pse_280.001 sein kann. Deutlich bildet eine Groteske gerade in ihrer pse_280.002 inneren Zerrissenheit, Widersprüchlichkeit und Verfremdung pse_280.003 ein einheitliches Ganzes. Es erwächst aus den durchgehenden pse_280.004 Eigenheiten, die die Gespanntheit kennzeichnen. Zerrissenheit pse_280.005 als Gesamtmerkmal kann also geradezu ganzheitbildend sein. pse_280.006 Genauere Untersuchung brauchte es, wo hier die Grenzen pse_280.007 liegen und wo totale, daher kunstzerstörende Zerrissenheit pse_280.008 beginnt. Es ist das wohl auch Sache des Geschmacks, d. h. pse_280.009 der Werteinstellung der Leser. Die Grenzen liegen auf keinen pse_280.010 Fall fest. Streng klassische Einstellung wird sie eng ziehen, die pse_280.011 moderne Kunsteinstellung aber ist imstande, größte Gespanntheit pse_280.012 noch als Ganzheit zu erleben. Das hängt mit der Entfaltung pse_280.013 des menschlichen Geistes zusammen, der mit der allgemeinen pse_280.014 Zivilisationsentwicklung gleichen Schritt hält. Auch pse_280.015 beim Blick in die Tiefe ergibt sich eine Ganzheit. Das Wesentliche, pse_280.016 ja sogar das Absolute kann eben im Zerbrechen, im pse_280.017 Zertrümmerten, im Zerfahrenen gesehen werden. Aber das pse_280.018 ist dann meist ein Durchgang zu neuer Ganzheitstiftung. Ein pse_280.019 Nein wird gesprochen, um zu einem neuen Ja durchzustoßen. pse_280.020 Mit Worten Sprangers: "Den eigentlichen Gipfel unseres pse_280.021 Problems erreichen wir mit dem Fall, daß eine lebende Generation, pse_280.022 obwohl sie das Vermögen dazu hätte, die vorgefundene pse_280.023 Kultur aus ethischer Entscheidung heraus nicht will. In dieser pse_280.024 Wertdivergenz zwischen der objektiven Kultur und dem pse_280.025 subjektiven Kulturwillen kündigt sich eine tiefgehende Strukturveränderung pse_280.026 der menschlichen Geistesart an. Und keineswegs pse_280.027 liegt darin notwendig ein Anstoß zum Kulturverfall. pse_280.028 Vielmehr beruht darauf aller Fortschritt, denn was diesen pse_280.029 Namen verdient, kommt nur aus einer solchen radikalen Umkehr, pse_280.030 aus einer totalen >Wiedergeburt<, die immer geistige pse_280.031 Revolution bedeutet."
pse_280.032 Die Art der Ganzheit
pse_280.033 Wenn wir die Art betrachten, wie die Glieder sich zum pse_280.034 Ganzen zusammenfügen, dann stoßen wir auf das Problem pse_280.035 der Gestalt. Der Begriff ist häufig geworden, seit die Psychologie pse_280.036 seelische Ganzheiten, seelische Strukturen zu sehen gelernt
pse_280.001 sein kann. Deutlich bildet eine Groteske gerade in ihrer pse_280.002 inneren Zerrissenheit, Widersprüchlichkeit und Verfremdung pse_280.003 ein einheitliches Ganzes. Es erwächst aus den durchgehenden pse_280.004 Eigenheiten, die die Gespanntheit kennzeichnen. Zerrissenheit pse_280.005 als Gesamtmerkmal kann also geradezu ganzheitbildend sein. pse_280.006 Genauere Untersuchung brauchte es, wo hier die Grenzen pse_280.007 liegen und wo totale, daher kunstzerstörende Zerrissenheit pse_280.008 beginnt. Es ist das wohl auch Sache des Geschmacks, d. h. pse_280.009 der Werteinstellung der Leser. Die Grenzen liegen auf keinen pse_280.010 Fall fest. Streng klassische Einstellung wird sie eng ziehen, die pse_280.011 moderne Kunsteinstellung aber ist imstande, größte Gespanntheit pse_280.012 noch als Ganzheit zu erleben. Das hängt mit der Entfaltung