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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Die Locomotiven.
mit allen erdenklichen Hilfsmitteln ausgestatteten Werkstättenbetriebe. Da finden sich
beispielsweise Werkzeugmaschinen, die auf dem Festlande kaum dem Namen nach
bekannt sind: Vervielfältigungsmaschinen, welche die Wirkung einer Reihe von
Werkzeugen derselben Gattung in sich vereinigen. Die Umbördelung der Kesselbleche,
welche in der neuesten englischen Praxis mit Vorliebe aus weichem Siemens-
Martinstahl gewählt werden, geschieht nicht mehr durch Klopfen mittelst Holz-
hämmer, sondern durch hydraulische Preßvorrichtungen. Alle Vernietungen werden,
wo dies nur immer angeht, mittelst Maschinen und die Kesselwandungen stets
mit doppelter Laschennietung ausgeführt. Eine Eigenthümlichkeit der schottischen
Locomotivfabriken sind die Schleifereien, in welchen auf riesigen Schleifsteinen
[Abbildung] Fig. 803.

Nordamerikanische Locomotive. (Type "Consolidation".)

verschiedene Bestandtheile der Locomotive abgeschliffen werden. Damit wird die
langsamere Arbeit der Hebel- und Stoßmaschinen vielfach ersetzt, indem die Arbeiter
eine solche Geschicklichkeit sich aneignen, daß sie gewisse Arbeiten genau nach dem
Lineal ausführen können.

Eine Sonderstellung im Locomotivbau nehmen die Vereinigten Staaten
von Amerika
ein. Es ist dies in der Eigenart des dortigen Eisenbahnwesens
begründet. Zu erwähnen ist vor Allem die große Gleichmäßigkeit in der Construction
und die allgemein streng beibehaltene, typisch gewordene Anordnung der Con-
structionstheile. Dadurch werden zum Voraus zwei große Vortheile gewonnen:
erstens die leichte und billige Herstellung der einzelnen Theile und der Montage
durch ein ausgezeichnet geschultes Personale, zweitens die genaue Kenntniß und
schnelle Vertrautheit des Führers mit jeder Maschine, welche ihm übergeben wird.
Dieses Princip hat im amerikanischen Locomotivbau eine gewisse typische Einheit-

Die Locomotiven.
mit allen erdenklichen Hilfsmitteln ausgeſtatteten Werkſtättenbetriebe. Da finden ſich
beiſpielsweiſe Werkzeugmaſchinen, die auf dem Feſtlande kaum dem Namen nach
bekannt ſind: Vervielfältigungsmaſchinen, welche die Wirkung einer Reihe von
Werkzeugen derſelben Gattung in ſich vereinigen. Die Umbördelung der Keſſelbleche,
welche in der neueſten engliſchen Praxis mit Vorliebe aus weichem Siemens-
Martinſtahl gewählt werden, geſchieht nicht mehr durch Klopfen mittelſt Holz-
hämmer, ſondern durch hydrauliſche Preßvorrichtungen. Alle Vernietungen werden,
wo dies nur immer angeht, mittelſt Maſchinen und die Keſſelwandungen ſtets
mit doppelter Laſchennietung ausgeführt. Eine Eigenthümlichkeit der ſchottiſchen
Locomotivfabriken ſind die Schleifereien, in welchen auf rieſigen Schleifſteinen
[Abbildung] Fig. 803.

Nordamerikaniſche Locomotive. (Type »Conſolidation«.)

verſchiedene Beſtandtheile der Locomotive abgeſchliffen werden. Damit wird die
langſamere Arbeit der Hebel- und Stoßmaſchinen vielfach erſetzt, indem die Arbeiter
eine ſolche Geſchicklichkeit ſich aneignen, daß ſie gewiſſe Arbeiten genau nach dem
Lineal ausführen können.

Eine Sonderſtellung im Locomotivbau nehmen die Vereinigten Staaten
von Amerika
ein. Es iſt dies in der Eigenart des dortigen Eiſenbahnweſens
begründet. Zu erwähnen iſt vor Allem die große Gleichmäßigkeit in der Conſtruction
und die allgemein ſtreng beibehaltene, typiſch gewordene Anordnung der Con-
ſtructionstheile. Dadurch werden zum Voraus zwei große Vortheile gewonnen:
erſtens die leichte und billige Herſtellung der einzelnen Theile und der Montage
durch ein ausgezeichnet geſchultes Perſonale, zweitens die genaue Kenntniß und
ſchnelle Vertrautheit des Führers mit jeder Maſchine, welche ihm übergeben wird.
Dieſes Princip hat im amerikaniſchen Locomotivbau eine gewiſſe typiſche Einheit-

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[917/0999] Die Locomotiven. mit allen erdenklichen Hilfsmitteln ausgeſtatteten Werkſtättenbetriebe. Da finden ſich beiſpielsweiſe Werkzeugmaſchinen, die auf dem Feſtlande kaum dem Namen nach bekannt ſind: Vervielfältigungsmaſchinen, welche die Wirkung einer Reihe von Werkzeugen derſelben Gattung in ſich vereinigen. Die Umbördelung der Keſſelbleche, welche in der neueſten engliſchen Praxis mit Vorliebe aus weichem Siemens- Martinſtahl gewählt werden, geſchieht nicht mehr durch Klopfen mittelſt Holz- hämmer, ſondern durch hydrauliſche Preßvorrichtungen. Alle Vernietungen werden, wo dies nur immer angeht, mittelſt Maſchinen und die Keſſelwandungen ſtets mit doppelter Laſchennietung ausgeführt. Eine Eigenthümlichkeit der ſchottiſchen Locomotivfabriken ſind die Schleifereien, in welchen auf rieſigen Schleifſteinen [Abbildung Fig. 803. Nordamerikaniſche Locomotive. (Type »Conſolidation«.)] verſchiedene Beſtandtheile der Locomotive abgeſchliffen werden. Damit wird die langſamere Arbeit der Hebel- und Stoßmaſchinen vielfach erſetzt, indem die Arbeiter eine ſolche Geſchicklichkeit ſich aneignen, daß ſie gewiſſe Arbeiten genau nach dem Lineal ausführen können. Eine Sonderſtellung im Locomotivbau nehmen die Vereinigten Staaten von Amerika ein. Es iſt dies in der Eigenart des dortigen Eiſenbahnweſens begründet. Zu erwähnen iſt vor Allem die große Gleichmäßigkeit in der Conſtruction und die allgemein ſtreng beibehaltene, typiſch gewordene Anordnung der Con- ſtructionstheile. Dadurch werden zum Voraus zwei große Vortheile gewonnen: erſtens die leichte und billige Herſtellung der einzelnen Theile und der Montage durch ein ausgezeichnet geſchultes Perſonale, zweitens die genaue Kenntniß und ſchnelle Vertrautheit des Führers mit jeder Maſchine, welche ihm übergeben wird. Dieſes Princip hat im amerikaniſchen Locomotivbau eine gewiſſe typiſche Einheit-

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 917. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/999>, abgerufen am 22.11.2024.