lb/>
bla&#x017F;en von Erzpulver mit der Druckluft behufs Be&#x017F;chleunigung des Fri&#x017F;chens in<lb/>
der Birne, und da L. <hi rendition="#g">Pszczolka</hi> (Krompach), unabhängig von die&#x017F;em Vor&#x017F;chlage,<lb/>
in der gleichen Richtung Ver&#x017F;uche an&#x017F;tellte, fanden beide Be&#x017F;trebungen darin ihren<lb/>
Ausdruck, daß die Genannten gemein&#x017F;chaftlich eine »Vorfri&#x017F;chbirne« fabricirten und<lb/>
in Betrieb &#x017F;etzten. Vom Converter unter&#x017F;cheidet &#x017F;ie &#x017F;ich durch ihre trogförmige<lb/>
Ge&#x017F;talt, um das &#x017F;eitliche Einbla&#x017F;en zu ermöglichen, bei welchem eine gewi&#x017F;&#x017F;e Breite<lb/>
und Tiefe des Bades nicht über&#x017F;chritten werden darf. Außerdem i&#x017F;t der Trog<lb/>
transportabel eingerichtet, wodurch die Pfanne überflü&#x017F;&#x017F;ig wird. Der bis zu<lb/>
20 Tonnen fa&#x017F;&#x017F;ende Inhalt wird durch Neigen direct in den Herdofen entleert (al&#x017F;o<lb/>
nicht abge&#x017F;tochen), wodurch Zeit und Wärme ge&#x017F;part werden. Uebrigens i&#x017F;t auch<lb/>
das Umfüllen in eine Pfanne zulä&#x017F;&#x017F;ig, doch verzögert dies &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich ein<lb/>
wenig das Fertigfri&#x017F;chen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>Der Bertrand-Thiel-Proceß.</head><lb/>
              <p>Eine beachtenswerthe Neuerung, die bereits auf dem berühmten Werke von<lb/><hi rendition="#g">Schneider &amp; Cie.</hi> zu Creu&#x017F;ot und andernorts (z. B. Kladno) Eingang gefunden hat,<lb/>
i&#x017F;t das von O. <hi rendition="#g">Thiel</hi> (Kai&#x017F;erslautern) und <hi rendition="#g">Bertrand</hi> (Kladno) erfundene. Der<lb/>
Freundlichkeit des er&#x017F;tgenannten Herrn verdankt Verfa&#x017F;&#x017F;er eine eingehende Dar-<lb/>
&#x017F;tellung die&#x017F;es Verfahres, &#x017F;o daß im Nachfolgenden auszugswei&#x017F;e &#x017F;einen Aus-<lb/>
führungen Raum gegeben i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t bekannt, daß beim Martiniren, ange&#x017F;ichts des hohen Procent&#x017F;atzes an<lb/>
Rohei&#x017F;en, der hierbei in Verwendung kommt, der Nachtheil großer Pau&#x017F;en zwi&#x017F;chen<lb/>
den einzelnen Chargen erwäch&#x017F;t, da das Fri&#x017F;chen viel Zeit bean&#x017F;prucht. Dadurch<lb/>
tritt Erzeugungsverminderung ein, es erhöht &#x017F;ich der Brenn&#x017F;toffaufwand und leidet<lb/>
überdies die Haltbarkeit der Oefen, be&#x017F;onders der Ofenherde. Durch reichlichen<lb/>
Zu&#x017F;atz von Erzen wird das Fri&#x017F;chen wohl gefördert, doch muß anderer&#x017F;eits dem-<lb/>
ent&#x017F;prechend der Kalkzu&#x017F;chlag erhöht werden, um die Verunreinigungen, welche die<lb/>
Erze führen, zu ver&#x017F;chlacken, Uebel&#x017F;tände, die be&#x017F;onders bei &#x017F;ilicium- und phosphor-<lb/>
reichen Erzen fühlbar hervortreten.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Nachtheile, welche der Verarbeitung eines hohen Procent&#x017F;atzes an Roh-<lb/>
ei&#x017F;en oder nur von Rohei&#x017F;en beim gewöhnlichen Martiniren entgegen&#x017F;tehen, werden<lb/>