pse_280.013 des menschlichen Geistes zusammen, der mit der allgemeinen pse_280.014 Zivilisationsentwicklung gleichen Schritt hält. Auch pse_280.015 beim Blick in die Tiefe ergibt sich eine Ganzheit. Das Wesentliche, pse_280.016 ja sogar das Absolute kann eben im Zerbrechen, im pse_280.017 Zertrümmerten, im Zerfahrenen gesehen werden. Aber das pse_280.018 ist dann meist ein Durchgang zu neuer Ganzheitstiftung. Ein pse_280.019 Nein wird gesprochen, um zu einem neuen Ja durchzustoßen. pse_280.020 Mit Worten Sprangers: »Den eigentlichen Gipfel unseres pse_280.021 Problems erreichen wir mit dem Fall, daß eine lebende Generation, pse_280.022 obwohl sie das Vermögen dazu hätte, die vorgefundene pse_280.023 Kultur aus ethischer Entscheidung heraus nicht will. In dieser pse_280.024 Wertdivergenz zwischen der objektiven Kultur und dem pse_280.025 subjektiven Kulturwillen kündigt sich eine tiefgehende Strukturveränderung pse_280.026 der menschlichen Geistesart an. Und keineswegs pse_280.027 liegt darin notwendig ein Anstoß zum Kulturverfall. pse_280.028 Vielmehr beruht darauf aller Fortschritt, denn was diesen pse_280.029 Namen verdient, kommt nur aus einer solchen radikalen Umkehr, pse_280.030 aus einer totalen ›Wiedergeburt‹, die immer geistige pse_280.031 Revolution bedeutet.«
pse_280.032 Die Art der Ganzheit
pse_280.033 Wenn wir die Art betrachten, wie die Glieder sich zum pse_280.034 Ganzen zusammenfügen, dann stoßen wir auf das Problem pse_280.035 der Gestalt. Der Begriff ist häufig geworden, seit die Psychologie pse_280.036 seelische Ganzheiten, seelische Strukturen zu sehen gelernt
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Genauere Untersuchung brauchte es, wo hier die Grenzen pse_280.007
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beginnt. Es ist das wohl auch Sache des Geschmacks, d. h. pse_280.009
der Werteinstellung der Leser. Die Grenzen liegen auf keinen pse_280.010
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moderne Kunsteinstellung aber ist imstande, größte Gespanntheit pse_280.012
noch als Ganzheit zu erleben. Das hängt mit der Entfaltung pse_280.013
des menschlichen Geistes zusammen, der mit der allgemeinen pse_280.014
Zivilisationsentwicklung gleichen Schritt hält. Auch pse_280.015
beim Blick in die Tiefe ergibt sich eine Ganzheit. Das Wesentliche, pse_280.016
ja sogar das Absolute kann eben im Zerbrechen, im pse_280.017
Zertrümmerten, im Zerfahrenen gesehen werden. Aber das pse_280.018
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Mit Worten Sprangers: »Den eigentlichen Gipfel unseres pse_280.021
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Wertdivergenz zwischen der objektiven Kultur und dem pse_280.025
subjektiven Kulturwillen kündigt sich eine tiefgehende Strukturveränderung pse_280.026
der menschlichen Geistesart an. Und keineswegs pse_280.027
liegt darin notwendig ein Anstoß zum Kulturverfall. pse_280.028
Vielmehr beruht darauf aller Fortschritt, denn was diesen pse_280.029
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aus einer totalen ›Wiedergeburt‹, die immer geistige pse_280.031
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pse_280.032
Die Art der Ganzheit pse_280.033
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/296>, abgerufen am 21.11.2024.
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