lichkeit geschaffen. Erst in allerjüngster Zeit machen sich Abweichungen von den bisherigen Typen bemerklich; so ist der eigenthümlich geformte Schlot fast ganz verschwunden, bei schweren Zehnkupplern das vordere Drehgestell beseitigt u. s. w.
Charakteristisch für die amerikanischen Locomotiven sind deren bedeutende Abmessungen, der große Radstand, insbesondere aber das mit einem Achsenpaare weitvorstehende Triebgestelle mit dem daran befestigten "Kuhfänger", die bunte Bemalung und die große Durchsichtigkeit -- wenn man sich so ausdrücken darf -- der ganzen Construction. Fast alle Organe liegen unverdeckt vor Augen und gestatten jederzeit und ohne Umständlichkeiten die Controle. Bei der starken In- anspruchnahme der Maschinen und der Nothwendigkeit guter Instandhaltung durch
die Fahrmannschaft (an Stelle der Werkstättencontrole) ist diese Anordnung unbedingt ein Vortheil, wenn auch der Nachtheil starker Beeinflussung der Con- structionstheile durch äußere Einflüsse nicht zu leugnen ist. Aeußerlich machen die amerikanischen Locomotiven den Eindruck großer Stabilität. Der große Radstand sichert einen ruhigen Gang, was bei den europäischen Locomotiven mit ihren meist überhängenden Feuerbüchsen und Rauchkammern nicht immer der Fall ist. Der Führerstand ist in Anbetracht der weiten Fahrten außergewöhnlich comfortabel, und können die Führer ihren Dienst sogar sitzend ausüben.
Die amerikanischen Locomotiven lassen sich in wenige Haupttypen eintheilen, wobei die Bezeichnungen sich theils auf die Zahl der Kuppelachsen, theils auf die Anordnung der Trucks beziehen. Die ältere Type ist die "American" -Locomotive mit zwei oder drei Kuppelachsen, an Stelle des vierrädrigen Trucks einen zwei- rädrigen, den sogenannten Ponnytruck. Es ist, gleich dem zweiachsigen Gestell, ein Schwingegestell, in dem hier in gleicher Weise der gußeiserne Drehfuß des Gestells
Dritter Abſchnitt.
lichkeit geſchaffen. Erſt in allerjüngſter Zeit machen ſich Abweichungen von den bisherigen Typen bemerklich; ſo iſt der eigenthümlich geformte Schlot faſt ganz verſchwunden, bei ſchweren Zehnkupplern das vordere Drehgeſtell beſeitigt u. ſ. w.
Charakteriſtiſch für die amerikaniſchen Locomotiven ſind deren bedeutende Abmeſſungen, der große Radſtand, insbeſondere aber das mit einem Achſenpaare weitvorſtehende Triebgeſtelle mit dem daran befeſtigten »Kuhfänger«, die bunte Bemalung und die große Durchſichtigkeit — wenn man ſich ſo ausdrücken darf — der ganzen Conſtruction. Faſt alle Organe liegen unverdeckt vor Augen und geſtatten jederzeit und ohne Umſtändlichkeiten die Controle. Bei der ſtarken In- anſpruchnahme der Maſchinen und der Nothwendigkeit guter Inſtandhaltung durch
die Fahrmannſchaft (an Stelle der Werkſtättencontrole) iſt dieſe Anordnung unbedingt ein Vortheil, wenn auch der Nachtheil ſtarker Beeinfluſſung der Con- ſtructionstheile durch äußere Einflüſſe nicht zu leugnen iſt. Aeußerlich machen die amerikaniſchen Locomotiven den Eindruck großer Stabilität. Der große Radſtand ſichert einen ruhigen Gang, was bei den europäiſchen Locomotiven mit ihren meiſt überhängenden Feuerbüchſen und Rauchkammern nicht immer der Fall iſt. Der Führerſtand iſt in Anbetracht der weiten Fahrten außergewöhnlich comfortabel, und können die Führer ihren Dienſt ſogar ſitzend ausüben.
Die amerikaniſchen Locomotiven laſſen ſich in wenige Haupttypen eintheilen, wobei die Bezeichnungen ſich theils auf die Zahl der Kuppelachſen, theils auf die Anordnung der Trucks beziehen. Die ältere Type iſt die »American« -Locomotive mit zwei oder drei Kuppelachſen, an Stelle des vierrädrigen Trucks einen zwei- rädrigen, den ſogenannten Ponnytruck. Es iſt, gleich dem zweiachſigen Geſtell, ein Schwingegeſtell, in dem hier in gleicher Weiſe der gußeiſerne Drehfuß des Geſtells
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Dritter Abſchnitt.
lichkeit geſchaffen. Erſt in allerjüngſter Zeit machen ſich Abweichungen von den
bisherigen Typen bemerklich; ſo iſt der eigenthümlich geformte Schlot faſt ganz
verſchwunden, bei ſchweren Zehnkupplern das vordere Drehgeſtell beſeitigt u. ſ. w.
Charakteriſtiſch für die amerikaniſchen Locomotiven ſind deren bedeutende
Abmeſſungen, der große Radſtand, insbeſondere aber das mit einem Achſenpaare
weitvorſtehende Triebgeſtelle mit dem daran befeſtigten »Kuhfänger«, die bunte
Bemalung und die große Durchſichtigkeit — wenn man ſich ſo ausdrücken darf
— der ganzen Conſtruction. Faſt alle Organe liegen unverdeckt vor Augen und
geſtatten jederzeit und ohne Umſtändlichkeiten die Controle. Bei der ſtarken In-
anſpruchnahme der Maſchinen und der Nothwendigkeit guter Inſtandhaltung durch
[Abbildung Fig. 804. Nordamerikaniſcher Zehnkuppler. Dienſtgewicht 68 Tonnen.]
die Fahrmannſchaft (an Stelle der Werkſtättencontrole) iſt dieſe Anordnung
unbedingt ein Vortheil, wenn auch der Nachtheil ſtarker Beeinfluſſung der Con-
ſtructionstheile durch äußere Einflüſſe nicht zu leugnen iſt. Aeußerlich machen die
amerikaniſchen Locomotiven den Eindruck großer Stabilität. Der große Radſtand
ſichert einen ruhigen Gang, was bei den europäiſchen Locomotiven mit ihren meiſt
überhängenden Feuerbüchſen und Rauchkammern nicht immer der Fall iſt. Der
Führerſtand iſt in Anbetracht der weiten Fahrten außergewöhnlich comfortabel,
und können die Führer ihren Dienſt ſogar ſitzend ausüben.
Die amerikaniſchen Locomotiven laſſen ſich in wenige Haupttypen eintheilen,
wobei die Bezeichnungen ſich theils auf die Zahl der Kuppelachſen, theils auf die
Anordnung der Trucks beziehen. Die ältere Type iſt die »American« -Locomotive
mit zwei oder drei Kuppelachſen, an Stelle des vierrädrigen Trucks einen zwei-
rädrigen, den ſogenannten Ponnytruck. Es iſt, gleich dem zweiachſigen Geſtell, ein
Schwingegeſtell, in dem hier in gleicher Weiſe der gußeiſerne Drehfuß des Geſtells
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 918. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/1000>, abgerufen am 22.11.2024.
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