durch das <hi rendition="#g">Bertrand-Thiel</hi>'&#x017F;che »<hi rendition="#g">combinirte Martinverfahren</hi>« be&#x017F;eitigt.<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0099] Die Converter-Proceſſe und das Martin-Verfahren. öfen ſehr geſtiegen iſt, da ſie ſich einer beſchränkten Erzeugung beſſer anpaſſen als die großen Converter. Zum Zwecke der Beſchleunigung des Friſchens wird entweder Druckluft in oder auf das Bad geblaſen, oder es werden oxydirende Körper (meiſtens Eiſenerze) zugeſetzt. Der erſtere Verſuch ergab ein weniger befriedigendes Reſultat, da der Herdofen nicht denjenigen Bedingungen entſpricht, welche durch das beim Blaſen entſtehende Kochen des Bades geſtellt werden; dem Erzzuſatz hin- wieder wird durch die damit verbundene Schlackenbildung eine Grenze geſteckt. R. M. Daelen (Düſſeldorf) hat eine andere Methode angeregt: das Ein- blaſen von Erzpulver mit der Druckluft behufs Beſchleunigung des Friſchens in der Birne, und da L. Pszczolka (Krompach), unabhängig von dieſem Vorſchlage, in der gleichen Richtung Verſuche anſtellte, fanden beide Beſtrebungen darin ihren Ausdruck, daß die Genannten gemeinſchaftlich eine »Vorfriſchbirne« fabricirten und in Betrieb ſetzten. Vom Converter unterſcheidet ſie ſich durch ihre trogförmige Geſtalt, um das ſeitliche Einblaſen zu ermöglichen, bei welchem eine gewiſſe Breite und Tiefe des Bades nicht überſchritten werden darf. Außerdem iſt der Trog transportabel eingerichtet, wodurch die Pfanne überflüſſig wird. Der bis zu 20 Tonnen faſſende Inhalt wird durch Neigen direct in den Herdofen entleert (alſo nicht abgeſtochen), wodurch Zeit und Wärme geſpart werden. Uebrigens iſt auch das Umfüllen in eine Pfanne zuläſſig, doch verzögert dies ſelbſtverſtändlich ein wenig das Fertigfriſchen. Der Bertrand-Thiel-Proceß. Eine beachtenswerthe Neuerung, die bereits auf dem berühmten Werke von Schneider & Cie. zu Creuſot und andernorts (z. B. Kladno) Eingang gefunden hat, iſt das von O. Thiel (Kaiſerslautern) und Bertrand (Kladno) erfundene. Der Freundlichkeit des erſtgenannten Herrn verdankt Verfaſſer eine eingehende Dar- ſtellung dieſes Verfahres, ſo daß im Nachfolgenden auszugsweiſe ſeinen Aus- führungen Raum gegeben iſt. Es iſt bekannt, daß beim Martiniren, angeſichts des hohen Procentſatzes an Roheiſen, der hierbei in Verwendung kommt, der Nachtheil großer Pauſen zwiſchen den einzelnen Chargen erwächſt, da das Friſchen viel Zeit beanſprucht. Dadurch tritt Erzeugungsverminderung ein, es erhöht ſich der Brennſtoffaufwand und leidet überdies die Haltbarkeit der Oefen, beſonders der Ofenherde. Durch reichlichen Zuſatz von Erzen wird das Friſchen wohl gefördert, doch muß andererſeits dem- entſprechend der Kalkzuſchlag erhöht werden, um die Verunreinigungen, welche die Erze führen, zu verſchlacken, Uebelſtände, die beſonders bei ſilicium- und phosphor- reichen Erzen fühlbar hervortreten. Dieſe Nachtheile, welche der Verarbeitung eines hohen Procentſatzes an Roh- eiſen oder nur von Roheiſen beim gewöhnlichen Martiniren entgegenſtehen, werden durch das Bertrand-Thiel'ſche »combinirte Martinverfahren« beſeitigt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/99
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/99>, abgerufen am 21.11.2024.